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Pov Leonora
Der nächste Morgen begann sanft, als die ersten Sonnenstrahlen durch die bodenlangen Vorhänge des Hotelzimmers fielen. Ich blinzelte verschlafen, als ich mich langsam im riesigen Bett streckte. Der Duft von frischem Kaffee hing in der Luft, und als ich mich zur Seite drehte, sah ich Timothee, der am Fenster stand und auf die Dächer von Paris hinausschaute. Er trug eine Cap und einen lässigen Kapuzenpulli, doch das verschmitzte Lächeln auf seinen Lippen konnte er nicht verstecken, als er bemerkte, dass ich wach war.
„Morgen, Schlafmütze,“ sagte er leise und trat zu mir ans Bett. „Ich habe uns Kaffee bestellt.“
„Hm, du bist zu gut zu mir,“ murmelte ich und setzte mich auf, während ich die weichen Decken um mich schlang. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal in einem der schönsten Hotels in Paris aufwachen würde.“
Timothee grinste und reichte mir eine Tasse. „Ich dachte, wenn schon Paris, dann richtig. Außerdem wollte ich dir die Stadt zeigen, wie ich sie kenne. Mein Vater kommt ja von hier, also habe ich ein paar Insider-Tipps.“
„Oh, der Herr hat Connections?“ ich lachte und nippte an meinem Kaffee. „Das könnte interessant werden.“
„Definitiv. Aber bevor wir loslegen, muss ich dafür sorgen, dass wir unerkannt bleiben. Zumindest halbwegs.“ Timothee deutete auf seine Cap und zog die Kapuze seines Pullovers tiefer ins Gesicht. „Was denkst du? Sieht das nicht super unauffällig aus?“
Ich lachte laut auf. „Du siehst aus wie ein Paparazzi-Opfer auf der Flucht.“
„Genau das ist der Plan!“ grinste er. „Los, zieh dich an. Wir haben eine ganze Stadt zu erkunden.“
Eine Stunde später standen wir auf den Straßen von Paris, Timothee inkognito in seinem Kapuzenpulli und ich in einer simplen, aber eleganten Jacke. Der Plan schien zu funktionieren – wir spazierten unbemerkt durch die Stadt, während wir lachten und uns hin und wieder gegenseitig ärgerten.
„Weißt du, dass mein Vater mich immer hierher gebracht hat, wenn wir in Frankreich waren?“ erzählte Timothee, als wir an den malerischen Cafés vorbeikamen. „Das hier ist Le Marais. Es war sein Lieblingsviertel. Wir haben hier so oft Crêpes gegessen, dass ich sie irgendwann nicht mehr sehen konnte.“
Ich schüttelte lachend den Kopf. „Also, das kann ich mir kaum vorstellen. Ich könnte Crêpes jeden Tag essen.“
„Warte ab,“ sagte Timothee geheimnisvoll. „Ich zeige dir gleich den besten Stand in ganz Paris. Danach willst du nie wieder woanders essen.“
Wir schlenderten durch die kleinen Gassen, an Boutiquen und Bäckereien vorbei, während Timothee mir immer wieder Geschichten erzählte. Er zeigte mir versteckte Plätze, die abseits der Touristenströme lagen, und ich fühlte mich wie eine echte Pariserin, die die Stadt von einem Einheimischen gezeigt bekam. Immer wieder kicherten wir, besonders wenn Timothee versuchte, französische Redewendungen zu erklären, die für mich komplett absurd klangen.
„Also, wenn du jemanden beleidigen willst, nennst du ihn eine ‚Schnecke, die den Zug verpasst hat‘?“ fragte ich, als wir an einem kleinen Platz ankamen und uns auf eine Bank setzten. „Wer denkt sich sowas aus?“
„Die Franzosen,“ erwiderte Timothee und grinste breit. „Wir haben eine blühende Fantasie, was Beleidigungen angeht.“
„Unglaublich,“ sagte ich und schüttelte den Kopf, während ich das Panorama der Stadt auf mich wirken ließ. „Es ist wirklich wunderschön hier. Ich verstehe, warum du so begeistert bist von Paris.“
„Und ich bin begeistert, dass du hier bist,“ erwiderte Timothee sanft. „Es fühlt sich gut an, das mit dir teilen zu können.“
Ich sah ihn für einen Moment an und spürte die Vertrautheit zwischen uns wachsen. Es war schwer zu erklären – trotz all meiner Zweifel fühlte ich mich wohl mit ihm, als könnten ich die Vergangenheit für einen Moment vergessen.
Nach einem kurzen Moment der Stille schnappte Timothee sich plötzlich meine Hand und zog mich wieder auf die Füße. „Komm, ich will dir den Eiffelturm zeigen, bevor die ganzen Touristenmassen da sind!“
Wir lachten, als wir durch die Straßen rannten, Timothee mit seiner Kapuze tief ins Gesicht gezogen und ich, die versuchte, Schritt zu halten. Es war, als wären wir für einen Moment aus der Realität entkommen – nur wir beide, die Stadt und der Augenblick.
Als wir schließlich den Eiffelturm erreichten, standen wir gemeinsam am Fuße des mächtigen Stahlkolosses und blickten hinauf. Der Wind wehte leicht durch meine Haare, und Timothee legte seinen Arm um meine Schultern, zog mich näher zu sich.
„Weißt du,“ sagte er leise, „Paris hat den Ruf, die Stadt der Liebe zu sein. Aber ich glaube, sie hat es heute übertroffen.“
Ich lachte leise und lehnte mich gegen ihn. „Du mit deinem französischen Charme... vielleicht hat Paris ja wirklich mehr zu bieten, als ich dachte.“
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