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Pov Leonora

Ich zog meine Jacke enger um mich, als ich hinter Timothee in das belebte Restaurant trat. Die Lichter waren gedimmt, das Lachen und die Gespräche der Gäste hallten durch den Raum. Ich war schon lange nicht mehr bei so einem Treffen dabei gewesen – einer lockeren Runde mit Freunden, wo niemand eine Rolle spielte und einfach nur das Hier und Jetzt genossen wurde.

Timothee führte mich zu einem Tisch, an dem bereits einige Leute saßen, die er mir kurz zuvor vorgestellt hatte. Es war eine gemischte Truppe – ein paar Schauspielkollegen von ihm, der Regisseur des Werbespots, und sein Stuntman aus „Dune“. Ich kannte keinen von ihnen wirklich, aber sie alle hatten eine offene, lockere Art, die mir ein wenig die Anspannung nahm.

„Da bist du ja endlich“, rief einer der Typen, als Timothee sich setzte. „Wir dachten schon, du kommst nicht mehr.“

„Ich würde eine Runde mit euch doch nie verpassen“, erwiderte Timothee mit einem breiten Grinsen, während er sich neben mich setzte.

Schnell wurde eine Flasche Wein geöffnet, und die Gläser wurden reichlich gefüllt. Ich nahm einen Schluck und fühlte, wie die Wärme des Alkohols sich in meinem Magen ausbreitete. Es war merkwürdig – ich saß hier mit Timothee und seinen Freunden, aber gleichzeitig fühlte ich mich ein wenig wie eine Außenseiterin. Vielleicht, weil es sich wie eine andere Welt anfühlte. Eine, in der ich nicht sicher war, ob ich  noch hineinpasste.

„Hey, Leonora, oder?“ Eine tiefe Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Es war Timothees Stuntman, ein kräftiger Kerl mit einem charmanten Lächeln, der sich zu mir vorbeugte. „Ich bin Jay.“

Der Abend war bereits in vollem Gange, das Restaurant gefüllt mit Stimmen und Gelächter, während die Luft schwer von Wein und dem Aroma italienischer Küche war. Ich lehnte mich zurück, das Glas Rotwein in der Hand, und ließ mich von der Leichtigkeit des Moments tragen. Es war lange her, dass ich mich so entspannt gefühlt hatte – einfach nur hier zu sitzen, sich zu unterhalten und zu lachen, ohne den Druck der vergangenen Jahre auf ihren Schultern zu spüren. Inmitten von Timothees Freunden fühlte ich mich fast wie früher, bevor all die komplizierten Gefühle und der Schmerz um Cole alles verändert hatten.

Jay, Timothees Stuntman aus „Dune“, hatte sich neben mich gesetzt und erzählte eine Geschichte nach der anderen. Seine Ausstrahlung war ansteckend – er hatte diese lockere, sorglose Art, die mich sofort fesselte. Er erzählte von den Dreharbeiten, von waghalsigen Stunts und riskanten Szenen, und ich konnte nicht anders, als in Erinnerungen zu schwelgen.

„Du warst doch auch mal in der Stuntbranche, oder?“ fragte Jay plötzlich und sah mich neugierig an. „Tim hat mir erzählt, dass du früher in einem Team warst. Das ist so cool. Was hat dich dazu gebracht, aufzuhören?“

Ich zuckte mit den Schultern, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. „Es ist einfach... passiert. Das Leben ist manchmal kompliziert.“ ich nahm einen Schluck Wein und spürte, wie der Alkohol mich ein wenig entspannte. „Aber ja, es war eine wilde Zeit.“

Jay grinste und beugte sich ein Stück näher. „Ich wette, du warst eine der Besten. Man sieht dir an, dass du immer noch in Topform bist.“ Sein Blick wanderte kurz über mich, nicht unangenehm, aber doch auffällig genug, dass ich es bemerkte.

Ich lachte leise. „Ich weiß nicht, ob ich noch so fit bin wie früher. Aber danke.“

Der Abend verlief weiter, das Gespräch mit Jay leicht und ungezwungen. Es war schön, sich wieder mit jemandem so unterhalten zu können, ganz ohne die Last der letzten Jahre im Hintergrund. Ich fühlte mich ein wenig wie die alte Leonora, bevor alles so kompliziert geworden war. Die unbeschwerte, selbstbewusste Frau, die sich keine Gedanken darüber machte, was als Nächstes kam.

Doch dann, während ich lachte und mich weiter mit Jay unterhielt, spürte ich einen Blick auf mir. Timothee.

Er saß am anderen Ende des Tisches und sprach mit einem der anderen Freunde, doch sein Blick wanderte immer wieder zu mir und Jay. Sein Lächeln war verschwunden, und seine Augen wirkten angespannt. Er versuchte, unauffällig zu bleiben, aber ich konnte sehen, dass ihn etwas störte. Vielleicht war es die Art, wie Jay mit mir sprach – zu vertraut, zu locker.

Ich bemerkte, wie Timothee versuchte, meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Sein Blick suchte meinen, und für einen Moment hielten wir den Augenkontakt. Er hob leicht die Augenbrauen, als wollte er fragen: „Alles okay?“ ich lächelte ihm beruhigend zu, versuchte, ihm stumm zu versichern, dass alles in Ordnung war. Aber ich spürte die Spannung in der Luft, die unausgesprochenen Gefühle, die zwischen uns schwebten.

Immer wieder sah er zu uns hinüber, sein Lächeln wurde mit jedem Schluck Wein etwas dünner.

Ich konnte es ihm nicht verübeln. Ich wusste, dass Timothee mehr für mich empfand, als er zugab, und ich spürte, dass der Kuss, den wir vor kurzem geteilt hatten, mehr in ihm ausgelöst hatte, als er zugeben wollte. Doch ich hatte Angst, mich darauf einzulassen, Angst, erneut verletzt zu werden.

Jay erzählte weiter von einem besonders riskanten Stunt, und ich lachte. Ich spürte die Wärme des Alkohols in meinen Wangen und genoss den Moment, auch wenn ein Teil von mir immer wieder zu Timothee zurückkehrte. Ich wollte ihm nicht wehtun, aber ich wollte mich auch nicht selbst in eine Richtung drängen lassen, für die ich noch nicht bereit war.

Timothee stand schließlich auf, ging zur Bar und bestellte eine weitere Runde. Sein Blick lag auf mir, während er die Gläser einsammelte, doch er sagte nichts. Ich fühlte den leichten Druck seiner Gegenwart, die stumme Frage, die er nicht aussprechen wollte. Es war, als ob er versuchte, mich zu warnen, aber gleichzeitig nicht wusste, wie.

„Du weißt, du könntest jederzeit wieder einsteigen“, sagte Jay plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken. „Die Stuntbranche würde jemanden wie dich mit offenen Armen aufnehmen.“

Ich lächelte und nahm das neue Glas, das Timothee mir reichte. „Vielleicht irgendwann. Aber im Moment... bin ich noch dabei, mich selbst wiederzufinden.“

Ich sah zu Timothee hinüber, der mich für einen Moment ernst ansah, als wolle er etwas sagen. Doch er hielt sich zurück.

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