Teil 7 | Unsicherheit

Ich kniff meine Augen zusammen, während ein markerschütternder Schrei aus meinem Mund entwich.

Was hatte ich da gerade gesehen?

Obwohl ich meine Augen weiterhin geschlossen hielt, hat sich die Gestalt dieser Kreatur in meine Netzhaut gebrannt.
Ich konnte ihre grässliche Fratze direkt vor mir sehen. Das verkohlte Gesicht mit den schwarzen, herunter hängenden Fleischfetzen. Das Maul mit den wohl ungepflegtesten und schärfsten Zähnen, die ich je gesehen hatte. Und diese Augen.
Mein Gott, diese Augen.

Immer noch blind tastete ich nach dem Schlüssel, der irgendwo neben mir auf den Boden gefallen sein musste.

Den Teufel würde ich tun, meine Augen zu öffnen und noch ein weiteres Mal dieses Gesicht des Schreckens zu erblicken.

Ich kannte mich nicht sehr gut mit übernatürlichen Phänomenen aus und hatte mich auch nie für derartige Dinge interessiert, doch ich hatte eine ungefähre Ahnung, mit was ich es hier eventuell zu tun haben könnte.

Da es wirklich hässlich war, würde ich es entweder in die Kategorie Rachsüchtiger Geist oder böser Dämon einordnen.

Doch egal was das nun für ein Wesen war. Fest stand, dass ich so schnell wie möglich vor ihm fliehen musste.

Nach einer gefühlten Ewigkeit ertastete ich endlich den Schlüssel auf dem Boden.
Eine Welle der Erleichterung durchflutete meinen Körper, als ich das kleine Stück Metall wieder in meinen Händen hielt.

Während ich vorsichtig die Augen öffnete, bemühte ich mich, den Blick starr nach vorne gerichtet zu lassen.

Ich spürte die Präsenz zwar nicht mehr hinter mir, doch das war noch lange kein Zeichen dafür, mich von nun an in Sicherheit wiegen zu können.

Die Tür sprang sofort auf, als ich den Schlüssel im Schloss nach links drehte.

Mit einem Mal verflog jegliche Erleichterung aus meinem Körper, als ich realisierte, dass das Wesen vielleicht in diesem Moment meine Familie terrorisierte.

Oder hatte es möglicherweise Besitz von ihren Körpern ergriffen?
Das würde zumindest erklären, wieso Papa sich schon den ganzen Abend so komisch verhielt.

Wie eine Katze auf der Lauer schlich ich mich in Richtung Wohnzimmer.

Die Tür war angelehnt.
Hatte ich sie hinter mir geschlossen, als ich aus dem Raum geflohen war?
So sehr ich mich auch bemühte, ich konnte keine Erinnerung an diese Szene abrufen.
Dabei waren doch seitdem nicht einmal fünf Minuten vergangen.

Ich lugte durch den kleinen Spalt.
Meine Familie saß seelenruhig am Tisch und aß von dem Braten.
Hin und wieder wurden ein paar Nettigkeiten ausgetauscht, ansonsten waren sie vollkommen auf das Essen fixiert und würdigten einander keines Blickes.

Das Ganze sah nicht nach einem familiären Festessen aus. Eher nach einem Geschäftsessen, auf dem ausschließlich Introvertierte eingeladen waren.
Niemand schien so Recht zu wissen, worüber er reden sollte.

Auch wenn das etwas seltsam war, vor allem wenn man bedachte, dass Mike eigentlich eine absolute Labertasche war, hatte ich nicht das Gefühl, dass die Präsenz von vorhin im Wohnzimmer anwesend war.

Aber was wusste ich schon?
Ich hatte schließlich keinerlei Erfahrungen auf diesem Gebiet.

Trotz der Unsicherheit, die mein stetiger Begleiter geworden war, betrat ich das Wohnzimmer.

Mama, Papa und Mike hoben beinahe zeitgleich ihre Köpfe.
Allein diese Tatsache jagte mir einen Schauer über den Rücken.

Dann sah mich Mama mit einem freundlichen, jedoch viel zu aufdringlichen Lächeln an.

„Ah, Celina. Wie schön, dass du wieder da bist. Wir wollten gerade mit der Bescherung beginnen.“

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