62. Kapitel

Eleanor

Meine Finger krallten sich in meine Haut, doch den Schmerz spürte ich nicht. Mein Kopf war viel zu sehr abgelenkt, als könnte er diesen Reiz wahrnehmen.

Meine Augen waren weiterhin auf den Bildschirm geheftet. Die Kamera zeigte Louis in Nahaufnahme, sodass man jeder seiner Regungen sehen konnte. Und trotz der heiklen Situation, lächelte er. Nein, das Wort passte nicht ganz. Er strahle. Er brauchte eigentlich nicht mehr dem Interviewer zu antworten. Wer diese Sendung sah, wusste was als nächstes kam: „Sie sind wahr. Ich bin stolz sagen zu können, dass ich werdender Vater bin und Eleanor eine Mutter", noch während er die Worte aussprach rastete das Publikum im Studio aus und auch der Moderator spielte perfekt seine Rolle.

Eine bekannte Person in der Öffentlichkeit war nicht er oder sie selber. Sobald sie den privaten Ort verlassen, setzten sie eine Maske auf und spielten ihre vorgeschriebene Rolle. Ob aufgedreht, verrückt, extravagant, Aufreißermäßig oder ein Partymacher, sie schlüpften in diese Rolle, weil es ihnen so vorgeschrieben wurde. 'Das kommt besser bei den Leuten an' oder 'So wirst du nicht so schnell vergessen werden' oder 'Mit diesen Image machst du Schlagzeilen'. So stellte ich mir die Gespräche hinter den verschlossen Türen vor. Ob es so war, wusste ich nicht und ich wollte es auch nicht wissen. Und wenn man Glück hatte und es einem nicht vorgeschrieben wurde, machte man es ganz schnell selber. Denn sobald die Öffentlichkeit zu viel von dir wusste, zerreißt es dich und dann spielst du lieber eine Rolle und erfindest deine Person, um dich selber zu schützen.

„Herzlichen Glückwunsch", er lächelte, doch seine Augen zeigten was anderes. Indessen versuchte ich es auszublenden und mich auf die folgenden Worte konzentrieren zu können.

„In welchen Monat ist deine Freundin?", obwohl das Management mit dem Sender ausgemacht hatten, das Louis lediglich nur die Gerüchte bestätigte, bohrte er weiter und das ärgerte mich. Wieso konnten sie nicht einmal Wort halten. Aber in diesem Business ging das wohl nicht...

Louis überspielte gut seine Überraschung und Enttäuschung, schließlich kannte er sowas schon Jahre lang. Doch genau in diesen Jahren, hatte er gelernt sich nicht alles gefallen zu lassen. Dementsprechend fiel auch seine Antwort aus: „Ihr werdet es sehen", meinte er nur und damit war es für ihn abgeharkt. Doch für mich kam ein neues Problem auf. Er hätte es nicht besser für die Presse formulieren können. Natürlich meinte Louis hier den Zeitpunkt der Geburt, doch man konnte es auch anders verstehen und das nutzten die Paparazzi aus. Denn er hatte somit die Erlaubnis gegeben mich zu beobachten. Natürlich wird man mit jedem Tag meinen Bauch mehr und mehr sehen können und dann abschätzen können, in welchen Monat ich war. Doch musste ich wie auf einen Präsentierteller gezeigt werden?! Ich war doch kein Objekt im Museum, was man anstarren und analysieren konnte. Ich war ein Mensch, genau wie alle anderen auch!

Ich saß einfach nur da und starrte weiter auf den Fernseher. Obwohl die Jungs schon lange verschwunden waren, konnte ich meinen Blick nicht abwenden. Es war raus. Jeder der sich auch nur im Entferntesten für One Direction und ihr Privatleben interessierte, wusste es. Und das hieß dann, Millionen von Menschen!

„El?", kam es leise von meiner linken Seite. Sanft spürte ich eine Berührung an meinem Oberarm, doch ich war noch in meinem Chaos von Gedanken gefangen. Wie weit würde ich die Welle spüren?

