54. Kapitel

Eleanor

Ich hätte eindeutig nicht so viel essen sollen. Das war mein erster Gedanke, als ich das typische Gebräu in meiner Speiseröhre spürte. Die aufkommende Übelkeit, zerstörte die lockere Stimmung im nu. Gerade hatten wir uns noch über alles Mögliche Unterhalten, ehe ich mal wieder abrupt abbrechen musste. Am liebsten hätte ich mich wie ein trotziges Kleinkind auf den Boden geschmissen und los geschrien, anstatt mit der Hand vor dem Mund ins Bad zu stürzen.

„Sag nichts", zischte ich Louis an, als ich merkte wie er sich über meine Lage lustig machen wollte. Aber dank meinen Hormonen die ich in der Schwangerschaft hatte, hatte ich eine super ausrede ihn anzumeckern, wann immer es mir gerade lieb war. Doch aus irgendeinen Grund war er von meinem kleinen Ausbruch weniger beeindruckt. Vielleicht sollte ich mich darüber auch freuen...

„Ist gut", lachte Louis trotzdem, hob seine Hände, wie als würde er sich vor der Polizei ergeben und trat einen kleinen Schritt zurück. Das war auch gut so, denn wäre ich nicht gerade mit mir selber beschäftigt, hätte ich ihn in die Seite geboxt und das nicht gerade sanft. Da wären mir die Schuldgefühle, die sicher danach gekommen wären, egal. Sollte er sich doch selber immer die Seele aus dem Leib brechen. Dann wusste er wenigstes wie das ständige über einem Eimer oder der Toilettenschüssel zu hängen war. Aber da hatte er dieses Mal Glück gehabt, denn stattdessen spülte ich meinen Mund aus und putze mir die Zähne, damit der eklige Geschmack daraus verschwand.

Gerade war ich einfach nur genervt von ihm. Sein verhalten strapazierte meine eh schon beanspruchten Nerven nur noch mehr. Und ich wusste nicht, ob ihn das so ganz bewusst war. Aber momentan war ich mit anderen viel wichtigeren Sachen beschäftigt.

„Ich liebe dich trotzdem", er zog mich in seine Arme und führte mich so wieder zum Bett, in das wir uns keine Sekunde später legten. Mit diesen Worten zerschmolz mein Herz und meine schlechte Laune von gerade eben, war ganz plötzlich verflogen. Ich war einfach zu verliebt, um ihn lange auf sinnlose Sachen böse zu sein...

Die weiche und üppige Bettwäsche empfing uns und hüllte uns ein. Ich liebte große Kissen und das noch mehr, wenn man mehrere von der Sorte hatte. So wie auch jetzt.

„Ich liebe dich", flüsterte ich in die plötzliche Dunkelheit, da ich die Nachtischlampe ausgemacht hatte. Ich kuschelte mich an Louis Körper ran und seufzte zufrieden auf, als er seinen einen Arm um mich herum schlang und seine Hand auf meinen Bauch legte. Sanft strich sein Daumen darüber und so schlief ich mit einem Lächeln auf meinen Lippen ein. Ich liebte ihn dafür.

Ich hatte das Gefühl meine Hormone waren wie ein Roulette. Mal sehen welche Emotionen ich bei der nächsten Situation fühlte. Vielleicht würde ich zur Abwechslung mal wieder weinen. Das hatte ich doch lange nicht mehr... So langsam glaubte ich innerlich durchzudrehen. Aber dank meinen Schwangerschaftshormonen, konnte ich die Schuld auf diese lenken.

Louis Körper hatte schon von Anfang an eine beruhigende Wirkung auf mich gehabt, so konnte ich bis jetzt bis auf einzelne Ausnahmen sehr gut und ruhig schlafen. Woran das lag wusste ich nicht, aber ich glaubte die Antwort zu erahnen...

Bedienungslose Liebe.

Wir wurden durch ein Klopfen an der Tür und Kindergeschrei am nächsten Morgen geweckt. Nicht gerade das, wonach man sich sehnte, wenn man die halbe Nacht wach gewesen war. Für Louis, der ein anstrengendes Konzert hinter sich hatte, musste es noch schwerer sein, als für mich. Mit halb geschlossenen Augen schweifte mein Blick zu meinem Handy, was mit einem Knopfdruck aufleuchtete und mir anzeigte, das es schon fast Mittag war. Trotz der späten Uhrzeit, hatten wir beide nur ungefähr sieben Stunden geschlafen. Für manche Menschen reichte diese Anzahl an schlaf durchaus aus, aber nicht für uns.

