65. Kapitel

Eleanor

Wir redeten noch lange, obwohl die Müdigkeit an mir zerrte, doch sie behielt recht. Es half mir. Wie ihr Sohn es auch schon vor ungefähr drei Monaten gesagt hatte. Auch wenn es meine Probleme längst nicht löst, fühlte es sich gut an, sich alles von der Seele reden zu können. Es befreite einen ein wenig von der Last, die man vorher alleine getragen hatte. Man konnte sie mir jemanden Teilen, der einen zuhörte und verstand.

Jay hatte erst viel später aufgelegt, als sie wirklich sicher war, das es mir halbwegs gut ging. Zudem hatte sie mich noch zu meiner Schwangerschaft ausgefragt und hatte mir gleich hilfreiche Tipps gegeben. Schließlich war sie mehrmals Mutter und hatte somit viele Erfahrungen sammeln können, die sie nun an mich weitergab. Ein wenig hatte es mich beruhigt. Ich konnte meine Fragen loswerden, die ich Louis nicht stellen konnte und auch keine Ärztin, die ich nicht wirklich kannte. Ich musste mich erst überwinden mich zu öffnen und wirklich alle meine Fragen zu der Schwangerschaft zu stellen, den es war immer noch Louis Mutter und auch wenn wir uns über die Jahre sehr gut angefreundet hatten, war es dennoch ein komisches Gefühl. Ich hätte auch meine eigene Mutter anrufen können, aber bei ihr war es zweiundzwanzig Jahre her und vielleicht wusste sie nicht mehr im Detail, wie alles war, so wie Jay es konnte mir ihren jüngsten Nachwuchs. Außerdem hatte sie gemerkt, das ich Fragen hatte und hatte demensprechend nicht locker gelassen, bis ich es ihr erzählt hatte. Und es war keine schlechte Entscheidung.

Als ich ihr dann zum fünften Mal bestätigt hatte, das sie beruhigt zur Arbeit gehen konnte, viel ich wenige Stunden später völlig erschöpft ins Bett.

Es war Dienstagabend, als mein Handy wieder klingelte. Doch dieses Mal war es nicht Jay, sondern Louis. Max und ich hatten nach einem leckeren Frühstück am Dienstagmorgen das Hotel unsicher gemacht und hatten für unseren Blog recherchiert. Ich musste dabei immer mal wieder auf die Toilette rennen, aber das hatte meinen Eifer nicht gestört. Max und ich strotzten die Müdigkeit die mit den Jetlag zusammen hing und quetschten jeden Mitarbeiter aus. Wir nutzten unsere kurze Zeit in Los Angeles voll aus und verbrachten auch ein wenig Zeit in der Stadt. Doch die meiste Zeit waren wir im Hotel.

„Hey Louis", begrüßte ich ihn überglücklich, als ich keine Sekunde später auch schon seine Stimme hörte. Ich vermisste ihn so sehr, doch unsere Jobs hielten uns gerade auf Trapp, sodass die Gemeinsamkeit warten musste.

„Love. Wie geht es dir?", er klang erschöpft, dennoch wirkte seine Stimme fröhlich. Es waren die letzten Wochen vor der offiziellen Pause und alle klatschbegierigen Leute wollten noch was von den vier Chaoten. Zu einem gewissen Grad verstand ich sie, doch sie mussten verstehen, das die Jungs auch nur Menschen waren. Der Reporter hatte ein Interview und dann war für ihn Schluss. Die Band hatte zehn Interviews, wenn nicht sogar mehr an einem Tag, direkt hintereinander. Jeder Interviewer war anders und doch wieder gleich. Zu denen, wo ich in den vergangenen Jahren mit war gab es immer wieder die Standardfragen, wo alle Beteiligten eigentlich nur die Augenverdrehten. Doch sie stellten sie jedes verdammte mal. Wie geht es euch? – wobei die Jungs meistens logen, keiner wollte die Probleme hören, die sie tagtäglich mit rumschleppten, sie wollten hören das alles schön war und zur nächsten Frage weitergehen – Was macht euer Album? – da durften sie meistens vom Management noch nicht so viel sagen, da alles total geheim war – und seid ihr Single? – das war so eine Frage, die keinem was anging. Die Jungs konnten mit jedem zusammen sein, den sie wollten. Doch leider machten sie meistens einen Scherz daraus, das die Fans einen Anspruch darauf hätten und irgendwann mal mit ihrem Liebling zusammen sein konnten. So leid es mir für sie auch tat, aber das würden sie nicht schaffen. Natürlich konnten sich die Jungs auch in einen Fan verlieben, das wollte ich gar nicht außer Frage lassen, aber die Wahrscheinlichkeit, das es in einem Getümmel funkt, war sehr gering.

