52. Kapitel

Eleanor

'Es war die richtige Entscheidung. Es war die richtige Entscheidung. Es war die richtige Entscheidung...'

Diesen Satz wiederholte ich immer wieder in meinen Kopf, als ich mit Lottie immer noch auf dem Bett saß und mich mit ihr durch das Internet forstete. Es war wie auf einer schwimmenden Insel in mitten eines Ozeanes.

Ich wollte Klarheit. Mir den Wortfetzten von Sam, konnte ich nicht viel anfangen. Da konnte man alles rein interpretieren. Als ich Lottie vorschlug das Internet zu durchsuchen, wollte sie mir erst nicht helfen, aber ich brauchte ihre Unterstützung nicht, um den Laptop anzuschalten und die Suchmaschine zu öffnen. Somit ließ ich ihr die Wahl. Sie entschied sich für mich. Wieso dann doch, blieb mir ein Rätsel.

Das Internet war wie ein Ozean. Wunderschön und unberechenbar. Man weiß nie wie es in der nächsten Minute aussah. War es ruhig oder aufbrausend oder stürmisch. Trug es einen oder drückte es einen in die Tiefe und stürzte so in den Untergang.

Eigentlich gab es nichts Neues. Es war somit stets das gleiche. Es gab drei Arten von Fans bei solchen Neuigkeiten. Die einen die komplett dafür und die komplett dagegen waren. Dazwischen standen die, die sich nicht entscheiden konnten, ob sie die Meldung gut oder schlecht fanden oder hielten sich komplett raus.

Ich wollte mir gerade einen Artikel näher durchlesen, als mein Handy wieder anfing einen Ton von sich zu geben. Verwundert sahen wir beide auf das Display und schauten noch verdutzter als wir den Namen lasen.

„Das Konzert müsste doch noch voll im gange sein?", verwirrt runzelte Lottie die Stirn. Ich klappte den Bildschirm des Laptops zu und griff nach meinem Handy.

„Was will Harry von mir? Der müsste doch jetzt auf der Bühne stehen...", stellte ich selber fest und wunderte mich genauso wie Lottie darüber. Ich öffnete die Nachricht und las laut vor.

'Ich weiß, das Louis sich nicht korrekt gegenüber dir verhalten hat, aber kannst du bitte irgendwas machen. Er ist wie ein Roboter'

„Was hat den mein Bruder jetzt schon wieder. Der soll sich zusammenreißen. Das ist sein vorletztes Konzert! Er sollte es genießen und was macht der?!", beschimpfte Lottie ihren Bruder, gestikulierte wild mit ihren Händen in der Luft herum und stand schlussendlich vom Bett auf. Sie fing an im Raum herum zu tigern, währenddessen schrieb ich Harry zurück.

'Was soll ich denn machen?'

Mir war es ein Rätsel was Harry sich bei dieser Aufforderung dachte. Auch wenn ich es wollte, konnte ich dennoch nichts veranstalten. Louis war auf der Bühne und sang wahrscheinlich gerade.

'Schick ihm ein Bild, worüber er sich freut. Keine Ahnung. Aber er sollte es genießen. Egal was ihr später zu klären habt, bitte vergesse es für kurze Zeit und denk an eure Liebe'

Harry war wirklich ein spezieller Freund und was mich selber verwunderte: Ich fand es witzig. Sein verzweifelter Versuch, uns wieder zueinander zu bringen und so seinen besten Freund und seiner besten Freundin zu helfen. Und das Louis dieses Konzert genießen konnte, ohne ständig abgelenkt zu sein, nur weil er an private Probleme dachte, die Louis auf der Bühne vergessen sollte - weil dort oben etwas magisches passierte.

Bevor ich wirklich noch in einem Kicheranfall verfiel, dachte ich tiefgründig über seine Bitte nach. Auch wenn ich Louis momentan am liebsten zur Rede stellen und ihm wahrscheinlich eine reinhauen würde, wollte ich dennoch, das er das Konzert ausleben konnte. Ich wollte daran nicht schuld sein. Also schob ich den Konflikt für diesen Moment zur Seite, ging auf Louis Kontakt und schickte ihm ein Foto.

