60. Kapitel
Eleanor
Der Schatten kam immer näher an die Tür und plötzlich sah ich, wie sich eine Hand um das dünne Brett legte. Es war zu dunkel, um irgendwelche Körperteile zu erkennen, doch mir kam die Gestalt bekannt vor. Dennoch blieb ich unter Spannung. Ich wusste noch längst nicht, wer das war. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und wartete unter Todesangst, was nun passierte.
„Bist du wach?", flüsterte jemand vorsichtig, doch es reichte aus mich panisch werden zu lassen. Ich schrie erschrocken, über den plötzlichen Lärm, der sich in der vorigen Stille ausgebreitet hatte und erkannte erst wenige Sekunden später die mir sehr vertraute Stimme. Der Schatten von der Tür verschwand blitzartig, als das Deckenlicht anging und der Raum in Helligkeit geflutet wurde.
Bruce neben mir im Bett wachte abrupt auf. Er hob seinen Kopf und blickte erst schläfrig zu mir und als er nichts fand zu Louis. Als er ihn erkannte – wahrscheinlich an seinem Geruch – ließ er sich wieder auf seine Pfoten sinken und schloss wieder die Augen.
Louis sah mich mit weitaufgerissen Augen an. Ich musste so ähnlich aussehen. Wie ein erschrecktes Tier, saß ich nun senkrecht im Bett und zitterte, als wäre ich gerade aus einem eiskalten Becken gestiegen. Mein Atem kam hektisch und stoßweise. Mein Herz raste und das Adrenalin schoss durch meinen Körper. Was alles andere als Gesund war. Doch ich konnte es in diesen Moment nicht ändern.
„Was ist passiert?!", schrie Louis schon fast selber panisch. Er sah sich hektisch im Zimmer um und als er nichts Auffälliges fand – was einem Einbrecher oder einem Vergewaltiger ähnelte, fixierte er seinen Blick auf meinen. Ich starrte zurück. Den Schock hatte ich immer noch nicht überstanden.
Als er sich langsam wieder beruhigte, kam er mit schnellen Schritten auf mich zu. Er wirkte aufgewühlt und einfach nur fertig. Seine Haare standen kreuz und quer, als wäre er mit seinen Händen mehrmals hindurch gefahren. Da halfen leider auch Louises Künste nicht. Aber wäre ich nicht in dieser Situation, würde ich es äußerst heiß und sexy zugleich finden. Doch ich konnte mich nicht aus solche Sachen konzentrieren. Denn die Ereignisse des Tages kamen, nach dem Furcht wieder hervor und waren mehr als nur präsent.
„Du!", stieß ich hervor und brach dann in Tränen aus. Es war zu viel! Mit den Kräften am Ende, ließ ich mich zu Seite kippen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Louis machte erschrocken über meine Reaktion einen Satz, grabbelte auf das Bett und nahm mich in seine starken, warmen Arme. Er hielt mich fest und bewahrte mich vor dem innerlichen zerbrechen.
Doch Louis interpretierte etwas anderes hinein, als ich mich fühlte: „Tut dir was weh? Soll ich den Krankenwagen rufen? Bitte sag was, El", Louis klang verzweifelt und nach seiner Stimmlage, den Tränen selber nah. Er dachte sofort an das schlimmste, als den einfachen Dingen Platz zu schaffen.
Tat mir was weh? Ja, mein Kopf pochte, als würden Stecknadeln und gleichzeitig ein Hammer auf ihn einschlagen. Ein Krankenwagen half da nichts. Eine große Portion Liebe, ein Glas Wasser und schlaf, würden da schon eher was bewirken. Doch die Aussichten, dass ich dies auch bekam, standen im Moment sehr schlecht. Erstmal musste ich mit Louis sprechen. Doch dafür sollte ich mich wieder beruhigen und meine Fassung wieder erlangen. Nur leider war das leichter gesagt, als getan.
