Seltsamer Traum | Prolog

Totenstille.

Mehr war auf der kleinen Wiese im Nichts nicht.

Nur eine nachtschwarze Kätzin, elegant wie ein silberner Fisch in den Wellen, ihr präziser, blattgrüner Blick der dem eines Falken glich, saß zwischen dem saftigen Grashalmen. Angestrengt starrte sie auf einen kleinen Teich vor ihren Pfoten, über die sie sorgfältig ihren Schweif gefaltet hatte.

Plötzlich - es schien als hätte sie mit bloßer Gedankenkraft den Teich bezwungen - erschien ein scharfes Bild auf der klaren Wasseroberfläche.

Ein verschmitztes, aber zugleich ernstes lächeln huschte ihr übers Gesicht, doch ihre Stimmung sollte im selben Moment wieder erschüttert werden.

Es waren zwei große Schatten, die dort im Teich herumflackerten. Sie kämpften wild, wie in der größten Schlacht ihres Lebens, scheinbar um Leben und Tod. Doch es waren nicht die gewöhnlichen Schatten, die die Katzen ständig dank der Sonne begleiteten, nein, diese beiden Kämpfer waren feste Materie, das stand fest.

Alles, was die beiden fast Identischen unterschied, waren ihre strahlenden Augen. Rot und Blau. So wie Blut und Wasser. So wie das Feuer des Todes und die Quelle des Lebens.

Und nichts konnte sie stoppen. Auf Waldlichtung um sie herum schossen glutheiße Flammen in die Höhe, das Gras unter ihren blutigen Pfoten brannte Lichterloh und die umstehenden Bäume und Büsche nahmen die züngelnden Flammen auf und übertrugen die Feuerbrunst auf ihre hölzernen Nachbarn.

Die schwarze Kätzin hatte ihre Augen verängstigt aufgerissen, ihre Ohren zuckten nervös. Dazu darf es niemals kommen! Es wird die ganzen Clans auslöschen! Schoss ihr die nackte Wahrheit wie ein Blitz durch den Kopf.

Sie richtete Kopf wieder hinunter zum Teich, um keine einzige Einzelheit zu verpassen. Alles könnte ausschlaggebend für das Beständnis der vier Clans sein.

Ein goldener Blitz, alles stand still. Die kleinen Wellen im Wasser legten sich ruckartig. Und auch die Schatten bekamen es mit der unerklärlichen Wucht des Blitzes zu tun: eine unsichtbare, aber unglaublich starke Macht drückte sie auf den belaubten Boden. Der Staub, der durch den unbändigen Kampf aufgewirbelt worden war, legte sich langsam wieder. Und selbst die Flammen erloschen mit einem unheimlichen Zischen, das dem einer Schlange glich und ließen nur ein Chaos aus Asche und verbrannten Zweigen zurück.

Doch es hatte noch eine Änderung gegeben. Eine dritte Katze war wie aus dem Nichts erschienen.

Auch sie war nicht normal, denn ihr wallendes Fell war komplett golden, nur ihre Augen funkelten in einem geradezu Magischem Grün. Sie entfaltete ihre reinweißen Flügel wie ein Schützendes Blätterdach über den beiden Schatten, doch das Ritual, welches sie gerade begonnen hatte, wurde von einem schreckhaftem Schrei eines Raben unterbrochen.

Und genau, wie ein Apfel nicht weit vom Stamm fällt, bleibt auch ein Rabe kaum unbemerkt, wenn sein heiserer Schrei ertönt.

Es dauerte keinen Herzschlag, da schoss das Tier mit nachtschwarzer Federpracht und zwei verschiedenen Augenfarben auch schon in einem Tempo, das er sicherlich die schnellste Katze der ganzen Welt überholt hätte auf die Drei Katzen zu.

Rot wie Blut, Blau wie Wasser.

Rot wie der Tod und Blau wie das Leben.

Urplötzlich fiel ein großes Fellknäul mit einem lauten Platschen in das Kalte Wasser und das Bild war so schnell wieder verschwunden, wie es gekommen war.