Es zeigte mich, wie ich auf dem Rücken lag, meinen Pullover hochgeschoben und das Ultraschallbild lag auf meiner nackten Haut. Ich wusste, das das Foto - auch wenn es nur eine Nahaufnahme war - mehr als kitschig war, aber vielleicht half genau das gerade.

Die Nachricht von Harry kam nur ein paar Sekunden später.

'Du solltest ihn doch nicht zum Weinen bringen! Trotzdem Danke, du bist ein Schatz. Er strahlt und versucht sich die Tränen aus den Augen zu wischen. Der Vollidiot bekommt es einfach nicht ihn. Naja, ich werde mal zu ihm gehen. Danke'

Nicht nur Louis weinte. Nun fing ich auch noch an zu schluchzen und als das Lottie bemerkte krabbelte sie wieder zu mir ins Bett und nahm mich ohne ein weiteres Wort zu sagen in die Arme.

Das Foto, was ich Louis geschickte hatte, leuchtete immer noch auf meinem Bildschirm. Es war unser Glück. Unser kleiner Punkt.

Wieso mussten Menschen erst getrennte Wege gehen, um wieder zusammen zu finden? Die Antwort leuchtete mir ein, als ich das Bild und Harrys Nachrichten betrachtete. Erst dadurch, dass man alleine war, merkte man, wie sehr man einander brachte. Wie sehr man einen liebte. Wie sehr man einem wichtig war.

Je später es wurde, desto müder wurde ich. Die Erschöpfung von den vielen und aufwühlenden Emotionen die ich heute durchlebt hatte, wurde immer größer. Ich hatte mich gleich nachdem ich mich beruhigt hatte bettfertig gemacht und mich ins Bett gelegt. Lottie war währenddessen schnell in ihr Zimmer gegangen und war nun wieder bei mir. Sie wollte mich in diesen Zustand nicht alleine lassen. Ihre Worte, nicht meine.

Während meine Augen stets zufielen, starrte sie wach an die Decke. Die Schwangerschaft hatte neben dem ganzen Übergeben noch einen Minuspunkt. Die ständige Erschöpfung und die folgende Müdigkeit, waren lästig, aber man wurde belohnt. Und daran hielt ich fest.

„Du kannst gerne den Fernseher anmachen und noch was schauen. Ich bin eh gleich weg", nuschelte ich schon im Halbschlaf, aber sie verstand mich trotzdem.

Zumindest antwortete sie mir, aber die Worte konnte ich nicht mehr erfassen, geschweigeden wusste ich sie noch.

Ich verfiel in einen unruhigen Schlaf aus dem ich erst wieder durch ein lautes Geräusch erwachte. Ich saß kerzengerade im Bett und sah erschrocken auf die Scherben, die sich vor dem Fenster sammelten, dort woher das klirren kam. Ich hatte das Nachtlicht angeknipst, um den Schaden besser betrachten zu können und zu wissen, ob ich schnell irgendwas scharfes oder hartes suchen sollte, um den möglichen Eindringling aufzuhalten. Aber zum Glück ging damit meine Fantasie mit mir durch, denn es war nur Louis, der die Vase umgeworfen hatte. Er fluchte und versuchte, sich ohne zu schneiden, die scharfen Glassplitter aufzuheben.

„Mann, hast du mich erschreckt", sagte ich und Louis fuhr erschrocken zusammen.

„Entschuldigung, ich wollte dich nicht wecken", er sah zu mir aufs Bett. Sein Blick glitt über meinen Körper – soweit er ihn von seiner Position aus sehen konnte – und blieb dann schlussendlich wieder an meinen Augen hängen. Sein Blick war sehnsüchtig und reuevoll.

„Jetzt bin ich eh wach. Wieso schmeißt du die Vase vom Tisch?", weitestgehend versuchte ich das kribbeln in meinem Bauch zu ignorieren, wofür Louis schuld war. Ich schlug die Decke zurück, kabbelte auf seine Seite und hockte mich gegenüber von ihm um meinem Freund zu helfen.