„So werden wir auch bald geweckt", nuschelte Louis noch ganz verschlafen in mein Ohr. Seine Stimme klang ganz rau, doch das störte mich überhaupt nicht, vielmehr liebte ich sie. Ein Lächeln schlich sich trotz meiner Müdigkeit auf meine Lippen. Er strich mehrere Haarsträhnen über meine Schultern und legte so meinen Nacken frei. Sanft verteilte er süße Küsse auf meinen Hals und meiner Schulter. So könnte ich immer geweckt werden. Seine weichen Lippen auf meiner nackten Haut. Doch dieser Gedanke blieb bei mir...

„Mhmm. Das dauert noch ein paar Jahre. Denn ich habe noch nie ein neugeborenes 'ich will jetzt aber darein, egal ob sie schlafen oder nicht' sagen hören", wir lachten beide los und schwelgten ganz kurz in unseren nahen Zukunft. Wenn unser Kind erstmal geboren war, änderte sich so einiges in unseren Leben. Wenn man irgendwas vorhatte, musste man mehr Zeit vorher einrechnen, denn es konnte jede Zeit sein, das die Windel voll war oder das Baby Hunger hatte, sodass man es erstmal stillen musste. Aber damit würden wir uns noch nicht befassen. Doch manchmal verging die Zeit schneller, als man dachte...

„Ah da hast du wohl recht. Ich glaube Daisy schlägt noch die Tür kaputt, wenn wir sie nicht gleich öffnen...", er schälte sich aus der Decke, drückte mir noch einen Kuss auf die Wange und ging zur Tür. Seine Haare standen in alle Richtungen hab. Er fuhr sich einmal über sein Gesicht, um wacher zu werden, aber Wirkung zeigte es nicht wirklich.

Da ich noch im Bett lag, konnte ich ihn gut von meinem Platz aus beobachten. Automatisch glitt mein Blick über seinen wundervollen Körper. Die Tattoos auf seinen Armen und Oberkörper waren nun nicht von einem Stück Stoff bedeckt und so konnte ich sie in ihrer ganzen Bracht betrachten. Louis musste meinen Blick gespürt haben, denn sein Kopf drehte sich zu mir und sah mich an.

„Dann lass deine Familie rein", ich schmunzelte und kuschelte mich wieder in die Kissen. Seinen intensiven Blick dabei versuchte ich zu ignorieren.

Doch da fiel mir mit einem Schlag ein, was ich da gerade gesagt hatte und was das bedeutet. Zu sehr war ich von meinem Freund und seinen himmlischen Körper abgelenkt gewesen.

„Moment!", schrie ich fast panisch und wühlte schon mit meinen Fingern in meinen Haaren herum, um sie irgendwie gebändigt zu bekommen. Wieso war mir das nicht gleich aufgefallen?

„Und du solltest dir vielleicht noch irgendwas anziehen. Ich weiß deine Familie hat schon alles von dir gesehen, aber trotzdem -", gerade hatte ich ihn noch betrachtet und ganz dabei vergessen, wer alles vor der Tür stand.

„Es geht um die Höflichkeit. Ja Mama, ich weiß", er schnappte sich eine herumliegende Hose und zog sie sich schnell an. Stände ich gerade nicht unter Druck, hätte ich ihn mit einem Kissen beworfen, aber stattdessen nutze ich die wertvolle Zeit anders. In den paar Sekunden hatte ich mich nämlich Familientauglich hergerichtet - soweit das ging - und sah nicht mehr ganz so verschlafen aus, als ich mich tatsächlich fühlte. Zum Glück hatte ich mich, während wir gestern Abend auf das Hühnchen gewartet hatten, umgezogen und lag nicht wie Louis vorhin vollkommen nackt im Bett...

