48. Kapitel

Eleanor

„Die Autofahrt war wohl ein bisschen viel für dich?", meinte Louis und strich mir die Haare aus meiner Sicht, während ich mir ein wenig Wasser ins Gesicht spritzte. Obwohl ich vorhin meinen täglichen Mageninhalt entleert hatte, stand mir Louis zur Seite. Er hatte, wie er mir Versprochen hatte, die Haare hochgehalten und mir beruhigend über den Rücken gestrichen. Und genau diese Geste rechnete ich ihm schon die ganze Zeit hoch an. Ich sah es nicht als Selbstverständlichkeit und das wusste Louis. Nur leider dachte er genau das Gegenteil, aber das ist momentan nebensächlich.

„So kann man es auch erklären", erschöpft stütze ich mich am Waschbecken ab, schloss kurz meine Augen und ließ meinen Kopf hängen. Sich zu Übergeben - und das täglich mehrmals - war anstrengend und nervenaufreibend. Schon als Kind hatte ich es gehasst, aber das war vielleicht auch nur menschlich. Es fühlte sich so an, als würde die eigene Lebensenergie danach weniger geworden sein. So als würde es mit dem Mageninhalt weg transportiert werden. Der Hals brannte, die Augen tränten und der Körper hatte keine Kraft mehr. Wieso musste ich nur eine von diesen Frauen sein, die die Schwangerschaft - dank dem ständigen Übergeben - nicht so genießen können, wie andere? Wieso? Aber ich stellte mir viel zu oft solche Sorten von Fragen, wo ich wusste, dass es mich viel schlimmer hätte treffen können.

„Love bitte. Wir werden es ihnen heute sagen. Keine Lügen. Wir haben deine Mutter doch auch überlebt", ich brummte nur, für Worte war ich zu erschöpft. Der Satz gerade, war schon anstrengend gewesen und hatte mir das Gefühl gegeben, mich nochmal übergeben zu müssen. Und darauf hatte ich absolut keine Lust.

„Lege dich hin", Louis trat noch einen Schritt näher an mich ran, sodass sein Bauch meinen Rücken berührte und schlang seine Arme sanft um meinen Oberkörper. Seine Wärme übertrug sich auf meinen Körper und meine Muskeln entspannten sich ein wenig. Doch lange stand ich nicht so da - wir hatten was zu erledigen!

„Nein, deine Mutter wird draußen noch verrückt. Ich kenne sie doch. Sagen wir es ihr und dann kann ich mich ja kurz ausruhen", schlug ich einen Kompromiss vor. Dabei spürte ich wie er seine Nase in meinen Haaren vergrub und sanft meinen Nacken küsste. Tief sog er meinen Duft ein.

„El, bitte. Ich sehe doch, wie fertig du bist", seine eine Hand fing an sanfte Kreise auf meinen Bauch zu ziehen. Das Gefühl, als würden die Schmetterlinge wieder erwachen, durchflutete meinen Körper und kurz war ich nah dran meinen Widerstand aufzugeben. Ich spürte die Müdigkeit, die mich zu erdrücken versuchte, aber noch konnte ich dagegen halten.

„Geh es langsam an. Du weißt genauso wie ich, dass die Erschöpfung in einer Schwangerschaft, vollkommen normal ist", seufzend lehnte ich mich mit meinem vollem Gewicht gegen ihn. Er hatte Recht, aber noch wollte ich nicht kleinbeigeben.

„Hast du einen Schwangerschaftsratgeber verschluckt?", fragte ich ihn schmunzelnd und drehte mich dabei zu ihm um. Meinen Augen suchten seine und meine Hände hielten sich seitlich an seinem Pullover fest. Ich grub meine Finger in den Stoff und zog leicht daran.

„Nein, verschluckt habe ich keinen. Aber gelesen habe ich einen", verblüfft sah ich zu meinen Freund. Damit hatte ich nicht gerechnet. Louis schaute mich aus seinen ehrlichen Augen an.

„Nicht dein Ernst"

„Doch! Schau nicht so", sanft pikste er mich in die Seite und ich hatte keine Chance auszuweichen. Ich musste mir ein grinsen verkneifen, als ich Louis verdrießliches Gesicht sah. Missbilligend hatte er seine Augen zu schlitzen verengt.

