Teil 13 | Barriere

Wie automatisiert scannten meine Augen jedes einzelne Paket, das unter dem reich geschmückten Weihnachtsbaum lag.

Erwarteten diese Monster wirklich von mir, dass ich mir den Inhalt der anderen Pakete auch noch ansehen würde?
Ich hatte ja noch nicht einmal den Anblick des Miniaturgrabsteins verarbeitet, geschweige denn der Info, dass ich angeblich gestorben war.

Ich war nicht tot, so viel stand fest.
Aber wieso wollten sie mir das unbedingt weismachen?

„Du weißt, dass du keine Wahl hast“, sagte mein Vater, während er seine Hand auf meine Schulter legte.

Sofort wich ich seiner Berührung aus musterte ihn dabei misstrauisch.
Ich ließ mich ganz bestimmt nicht von einem Dämon betatschen.

„Das werden wir ja sehen“, sagte ich weniger überzeugt, als ich es mir wünschte.

Obwohl meine Willenskraft mit jeder Minute an Stärke verlor, hatte ich noch lange nicht vor, aufzugeben.
Nicht, solange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft waren.

Schnell kam mir ein neuer Gedanke in den Sinn.

Das Fenster.
Ich könnte versuchen, über das Fenster zu fliehen.

Obwohl die Monster allesamt ihre erwartungsvollen Blicke auf mich gerichtet hatten, schenkte ich ihnen keinerlei Beachtung. Meine Aufmerksamkeit beschränkte sich einzig und allein auf das riesige Bogenfenster, das möglicherweise mein Ticket in die Freiheit war.

Die Weihnachtsdeko, die Mama bereits Ende November auf der Fensterbank platziert hatte, würde bei meiner Flucht höchstwahrscheinlich massive Schäden davontragen. Ich musste über diesen banalen Gedanken schmunzeln.
In ihrem jetzigen Zustand war Mama die Deko sowieso egal.

Was jetzt zählte, war einzig und allein meine Sicherheit.

Ich versuchte die Anwesenheit der Monster auszublenden. Innerlich bereitete ich mich darauf vor, auf die Fensterbank zu springen, das Fenster zu öffnen und anschließend ohne Umschweife diese Hölle zu verlassen.

Im Geiste dankte ich Gott dafür, dass sich das Wohnzimmer im Erdgeschoss befand.

Ich spielte die Szene noch einmal in meinem Kopf ab, bevor ich schließlich zum Sprung ansetzte.

Nun würde sich zeigen, ob sich die jahrelange Tortur des Sportunterrichts ausgezahlt hatte.

Seltsamerweise folgte keinerlei Reaktion der Monster, als ich es tatsächlich geschafft hatte, die Fensterbank zu erklimmen.
Durch meine schwungvolle Landung war die Hälfte der Weihnachtsdekoration auf den Boden gesegelt und eine Schneekugel war zu Bruch gegangen.

In meinem Kopf konnte ich Mama schimpfen hören, doch in der Realität blieb sie stumm. Sie alle blieben stumm.

Was mochten sie wohl denken?

Egal, das tat jetzt nichts zur Sache.

Ich zog an dem veralteten Griff, woraufhin das schwere Fenster sofort aufsprang.
Noch immer hörte ich keine Proteste seitens der Monster - und ich merkte auch schnell, was der Grund dafür war.

Als ich von der Fensterbank hinaus in die Freiheit springen wollte, musste ich feststellen, dass mich eine unsichtbare Barriere daran hinderte.
Der Schutz der Außenwelt lag direkt vor mir, doch er war unerreichbar für mich.

Diese Erkenntnis zog mir den Boden unter den Füßen weg.
Wie war so etwas physikalisch überhaupt möglich?

Noch ein paar Mal versuchte ich, die Barriere zu durchbrechen, indem ich mich mit meinem vollen Körpergewicht dagegen warf, doch es half alles nichts.

Ich spürte die schadenfrohen Blicke der Wesen hinter meinem Rücken.
Wann war dieser Albtraum endlich vorbei?

„Was soll das? Lasst mich doch bitte einfach gehen...“

Ich hasste mich selbst dafür, dass ich in diesem Moment so verzweifelt klang, doch meine Psyche war einfach nicht dafür ausgelegt, für längere Zeit in einem Horror-Survival Film festzustecken.
Sollte das etwa mein Schicksal sein?

„Es gibt nur einen Weg, wie du das Haus verlassen kannst“, hörte ich die Stimme meiner Mutter hinter mir sagen.

Vorsichtig drehte ich mich zu ihr um.

Sie stand nur wenige Zentimeter hinter mir, in der Hand ein weiteres hübsch verziertes Paket.

„Schau dir den Inhalt der Geschenke an. Danach wirst du vollständige Freiheit erlangen.“

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top