Vehement schüttelte ich einen Kopf und ließ den Tränen weiter freien Lauf. Ich spürte wie Louis eine Hand mich weiter festhielt, während die andere meine Haare aus dem Gesicht strichen, die durch meine salzigen Tränen an meiner Haut festklebten.
„Du glühst ja!", rief er besorgt aus und drehte vorsichtig meinen Kopf. Seine Augen blickten in meine und dann verschwamm wieder alles. Wieso? Ich verstand ihn nicht. Er möchte nach Los Angeles ziehen, aber kümmerte sich so rührend um mich und machte sich sorgen. Sein Verhalten mir gegenüber verwirrte mich nur noch mehr. Oder war ich zu voreilig gewesen und die Presse hatte wieder einen Mist produziert, der nicht mal an die Wahrheit herankam?
„Eleanor, was ist passiert? Bitte sag es mir, damit ich dir helfen kann", seine Stimme klang immer noch leicht verzerrt. Ich spürte deutlich – auch wenn er nicht wusste, wieso ich gerade so war – das er meinen Schmerz spürte. Nicht körperlich, sondern seelisch.
Wir waren fest verbunden. Wir ahnten was, wenn es den anderen schlecht ging. Ich konnte es nicht erklären. Doch es entsprach der Wahrheit.
Trotz, das er mich gerade im Arm hatte und ich nichts lieber täte, als an seinem Körper einzuschlafen, konnte ich die Enttäuschung nicht länger zurückhalten. Die Wut, die sich langsam in mir aufgestaut hatte, musste raus.
„Du! Der anstrengende Tag und wieder Du!", brachte ich gerade so hervor und wischte mir nun akribisch über meine Wangen. Ich hatte genug für heute gelitten – oder war es schon morgen? Ich wusste es nicht.
„Wieso willst du nach Los Angeles ziehen?", die Frage kam sachlich aus mir heraus. Ich wollte nun endlich eine Antwort haben. Mein Freund sah mich über den plötzlichen Wechsel meines Zustandes irritiert an.
„Ich ziehe nicht nach Los Angeles. Ich habe lediglich gesagt, dass ich es mir überlege dort hinzu ziehen", kam es sofort von Louis zurück. Er sah nicht überrascht über diese Frage aus. Wieso auch, er hatte bestimmt seine Mailbox abgehört und war deswegen auch bei mir. Nur stellte ich mir gerade die Frage, wieso er hier war. Schließlich hatte ich Max nicht gesagt, wo ich hinfuhr, doch meine Entscheidung, war wohl sehr nahliegend gewesen.
Er sah mich nun wieder mit einem besorgten Ausdruck an und nahm mich kurze Zeit später wieder in seine Arme. Nur schwer konnte ich mich konzentrieren. Und dann erfasste ich seine Worte.
„Was?!", auch wenn es mir in diesen Moment wiederstrebte, kämpfte ich mich aus Louis Umarmung und sah ihn einfach nur an.
„Ich hatte schon vermutet, das du das Interview nicht gesehen hattest", erwiderte er auf meine Reaktion. Ich sah ihn leicht schuldbewusst an. Wir hatten einmal gesagt: Bevor wir irgendwas von der Presse glaubten, sah man sich die Quellen richtig an, sprach sofort mit einander und urteilte nicht vorher. Genau das hatte ich nicht gemacht und das bereute ich jetzt.
„Ich war einfach nur geschockt", versuchte ich mich zu erklären. Doch Louis strich nur sanft über meine Arme und brachte mich damit fast aus dem Konzept. Er war so...ich konnte es nicht beschreiben. Ich wäre sehr wahrscheinlich sauer auf ihn gewesen, wäre ich in seiner Situation. Es glich schon fast an einem Vertrauensbruch und doch war er hier.
„Ich hätte sehr wahrscheinlich genauso wie du reagiert. Es tut mir leid, das ich nicht erst mit dir geredet habe. Ich hatte nicht vor es überhaupt zu erwähnen, nur irgendwie rutschte es dann einfach aus mir heraus", er sah mich weiter unverwandt an.