Louis und mein Kind war nun ein Teil der Öffentlichkeit, obwohl ich es nicht wollte. Wir wollten es beide nicht, doch es war unausweichlich, wenn ich mich nicht sechs Monate in einem Haus verstecken möchte und die Öffentlichkeit meide. Das war kein Leben!

Ich wollte für meinen kleinen Punkt eine unbeschwerte Kindheit, doch nun hatten wir es schon vor der eigentlichen Geburt zerstört. Nun wurde ich als Mutter des zukünftigen Nachwuchses von Louis ins Rampenlicht geschupst und kam nicht mehr raus. Ich musste mir Louis dringend reden.

Und aus irgendeinen Grund fühlte ich mich schlecht und gleichzeitig ehrlichtert. Ich musste meinen kleinen Babybauch – der jetzt doch schon zu sehen war – nicht mehr verstecken. Doch gleichzeitig kam die Angst.

Konnte ich noch das Haus verlassen, ohne das die Kameras auf mich gerichtet waren und auf meinen Bauch zielten? Nur weil ich ein Teil von Louis Tomlinson, Weltstar und Mädchenschwarm, in mir trug?

„Eleanor, ich weiß, du musst die Ausmaße erstmal begreifen, aber vielleicht wäre es besser, wenn wir alle schlafen gegen und morgen schauen, wie sie es aufgenommen haben", meinte Max, als ich immer noch nicht reagiert hatte.

„Genau davor habe ich Angst", flüsterte ich, doch mein Körper blieb weiter angespannt. Es ging nicht. In diesen Moment fühlte ich mich überfordert. Ich wusste nicht wohin mit meinen Gefühlen und meinen Gedanken.

„Dann lassen wir es", schaltete sich Alana ein und lächelte mich aufmunternd von der Seite an. Soweit bekam ich schon wieder was mit.

„Nein!", das Wort kam lauter aus meinen Mund heraus, als ich es beabsichtigt hatte. Durch den plötzlichen Bruch der Stille zuckten wir alle drei zusammen.

„Entschuldigung", schob ich schnell hinten dran. Sie waren für mich da und ich schrie hier herum. Das war nicht fair.

„Ich möchte es wissen. Ich möchte mich darauf einstellen können, um dann nicht irgendwann mal böse zu erwachen", meinte ich entschlossen und stand abrupt auf und drehte mich zu den beiden um: „Aber nicht in den nächsten paar Stunden. Wie wäre es mit einem heißen Kakao im Bett?"

„Ich weiß, ich hatte mich schon viel früher darüber erkundigen müssen, aber geht das mit Los Angeles nächste Woche klar? Ich meine, darfst du noch fliegen in der Schwangerschaft?", meinte Max, der eine große Tasse Kakao in der Hand hatte und nun vorsichtig daran nippte. Natürlich hatte er wieder die pinke Prinzessinnen-Tasse bekommen. Alana neben mir hatte meine geliebte Herr-der-Ringe-Tasse und ich eine einfache aus dem Küchenschrank.

Wir lagen, halb saßen wir im Bett und hatten uns in die Kissen gekuschelt. Draußen war es kalt und somit hatte ich schon die Heizung leicht aufgedreht. Ich hatte das Gefühl, das ich in letzter Zeit viel sensibler geworden war, was die Temperaturempfindlichkeit betraf. Doch keinen meiner Freunde schien es zu stören.

„Ja das geht in Ordnung. Da meine Ärztin keine negativen Auffälligkeiten vorgestern gefunden hatte, spricht nichts dagegen. Nur du musst damit rechnen, das ich danach erstmal vollkommen erledigt sein werde", ich grinste ihn an und er rollte nur mit seine Augen. Alana kicherte. Wir wussten alle was das hieß. Auch wenn es mir ein klein wenig leid tat, werde ich wahrscheinlich sehr anstrengend sein. Die Personen um mich rum, hatten es in letzter Zeit sehr schwer mit mir. Aber noch ein halbes Jahr und dann hatten es alle überlebt. Ich musste schmunzeln, als mir dieser Gedanke durch den Kopf schoss.

