61. Kapitel
Eleanor
Er sah mich einfach nur an und ich spürte förmlich, wie er sich von mir entfernte. Es war eine Meinungsverschiedenheit, die nicht banal war, sondern ein wirkliches Problem hervorrief. Ich sah es in seinen Augen und die Worte, die er dann noch aussprach, brachten das Fass bei mir zum Überlaufen.
„Wieso? Es ist doch egal in welcher Stadt unser Kind geborgen wird. Wieso ist das für dich so wichtig?", er sah mich zwar noch an, doch die Barriere zwischen uns, war schon da. Er setzte alles darauf an, das dieses noch durchlässige Hindernis zur undurchdringbaren Mauer wurde. Das einzigste Wort was mir in diesen Moment einfiel war: Arschloch! Alleine die Formulierung reichte schon, um mich zur Weißglut bringen zu lassen.
Die Frage von ihm war durchaus berechtigt und doch schmerzte es. Wenn er es egal fand, dann konnte ich doch die Geburt in London hinter mich bringen. Wo lag dann sein Problem?
Dieser Tag war zu viel für mich. Meine Nerven lagen blank und ich stand kurz vor einem Zusammenbruch. Ich wollte keinen Streit mit Louis anfangen, gerade nicht, wenn wir uns lange nicht sehen würden, aber in diesen Moment wusste ich mir nicht anders zu helfen.
„Geht bitte", waren die einzigsten bestimmten Worte die ich zu ihm sagte und zeigte mit dem ausgestreckten Finger auf die Tür. Mein Blick lag starr auf ihn gerichtet. Mein Gesicht war wie zu einer Maske geformt. Keine Gefühle konnten an die Oberfläche dringen und in diesen Moment rettete es mich. Unter der ausdruckslosen Fassade, brodelte es. Aber nicht vor Wut, sondern vor Erschöpfung und Ratlosigkeit. Ich konnte nicht mehr und ich wusste nicht, wie ich mit einer Entscheidung umgehen sollte. London oder Los Angeles? In meinen Augen waren es beides wunderschöne Städte. Aber mit London verband ich meine Heimat – Mit Los Angeles nur ein atemberaubendes Reiseziel. Ich möchte mich heimisch fühlen, wenn ich unter Schmerzen litt und mein Kind sollte diese Geborgenheit auch spüren. Doch in diesen Punkt, musste ich mich nicht vor Louis erklären!
„El...", flüsterte mein Freund erschrocken über meine heftige Reaktion. Ich glaube in den vergangenen Jahren, hatte ich ihn noch nie raus geschmissen – zumindest nicht in einem Streit. Doch hier ging er mir zu weit. Louis verstand mich nicht und deswegen mussten wir beide unsere Pläne reflektieren. Wir mussten uns darüber klar werden, was wir wollten und jeder musste darüber alleine nachdenken.
„Nein!", sagte ich hartnäckig und mein Zeigefinger verharrte immer noch auf den Ausgang. Seine Augen weiteten sich, als er merkte, das ich es wirklich ernst meinte.
„Du kannst mich nicht einfach rausschmeißen", Louis wirkte aufgebracht und fuhr sich mehrmals durch die Haare. Das wäre ich an seiner Stelle auch. Doch heute bekam ich kein Mitleid mit ihn. Ich brauchte dringend ruhe und schlaf. Die prickelnde Nähe von Louis und seinen benebelten Duft konnte ich beim Nachdenken nicht gebrauchen – so hart es jetzt auch klingen mag.
„Natürlich kann ich das. Das ist meine Wohnung. Es tut mir Leid, das sagen zu müssen, aber wir müssen beide über unsere Pläne nachdenken und das alleine. Zusammen wären wir nur von dem anderen beeinflusst. Ich bitte dich nochmal: Bitte geh. Wir sehen uns in ungefähr zwei Wochen wieder", es war für uns beide die beste Lösung – Momentan. Das wir uns dabei eine längere Zeit nicht sahen, – er hatte mehrere Termine in der USA – hatte eine positive Seite, aber leider auch etwas Negatives. Doch ich musste in dieser Situation an unser Wohl denken und nicht mich, als einzelne Person.
Er nickte nur und stand langsam vom Bett auf. Sein Blick war auf mich geheftet. Ich konnte ihn nicht definieren, aber ich brauchte es auch nicht. Denn ich spürte auch so, das er mit dieser Entscheidung nicht wirklich einverstanden war, sich aber nicht weiter mit mir streiten wollte. Die Angst das ich mich noch mehr aufregen würde, als jetzt schon, sah ich an seiner Haltung. Als er die Tür erreichte sagte er liebevoll und wie als wäre es ein Abschied: „Ich liebe dich"
„Ich liebe dich", flüsterte ich zurück und brachte ein zaghaftes Lächeln auf meine Lippen. Ich war mir sicher, dass wir auf eine Lösung kommen würden. Das hatten wir bis jetzt immer, also wieso sollte es dieses Mal nicht funktionieren?
