71. Kapitel

Eleanor

Seine erschrockene Haltung ließ mich selber erstarren. Ich hielt die Luft an, aus Angst, dass sobald ein Laut über mich kam, irgendwas passierte. Meine Gedanken rasten. Louis Abwesenheit ließ mich unsicher werden. Ich war noch nie wirklich Selbstbewusst gewesen, so kam bei mir auch schnell die Beklommenheit. Ich konnte es nicht abstellen. Wenn irgendjemand unsicher wurde, wurde ich es auch und dann war die letzte Zuversicht wie weggeblasen.

Ganz langsam und vorsichtig berührte ich Louis Schulter und schaute was passiert. Ich wollte wissen, was in so erschüttert hatte. Die Ungewissheit, wenn es meinem Freund schlecht ging oder er sich über irgendwas Sorgen machte, machte mich fertig.

„Was hast du?", stellte ich ihm die eine Frage, worüber ich mir seit gefühlten fünf Minuten Gedanken machte. Stattdessen waren nur ein paar Sekunden vergangen. Louis starrte immer noch auf meine Beine. Ich hatte mich noch nie unter seinem Blick unwohl gefühlt, doch in diesen Moment war es anders. Die Hose hatte er aus einem Effekt heraus losgelassen, sodass ich mich auf dem Stoff befreite und mich langsam zu ihm runter beugte. Eine falsche oder zu schnelle Bewegung und alles wäre weg. Von Louis gingen viele Emotionen aus, doch ich konnte sie nicht empfangen. Ich konnte mit den Nachrichten nichts anfangen, als wären wir auf unterschiedlichen Kanälen. In diesen Moment konnte ich seine kommenden Reaktionen nicht abschätzen und diese Ungewissheit machte mir Angst.

Ich fühlte mich, als stünde ich auf einen zugefrorenen See. Doch das Eis war zu dünn für mein Gewicht und drohte jeden Moment zu brechen. Die Auswirkungen, wenn ich in das kalte Nass fiel, waren verheerend, denn ich war alleine dort und keiner konnte mir zur Hilfe kommen. Ich war auf mich alleine gestellt.

„Deine Beine!", brachte er mit belegter Stimme heraus und sah mir endlich ins Gesicht. Nun war ich auf gleicher Höhe mit ihm. Zum Glück besaßen Johanna und Dan eine Fußbodenheizung. Da mir meine jetzige Haltung langsam wehtat, setzte ich mich ganz auf die Fließen und sah zu Louis auf, der durch seine hockende Haltung größer war, als ich.

Verwundert sah ich auf meine Beine, die ich nun ausgestreckt hatte und betrachtete sie. Meine Haut wies ein paar blaue Flecke auf. In letzter Zeit, war es mir schon aufgefallen, dass mein Körper bei dem kleinsten Stößen reagierte und sich meine Haut verfärbte.

Dadurch, dass es draußen kalt war, trug ich auch zum Schlafen lange Sachen. Kein Wunder also, das Louis das Ausmaß meiner Tollpatschigkeit erst jetzt sah. Doch das es so schlimm ausschaute, war mir selber nicht bewusst gewesen, bis ich es vor Augen hatte. Ich hatte vielleicht mit zwei blauen Flecken gerechnet, die eigentlich schon verheilt sein müssten, doch das Ausmaß war bedenklich.

„Du kennst mich doch", versuchte ich dennoch die angespannte Stimmung ins lustige zu ziehen. Ich hatte mich so auf die ruhige und entspannte Zeit mit ihm gefreut. Und jetzt, war es durch meine Schusseligkeit, die die Unfälle und darauf die Blauen Flecke hervorriefen, ruiniert.

„Nein, El. Das ist nicht normal", er schüttelte seinen Kopf, als wolle er irgendwelche Gedanken vertreiben.

„Wie ist das passiert?", so sanft, als wäre ich aus Porzellan strich er über meine Haut. Ich seufzte und zog meine Beine an meinen Körper und schlang meine Arme darum. Louis Hände an meiner Haut zu spüren, wenn wir ein ernstes Gespräch führten und was ihn so besorgt und traurig aussehen ließ, konnte ich nicht. Nicht, wenn ich das angenehme Kribbeln in meinem Bauch spürte und ich ihn am liebsten an mich ziehen würde, nur um ihn wieder lächeln zu sehen.

