Teil 22 | Himmelstor
Was sich nun vor meinen Augen abspielte, war schwer zu beschreiben. Am ehesten könnte man es wohl so ausdrücken, dass das gesamte Zimmer gerade dabei war zu zerbersten. Es platzte wortwörtlich aus allen Nähten. Durch die bereits entstandenen Risse schien ein Licht hindurch, welches so grell war, dass ich mir die Augen zuhalten musste.
Was hatte das zu bedeuten? War das ein gutes Zeichen oder hatte ich mein Ende nun komplett besiegelt?
Es fühlte sich an, als stünde ich inmitten eines Sturmes. Die Windgeschwindigkeit war so hoch, dass das tosende Geräusch alles um es herum verschluckte.
Der Sturm war jedoch alles andere als unangenehm. Im Gegenteil. Ich fühlte mich geborgen, fast so, als wäre ich in eine warme Decke gehüllt. Das musste einfach ein gutes Zeichen sein. Etwas das sich so wohlig warm anfühlte, konnte unmöglich etwas Schlechtes bedeuten.
Nach einem kurzen Moment, in dem ich einfach nur da stand und die äußeren Einwirkungen auf mich einprasseln ließ, traute ich mich endlich, meine Augen zu öffnen. Sie hatten sich erstaunlich schnell an die gleißende Helligkeit gewöhnt.
Schnell stellte ich fest, dass sich die Dämonen kein Stück von der Stelle bewegt hatten. Sie waren die ganze Zeit über an meiner Seite geblieben. Doch die eigentliche Frage war: Wieso?
Was bewegte diese Monster aus der Hölle dazu, mir zu helfen?
„Ist das hier der Himmel?“, rief ich in ihre Richtung. Meine Stimme wurde förmlich von dem gleißenden Licht und der Unendlichkeit des Raumes verschluckt.
„Dies ist der Ort, an den Menschen nach dem Tod geraten, wenn sie ihr Ableben akzeptiert haben. Mit dem Himmel in deiner Vorstellung hat das nicht viel zu tun, aber es ist allemal besser, als auf alle Ewigkeit in der Dunkelheit zu versauern.“
Nachdem ich meine vollständige Sehkraft zurück erhalten hatte, schaute ich mir die neue Umgebung intensiv an. So sehr ich mich auch anstrengte, ich konnte keine Konturen in der Ferne erkennen. Kein Tor, keine Paläste und keine anderen Menschen.
„Ziemlich leer hier.“
Meine Freude darüber, dass ich dem grausamen Schicksal der Hölle entgangen war, verschwand mit dieser Erkenntnis.
Was, wenn der Himmel genau so leer und einsam war, bloß mit endlos vielen Lichtern ausgestattet? Ich schluckte.
War das wirklich alles, was das Leben nach dem Tod zu bieten hatte? Nichts...?
„Keine Sorge, das hier ist nur der Vorraum“, hörte ich meine Mutter sagen.
Ein Schwall der Erleichterung durchflutete meinen Körper.
„Ein Glück. Ich dachte schon, das war's jetzt mit der Herrlichkeit.“
„Komm, Celina. Nimm meine Hand. Es ist Zeit“, sagte der Dämon mit dem pulsierenden Kopf.
Sofort folgte ich seiner Anweisung.
Eigentlich wollte ich mein Leben noch nicht hinter mir lassen, doch mir war bewusst, dass es kein Zurück mehr gab.
Sollte ich wieder anfangen, an meinem Tod zu zweifeln, war alles umsonst.
Ich nahm die Hand des Dämonen - nur um mich kurz darauf in einer Achterbahn wieder zu finden.
Augenblicklich begann ich zu schreien. Ich hatte Achterbahnen und Freizeitparks im Allgemeinen zwar immer gemocht, doch die Geschwindigkeit, die dieses Gefährt annahm, war einfach unmenschlich.
Dennoch breitete sich das selbe wohlige Gefühl in meinem Bauch aus, das ich auch zu Lebzeiten beim Achterbahnfahren bekommen hatte.
Nach einigen Sekunden, die sich allerdings viel länger angefühlt hatten, kam die Bahn endlich zum Stehen.
Ich war angekommen.
Vor mir befand sich eine riesige Tür aus Eisen, welche mit hübschen Verzierungen übersät war. So hatte ich mir das Tor zum Himmel zwar nicht vorgestellt, aber was soll's. Hauptsache ich konnte endlich meinen Frieden finden.
Doch was hinter diesem Tor wirklich auf mich wartete, hätte ich mir in meinen schrecklichsten Träumen nicht vorstellen können.
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