„Das war doch nicht mit Absicht"

„Ich weiß", ich strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und machte dann weiter.

„Ich habe aus Rücksicht gegenüber dir das Licht ausgelassen. Ich wollte meine Jacke ausziehen und habe nicht aufgepasst", ich kicherte leicht. Das konnte auch nur ihm passieren. Aber deswegen liebte ich ihn auch. Was tat man nicht alles um mitten in der Nacht von seinem Freund aus dem Schlaf gerissen zu werden...

„Ach Louis", ich seufzte und sah ihn an. Seine Haare waren leicht feucht, ob von seinem Schweiß vom Auftritt noch oder von einer Dusche, wusste ich nicht zu sagen. Meine Gefühle änderten sich sekündlich – zumindest fühlte es sich so an. In dem einen Moment lachte ich oder war ich genervt, in dem anderen weinte ich oder war rasend vor Wut.

„El, du musst das nicht tun. Leg dich lieber schlafen und ruh dich aus", ich verdrehte meine Augen – im Moment war ich nicht mehr müde – und passte nicht auf, wohin meine Finger griffen. Prompt spürte ich, wie sich warme Flüssigkeit auf meiner Hand ausbreitete. Der Schmerz folgte wenige Sekunden später. Ich zog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein und fluchte, so wie Louis vorhin.

„Oh nein, El. Press das drauf", besorgt erklang seine Stimme. Er reichte mir ein herumliegendes Handtuch. Zum Glück waren wir beide chaotisch und ließen gerne mal Sachen einfach auf dem Boden liegen. Manchmal fluchten wir genau deswegen, weil wir über irgendwas stolperten, aber in dieser Situation war es sehr nützlich.

Ich machte was Louis gesagt hatte und sah ihn dann wieder an. Zur Ablenkung von dem ziehen in meiner Hand, stellte ich ihm eine Frage: „Wo ist eigentlich Lottie?"

„Sie ist in ihr Zimmer gegangen, sobald ich die Tür geöffnet hatte. Lottie meinte, sie wollte dich nicht alleine lassen...", er ließ den Satz in der Luft hängen und blickte auf die restlichen Scherben vor uns. So langsam kam die Angst in mir auf, das diese Scherben uns wiederspiegelten. Wir hatten uns keineswegs gestritten, es war nur so, das etwas zwischen uns stand und das mochten wir beide nicht.

Und als wir beide die Scherben betrachteten fiel uns wieder ein, was sich vor ein paar Stunden abgespielt hatte.

„Es tut mir leid, dass ich einfach aus dem Zimmer gestürmt war, aber –", ich unterbrach ihn, als er anfing, das Thema von vorhin aufzugreifen.

„Aber du musstest in diesen Moment allein damit erstmal klar werden. Ich weiß mir ging es nicht anders. Trotzdem war ich enttäuscht, das du einfach gegangen warst", sprach ich das aus, was ich dachte. Ich wollte das er meine jetzigen Gefühle verstand.

„Das verstehe ich"

„Wirklich?!", die Enttäuschung schlug in Wut um. Es war wie ein Schalter, der sich ruckartig umlegte.

„Ja"

„Ach hör doch auf!", meine Stimme klang aufgebracht, so wie ich mich gerade fühlte.

„Wieso? Du hast doch selber gesagt, das es dir genauso ging", versuchte Louis sich zu verteidigen und mich mit meinen eigenen Worten zu schlagen.

„Das gibt dir aber nicht gleich das recht, einfach aus dem Raum zu stürmen und mich alleine zulassen"

„Du warst doch aber nicht alleine – ", rechtfertigte er sich.

„Vergiss es! Du verstehst es einfach nicht", ich stand auf und setzte mich an die Bettkante. Ich konnte sowieso keine Scherben mehr aufheben.

„Nein, deswegen möchte ich, das du es mir erklärst", seine Aufmerksamkeit lag auf mir.

„Gestern Abend meintest du noch wir schaffen das zusammen. Also anscheinend interpretiere ich das Wort anders als du", ich hob meine Hände kurz von meinem Schoss an und ließ sie dann wieder fallen.