Wir wollten ein Hotel in Los Angeles testen, um es später auf unseren Blog zu veröffentlichen. Da wir schon recherchiert hatten, wussten wir was uns ungefähr erwartete und das war der Hammer. Der pure Luxus und deswegen freute sich Max schon unglaublich auf den Trip.

Ich wusste nicht mehr ganz so genau, ob Louis davon wusste oder ob ich es ihm überhaupt gesagt hatte. Nur würde es uns beiden nicht viel nützen, da er zu diesen Zeitpunkt in Mexico-Stadt war, um da, mit den anderen Jungs eine Pressekonferenz abzuhalten und noch weitere Termine wahrzunehmen.

Nur weil Bruce auch mal an die frische Luft musste, um seine Geschäfte erledigen zu können, rappelte ich mich am nächsten Tag auf. Max und Alana waren nach dem Frühstück gegangen. Meine Freundin musste dringend weg, deswegen verschwand sie nach einer stürmischen Umarmung auch gleich durch die Tür. Max hatte angeboten, das Gassi gehen für heute zu übernehmen, aber ich hatte abgelehnt. Ich musste mich dieser Angst stellen und am Montag musste ich spätestes raus. Was half da das aufschieben, wenn der Kopf vor Kreativität fast platze?

Viel zu schnell war ich fertig und konnte an Bruce Halsband die Leine befestigen. Ein letztes Mal atmete ich tief durch und trat durch die Tür. Von Louis hatte ich gelernt, wie man nach außen vorgab, es wäre alles in bester Ordnung. Nicht das er es mir beigebracht hätte. Ich konnte es sehen, wenn er seine Maske trug und ich war fast in dem gleichen Umfeld wie er. Da lernte man schnell...

Wir drei hatten ausgeschlafen und dementsprechend spät gefrühstückt, deswegen war Alana auch so im Zeitdruck gewesen. Dennoch konnte ich es mir nicht nehmen und beim nächsten Starbucks was zu trinken zu holen. Süßes ging immer.

Mit dem Getränk in der einen Hand und Bruce Leine in der anderen, ging ich in den 'Regent's Park'. Sobald wir auf der Wiese waren, befreite ich meinen Hund und er tollte los. Ich lachte leise los und kramte nach meinem Handy, um Louis anzurufen. Auch wenn ich um mich rum relativ wenige Leute hatte, fühlte ich mich beobachtet. Vielleicht wurde ich auch nur paranoisch, aber ich wollte mich unbedingt sichererer fühlen und da half meistes schon Louis Stimme.

Da wir es schon frühen Nachmittag hatten, riss ich Louis nicht ganz aus seinem Schönheitsschlaf. Es war zwar immer noch sehr früh in Los Angeles, aber er würde es mir nicht übel nehmen.

„Love?", kam es verschlafen von dem anderen Ende der Leitung, als ich seine Nummer gewählt hatte und auf den grünen Hörer gedrückt hatte. Schon nach dem zweiten klingeln hatte er abgenommen – was mich zu tiefst verwundert hatte. Eigentlich war er, wenn er schlief, gar nicht bis sehr schwer zu erreichen. Zum einen hatte er sein Handy meistes auf stumm, damit er wirklich mal schlafen konnte. Nichts ist störender, wenn man mitten in der Nacht durch den Benachrichtigungston von irgendeiner Mitteilung geweckt wurde, nur weil es bei dem anderen Tag war und die Sonne schien. Zum anderen hatte Louis dann auch dementsprechend einen sehr festen schlaf, das er das Klingeln glatt überhörte.

„Hey Louis. Wie geht es dir?", fragte ich fröhlich und streichelte kurz automatisch über meine Wölbung. Mein Getränk hatte ich auf die Bank neben mich gestellt, wo ich mich gerade hingesetzt hatte.

„Gut und dir? Geht es unserem Kind gut? Hast du schon die Reaktionen mitbekommen? Wie geht es dir damit?", sprudelte es dann aus ihm heraus. Ich hörte, wie er sich aufsetzte und griff selber wieder zu meinem Getränk.