„Was ich zu deiner Mutter gesagt hatte, war mein voller Ernst. Ich möchte nichts falsch machen. Somit versuche ich alle Möglichkeiten auszuschließen. Und das tue ich, indem ich mir das Wissen einfach aneigne", seine Arme wanderten von meiner Taille, über meine Arme hoch zu meinen Hals: „Und nur weil ich die Schule nicht wirklich gemocht hatte und ich mir während ich ein Hubschrauberspiel gespielt hatte, eingeredet hatte, dass ich arbeitete, heißt das nicht, dass ich im Biologieunterricht nicht wirklich aufgepasst hatte", als er mir diese Geschichte in Laufe unserer Beziehung erzählt hatte, musste ich so loslachen, dass ich mich fast an meinem Getränk verschluckt hätte. Dazu meinte er noch, das der Biologieunterricht, wenn es um das Thema Sex ging, am interessantesten war und diese Bemerkung hatte mir damals den Rest gegeben.

„Du überrascht mich immer wieder", ich hatte meinen Kopf schief gelegt und musterte ihn. So oft hatte ich schon sein Gesicht betrachtet, aber mir wurde nie langweilig. Die Gesichter der Menschen waren so einzigartig, das man immer wieder etwas Neues fand.

„Manchmal habe ich wirklich das Gefühl, dass du mich als Dumm verkaufst", er kam meinem Gesicht und somit meinen Lippen gefährlich nahe.

„Louis du weißt -", sein heißer Atem prallte an meinem Gesicht ab und benebelte mein Gehirn.

„Schhh. Ich glaube du hast Recht", er kam meinen Lippen noch ein Stückchen näher, sodass sie sich eigentlich schon berührten.

„Wir sollten es schnell meiner Mutter sagen und dann legst du dich wenigsten hin. Es muss ja nicht oben sein. Die Couch im Wohnzimmer reicht durchaus auch", das Thema war somit abgeharkt. Louis wusste, dass ich ihn niemals als dumm verkaufen würde. Aber hin zu necken machte einfach so viel Spaß und er konnte das nur zu gut nachvollziehen, denn bei mir war er nicht anders.


„Ist alles in Ordnung? Geht es dir nicht gut, El?", fragte Jay, als wir endlich aus dem Bad kamen und ins Wohnzimmer gingen. Ernest und Doris waren im Laufe der Zeit, wo Louis und ich anderweitig beschäftigt waren, wohl doch noch wach geworden, denn sie saßen schon in ihren Hochstühlen am gedeckten Tisch.

„Ja, alles wieder gut", meinte ich schnell und setzte mich neben Louis. Dieser legte seine linke Hand beruhigend auf meinen linken Oberschenkel und lächelte mich von der Seite an. Sein Blick mit dem er mich anschaute, sprach Bände...

„Hast du das öfter?", Louis bitte musste anscheinend doch ein bisschen warten...Jay würde so schnell nicht aufgeben. Wenn sie von irgendwas nicht in Kenntnis gesetzt wurde, aber erkannte, dass das einer etwas wusste, quetschte sie einen solange aus, bis sie es herausfand. Abgesehen, man kannte Jay und wusste sich zu schützen...

„Mom, lass uns doch erstmal den leckeren Kuchen anschneiden", sagte Louis schnell, als er merkte, wie schnell das Thema in eine Richtung schwenkte, die wir jetzt noch nicht wollten. Bei so einer Neuigkeit wollte man lieber selber die Zügel in der Hand haben, als dann später die ausgerissenen Pferde wieder einzusammeln. Denn das erwies sich, als fast unmöglich.


Wir hatten doch tatsächlich das Kaffeetrinken überstanden, ohne das es für uns beide brenzliche wurde. Selbst den leckeren Kuchen hatte ich in mir behalten. Jay hatte so viel über die Neuigkeiten von Doncaster geredet, das unser aller Gedanke woanders waren, nur nicht bei unserem Anliegen. Ernest und Doris, veranstalteten fast eine Essensschlacht, die dank Louis doch nicht stattfand und Dan erzählte über seine Vorliebe fürs Surfen.

