75. Kapitel
Eleanor
Die Ärztin fuhr noch einmal prüfend über meinen Bauch und schaute dabei konzentriert auf den Monitor. Louis und mein Blick waren ebenfalls fest darauf gerichtet. Mein Herz schlug aufgeregt gegen meinen Brustkorb, als wolle es heraus springen. Sachte drückte ich die Hand meines Freundes. Es war ein leicht seltsames Gefühl, was mich durchfuhr, als mir bewusst wurde, dass ich gleich mehr über mein Kind wusste. Ich war ihm oder ihr somit ein kleines Stück näher gekommen und das bedeutete mir mehr als alles andere. Ich konnte es nicht mehr erwarten mein Kind in den Händen zu halten. Wie sich das wohl anfühlen würde?
Ich schaffte es kaum meinen Blick vom Monitor zunehmen, als uns meine Ärztin wieder anschaute. Es war nur eine Ultraschallaufnahme und doch bedeutete es einem sehr viel. Es ließ einen in verborgene Dinge schauen und das machte dieses Gerät zu etwas großartigem.
Leider zeigte die Technik auch die schlimmen Dinge. War ein Leben entstanden oder nicht? Lebte dieser kleine Mensch oder nicht? Ich wollte nicht in die Lage kommen, jemals hören zu müssen, dass mein Kind in mir drin gestorben war. Und genau dieses Gerät machte es sichtbar. Mit dem EKG würde dann nur noch die Bestätigung kommen, das man nichts mehr hörte und keine Kurve auf dem Papier gezeichnet wurde, doch darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken. Ich hatte das Glück, nicht in dieser Lage zu sein, somit lenkte ich meine traurigen Gedanken, wieder ins hier und jetzt. Sie meinte mit Louis und meinem Kind, wäre alles in bester Ordnung. Es würde wachsen und gesund sein. Deswegen achtete ich wieder auf sie und sah sie gespannt an. Louis neben mir tat das gleiche und gemeinsam warteten wir auf das Ergebnis. Würden wir einen Sohn oder eine Tochter haben?
Meine Ärztin lächelte uns an und dann öffnete sie endlich ihren Mund und erlöste uns somit von unser immer wachsende Neugierde: „Herzlichen Glückwunsch, sie erwarten ein süßes Mädchen"
Ich brauchte eine Weile bis ich das gesagte verarbeitet hatte, doch mein Körper reagierte schon vorher. Louis war bei ihren Worten noch näher an mich ran gerutscht und küsste mich aufs Haar, auf meine Stirn, auf meine Lippen, alles was er in seinem Glücksrausch erreichen konnte.
Über meine Wangen flossen die Tränen und ich wusste gar nicht, wo ich meine Hände haben sollte. Auf meinem Bauch, um mich wirklich zu vergewissern, das da mein kleines Mädchen drin war und wuchs, oder bei Louis, der mich nun freudestrahlend ansah.
„Meine zwei Mädchen", flüsterte er, zu mehr war er nicht im Stande. Noch einmal legten sich seine Lippen auf meine, ehe er sich zurückzog und sich wieder der Ärztin zuwandte, die uns diesen weiteren besonderen Moment, denn wir nun zu zweit erleben konnten, genießen lassen hatte.
„Ich kann es immer noch nicht glauben", sagte Louis mit überwältigender Stimme, als wir im Auto saßen und zu Max fuhren. Solange Louis nicht schalten musste, hatten wir unsere Hände ineinander verschränkt oder er hatte seine auf meinen Oberschenkel gelegt. Wir befanden uns immer noch in einem Glücksrausch, den wir nicht so schnell entfliehen konnten und auch gar nicht wollten.
Als ich vor ungefähr drei Monaten mir die Bestätigung von der Ärztin einholte, dass ich seit einem Monat schwanger war und ich somit ein Kind erwartete, war ich alleine gewesen. Louis war zu diesen Zeitpunkt beim Management gewesen und hatte nicht einmal die Chance gehabt, dabei zu sein. Er hatte es nicht gewusst, da ich zu feige war meine Vermutung mit ihm zu teilen. Doch mit dem heutigen Tag, konnte ich es wieder gut machen. Denn heute waren wir zusammen hier gewesen, hatten unser Kind gemeinsam durch den Monitor und der Sonde gesehen und wussten nun, dass wir Eltern von einem Mädchen wurden. Momentan wussten dies nur drei Leute. Die Ärztin, Louis und ich. Ich wusste jetzt schon, dass ich es der Öffentlichkeit nicht sagen würde. Sie würden es noch früh genug herausfinden und das ließ die Sorge in mir hervor kommen. Doch jetzt werde ich nicht dran denken. Louis und ich werden noch entscheiden, wer es wissen darf und wer nicht. Denn es war auch einmal schön ein kleines süßes Geheimnis zu haben, was Louis dringend brauchte.