Kurz sah ich ein leichtes zucken um seine Mundwinkel, doch seine Augen wirkten weiter getrübt. Ich müsste nicht anders aussehen. Es schmerzte, doch wir mussten beide da durch – es war das Beste...
„Ich wünsche dir viel Spaß in Amerika und genieße die restliche Zeit noch", es waren meine letzten Worte, bevor er durch die Tür trat, das große Licht ausschaltete, sodass ich in Dunkelheit gehüllt wurde und sie langsam hinter sich schloss.
Eine Woche später, es war ein Dienstag, erreichte mich ein großer Blumenstrauß und ein Päckchen. Es war von Louis. In den vergangen Tagen hatten wir beide über unsere Meinungsverschiedenheit nachgedacht und hatten keinen Kontakt gehabt – zumindest nicht was sich um dieses Thema drehte. Dennoch hatten wir uns jeden Tag gegenseitig Nachrichten geschickt, die eigentlich immer den gleichen Inhalt hatten. Und doch freute ich mich stets darüber. Ich wusste, dass das albern war, aber meine Hormone spielten immer noch verrückt – das hatte sich auch nicht in den paar Tagen geändert. Louis interessierte sich aller paar Stunden über mein Wohlbefinden und die unseres Kindes in mir. Obwohl ich zu diesen Punkt leider nicht viel ausrichten konnte, den ich war kein Arzt. Doch Louis reichte es meistens schon, wenn ich ihm sagte, das ich nichts ungewöhnliches spürte. Besonders gestern vibrierte ständig mein Handy – soweit er die Zeit hatte, aber bei ihm war es zu diesen Zeitpunkt noch früh gewesen – da ich eine weitere Untersuchung hatte und er immer auf den neuesten Stand bleiben wollte. Und genau diese Hingabe die er mir gab, obwohl er nicht mal auf dem gleichen Kontinent war, brachte mein Herz zum anschwellen...
Heute war unser Jahrestag und wir waren mal wieder voneinander räumlich getrennt. Mich machte es traurig ihn nicht in meine Arme schließen zu können und seine perfekten Lippen zu küssen. Doch an dieser Situation war ich mit schuld. Noch dürfte ich aus gesundheitlichen Gründen fliegen, doch bald sollte ich es lassen.
Dennoch freute ich mich sehr über diese Geste. Ich hatte Louis ebenfalls etwas geschickt und war schon sehr auf seine Reaktion gespannt.
Doch nun öffnete ich die Schachtel und holte ein Fotoalbum raus. Als ich das Buch durchblätterte, sah ich überall nur Fotos von Louis und mir. Ab und zu waren auch unsere Familienmitglieder darauf oder die Jungs. Doch hauptsächlich wir beide.
Ich musste lachen und gleichzeitig weinen, als ich auf den Boden saß und vorsichtig die einzelnen Seiten durchblätterte. Bruce hatte sich an meinen Rücken gekuschelt und schlief mal wieder. Ich genoss die Vertrautheit und das bekannte leise Geräusch, während ich in Erinnerungen schwelgte.
Es war sehr aktuell. Das letzte Bild war vor nicht mal drei Wochen aufgenommen worden. Es war eines der mehreren Fotos, die wir mit meinen Bauch gemacht hatten. Darunter stand: 'Egal wo du bist, ich bin es auch'
Die Aussage war deutlich genug und dann flossen meine Tränen nur noch mehr.
Zwei Tage später, stand das Interview an, was für uns beide ein großer Schritt bedeutete. Louis hatte sich mehrmals bei mir erkundigt, ob wir es wirklich machen sollten, doch ich hatte die ersten drei Monate überschritten und die Gesundheit unseres Kindes konnte nicht besser sein, also was sprach noch dagegen. Genau das wiederholte ich immer wieder in meinen Kopf und hoffte so, nicht mehr so nervös zu sein. Doch natürlich funktionierte es nicht. Ich saß angespannt mit Alana und Max auf dem Sofa. Unruhig spielte ich mit meinen Fingern herum und starrte immer wieder abwechselnd von meinem Handy zum Fernseher. Louis wollte sich noch einmal melden bevor, die Show startete.
Dass wir es mitten in der Nacht hier in London hatten, interessierte uns alle nicht. Ich wollte dabei sein, wenn Louis es der ganzen Welt erzählte, die es aufsaugen würden, wie ein Schwamm. Ich war zwar nicht räumlich in seiner Nähe, aber dennoch konnte ich alles auf einen Bildschirm live mit verfolgen.
„Bleib ruhig. Du hast dich entschieden und Louis auch. Dein Bauch wächst jeden Tag und bald kannst du ihn nicht mehr unter weiten Pullovern verstecken. Du bist in dritten Monat schwanger", meinte Alana neben mir und legte einen Arm um meine Schulter.