Endlich konnte er die Tür öffnen und seine achtköpfige Familie reinlassen. Da heute das letzte Konzert von der Tour war und allgemein für anderthalb Jahre jeder seinen eigenen Weg ging, hatten die Jungs ihre Familien eingeladen, damit alle das Spektakel noch einmal miterleben konnten. Natürlich hatten die Jungs nach diesem Konzert nicht frei. Haufenweise Pressetermine und kleinere Auftritte standen noch bevor, aber dennoch war es das letzte große Konzert vor ihren Fans. Da war es schön seine Familie um sich zu haben, um eventuelle emotionale Ausbrüche in Empfang nehmen zu können.

Phoebe und Daisy sprangen gleich als sich mich entdeckten zu mir aufs Bett. Doris und Ernest dackelten den beiden etwas langsamer hinterher. Lottie, die von ihrem Zimmer rüber gekommen war, um ebenfalls ihre Familie zu sehen, ging hinter Fizzy, die Louis fest umarmte. Dann erst konnten auch Louis Mutter und Dan das Zimmer betreten.

„Wir haben euch geweckt", stellte Jay fest und blickte erst zu ihren Sohn und seinem improvisierten Outfit, ehe ihre Augen bei mir haften blieben. Sah ich so schrecklich aus? Ich hätte mich doch im Bad verstecken müssen...

„Nein, nein, alles gut", sagte Louis und ging zu Dan um ihn auch zu begrüßen. Fizzy kam zu mir rüber und umarmte mich.

„Mom hat gesagt, dass wir bald Tanten werden. Stimmt das?", platzte plötzlich Phoebe neugierig mit ihrer Frage heraus und Daisys Blick glitt zu der Bettdecke, worunter mein Bauch war. Fizzy und ich hatten uns kurz davor aus der Umarmung gelöst, sodass nur noch der Stoff dazwischen lag.

Ich machte nicht so ein großes Tamtam daraus es ihnen zusagen. Dies war eine ganz andere Situation, als bei unseren jeweiligen Eltern. Und außerdem wussten sie es bereits, sie brauchten nur noch die Bestätigung von uns.

„Ja, euer großer Bruder wird Daddy", sagte ich und wurde gleich bei dem 'Ja' von den beiden unterbrochen, die anfingen laut zu kreischen. Wir alle anderen hielten uns die Ohren zu. Doch auch das brachte bei den beiden Zwillingen nichts. Aufgeregt hüpften sie auf dem Bett herum. Aus irgendeinen Grund motivierten sie ihre jüngeren Geschwister dazu es ihnen gleich zu tun und so wurde die Schlafstätte zur Hüpfburg umfunktioniert. Da ich nicht in Gefahr laufen wollte, das sie womöglich aus versehen auf mir landeten könnten, flüchtete ich und begrüße Jay richtig. Dass ich lediglich nur einen Schlafanzug, was aus einem T-Shirt und einer kurzen Shorts bestand, anhatte störte hier keinen.

„Wie geht es dir?", fragte sie mich, als wir uns aus der Umarmung gelöst hatten. Diese Frage war zur Gewohnheit geworden und wurde meistens nur aus höflichkeitszwecken gestellt. Aber je nachdem wie man diese Frage betonte bekam sie an Wichtigkeit dazu. Bei Jay merkte ich, wie wichtig es ihr war, die Wahrheit um meinen Zustand zu wissen. Hier ging es um ihr Enkel oder Enkelin und mich und so beantwortete ich sie ihr auch ehrlich.

„Den Umständen entsprechend gut. In den letzten drei Tagen hat sich nicht wirklich etwas verändert. Somit ist die Übelkeit geblieben, aber ich denke wir meistern das gut", ich lächelte sie an und spielte dabei mit meinen Fingern. Ich merkte wie Louis hinter mich trat. Dan schien sich mit den Kindern zu befassen und zu verhindern, das noch irgendwelche Unfälle passierten.

„Du meisterst das super. Ich glaube ich würde das nicht so gut durchstehen", bestätigte mein Freund mir.

„Mhmm, ja da bin ich ganz deiner Meinung", ich lachte, als er mich in die Seite zwickte und empört schnaubte. Doch dann wurde er wieder etwas ernster.

„Ich stehe nur daneben und halte deine Haare", flüsterte er mir nun ins Ohr. Louis schlang seine Arme von hinten um meinen Bauch und schob mich nah an seinen immer noch nackten Oberkörper.