Ich wollte nicht wissen, wie es war, dass Millionen von Menschen, so einiges über einen wussten, die man nicht mal kannte. Für mich war es schon schlimm, wenn ich wieder auf einen neuen Fakt im Internet traf, der vielleicht noch stimmte. Doch das war nicht das schlimmste. Das schlimmste, waren die Lügen, die über einen verbreitet wurden und mit dem Wissen, das das meinem kleinen Mädchen auch mal passieren konnte, nur weil die Eltern in ihrer Zeit bekannte Gesichter waren, machte mir Angst und breitete mir große Sorgen.
Ich wollte mein kleines Mädchen vor den Schattenseiten der Welt fernhalten, doch ich wusste, dass ich das nicht konnte. Dafür waren sie viel zu Dominat in unserem Leben. Die beste Lösung würde sein, sie langsam daran zu gewöhnen. Wenn man ein Baby immer von den ganzen Keimen fernhielt – was sowieso nicht ging, den sie waren überall – dann würde es irgendwann durch etwas harmlosen richtig krank, weil der Körper die Abwehrkräfte nicht entwickelt hatte, als es noch die Zeit gab. Somit konfrontierte man sie mit kleinen Häppchen um die passenden Abwehrkräfte zu entwickeln und dann schaffte sie es ein schönes Leben zu führen.
„Was glaubt du wie es wir geht?", fragte ich ihn lächelnd und blickte prompt runter auf meine Wölbung. Mein kleiner Punkt war jetzt ein kleines Mädchen. Ein Mädchen war irgendwann groß und stark wurde, um ihren eigenen Weg zu finden und diesen zu gehen. Ich war schon so auf sie gespannt. Wie viel hatte sie von Louis geerbt und wie viel von mir?
Louis sah kurz von der Straße weg, als wir an einer Ampel halten mussten und direkt in meine Augen. Wir brauchten nichts zu sagen, wir wussten auch so, was der andere dachte. Ich hoffte, dass unsere Tochter diese einzigartige Verbindung, sich sogar ohne Worte zu verständigen, auch irgendwann haben würde. Sei es mit ihrer besten Freundin oder ihrem zukünftigen Partner, welches Geschlecht es auch sein mag – vielleicht auch mit uns – hauptsache ihr durchlief irgendeinmal dieses unbeschreibliche Gefühl.
„Dein Instinkt hatte dich wohl richtig schätzen lassen", sagte ich immer noch mit einem Lächeln im Gesicht, wenig später, als wir beiden unseren Gedanken nachhingen und somit eine angenehme Stille um uns herrschte. Lediglich das Radio und der Motor mit den typischen Straßengeräuschen waren zu hören.
Das Lächeln auf meinem Gesicht, was seitdem ich wusste, dass wir eine Tochter bekamen, war nicht mehr verschwunden. Und genau dieses Lächeln und das damit verbundene Gefühl, würde noch eine Ewigkeit anhalten. Wir waren einfach glücklich und das durfte jeder wissen.
Als wir bei Max ankamen, klingelte ich sturm, nur damit er endlich die Tür aufmachte. Ich wusste ganz genau, wie träge er manchmal sein konnte – ich war da manchmal nicht anders. Aber das gab ihm noch lange nicht das Recht, es in dieser Situation zu tun, denn ich hielt es keine Sekunde länger ohne meinen Hund aus. Ich hatte ihn schon viel zu lange nicht mehr gesehen und ich hatte ihn schon zu oft bei meinen Freunden abgegeben. So langsam schlich sich die Angst in mir hoch, dass er es mir irgendwann übelnehmen würde, doch bis jetzt freute er sich immer riesig, wenn er mich wieder sah.