Ich seufzte und blickte sie an. Meine Hände wanderten automatisch zu meinen Bauch und streichelten ihn sanft. In meinen Augen flackerte die Unsicherheit, doch ich konnte mich nicht entspannen. Schon seit Tagen hatte ich das Gefühl ständig unter Beobachtung zu stehen, sobald ich meine sichere Wohnung verlasse. Ich fühlte mich wie als wäre ich paranoid, doch ich konnte dieses Gefühl nicht abstellen.
„Ich weiß", ich seufzte noch einmal und drehte meinen Kopf zu Max, der ebenfalls meine Nähe suchte, um mir halt zugeben. Und ich liebte beide dafür. Sie waren da und standen das mit mir gemeinsam durch.
„Danke", sagte ich ehrlich und sah zwischen den beiden hin und her.
„Jederzeit", meinten meine Freunde mit einem sanften Lächeln auf den Lippen und in diesen Moment klingelte mein Handy. Louis rief mich endlich über Skype an. Ich fühlte mich wie unter Strom...
„Love", begrüßte mich Louis begeistert, doch als er meinen nervösen Blick sah wurde er augenblicklich ruhig.
„Mach dir keine Sorgen. Wir haben abgemacht, das wir lediglich deinen Zustand preisgeben, aber keine weiteren Informationen", versuchte mich mein Freund mit diesen Worten zu beruhigen, doch es klappte nicht so ganz. Ich vermisste seine Nähe. Seine Umarmungen. Seinen Duft. Seine Stimme, die nicht durch ein Handy oder Computer ganz verzerrt klang.
„Ich vermisse dich", platzte es dann plötzlich aus mir heraus und sah ihn direkt in die Augen. Ich begehrte ihn so sehr...
„Ich vermisse dich auch", Louis Stimme wurde sanft und sein Gesichtsausdruck ganz weich. Am liebsten hatte ich ihn jetzt in den Arm genommen und für eine lange Zeit nicht mehr los gelassen. Diese zwei Wochen, hatten sich schlimmer angefühlt, als die vergangen Jahre davor, wenn wir uns für Monate nicht gesehen hatten...
„Ich liebe dich", er hauchte einen Kuss auf die Kamera, sodass ich für kurze Zeit nur schwarz sah, ehe sein Gesicht wieder auftauchte.
„Wir schaffen das", meinte er selbstsicher zu mir, ehe er kurz an der Kamera vorbei blickte und dann wieder zu uns.
„Passt bitte auf sie auf", richtete er die Worte an Alana und Max, die ihn wissend zunickten. Sie haben relativ schnell begriffen, das ich in den letzten drei Monaten sehr schnell Emotional wurde. Somit wusste keiner, wie ich auf das alles reagieren würde, selbst wenn wir alle darauf vorbereitet waren und wussten, was in der nächsten Stunde passierte. Man konnte es sich denken, doch wissen tat es keiner.
Mit diesen Worten legte er auf und keine zehn Minuten später verfolgte ich mit meinen Freunden das Interview. Es war der Horror, zu wissen, das es nur noch wenige Sätze bis zu der einen entscheidenden Frage war, aber man nicht genau wussten, wann es nun passierte. Man saß wie auf Kohlen und dieses Mal war ich nicht alleine.
Als wir merkten, das es langsam ernst wurde, richteten wir uns alle drei vor dem Fernseher auf und stützen uns an unseren Oberschenkeln ab. Selbst die Jungs schienen es zu ahnen, den ihre Haltung veränderte sich ebenfalls.
Unbewusst hielt ich den Atem an, als der Interviewer die entscheidende Frage stellte: „Es kursieren ziemlich viele Gerüchte über dich und deine Freundin", meinte der Moderator und wandte dich Louis zu, der nun ein weniger aufrechter saß und seine Hände ineinander verschränkt hatte.
„Ja, das habe ich auch schon mitbekommen", meinte er und richtete seine Aufmerksamkeit vollständig dem Mann ihm gegenüber. Das war die Übertreibung des Jahrhunderts!
Ich hatte das Gefühl mit jedem Tag wurde es schlimmer. Kein Wunder das ich paranoetisch wurde. Die Fotos die ich jeden Abend fand, waren Beweis genug, das ich mich nicht getäuscht hatte.
„Wie wahr sind die Gerüchte über die angebliche Schwangerschaft in der sich Eleanor Calder befindet?", fragte er nun etwas neugieriger und sah gespannt zu Louis. Die Leute im Publikum waren leiser geworden und warteten ebenfalls sehnsüchtig auf die Antwort.
Doch wie würden sie reagieren? Wenn einer der Jungs vergeben war, sorgte das schon für eine Massen Weinerei, doch was passierte wenn einer noch dazu Vater wurde?
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