„Den Umständen entsprechend gut. Hin und wieder wird mir schlecht, aber Max hält super durch", ich musste kurz grinsen, als ich mir meinen besten Freund vor meinem inneren Auge vorstellte. Der Arme...

„Das freut mich. Mir geht es genauso. Wir hetzten von einem Interview zum anderen", Louis seufzte kurz und fuhr sich wahrscheinlich durch seine Haare, ehe er noch hinzufügte: „Ich hoffe er hilft dir ein wenig", er klang nun leicht besorgt. Er konnte nicht bei mir sein und mir in dieser Zeit beistehen und das setzte ihn zu, das spürte ich, auch ohne dass ich ihn sah. Doch diese räumliche Trennung, war nicht von langer Dauer. Bald würden wir wieder zusammen sein.

„Du kennst doch Max", verteidigte ich meinen besten Freund und Louis lachte leise.

„Stimmt", ich musste selber schmunzeln. Die beiden kannten sich wirklich sehr gut. Es gab am Anfang, sogar einen kleinen Eifersuchtsanfall von Louis Seite aus, weil Max und ich uns zu vertraut verhielten, seiner Meinung nach. Doch wir konnten die Wogen schnell glätten. Seit dem waren sie gute Freunde und konnten selber darüber lachen.

„Du bist doch morgen noch in Mexico, oder?", fragte ich ihn nach einer kurzen Stille, die nur eine Sekunde anhielt. Ich war mir mit seinen Terminplan nicht mehr ganz so sicher, deswegen fragte ich ihn lieber nochmal nach. Nicht, das sich doch noch was verändert hatte. In den vergangenen Jahren war das schon manchmal der Fall gewesen, was uns einige Schwierigkeiten bereitet hatte. Besonders, als ich noch zu Uni ging.

„Ja, wieso?", seine Stimme veränderte sich. Diesmal war es so, als würde er an etwas Schlimmes erinnert werden.

„Ich vermisse ich dich schrecklich", seine Stimme nahm einen leicht verzweifelten und sehnsüchtigen Tonfall an. Mir zerriss es fast das Herz. Wenn er wüsste, wie sehr ich seine Nähe begehrte. Doch diese Sehnsucht konnte ich vielleicht beheben. Wenn er nur wüsste, was ich vorhatte...

„Ich hätte eine Idee, die uns beide bestimmt gefallen wird", ich senke meine Stimme, sodass sie geheimnisvoll klang und Louis stieg auf den Spaß meinerseits mit ein.

„Bist du dir da hundertprozentig sicher?", neckte er mich und ich konnte sein grinsen förmlich durch das Telefon sehen. Ich tat so als müsste ich lange über seine Frage nachdenken und ließ mir Zeit mit der Antwort.

„Mhmm. Ja, das bin ich", sagte ich schließlich. Ich lachte kurz auf und strich über meinen gewölbten Bauch. In ein paar Stunden würden die Hände von Louis, hier liegen und unser Kind konnte endlich den Vater spüren. Auch wenn es sehr unwahrscheinlich war, so glaubte ich daran, das es jetzt schon was spürte, auch wenn es nur unbewusst war und doch war es die wahre Liebe.

„Was ist denn deine wundervolle Idee?", fragte er nun neugierig und hampelte wahrscheinlich in seinen vier Wänden herum.

„Lebt dein Zimmer noch?", fragte ich aus dem nichts heraus und ignorierte völlig seine Frage. Ich wusste, das ich ihn damit ärgerte.

„Man El, du bist gemein! Bleib beim Thema. Du kannst mich nicht neugierig machen und dann plötzlich komplett davon abweichen. Spann mich bitte nicht weiter auf die Folter", ich musste einfach nur Lachen. Seine Stimme klang fast weinerlich, so als würde er im nächsten Moment los weinen, weil er seine Zuckerwatte nicht bekommen hatte. Doch so war er schon immer gewesen. Ein Junge der maßlos übertrieb. Doch genau das war ein Teil von ihm, den ich so sehr an ihn liebte.

Ich wollte ihn nicht länger im ungewissen lassen, schließlich quälte ich mich damit selber und das wollte ich nun auch nicht.