Die Fußbodenheizung hielt mich zum Glück ein wenig warm, doch so langsam wollte ich in das warme Wasser, was schon in der Wanne war. Doch das Verlangen galt ganz alleine Louis.

„Ich war doch schon immer anfällig für blaue Flecke", versuchte ich mich heraus zu reden. Ich wollte ihm nicht meine Ungeschicklichkeit unter die Nase reiben. Außerdem wusste er das schon längst. Ich wollte dieses Thema für heute und die nächste Zeit abhaken und wenn möglich nie wieder erwähnen.

Ich wusste, dass Louis sich Sorgen wegen den ganzen Hassnachrichten und Drohungen gegenüber mir machte. Nicht umsonst mied ich Twitter und die ganzen anderen sozialen Internetplattformen. Oft musste ich schon lesen, ich sei zu dick oder hässlich oder sollte am besten gleich umbringen. Auch wenn es Louis mir nie gesagt hatte, wusste ich, dass er vermutete, dass ich wegen den Fans abnahm. Vielleicht hatte er mit diesen Gedanken nicht ganz Unrecht, denn so wie mein Selbstbewusstsein, war auch meine Selbstvertrauen nicht wirklich vorhanden.

Ich sollte nicht auf die Personen hören, die mutwillig Menschen mit ihren Worten verletzten, dass wusste ich, doch das Unterbewusstsein machte den Vorhaben ein Strich durch die Rechnung. Und genau das machte Louis solche Sorgen. Sorgen um mich, die er eigentlich nicht haben sollte...

„In letzter Zeit ist es aus irgendeinem Grund, denn ich nicht weiß, schlimmer geworden", ich zuckte mit den Schultern und spielte mit meinen Fingern. Ich hasste solche Situationen!

„Bitte iss mehr", erklang plötzlich Louis Stimme, der nun nachdenklich auf meine Füße schaute. Meine Beine hatte ich immer noch mit meinen Armen halb verdeckt. Die unerwartete Bitte aus seinem Mund zuhören, erschreckte mich, auch wenn ich es im tiefsten inneren wusste.

Überrascht sah ich ihn mit aufgerissenen Augen an. Mein Herz hämmerte in meiner Brust und meine Hände wurden kalt. Dennoch sagte ich nichts und wartete ab, ob Louis noch was hinzufügte. Ich wollte nicht schon wieder darüber reden...

„Ich weiß nicht wie es formulieren soll und eigentlich hatten wir schon darüber gesprochen. Doch es macht mich fertig – ", seine Stimme brach und er senkte seinen Kopf.

„Es macht mich fertig, dich so...", er überlegte und sprach dann weiter: „...schmal zu sehen", ich wusste auch so, das in seinen Gedanken, eigentlich ein anderes Wort herumschrie und diese Zuversicht schmerzte. Es schmerzte der Wahrheit in die Augen zu sehen, doch ich musste was gegen mein geringes Gewicht tun. Und jetzt in meinem Zustand musste ich noch mehr aufpassen. Das war mir durchaus bewusst. Ich wollte nicht durch meine Essverhältnisse mein Kind schaden. Das wäre einer der schlimmsten Sachen die ich meinem Punkt antun könnte.

„Ich meine...ich sehe dich essen. Nur sehe ich dich auch nicht wirklich zunehmen", er seufzte und setzte nochmal an. Ich wusste, wie er sich fühlte. Vor gut einem Monat, war ich in der selben Position gewesen, nur war mein Anliegen erfreulicher gewesen, als dieses hier. Mir hatten die richtigen Worte gefehlt, doch manchmal musste man es einfach aussprechen. Egal wie verletzend es sein kann. Das wichtigste war, dass es die Wahrheit war.

„Du trägst unser Kind in dir...", er schaute zu mir auf und sah mich mit einem fast schon flehenden Blick an.

„Pass bitte auf dich auf. Ich möchte dich nicht verlieren, genauso wenig wie unser Kind", mir kamen fast die Tränen, als ich die Ernsthaftigkeit aus seinen Worten hörte. Ich löste meine Arme von meinen Beinen und schlang diese um Louis Oberkörper.

„Das mach ich", flüsterte ich in seine Halsbeuge und hielt ihn fest.