Jetzt saßen wir auf der großen Couch vor der großen Fensterfront und redeten weiter. Wie Louis mir vorhin gesagt hatte, hatte ich seinen Rat wirklich befolgt und hatte mich hingelegt - die Couch war groß und lang genug, sodass alle Platz hatten. Mein Kopf hatte ich auf seinen Schoss gelegt. Ernest und Doris spielten mit ihren Spielzeugen zu unseren Füßen. Aus meiner liegenden Position konnte ich die beiden Kleinen gut betrachten. Wie es sich wohl bei uns anfühlen würde? Wie war es Vater oder Mutter zu sein? Die Antworten würden wir wohl erst mit der Zeit bekommen. Denn das konnte keiner beschreiben. Man konnte es versuchen - seine Erfahrungen teilen - doch das Gefühl blieb bei einem selber. Jeder empfand es anders und jeder hatte andere Worte dafür, die dann doch nicht die passenden waren.

Wie bei meiner Mutter, versteckten wir unsere Beziehung auch hier nicht. Bei unseren Familien waren wir leibhaftig und mussten nicht aufpassen. Denn hier beurteilte uns keiner. Hier hinterfragte keiner unsere Beziehung...Hier hatten wir unsere Ruhe vor der Öffentlichkeit, aber nicht vor der Neugier unserer Familien.

Doch irgendwann war der Punkt gekommen, wo Louis sich räusperte und zu sprechen begann. Die Neuigkeit musste raus. Und ob wir es jetzt oder in einer Stunde sagten machte keinen Unterschied. Die Emotionen würden wir so oder so zu spüren bekommen.

„Mom, Dan wir haben euch was zu sagen", er griff nach meiner Hand und verschränkte unsere Finger ineinander. Die andere legte er um meinen Oberarm.

„Na endlich!", sie schlug ihre Hände ineinander und seufzte auf.

„Ich wusste doch, dass ihr nicht ohne Grund gekommen seid", wir beide schauten Jay ein wenig schräg an, als sie Dan einen bedeutungsvollen Blick zuwarf und er ihn auch noch erwiderte.

Langsam rappelte ich mich in eine sitzende Position. Irgendwas war hier faul. Meine Mutter war auch schon ein bisschen komisch drauf gewesen und jetzt auch noch Jay. Die zwei hatten sich anscheinend wirklich beide auf dem Laufenden gehalten - soweit sie das konnten, denn von uns hatten sie nichts erfahren, lediglich die Presse war zu ihnen durchgedrungen.

„Mütter...", murmelte Louis und schüttelte leicht seinen Kopf dabei. Ich musste fast schon lachen, als ich das hörte. Louis hatte absolut Recht. Mütter waren eine Klasse für sich. Aus irgendeinen Grund - den die Kinder nicht kannten - wussten sie Sachen oder merkten Dinge, die sie gar nicht kennen dürften.

„Also raus mit der Sprache", meinte Jay und legte ihre Hand in die von Dans. Sie schaute erst zu mir und dann zu Louis, der sich nochmal räusperte, mir in die Augen sah und dann seinen Mund öffnete: „El erwartet ein Kind von mir. Sie ist im zweiten Monat schwanger. Ich werde Vater", die Stimme mit der Louis die Worte aussprach berührte mich auf eine Weise die ich nicht Beschreiben konnte. Er hatte es zwar schon mal vor unseren Freunden gesagt, aber diese Worte auch vor seiner Mutter und seinem Stiefvater ausgesprochen wahrzunehmen, hatte für mich eine noch viel wichtigere und tiefere Bedeutung. Auch wenn er gesagt hatte, dass er die Vaterschaft annahm, war das hier der Beweis. Er erkannte es nochmal an und das vor seiner eigenen Familie. Und die Familie war eines der wichtigsten Brennpunkte einer Person.

Auch wenn das nicht der richtige Zeitpunkt war, übermannten mich meine Gefühle und Tränen des Glücks glitzerten in meinen Augen. Meine Hormone übermannten mich. Bevor sie noch jemand sah, versuchte ich sie wegzublinzeln, aber es funktionierte nicht. Ein einzelner Tropfen, stahl sich aus meinem Augenwinkel und trat den Weg über meine leicht gerötete Wange an.

Bevor sie an meinem Kinn auf meinen Schoss tropfen konnte, legte sich sachte ein Finger auf meine Haut und wischte die Träne weg. Etwas überrascht schaute ich zu Louis, der mich einfach nur ansah. Sein Blick war so intensiv, das ich fast das Atmen vergaß. Seine Frage war stumm, aber ich verstand sie trotzdem. Mein Mundwinkel zuckte nach oben und Louis entspannte sich weitestgehend.