„Hey El", begrüßte mich Max als er endlich seine Tür geöffnet hatte freundlich, doch ich drängelte mich, so schnell wie ich konnte, an ihm vorbei und ging in die Hocke als Bruce auf mich zugelaufen kam. Er sprang freudig an mir hoch und versuchte mir über das Gesicht zu lecken, doch das ließ ich nicht zu – so sehr ich ihn auch vermisst hatte – ich mochte es nicht.
„Ach, hey Louis. Wie geht es dir? Wir haben uns lange nicht mehr gesehen", wandte er sich nun an meinen Freund und ließ mich Bruce ausgiebig begrüßen. Er war es eigentlich schon gewohnt, dass ich ihn unabsichtlich ignorierte, wenn ich Bruce lange nicht mehr gesehen hatte, und er auf ihn aufgepasst hatte. Doch er nahm es mir nicht übel. Bei seinen Hunden, war es nicht anders.
„Wollt ihr noch bleiben, oder müsst ihr gleich wieder los?", erkundigte Max sich über unseren weiteren Plänen. Des Öfteren waren wir einfach nur kurz vorbei gekommen, um Bruce abzuholen, weil Louis wieder los musste, somit war seine Frage durchaus berechtigt. Doch heute, musste ich fast über diese Frage schmunzeln. Wir mussten uns heute und die nächsten Monate nicht beeilen. Louis musste keine Meetings pünktlich erreichen. Keinen Flug, keinen Soundcheck, keine Interviews, keine Pressetermine. Kein gar nichts.
„Hey Max", begrüßte mein vorbildlicher Freund Max. Er war wenigstens höflich. Louis übernahm einfach meinen Part mit, während ich mich immer noch mit Bruce beschäftigte.
„Mir könnte es nicht besser gehen. Ich muss nirgendwo mehr hin. Wenn du nichts vor hast...gerne", ich sah Louis nicht, als er sprach, da ich mit dem Rücken zu den Männern hockte und mich stets mit Bruce beschäftigte, doch ich hörte deutlich seine Zufriedenheit heraus.
„Na dann, kommt rein", meinte er zu Louis und ich spürte einen kalten Luftzug am Rücken, da die Tür geschlossen worden war. Derweile stand ich wieder auf und drehte mich zu ihnen um.
„Ihr strahlt beide so. Gibt es was zu feiern?", meinte Max mit einem verwunderten Blick zu mir und wandte sich kurz zu Louis, um ihn ebenfalls fragend anzusehen. Ich sah zu meinem Freund und er zu mir.
„Noch nicht", meinte Louis und klopfte Max auf die Schulter.
„Komm lass uns ins Wohnzimmer gehen", meinte er, zog sich schnell seine Jacke und Schuhe aus und zog Max mit sich mit.
„Ihr seid gemein. Jetzt bin ich neugierig"
„Alles zu seiner Zeit, Max", rief ich ihnen nach und schälte mich selber aus meinen Sachen.
Am Abend saßen Louis und ich zusammen auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer. Als wir vorhin nach Hause gefahren waren, waren mir die Paparazzi egal gewesen, die vor Louis Haus standen und wild Fotos knipsten und Videos drehten. In diesen Traum, in dem ich mich immer noch befand, konnte mich keiner wecken. Während wir schon seit einer Weile auf dem Sofa saßen, hatte sich Bruce in seine Kuschelecke verkrochen und schlief tief und fest.
Louis und meine Beine waren ineinander verknotet, während mein Kopf auf seiner Brust ruhte. Entspannt lauschte ich seinen ruhigen Herzschlag und strich mit meinen Finger sanft über seinen Oberkörper. Derweile hatte Louis seine Arme um mich geschlungen und berührte ab und zu meinen Bauch, der unter einer weichen Decke versteckt war. Des Öfteren spürte ich seine Lippen an meinem Kopf, sodass ich jedes Mal mit einem leichten Lächeln meine Augen schloss. Es herrschte eine angenehme und unbekümmerte Stimmung. Louis war entspannt und ruhig. Er stand nicht mehr unter Druck, hatte keine Termine mehr. Er war mit seinen Gedanken in einer ruhigen Gegend. Da gab es keine Hektik und keinen Wecker, der einen wegriss.
Das Gefühl, dass ich ihn nicht mehr in einem Monat verabschieden musste, weil die nächste Tour losging, war einfach nur herrlich und gleichzeitig nicht zu beschreiben.
