41. Kapitel
Eleanor
Ich hatte das Gefühl, dass mein Blut in den Adern gefrierte und mein Herz aussetzte. Mir entwich sämtliche Farbe aus meinen Gesicht und Louis riss sich im nächsten Moment von mir los, rannte ein paar Meter den Gang entlang, blieb dann abrupt stehen und rief: „El?", sodass es auch meine Mutter am Handy hören konnte. Die Luft die ich unbemerkt aufgehalten hatte meinen Körper zu verlassen, stieß ich mit einem Stoß aus.
Ich war so unendlich erleichtert, als sich mir ein Ausweg anbot und somit sagte ich in mein Handy: „Sorry Mum, aber Louis braucht mich. Ich habe dich lieb. Wir sehen uns wahrscheinlich nächste Woche", und dann legte ich einfach auf. Ich konnte meine Mutter bildlich vor mir sehen, wie sie mit leicht geöffneten Mund da stand und nicht fassen konnte, dass ihr einziges Kind einfach aufgelegt hatte. Wahrscheinlich fragte sie sich jetzt, was ich mit meinen letzten Satz gemeint hatte und deswegen schaltete ich mein Telefon auf stumm. Mein Handy würde in nicht mal zehn Sekunden wieder klingeln, aber dafür hatte ich jetzt wirklich keine Zeit. Die Meet and Greets müssten eigentlich gleich losgehen und ich wollte die letzten Minuten mit Louis alleine verbringen, ehe ein paar Mädchen in anhimmeln konnten. Auch wenn ich wusste, dass Louis mich liebte, versetzte es mir dennoch einen leichten Stich im Herzen. Ich gab zu, dass ich am Anfang ein wenig Eifersüchtig wurde, wenn die Fans ihm einen Kuss auf die Wange gaben, oder hin ein wenig zu innig umarmten, aber in Laufe der Zeit, wusste ich damit umzugehen.
„Danke", sagte ich zu Louis, der wieder zu mir gelaufen war und nun seine Arme um mich schlang.
„Wir wollen doch nicht, dass unsere Überraschung platzt. Und wenn wir schon bei dem Thema sind: Wir können nächste Woche Mittwoch nach Manchester zu deinen Eltern fahren und dann am nächsten Tag nach Doncaster"
„Aber das ist doch voll der Umweg. Wieso fahren wir nicht am Mittwoch nach Doncaster zu deinen Eltern. Am Freitag fahren wir schnell nach Manchester raus, ehe du am Abend wieder in Sheffield sein musst"
„Es wäre so oder so ein Umweg. Außerdem möchte ich, dass deine Eltern es als erstes wissen, schließlich weiß es von meiner Familie schon Lottie"
„Ach Mist, das hatte ich total vergessen! Tut mir leid. Aber deine Logik muss ich auch nach vier Jahren nicht verstehen oder?", ich grinste ihn an und hauchte einen Kuss auf seine Lippen.
„Ich hoffe die Frage meinst du nicht ernst", er wich vor mir zurück und sah mir in die Augen.
„Außerdem war das kein Kuss gewesen", beschwerte er sich gleichdarauf bei mir und kam meinem Gesicht wieder ein wenig näher. Ich lachte nur und schloss die Lücke zwischen uns. Die Arme hatte ich um sein Nacken gelegt und spielte mit seinen Haaren. Während wir uns küssten, hob er mich von der Kiste runter und presste seinen Körper gegen meinen.
Außeratem lösten wir uns nach meinen Geschmack viel zu früh, aber Louis hatte noch Termine. So verschränkten wir unsere Hände miteinander und gingen den Gang wieder Richtung Betriebsamkeit.
Unwohl knetete ich meine Hände und verknotete dabei meine Finger ineinander. Ich hatte das bekannte schlechte Gewissen. Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen, als ich auf meine Füße starrte und nicht auf den Tisch vor mir. Es war nicht wirklich ein Tisch, eher eine lange Tafel, die mit allen Köstlichkeiten gedeckt war, die man sich nur erträumen konnte. Die Jungs waren gerade noch beim Meet and Greet und somit stand ich mit Lottie und noch ein paar Leuten aus der Crew in diesen Raum. Eigentlich wollte ich hier nicht sein, aber Louis Schwester war genauso wie Louis. Wenn sich Familie Tomlinson was in den Kopf gesetzt hatte, wurde es durchgezogen, egal mit welchen Konsequenzen sie später zurechnen hatten.
'Sahras Kitchen' hatte immer so ein riesen Angebot, das man sich gar nicht entscheiden konnte, was man als ersten essen wollte. Und obwohl die Jungs das schon alles kannten, fanden sie immer was Neues auf der langen Tafel.