Sobald ich mich wieder gefasst hatte - was in wenigen Sekunden geschah - richtete ich meine volle Aufmerksamkeit, wieder den Personen vor uns. Gespannt sahen wir zu Jay und Dan, die uns einfach nur ansahen. Ernest und Doris waren die einzigen die Krach machten und somit die Stille fortjagten.

„Die Liebe ist ein Geschenk und ihr habt sie bekommen", waren die ersten Worte die Jay über die Lippen kam. Ihr Blick brannte sich in meinen und ich erwiderte in mit der gleichen Intensivität.

„Ihr wisst was auf euch zukommt, oder?", fragte sie, als wir unseren Blickkontakt lösten und sie zu ihrem Sohn schaute.

„Ja", ich nickte zustimmend und spielte dennoch mit meinen Fingern nervös rum. Wir wussten ganz sicher nicht, was auf uns zukommen wird. Jay meinte nicht unser Kind, womit wir Probleme bekommen könnten, sondern primer die Öffentlichkeit. Durch den Berühmtheitsgrad von Louis und meinen Blog mit Max, waren die Augen zum Teil auf uns gerichtet. Es reichte schon eine kleine Änderung unseres Lebens und die Fans wussten es. Die Presse würde aus einer Mücke einen Elefanten machen und uns sehr wahrscheinlich erschöpfen, aber besiegen werden sie uns nie.

Jay wusste, als sie in unsere Augen sah, dass wir nicht die Wahrheit sagten, aber dennoch Hoffnung hatten und diese Hoffnung teilte sie mit uns. Wir brauchten unsere Familien und das wussten sie. Sie wusste, wie stressig es mit einem Kind werden konnte und welcher Druck dank unseres Jobs, den wir uns selber ausgesucht hatten, auf uns lastete.

„Ich halte euch diesen typischen Muttervortrag - 'ihr hättet besser aufpassen sollen' - nicht. Denn ich denke - auch wenn es nicht geplant war, ich nehme das jetzt einfach mal an, denn wie ihr hier da sitzt erwartet ihr das schlimmste von uns - weiß ich, dass ihr wundervolle Eltern werden werdet. Oder Dan?"

„Auf alle Fälle. Ihr seid Alt genug", er zwinkerte uns zu und stand dann mit Jay auf. Das Lächeln, das beide auf ihren Gesichtern trugen, ließ uns entspannen. Über die leichte 'Furcht' die sie leider rausgefunden hatten, sahen wir einfach hinweg. Die Erleichterung, das wir auch diese Hürde ohne Schaden geschafft hatten, übermannte uns beide.

„Herzlichen Glückwunsch euch beiden...Wir stehen euch immer zur Seite"


An diesen Abend, lag ich schon im Bett, als Louis aus dem Bad kam. Wir hatten noch lange über die unterschiedlichsten Themen geredet. Auch wenn wir vorher in Sorge waren, ob unsere Freunde und Familien die Neuigkeit gut aufnehmen würden, war sie im Endeffekt unbegründet gewesen. Wir hatten beide die besten Familien und die besten Freunde und das nahmen wir nicht selbstverständlich.

„Bist du müde?", Louis krabbelte zu mir ins Bett, legte sich auf den Rücken und zog mich so, das mein Kopf auf seinem Schlüsselbein lag.

„Ich bin eher erschöpft als müde", seine freie Hand schob er unter den Pullover, den ich von ihm anhatte und streichelte meinen Bauch. Kleine Muster zeichnete er auf meine Haut und ich schloss wohlig meine Augen. Diese kleine Geste war so liebevoll von ihm, das die Liebe zwischen uns beiden mit jedem Tag immer weiter wuchs. Bevor ich schwanger wurde, dachte ich, die Liebe zwischen uns beiden könnte nicht größer sein, aber da hatte ich mich gänzlich verschätzt.

Er brummte zustimmend. Eine Weile lagen wir so da und hingen unseren Gedanken nach. Doch dann hörte Louis Hand plötzlich auf über meine Haut zu streichen und ich wurde wieder munterer. Die sanfte Berührung hatte mich schläfrig gemacht.

„Ich habe eine Idee", er schnappte sich sein Handy, entsperrte es und hielt dann inne.

„Vertraust du mir?"

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