„Statt morgen wieder nach London zu fliegen, komme ich zu drin", sprach ich meine Gedanken laut aus: „Ich halte die räumliche Trennung zu dir nicht mehr aus. Ich komme einfach auf die Pressekonferenz und was ihr sonst noch für Termine habt mit. Natürlich wenn das für Sam in Ordnung geht und wenn nicht, bleibe ich einfach im Hotel. Hauptsache ich kann neben dir wieder einschlafen", schilderte ich mein Vorhaben und gleichzeitig meine Sehnsucht nach ihm und wie man sie beheben könnte. Ich hatte das alles heute schon mit Max besprochen. Eigentlich war es sein Einfall gewesen, da er meinen Blick nicht mehr aushielt – seine Worte nicht meine. Doch glaubte ich, das da noch mehr dahinter steckte. Ich hatte selber gemerkt, das es mir nicht so sonderlich gut ging und das ließ ich unfairerweise ein wenig an Max aus. Sobald ich das gemerkt hatte, hatte ich mich sofort entschuldigt. Doch er hatte es nur abgewunken und wissend gelächelt. Er wusste, das es in wenigen Monaten vorbei war. Nur war das keine Entschuldigung für mein Verhalten ihm gegenüber.

„Was ist wirklich eine grandiose Idee. Soll ich dir einen Flug buchen? Wann möchtest du fliegen?", fing er an in die Planung überzugehen und mein Herz schlug vor Aufregung und Glückseligkeit etwas schneller. Die Sehnsucht nach dem anderen, war bei ihm nicht weniger, als bei mir.

Die Nacht zu Mittwoch war furchtbar gewesen. Ich war ständig aufgewacht. Das schlimmste daran war gewesen, das ich nicht mal den Grund dafür wusste. Doch als ich die starken Arme von Louis um meinen Körper spürte, waren die Strapazen der vergangenen Nacht vergessen.

Ich hatte einen frühen Flug genommen, damit Louis die Chance hatte mich vom Flughafen abzuholen, bevor die Pressekonferenz losging. Max und ich waren gemeinsam zum Flughafen gefahren und hatten uns da verabschiedet. Ich wusste noch nicht wie lange ich Louis begleitete, denn er war noch über einer Woche in Amerika. Ich würde es kurzfristig entscheiden.

Den Text für den neuen Reisebeitrag für unseren Blog hatten wir schon am Dienstagabend fertig geschrieben. Die Fotos waren ausgewählt und so drängte mich nichts nach London. Max würde es noch für unseren Blog formatieren. Doch damit kenne ich mich noch nicht aus. Irgendwann wollte er es mir mal beibringen, aber das hatte noch Zeit.

„Love", er seufzte beinahe meinen Kosenamen. Ich bekam eine Gänsehaut deswegen, dich ich liebte es, wenn er mich so nannte. Seine Hände wandern an den Seiten meines Körpers hoch und umfassten sanft meinen Nacken, sodass seine Daumen über meine Wangen streichen konnten. Er sah mir dabei tief in die Augen, die vor Freude und Liebe strahlten. Meine Arme lagen um seine Mitte geschlungen und ließen ihn nicht mehr los. Meine Tasche hatte ich einfach auf den Gepäckwagen geworfen und hatte ihn, sobald ich Louis gesehen hatte, achtlos stehen gelassen.

Meine Stirn lehnte an seiner, doch gleichdarauf lagen seine weichen Lippen auf der Stelle. Ich schloss meine Augen und genoss das angenehme kibbeln in meinem Bauch. Ich hatte ihn so sehr vermisst und endlich hatte ich ihn wieder. Unsere kleine Auseinandersetzung war vergessen. Der Kurztrip nach Los Angeles hatte mir wieder gezeigt, das ich diese Stadt nur als Urlaubsziel sah und nicht mehr. Doch die Zukunft würde es zeigen...

„Ich liebe dich", murmelte ich, sodass nur Louis es hören konnte. Er löste sich von mir und gleichdarauf trafen meine Lippen auf seine. Das war mehr, als es Worte je beschreiben konnten. Mir war es egal, dass wir uns in der Öffentlichkeit befanden. Dieser Moment gehörte nur uns. Das ließ ich mir von niemanden nehmen. Auch von der noch kleinen Menschenmenge hinter uns. Wahrscheinlich würde ich in zwei Minuten, die ersten Kussbilder auf Twitter entdecken. Aber wir hatten solange unsere Beziehung versteckt und in der Öffentlichkeit nicht ausgelebt, das ich an diesen Punkt angekommen war, das es mir egal war.