„Das stimmt nicht ganz. Du machst es mir erträglicher", seinen Kopf bettete er auf meine rechte Schulter und küsste sanft die Stelle neben meinem Ohrläppchen. Danach sah Louis zu seiner Mutter.

„Das ist das was wahre Liebe beweist. Ihr helft euch in schlechten Zeiten und unterstützt euch gegenseitig. Ich würde die Schwangerschaft nicht als schlechte Zeit bezeichnen, eher genau das Gegenteil, aber ich denke ihr wisst was ich damit meine. Das freut mich so zu hören", sie lächelte uns glücklich an. Und wenn mich nicht alles täuschte, sah ich wie ihre Augen glänzten. Heute war ein Tag voller Emotionen und es werden noch einige weitere kommen...

Die Zwillinge Phoebe und Daisy hatten mit dem gehüpfe nach einiger Zeit aufgehört, landeten mit einem dumpfen Geräusch auf den Boden und kamen dann zu uns gelaufen. Immer noch völlig überdreht hampelten sie neben uns herum.

„Dürfen wir deinen Bauch mal berühren?", fragte Daisy fast schon ein bisschen schüchtern, als sie sich wieder etwas beruhigt hatten und schielte zur besagten Stelle. Phoebe stand neugierig neben ihrer Schwester.

„Erwartet nicht zu fiel. Es ist noch viel zu früh, um etwas zu spüren", warnte ich sie vor und da Louis seine Hände immer noch an meinem Bauch hatte, erledigte mein Freund gleich die Arbeit und schob das T-Shirt etwas hoch.

Ich empfand es als etwas Merkwürdiges, das Kinderhände meinen Bauch berührten, aber ich nahm es nicht als unangenehm wahr. Trotzdem war mir Louis lieber. Aber das war wohl in unserem Bezug zueinander normal.

Jay und Fizzy, die immer noch bei uns standen beobachteten das Spektakel. Auch wenn man den Beweis vor ihnen noch als leichte Gewichtzunahme sehen konnte, konnte man wenn man es berührte komplett ausschließen. Es schien, auch wenn sie es schon wussten, nochmal etwas anderes zu sein, wenn sie es wirklich sah. Jay lehnte sich leicht an ihren Mann, der auch zu uns gestoßen war und beobachtete uns weiter. Sie schien ganz in ihrer eigenen Welt zu sein und doch gleichzeitig bei uns. Sie wirkte Glücklich und völlig befreit von irgendwelchen Problemen. In solchen wunderbaren Momenten vergaß man alles um sich herum und ließ nur das schöne durch.

„Da ist ja schon eine kleine Wölbung", rief Daisy entzückt und schaute mich aus großen Augen an. Ich fand es rührend, wie sie sich freuten und musste gleich schon wieder anfangen zu weinen. Louis der stets hinter mir stand und seine Geschwister ebenfalls beobachtete, merkte mein Gefühlsausbruch und wischte stumm aber sanft die Tränen weg.

„Nicht weinen, Love", er küsste das, was er aus seiner Position von mir erwischen konnte und kitzelte mich mit seinen Haaren, sodass ich kichern musste. Mit meinen Fingern strich ich die letzten nassen Stellen weg und ließ sie dann wieder runter zu meinem Bauch gleiten. Sanft berührte ich meine Haut und spürte das bekannte kribbeln was ich auch bei Louis empfand. Nur war es eine Nuance anders. Aber dennoch irgendwie gleichauf mit meinem Freund. Es war so schwer zu beschreiben, was ich in diesen Moment fühlte. Es war einzigartig.

„Wollt ihr die Ultraschallbilder sehen?", fragte ich in die Runde, als ich mich wieder beruhigt hatte und keine Minute später wurden die Bilder rumgereicht.

Auch wenn meine Familie nicht dabei war, so fühlte ich mich wie in meiner Familie. Es waren Menschen um mich, die ich liebte.

Wenn man sagte man liebte einen, konnte das verschiedene Ebenen haben. Wenn man sagte, man liebte die Farbe Gelb oder den Geschmack von Schokolade, war es etwas anderes, wenn man zu einer Person sagte, das man sie liebte.

Wir saßen alle irgendwie zusammengekuschelt auf dem Bett und redeten miteinander. Doch die friedliche Stimmung währte nicht lange.

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