„El? Louis?", es war Jays Stimme die nach uns rief. Mittlerweile war es Nachmittag geworden und die ganze Familie trudelte langsam wieder ein. Wir hatten das Thema nicht noch einmal angeschnitten. Es war alles klar und so schafften wir es doch noch in die Wanne. Selbst die Zeit konnte ich mit ihm alleine genießen, ohne ständig daran zu denken oder das Gefühl zu haben, Louis mache sich immer noch Sorgen.

Natürlich wusste ich, dass er es immer noch tat. Sowas konnte man nicht einfach abstellen, doch er ließ es nicht nach außen. So alberten wir bei Kerzenschein, trotz das es Tag war, herum und fütterten uns gegenseitig. Solche eigentlich kindischen Sachen hatten wir lange nicht mehr getan und so genossen wir es nur noch mehr. Auch wenn wir beide über zwanzig Jahre alt waren, so konnten wir ein paar Minuten lang, nochmal Kind sein. Viel zu oft, mussten wir in eine ernste und erwachsene Person schlüpfen und dann war es etwas befreiendes, wenn wir den ganzen Stress hinter uns lassen konnten.

Bald mussten wir selber ein Kind – unser Kind – erziehen und davor konnte man selber noch eins sein.

„Moment", rief ich und stellte die heiße Teekanne ab. Louis und ich waren gerade dabei den Kaffeetisch zudecken. Heute schafften es alle zu einer ungefähr gleichen Zeitspanne nachhause zu kommen, sodass wir alle zusammen Kaffeetrinken konnten.

„Wie war dein Tag?", fragte ich, als ich es endlich in den Flur geschafft hatte. Louis musste sich natürlich erst mal wieder in den Weg stellen, um mich einfach nur anzulächeln, mich zwei Sekunden warten lassen, um mir dann einen Kuss auf die Wange zugeben, ehe er mich die Engstelle passieren lassen konnte.

„Anstrengend, aber deswegen freue ich mich gleich sehr über meinen Tee und ein paar Plätzchen", sie hatte ihre Jacke und Schuhe schon ausgezogen und folgte mir ins Wohnzimmer.

„An den Anblick könnte ich mich gewöhnen", meinte Jay, als sie den gedeckten Tisch sah und ihre Augen fingen vor Freude an zu leuchten.

„Ich weiß, nur wird das sehr wahrscheinlich nicht passieren", Louis kam von der Küche zu uns und grinste seine Mutter spitzbübisch an. Natürlich musste er einen Spruch loslassen. Wäre das nicht passiert, hätte ich mir Sorgen machen müssen.

„Bursche! Pass auf was du sagst", rügte sie ihn mit gespielt bösem Blick und ich kicherte nur. Die zwei konnten sich genauso gut necken, wie Louis und ich.

„Wir sind zu Hause", schrien Phoebe und Daisy, sobald die Tür mit einem lauten Knall ins Schloss gefallen war. Keine fünf Sekunden später kamen sie ins Wohnzimmer und sahen den gedeckten Tisch.

„Lecker!", sie klatschten in die Hände und begrüßten uns dann.

„Daniel müsste mit den Kleinen auch gleich kommen", meinte Jay zu uns und setzte sich.

Kleine viertel Stunde später waren wir vollzählig. Lottie war mit Lou auf irgendeinen Workshop zum Thema Make-up. So ganz genau wusste ich es nicht. Aus diesem Grund war sie auch gestern nicht mit uns nach Doncaster gekommen.

Fizzy war keine zehn Minuten später gekommen und nun saßen wir in einer gemütlichen Runde und genossen die Familienzeit. Auch wenn meine Mutter nicht anwesend war und ich sie sehr vermisste, fühlte ich mich wohl. Louis tat es richtig gut, wieder bei seiner Familie zu sein. Er war dann wieder der kleine Junge von Doncaster und genoss die Zeit mit seinen Geschwistern.

Als die Kinder im Bett waren und Fizzy sich auch auf den Weg nach oben gemacht hatte, saßen wir auf dem Sofa und hatten uns in Decken gekuschelt. So wie am Abend davor redeten wir über alles Mögliche. Es gab Zeiten, da war die Kommunikation mit Menschen wichtiger, als das Handy mit dem Wlan-Anschluss, oder der Fernseher mit der Mikrowelle.