Die schwarze Kätzin zuckte geschockt zurück, ihr Fell hatte sie angriffsbereit aufgestellt und die messerscharfen Krallen ausgefahren. Ihr Pelz war durchnässt, und ihr drohendes Fauchen so laut, das die Gestalt blitzschnell vor Schreck aus dem Wasser schoss.

"Eisvogel?" Die Kätzin blickte irritiert drein, als sie ihren ehemaligen Schüler keuchend vor ihren Pfoten endlich erkannte.

"Ja, Schattentanz, entschuldige die Störung. Aber ich wurde plötzlich aus meinem Traum gerissen und bin schwebend über dem Teich aufgewacht. Und da ich genausowenig wie alle Katzen meines Clans nicht fliegen kann, bin ich eben gefallen. Tut mir aufrichtig leid." Der Kater stand ehrfürchtig auf und schüttelte sich das Wasser aus dem Fell.

Schattentanz erwiderte auf seine Wort rein Garnichts. Sie Blickte tief in seine eisblauen Augen und schien etwas darin zu suchen.

Als sie dann endlich das Wort erhob, brach sie die stille Spannung zwischen den beiden: "Wenn eisige Klauen auf lodernde Feuerbrunst treffen, muss sich die Katze aus purem Gold erheben und ihre Schwingen durch die staubige Luft gleiten lassen. Erst dann kann der Friede aus der Finsternis zurückkehren."

Eisvogel blieben die Worte vor Überraschung im Halse stecken. Eine Prophezeiung? Von einer Untoten Katze? Wie war das nur möglich?

Schattentanz wandte sich ab und ließ ihren schmerzerfüllten Blick in das weiße Nichts gleiten. "Du musst uns retten, mein Schüler. Du bist die einzige Hoffnung, die uns die Kraft gibt, nicht aufzugeben. Ich weiß nicht, wo wir hier sind, geschweige denn wer oder was uns an diesen sternenverlassenen Ort gebracht hat. Unsere Erinnerungen daran sind tot, Eisvogel. Und nur du kannst sie wieder herbeirufen."

"Schütze dich vor dem Betrug, der Hinterlist falscher Freunde." Kornblumes Stimme hauchte durch die Luft. Der HabichtClan hatte stark unter dem Verlust der jungen Heilerin gelitten und ihr weit nachgetrauert.

"Schütze dich vor Irrtümern, denn sie kündigen das dunkle Ende deiner Mission an. dazu darf es nicht kommen!" Wacholderjunges piepsige, aber fest entschlossene Stimme versetzte Eisvogels Herz einen eisigen Hieb. Er hatte oft Zeit mit dem kleinen Verbracht und mit so wenigen Monden waren sie zu guten Freunden geworden.

"Wacholderjunges." hauchte er kraftlos mit schmerzhafter Stimme. "Ich werde dich retten, vertraue mir. Ich werde euch alle wieder zurückbringen!"

"Tod und Verluste werden deinen Weg prägen, das Labyrinth der Gefühle musst du mit kraft überwinden. Gib niemals auf, junger Krieger." Marderpfote und seine Mentorin Rosenlinde. Die beiden waren wie Seelenverwandte gewesen. Sie verstanden sich prächtig, wussten immer wenn der andere in Gefahr war oder ihn etwas bedrückte. Durch die beiden großartigen Kämpfer und Jäger hatte der Clan einen großen Verlust gemacht. Doch Wellenstern hatte nicht ein Wort darüber verloren, der ganze Tumult hatte sie nicht gestört.

Aber warum? War ihr ihr Clan denn etwa nichts Wert?

|<~•~>|

Eisvogel schreckte hoch. Alle Katzen um ihn herum schlummerten friedlich in ihren Moosnestern. Keiner schien etwas bemerkt zu haben.

Doch weshalb war er so erschrocken aufgewacht? Schließlich war ja nichts dramatisch gruseliges passiert.

Plötzlich spitzte Eisvogel die Ohren und sah sich hektisch um. Was war da? Eisvogel hätte bei seinem Leben geschworen, ein zischen gehört zu haben.

Da war es wieder!

"Seid bereit..."

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