„Jetzt schnappt dir einfach einen Teller und hau rein!", energisch schob sie sich an mir vorbei und schnappte sich das geradeebene genannte Gefäß, um gleichdarauf diesen mit allen möglichen Köstlichkeiten zu beladen, was ihr in die Finger kam. Denn wir hatten schon seit fünf Minuten diesen Raum betreten und hatten nur auf die Gegenstände vor uns gestarrt. Ich seufzte kurz und ging zögernd auf den Tellerstapel zu. Langsam strichen meine Fingerkuppen über die angewärmte Keramik.
Ich wusste, dass ich mir das nicht zu Herzen nehmen durfte, aber man tat es unbewusst trotzdem. Man konnte gegen das 'menschlich sein' nichts machen. Die Stahlmauer, die ich schon seit Jahren gegen solche Angriffe errichtet hatte, bekam Löcher und das mit jedem Tag mehr. Die Wachmänner davor waren schon lange kaltblütig ermordet worden – anders konnte man es nicht beschreiben. Der tiefe Graben half dann auch nichts mehr und wurde überwunden. Die einst so hohe Mauer, versank immer weiter in den Sumpf, auf dem unbeabsichtigt gebaut worden war. Es war für alle klar, dass sie nicht mehr lange halten würde. Die hinter den starken Mauern lebten, hatten sich in Sicherheit gewiegt, bis sie einsehen mussten, dass die Wahrheit nicht mehr zu leugnen war. Sie warteten nur noch auf ihren Untergang – es war eine Frage der Zeit, wann es soweit sein würde.
Ich unterdrückte die aufkommenden Zeilen, die mir durch den Kopf schossen, als ich mit klopfenden Herzen einen Teller nahm und meinen Blick über die Salate schweifen ließ. Mittlerweile zwang ich mich schon seit zwei Jahren, wenigstens etwas zu essen – besonders wenn Louis dabei war. Häufig griff ich zu ungesunden Zeug, um es dann, wenn mein Freund nicht mehr da war, aus meinen Körper zu bekommen. Ich ging dann immer in ein Fitnessstudio oder joggte, hauptsache es setzte sich nicht an, denn dann kamen wieder die Zeilen...Ich fühlte mich schlecht, wenn ich ihn im falschen Glauben lasse, aber es war besser so.
Das Gespräch mit ihm bei seinen Eltern hatte ich nicht vergessen...
Außerdem musste ich jetzt für zwei essen und würde so oder so zunehmen. Ich konnte jetzt nicht mehr sagen, dass das schon reichte. Ich musste lernen die Verantwortung die ich für mich schon mein ganzes Leben trug, auf mein eigenes Kind zu erweitern. Die Zukunft meines Kindes, sollte fröhlich und unbeschwert sein und nicht von meinem eigenen Leben kaputt gemacht werden. Das lasse ich nicht zu!
Als ich mir trotz meiner neuen Verantwortung, nur einen Salat auf den Teller häufte und zu einem Tisch ging, wo schon Lottie auf mich wartete, schaute diese mit zusammengekniffenen Augen auf mein essen. Ihre Lippen waren zu einem schmalen Strich verzogen. Sie sah wütend aus und ließ diese gleich Luft. Ihr war es in diesen Moment egal, das noch andere Personen in diesen Raum waren, aber das kannte ich schon von ihr.
„Das ist jetzt nicht dein ernst!?", sie stand abrupt auf, drückte mich nach unten auf die Bank, wobei mein Teller unsanft auf den Tisch vor mir geknallt wurde und schnappte diesen gleich aus meinen Händen.
Ungläubig starrte ich ihr hinterher und beobachtete sie dabei, wie sie ihn mit allen möglichen Sachen vollfüllte. Mir wurde jetzt schon schlecht, wenn ich nur dabei zusehen musste.
„So", sagte sie nun zufrieden und setzte sich wieder neben mich, als sie wenige Minuten später sich wieder neben mich plumpsen ließ. Sie schnappte sich ihre Gabel und begann zu essen.
„Na los, worauf wartest du?", fragte sie mich und sah mich von der Seite an. Ich sah dabei nur auf meinen überfüllten Teller.
„Du glaubst doch nicht etwa, jetzt wo ich weiß, dass ich bald Tante werde, dass ich deine absurden Essgewohnheiten durchgehen lasse", erschrocken klappte mein Mund auf und meine Augen weiteten sich. Mein Herz fing unregelmäßig an zu schlagen und meine Hände wurden kalt und schwitzig.
„Was...was meinst du damit?", Angst machte sich in mir breit. Ist es ihr etwa aufgefallen? Wird sie es Louis sagen? Obwohl, eigentlich weiß er es schon, wieso auch hätte er mit mir dieses Gespräch bei seinen Eltern geführt.