„Woran denkst du gerade?", fragte ich ihn nach einer ganzen Weile in der wir jeder unsere Gedanken nachgehangen haben. So etwas hatten wir schon lange nicht mehr gehabt. Wenn wir so etwas Ähnliches hatten, dann war Louis meisten nicht völlig entspannt, hatte immer schon die nächsten Termine im Kopf und war nicht er selber. Ich hatte es jedes Mal gespürt, doch seit Sonntagabend war es anders.
Auch wenn er seine Fans immer noch liebt. Auch wenn er das Singen auf der Bühne immer noch berauschend fand – die Ruhe tat ihm richtig gut. Denn auch wenn er diese schönen Gefühle kaum hergeben wollte, so gab es leider noch die Schattenseite, die es ihm nicht so leicht machte, seinen Traum mit den Anderen zu leben. Und genau von dieser Schattenseite machte er eine Pause. Eine Pause wo er sich und die anderen Jungs regenerierte, um irgendwann wieder voll durchzustarten.
„An unser Mädchen", auch wenn ich ihn nicht sah, wusste ich das er lächelte. Ich hörte es schon alleine am Klang seiner Stimme, die ich so sehr liebte.
„Irgendwie macht das Wissen, dass wir eine Tochter bekommen, die Sache noch ein wenig realer. Nicht das du mich falsch verstehst. Ich konnte mir schon die ganze Zeit vorstellen, dass in deinem Bauch unser Kind heran wächst, doch ich kenne sie noch nicht und dennoch liebe ich sie schon. Es ist einfach verwirrend und erklären kann ich das gerade auch nicht", versuchte Louis seine Gedanken laut auszusprechen und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Doch das brauchte er auch gar nicht. Ich verstand ihn auch so: „Ich weiß wie du dich fühlst. Mir geht es nicht anders", ich richtete mich ein wenig auf, um ihn in die Augen sehen zu können. Er strich mir lächelnd über die Wange und hinterließ dort ein angenehmes Kribbeln. Auch nach den Jahren in denen wir jetzt schon zusammen waren, fühlte es sich immer noch intensiv an. Als hätten wir uns gerade frisch verliebt. Und genau dieses Gefühl liebte ich.
„Und dann denke ich die ganze Zeit wie wir sie nennen könnten. Hast du schon darüber nachgedacht oder hast du einen Wunsch wie du unser Kind nennen würdest?", fragte Louis mich, während er sich nun anders hinsetzt, damit ich ebenfalls in eine angenehmeren Position sitzen konnte und uns gleichzeitig ansehen konnten.
Ich sah in seine immer noch vor Freude strahlenden Augen und musste augenblicklich auch lächeln. Dass er so glücklich über die jetzige Situation war, brachte mein Herz fast um. Es war ein unbeschreibliches Gefühl zu wissen, dass der eigene Freund hinter einem stand und mit einem den entscheidenden Schritt in die Zukunft ging.
Das konnte man heute nicht mehr von allen jungen Männern behaupten. Wie oft hatte ich schon von Bekannten gehört, das sich getrennt hatten, wenn nicht sogar geschieden. Doch auch so ein Schritt gehörte zum Leben dazu. Nur hoffte ich diesen Schritt nicht gehen zu müssen und momentan sah es auch nicht danach aus...
„Hast du den einen Wunschnamen?", fragte ich ihn zurück und umging seine eigene Frage. Ich wollte unbedingt seine Idee hören – wenn er schon eine hatte.
„Ja, schließlich wusste ich, dass mein Instinkt recht behalten würde", er zwinkerte mir grinsend zu und zog mich gleich auf seinen Schoss. Ich musste bei seinen Worten selber schmunzeln und hörte ihm jetzt aufmerksam zu.
„Was hast du dir denn für einen Namen überlegt?", fragte ich ihn jetzt noch einmal genau und wartete gespannt auf seine Antwort.
Mein Herz klopfte munter in meiner Brust und mein Bauch zog sich vor Neugierde zusammen. Wenn mir der Name auch gefiel, würde unser Kind so heißen, oder sollten wir doch noch lieber warten, bis wir uns wirklich festlegten? Schließlich hieß unser Kind dann ein ganzes Leben so. Sowas sollte man sich in Ruhe überlegen. Das war nicht in fünf Minuten geklärt.
Und dann trat noch eine ganz andere Frage in meinem Kopf auf. Welchen Nachnamen würde unser Kind bekommen?
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