„Aber das muss nichts bedeuten", Louis suchte weiter die Nähe von mir und ich ließ es zu. Wie konnte ich mich auch mit meinem traumatisierten Herz noch wiedersetzten. Ich wollte es doch gar nicht. Er war mein Freund. Ich liebte ihn. Ich wollte seine Nähe.
Doch was er gerade gesagt hatte, klärte lange noch nicht alles. Ich wollte mehr Details wissen. Schließlich musste ich auch meine Zukunft planen und mit unserem Kind war das noch eine ganz andere Sache.
„Und wieso möchtest du nach Los Angeles?", nun war ich wirklich interessiert.
„Ich habe dir doch von meinen Überlegungen erzählt ein eigenes Plattenlabel zu eröffnen. Außerdem hatte mich Simon für ein Gastauftritt bei 'American Got Talent' angefragt", meinte er. Er sah immer noch so aus, als wollte er mich sofort wieder in seine Arme ziehen. Doch ich wollte erstmal Klarheit über seine nahe Zukunft bekommen, ehe ich meinen Hormonen nachgab.
„Ja, aber da bin ich ausgegangen, das du für die Dreharbeiten hinfliegst und dann wiederkommst. Das ist ein einziger Auftritt. Und was dein Plattenlabel betrifft, wäre es doch egal von wo aus du das managest. Das wäre dann wie für die Dreharbeiten. Dann fliegst du einfach mal rüber. Wieso möchtest du gleich in die Staaten ziehen?", versuchte ich meine Überlegungen zu erklären.
„Ich mag Los Angeles"
„Du liebst London", warf ich ein, ehe er weiter reden konnte und sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Was zog ihn so nach Los Angeles?
„Ja, aber möchtest du nicht auch, einfach mal einen Flug buchen und in dein eigenes Haus in Los Angeles wohnen?", argumentierte Louis. Der Gedanke war nicht schlecht, aber das fühlte sich dann wieder wie Urlaub an und nach keinem zu Hause.
„Ich weiß es nicht", ich sah mich im Zimmer um und überlegte mir, hier nicht mehr zu wohnen. Doch schon allein der Gedanke schmerzte mich.
„Schau mal, wenn ich jede Woche nach Los Angeles fliegen müsste, nur weil ich da Termine habe, wäre das für uns beide zu stressig"
„Als wären deine Tourneen nicht stressig gewesen", es kam schärfer aus mir heraus als ich es beabsichtig hatte. Im nächsten Moment bereute ich es schon wieder und sah ihn entschuldigend an.
„Love...", er nahm meine Hände in seine und fing an mit meinen Fingern zu spielen. Leise drang seine Stimme an meine Ohren. Wir wussten beide, das die Tourneen alles andere als ein Zuckerschlecken gewesen waren, aber unsere Beziehung hatte dies überlebt. Wir haben es überlebt. Wir mussten Opfer bringen, die uns beiden zugesetzt hatten, aber wir waren hier.
„Und was hattest du mit uns vor? Wann hattest du überhaupt vor mir von deinen Plänen zu erzählen?", so langsam kam die Enttäuschung wieder hoch und flackerte in meinen Augen wieder.
„Ich...", fing Louis an und brach dann ab.
„Ja?", hakte ich sofort weiter nach. Wenn er nicht darüber nachgedacht hatte –
„Ich möchte, das du mit mir nach Los Angeles ziehst", danach herrschte stille. Nur Bruce hörte man atmen. Er war anscheinend wieder eingeschlafen und bekam um sich herum nichts mehr mit.
„Louis...", ich wusste nicht, wie ich ihm das am besten sagen konnte. Ich wurde nicht in London geboren, dennoch fühlte ich mich mehr als wohl in dieser Stadt.
„Ich möchte hier in London bleiben", sprach ich das aus was ich dachte. Ich hasste es, wenn Leute um den heißen Brei herum redeten, wobei sie es doch eigentlich gleich auf den Punkt bringen konnten. Zeitschinden brachte gar nichts.
„Ich möchte, das unser Kind in London geborgen wird"
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