Meine Hände fingen an zu Zittern und somit klemmte ich sie zwischen meine Oberschenkel. Ich wollte nicht, dass Lottie meine Unruhe und Angst sah.
„Glaubst du wirklich, ich sei Blind?! Denkst du, ich merke den Unterschied zwischen deinem Körperbau von zweitausendzwölf und jetzt nicht? Und deine Essgewohnheiten: Du isst zwar ungesundes Zeug, aber wirst trotzdem jedes Jahr dünner. Woran liegt das?", sie sprach mit so einer ruhigen und leisen Stimme, das diese Tonlage mir mehr Angst machte, als wenn sie mich angeschrien hätte.
Ich war nicht Magersüchtig...ich aß nur weniger als manch andere und trieb dazu noch viel Sport, wenn ich doch mal mehr zu mir nahm. Außerdem schien mein Stoffwechsel von Geburt an sehr gut zu funktionieren, denn ich war schon immer eher schlank gewesen. Nur konnte ich jetzt, dank der Schwangerschaft, nicht mehr allzu anstrengende Sachen machen, aber die Bewegung steckte mir im Blut, sodass ich nie wirklich komplett aufhören könnte.
Sie hatte sich nun vollständig zu mir gedreht und durchbohrte mich mit ihrem Blick von der Seite. Es sah nicht so aus, als wolle sie von mir eine Antwort auf ihre Frage, denn sie ließ mir dafür keine Zeit: „Es ist dein Körper, El. Bitte vergiss das nicht. Ich weiß nur, dass sich Louis deswegen sorgen macht, auch wenn er dir gegenüber es nicht immer zeigen mag", ich hatte es auch trotzdem gemerkt und genau das bereitete mir Bauchschmerzen. Ich fühlte mich schlecht, wenn Louis sich sorgen um mich machen musste. Ich sollte ihn unterstützen und meinen Freund nicht nur noch mehr Probleme bereiten, als er eh schon hatte.
„Nur noch eins, bevor wir uns komplett den Appetit mit diesen Thema versauen: Deine Ausreden dir gegenüber zählen jetzt nicht mehr. Du musst dein eigenes Kind in dir versorgen und das tust du am besten, wenn du isst", mit diesen Worten wandte sie sich wieder ihrem Essen zu und wechselte prompt das Thema.
Wie eine ferngesteuerte Maschine nahm ich mein Besteck in die Hände und fing an zu essen. Es fühlte sich himmlisch an die warme Kartoffel mit Butter auf der Zunge zergehen zu lassen und dann packte mich der Hunger.
Das Konzert ging schon eine Weile und auch wenn ich nur in Backstagebereich stand, war die Stimmung auch hier fantastisch. Die Harmonie zwischen One Direction und ihren Fans war atemberaubend. Ich stand mit einem Brötchen in der rechten Hand da und zupfte mit der anderen immer wieder ein paar Stücke raus. Diese steckte ich mir dann in den Mund. Als meine linke Hand gerade nicht mit luftigen Teig bedeckt war, legte sie sich schon automatisch auf meinen Bauch. Mein Mutterpass mit dem ersten Ultraschallbild, lag gut verstaut in meiner Tasche, die zu meinen Füßen stand. Louis hatte das Foto noch nicht gesehen, es hatte sich einfach noch nicht ergeben. Zumal man eh nur einen Punkt erkennen konnte, aber es war unser Punkt.
Morgen hatte ich meinen zweiten Termin. Verdammt! Ich hatte in der Aufregung und dem ganzen Trubel vergessen, dass ich nach London musste. Wie kam ich bis morgen Nachmittag, nach London?
Hecktisch sah ich mich um, schnappte mir meine Tasche, stopfte das restliche Brötchen rein und kramte nach meinen Handy.
„Was ist los?", fragte Mason, der gerade auf mich zukam.
„Ich habe morgen einen ganz wichtigen Termin in London und muss mir schnell einen Flug buchen", meine rechte Hand, hatte immer noch nicht das rettende Gerät gefunden und langsam wurde ich panisch. Wo war mein Handy?
„Ist das denn so gut in der Schwangerschaft?", fragte der Bodyguard mich und blieb vor mir stehen.
„Ich meine wegen den Strahlen und dem Druck, der auf beide Körper lastet"
„Darüber, habe ich mich schon bei meiner Ärztin informiert. Jetzt geht es noch, aber wenn die Schwangerschaft weiter fortgeschritten ist, sollte ich es unterlassen", er nickte und meinte: „Such du in Ruhe dein Handy. Ich buche dir derweile einen Flug"
„Danke"
Ich fand schließlich mein Handy, doch noch und konnte einigermaßen das Konzert genießen. Als Mason, kurz vor Schluss wieder zu mir kam und meinte, der Flug wäre gebucht, blieb nur noch die Frage wie Louis darauf reagieren würde.
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