Wir redeten gerade über die bevorstehenden Termine, die Louis noch zu besuchen hatte bis die lange Auszeit kam und klärten alles wegen dem kommenden Sonntag. Es war der letzte Auftritt vor der Pause. Das letzte Mal, dass sie alle zusammen performten, bevor sie sich für Monate zurückzogen.

„Wenn das für euch kein Problem ist, Jay und Dan, dann würde ich Donnerstagfrüh nicht mit nach London zurück fahren, sondern noch hier in Doncaster bleiben, um am Sonntag mitzukommen", schilderte ich allen Anwesenden mein Vorhaben für die nächsten Tage. Ich wusste das Louis am Donnerstag mit den anderen Jungs zu den 'BBC Music Awards' eingeladen war und dort performten. Doch wenn ich ihn London war, würde ich sicher auf dieses Event gehen und das wollte ich nicht. Ich wollte nicht die ganzen Presseleute um mich haben. Ich wollte kein Blitzlichtgewitter. Ich wollte nicht, das mein Bauch am nächsten Tag überall auf den Titelseiten irgendwelcher Klatschzeitungen prangte. Ich wollte auch nicht, dass Louis irgendwelche private Fragen gestellt bekam oder ich sogar noch darauf antworten musste.

Selbst wenn ich den roten Teppich meiden würde, so würden trotzdem irgendwie irgendwelche Fotos auftauchen. Ich wollte mich nicht schon wieder so einen Stress aussetzten. Mein kleines Pünktchen, hatte ruhe verdient.

Ich würde das alles am Sonntag erleben und da war es vollkommen okay. Es war der letzte Auftritt für eine lange Zeit und da wollte ich den Jungs beistehen. Nicht umsonst waren die Familien eingeladen. Wir wollten alle die letzte Show sehen. Und das genau dort, wo es begonnen hatte.

„Von unserer Seite ist das kein Problem. Wir freuen uns doch, dich bei uns zu haben", meinte Jay und lächelte mich liebevoll an.

„Danke", kam es erleichtert aus meinen Mund, ehe ich mich zu Louis drehte und ihn ansah. Dieser wirkte nicht so glücklich über meine Entscheidung, was ich durchaus verstehen konnte. Doch wenn ich es ihm erklärte, sah er es vielleicht ein. Die ruhigen Tage hier bei seiner Familie taten nicht nur ihm, sondern auch mir unglaublich gut. Hier war ein anderes Klima, als in London und genau dieses brauchte ich jetzt. Es lag Liebe, Fröhlichkeit und Ruhe in der Luft. Auch wenn es der typische Alltag war, so war es dennoch ruhig. In London herrschte eine Hektik, der ich für fünf Tage entfliehen wollte.

In dieser Zeit würde ich Louis vermiesen. Ich würde sehr wahrscheinlich ein schlechtes Gewissen haben, wenn ich meinen Freund nicht zu diesem Event begleitete, doch einmal musste ich an mich und unser Kind denken.

„Wieso möchtest du nicht mit nach London kommen?", fragte er eine durchaus legitime Frage. Ich sah ihm die erloschene Hoffnung an, dass ich ihn auf dieses Event begleitete und die gemeinsame Zeit die wir gehabt haben können.

Doch in den Vergangenen Jahren, hatten wir unsere Beziehung noch nie wirklich öffentlich gehalten. Wir zogen uns lieber zurück und genossen die gemeinsame Zeit. Ich wollte und brauchte die Aufmerksamkeit von der Öffentlichkeit nicht, doch war sie trotzdem präsent. Ich hatte mich für Louis entschieden und als er immer berühmter wurde, wusste ich, worauf ich mich einließ. Und bis heute bereute ich es nicht. Trotz, das ich die Öffentlichkeit scheute, begleitete ich ihn auf Preisverleihungen und Galas. Ich zeigte mich mit ihm in der Öffentlichkeit, damit die Trennungsgerüchte nicht allzu oft in Umlauf kamen. Doch manchmal brauchte ich eine Pause.

Und diese nutzte ich für fünf Tage aus, damit ich das Event am Sonntag in vollen Zügen genießen konnte und den Jungs den Abschied erleichtern konnte.

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