„Mir geht es den Umständen entsprechend gut. Die ganzen Tweets bin ich noch nicht durchgegangen und wenn ich an einem Zeitungsstand vorbeigekommen war, hatte ich weggesehen. Ich will das noch nicht sehen. Am liebsten möchte ich, das du hier bist und wir es uns gemeinsam anschauen. Ich trau mich nicht alle", das letzte flüsterte ich nur, aus Angst mich könnte jemand belauschen.

„Ach El, du weißt nicht wie sehr ich dich vermisse. Vielleicht können wir skypen, werden wir uns gemeinsam die Nachrichten durchlesen" schlug er aufmunternd vor und meine Laune wurde wieder besser.

„Das ist eine gute Idee. Wann kannst du denn?", fragte ich direkt. Den genauen Terminplan von Louis hatte ich nicht im Kopf.

„In deiner Zeitzone heute Abend. Ich müsste da Mittagspause haben, da haben wir ein wenig Zeit", es war nicht viel, aber ich wusste, das das schon ein Luxus war.

„Okay", stimmte ich zu und wechselte das Thema.

„Ich bin mit Bruce im Park und genieße die kalte Luft", ich sah kurz auf, um mein Hund mit einem Stock im Maul zu sehen und grinste schon wieder. Dabei kaute ich auf dem Strohhalm herum. Er sah so süß aus.

„Erkälte dich nicht", kam es prompt von Louis und ich seufzte.

„Das kannst du später unseren Kind sagen", ich schmunzelte und ich hörte ein leises Lachen von ihm.

„Ich wollte nur schon mal üben. War mein Tonfall in Ordnung?", nun brustete ich wirklich los und das war für Louis Antwort genug. Als wir uns beide wieder beruhigt hatten, fragte ich ihn leicht verwundert: „Wie kommt es, das ich dich so schnell erreichen konnte? Bei dir ist es doch erst sieben Uhr in der Früh?"

„Naja...", druckste er erst rum, ehe er mit der Wahrheit heraus rückte. Er wirkte dabei so süß, das sich meine Schmetterlinge zum Leben erweckten und ordentlich in meinem Bauch herumtollten. Doch dann schlug die Stimmung schon wieder um...

„Ich habe für dich einen eigenen Klingelton, denn ich so gut wie immer höre. Außerdem habe ich zusätzlich noch einen Unikaten Vibration eingestellt, sodass ich es auch merke, wenn es um mich herum laut ist", erklärte Louis mir und seine Stimme klang verlegen und ernst zu gleich.

„Wieso?!", rief ich etwas zu laut ins Telefon und schob schnell ein: „Versteh mich nicht falsch, ich fühle mich ein wenig geschmeichelt", hinzu. Ich war nur zu verwundert darüber.

„Ich möchte, dass du mich zu jeder Zeit erreichen kannst. Was ist, wenn du plötzlich ins Krankenhaus musst und ich nicht erreichbar bin? Ich möchte diesen Gedanken nicht mal denken", er klang leicht aufgebracht, so als würde er sich darüber wirklich sorgen machen und das brachte mich fast zum Weinen. Demensprechend war meine Stimme ein wenig belegt und ich musste erstmal tief durchatmen, ehe ich wieder sprechen konnte.

„Ich weiß nicht, was ich darauf erwidern soll. Denn alles was mir einfällt, wird dem nicht gerecht", ich murmelte die Worte nur, doch trotzdem hörte man die Ehrlichkeit heraus.

Wir schwiegen und ich hörte Louis beim Atmen zu. Es klang verstörend, aber es beruhigte mich. Denn das Gefühl, das gerade nicht nur eine Kamera auf mich gerichtet war, verstärkte sich mit jeder Minute, die ich hier saß mit Louis telefonierte und dabei Bruce zusah, wie er spielte.

Und prompt sah ich keine hundert Meter von mir entfernt, ein Mann mit einem riesigen Objektiv auf der Kamera drauf.

Oh scheiße!

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