„Ich sagte doch schon, dass es mir leid tut. Das mit Sam war so überraschend gekommen. Ich konnte mich darauf nicht vorbereiten"

„Da haben wir es schon wieder!", ich stand mit dem Handtuch auf meine Wunde gepresst auf und ging an ihm vorbei Richtung Bad. Ich musste meine überschüssige Energie loswerden. Das Adrenalin schoss wieder durch meinen Körper.

„Was meinst du?", Louis, ließ die Scherben, Scherben sein und folgte mir.

„Du redest nur von dir alleine! Zusammen heißt wir und nicht ich. Deine Satz hätte also lauten sollen: Wir konnten uns nicht darauf vorbereiten", im Bad angekommen, pfefferte ich das Handtuch auf den Boden und hielt meine Hand unter den Wasserstrahl.

„Für mich kam das genauso überraschend wie für dich. Bin ich weggerannt? Nein!", ich wusch die Schnittwunde und suchte dann nach einem Pflaster.

„Mich hätte es nicht gestört, wenn du gesagt hättest, das du für dich alleine sein willst. Okay, nicht ganz. Es hätte mich schon ein bisschen verletzt, aber es hätte nicht so weg getan, wie du es getan hattest. Außerdem hätte ich mir dann nicht so große Sorgen gemacht, wie ich es jetzt durchleben musste", endlich fand ich eins in meiner Kulturtasche und versuchte es nun aufzumachen. Louis sah mein Problem, kam auf mich zu, nahm mir das Pflaster aus der Hand und öffnete es für mich. Vorsichtig platzierte er es auf meine Wunde und hielt dann weiter meine Hand fest. Aus dem ersten Impuls wollte ich sie ihm entreißen, aber gleichzeitig fühlte es so gut und schön an...

„Okay, das nächste Mal, soll ich dir einfach Bescheid sagen. Verstehe ich dich da richtig?", er klang leicht gereizt. Louis ließ meine Hand fallen und verschränkte seine Arme vor der Brust. Aber er verstand mich falsch.

„Danke", murmelte ich, hob das Handtuch auf und warf es in die Badewanne.

„Nein, so meinte ich das auch nicht! Ich will doch nicht...", mir fehlten die richtigen Worte dafür. Ich konnte es ihm nicht erklären und das ließ mich halb verzweifeln. Ich wollte, dass er mich verstand.

„Ich verstehe schon"

„Sicher?", ich sah ihn zweifelnd an. Ich wollte ihm glauben, aber sagte er auch die Wahrheit oder spielte er es nur herunter.

„Ja", er legte seine Hände an meine Taille und zog mich nah an seinen Körper. Diese Geste war mir Bestätigung genug.

„Wir wussten beide nicht mit der Situation umzugehen. Wir haben einfach beide überreagiert", ich nickte und legte meinen Kopf an seine Brust. Seine Arme umschlangen nun meinen Rücken und hielten mich fest.

„Diese Nähe habe ich die ganze Zeit vermisst. Du weißt nicht wie schwer das auf der Bühne war"

„Doch, dank Harry schon", nuschelte ich immer noch an seinem Oberkörper.

„Ja dieser Trottel hat mich dann vor den Fans blamiert. Der und das Publikum  hatten schön ihren Spaß"

„Du armer“, ich kicherte und er pickste mir in die Seite.

„Hey!"

Wir lagen nun wieder im Bett, aneinander gekuschelt, wie wir es eigentlich immer taten, wenn wir unsere Zweisamkeit genossen.

„Wie schlimm ist die Lage?", da wir das was zwischen uns stand weitestgehend geklärt hatten, trat ein weiteres Problem in den Vordergrund. Ein Problem, was uns schon oft verfolgt hatte und eigentlich immer präsent war.

Ich hatte zwar schon im Internet geschaut, aber Louis hatte vielleicht Informationen vom Management bekommen, die ich aus dem Internet nicht fischen konnte und von großer Bedeutung den letzten Monat zu überstehen. Und momentan waren die noch die Chefs.

„Kritisch", antwortete mir Louis. Wir seufzten beide erschöpft und sahen uns dann in die Augen.



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