Ich werde Mutter, verdammt! Ich habe ein Leben und das ließ ich mir von niemanden versauen. Ich wollte für mein Kind eine unbeschwerte Kindheit und die würde es auch bekommen – koste es was es wollte!

Louis Hände rutschten immer weiter nach unten bis sie auf meinen Bauch lagen und sanft darüber strichen. Eine kleine Begrüßung an unser Kind. Die Schmetterlinge in meinen Bauch wurden immer mehr.

„Hallo Kleine", er hatte so ein liebenswürdiges Lächeln auf den Lippen, das mir die Tränen in die Augen stiegen. Als ich schniefte, sah Louis erschrocken nach oben und gleichdarauf befand ich mich wieder in seinen Armen.

„Wieso weinst du?", fragte er flüsternd an meinem Ohr. Dabei strichen seine Hände sanft über meinen Rücken und jagten mir einen wohligen Schauer über meinen Körper.

Ich schüttelte – soweit das an seiner Schulter möglich war – meinen Kopf und vergrub mein Gesicht in seiner Halsbeuge. Tief sog ich seinen Duft in mich ein und beruhigte mich.

„Wieso bist du dir so sicher, dass es ein Mädchen ist?", nun blickte ich ihn wieder in die Augen und strich mit meinen Fingern vorsichtig die Tränen aus dem Gesicht. Die Menge musste nicht unbedingt meinen Gefühlsausbruch miterleben. Doch ich wusste, dass ich keine Change gegenüber den Teleobjektiven hatte. Sie fingen alles ein, egal in welcher Entfernung sie waren.

Als Louis merkte, das ich nicht wegen körperlichen Schmerzen weinte, entspannte er sich wieder und ging auf meine Frage ein.

„Instinkt", antwortete mir Louis schlicht und lächelte wieder. Doch irgendwas lenkte ihn hinter mir ab. Als ich in seine Arme gefallen war, hatten wir uns dabei gedreht, sodass unser unerwünschtes Publikum hinter meinem Rücken war. Verwirrt drehte ich meinen Kopf vorsichtig in dieselbe Richtung und erschrak leicht, als ich in eine Menschentraube blickte. Natürlich hatte ich das Stimmengewirr bemerkt, doch hatte ich es nicht wahrgenommen. Sie wurde von Bodyguards in Schach gehalten, doch lange würden sie es nicht mehr schaffen. Mason kam nun langsam auf uns zu und gab uns auch ohne Worte zu benutzen, zu verstehen, dass wir von hier verschwinden sollten.

Der Lärm der um uns herrschte, viel mir erst jetzt wirklich auf. Vorher war ich so auf Louis fixiert gewesen, das ich es einfach ausgeblendet hatte. Schließlich war er mir wichtiger, als die Leute dir nur auf Klatsch und Tratsch aus waren oder auf ein Foto mit Louis.

„Lass uns von hier verschwinden. Ein bisschen Zeit haben wir noch, bevor ich zur Konferenz muss", meinte Louis nun, legte einen Arm um meine Taille und führte mich Richtung Ausgang. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich, wie Louis schnell in die andere freie Hand meine Tasche nahm und den Wagen sich selbst überließ. Um ihn wegzufahren, hatten wir keine Zeit. Die Reporter und die Fans wurden immer mehr und langsam kam die Angst wieder in mir hoch. Schafften wir es unversehrt zum Auto?

Doch bevor ich mir weitere Gedanken um den Gepäckwagen machen konnte, wurde er schon von einem Flughafenangestellten weggefahren und ein paar Bodyguards scherten sich um uns. Ein wenig Sicherheit verschafften sie uns, doch ganz beruhigt war ich noch lange nicht.

Wir schaffen das. Sie haben uns schon beim Küssen zugesehen, da schaffte ich auch diesen kurzen Weg. Dies redete ich mir ein und wiederholte die Sätze immer wieder in meinen Kopf.

Doch je näher wir kamen, umso wilder und lauter wurden sie. Automatisch wanderte meine freie Hand zu meinem Bauch, so als wollte sie ihn schützen und das war auch richtig so. Ich rückte näher an Louis warmen und vertrauten Körper und wandte mich von der potentiellen Gefahr ab. Und dann war ich mir nicht mehr so sicher. Was hatte ich gestern noch mit Jay ausgemacht...?

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