Kapitel 15
In der Tür stand ihr Bruder Ares. Er hielt in seiner rechten Hand ein langes, breites Schwert und atmete schwer, so als wäre er gerannt. Flehend sah Aria ihn an. Sie hatte sich von der Leiche erhoben. "Aria... was ist geschehen?", flüsterte er und ließ seinen Blick durch die Halle schweifen. Zuletzt blieb er an seiner Schwester hängen. Sie war völlig mit Blut verschmiert. Unaufhaltsam flossen Tränen über ihre Wange und sie zitterte fürchterlich. "Ich habe ihn erstochen... Ich habe beide erstochen. Grey hatte Recht ich bin ein Monster!", antwortete sie ihm. Ihr Blick war voller Reue und Sehnsucht. Sie sehnte sich danach von Ares in den Arm genommen zu werden, danach, dass alles wieder wie vor ein paar Stunden war. Jedoch tat ihr ihr Bruder diesen Gefallen nicht. Wie zur Salzsäule erstarrt blieb er dort stehen. Man sah ihm an, dass er nach Worten suchte. Nach einem tröstenden Satz für Aria. Schließlich seufzte er und kam auf sie zu. "Du bist kein Monster. Du hast dich doch nur gewährt. Es ist alles gut. Ich bin jetzt hier", meinte er und nahm sie endlich in den Arm. Sein Schwert hatte er vorher zurück in die Scheide gesteckt. Beruhigend strich er ihr durch die Haare. Aria weinte hemmungslos an seiner Schulter. "Es tut mir leid, dass du das machen musstest. Ich war nicht hier. Du hättest mich gebraucht. Es tut mir leid, so leid. Ich hatte dich nicht beschützt", murmelte Ares und drückte seine Schwester nur noch fester an sich. Noch eine Weile standen die beiden fest umklammert in der völlig zerstörten Eingangshalle, bis das Hausmädchen Liberia wieder ihr Bewusstsein erlangte. Vor Schmerz stöhnend richtete sie sich auf. Sofort löste sich Aria aus der Umarmung und kam auf sie zu. "Herrin... geht es Ihnen gut?", fragte Liberia mit brüchiger Stimme. Energisch schüttelte die schwarzhaarige den Kopf. "Nein aber es ist in Ordnung. Ich bin froh, dass du am Leben bist", antwortete sie leise und drückte ihre Hand. Ares kam auch zu den Beiden und kniete sich nieder. "Bist du irgendwo verletzt?", fragte er sachlich nach. Liberia lachte ein wenig. "Du kannst mich nicht heilen aber danke. Mir geht es bestimmt bald wieder gut. Gib mir nur etwas Zeit" Ares nickte und stand auf. "Die Regenerationsfähigkeit der Elfen ist immer wieder verblüffend. Ich werde Vater kontaktieren. Gehst du in dein Zimmer Aria? Du solltest duschen und dann etwas schlafen. Wir reden über alles, wenn Vater da ist", erklärte er und wandte seiner Schwester den Rücken zu. Aria stand auf. "Elfen... Du scheinst über alles Bescheid zu wissen. Was ist hier los? Warum hab ich das getan? Wer waren diese Männer? Und... und warum bin ich die Einzige die von nichts weiß?", stellte sie ihn fordernd zur Rede. Die Fragen sprudelten nur so aus ihr heraus und sie hatte noch mehr auf der Zunge. Ares drehte sich nicht um als er erwiderte: "Ich hab gesagt, dass wir das später regeln. Geh auf dein Zimmer. Ich werde das hier klären" Seine Stimme ließ keinen Widerspruch zu und wenn Aria ehrlich war, brauchte sie nun dringend eine Dusche. Sie wollte allein sein. Sie nickte kurz und hastete davon. Aria ließ sich in ihrem Zimmer erschöpft auf den Boden fallen. Ihr war zum weinen zu Mute, doch sie konnte es nicht mehr. Lange starrte sie ihr Spiegelbild an, bevor sie duschen ging. Sie sah elendig aus. Ihre Haare waren vom Blut und den Tränen filzig geworden. An ihren Händen klebte ebenfalls Blut und Dreck. Ihr Gesicht war vollkommen verschmiert und ihr Kleid war nicht mehr als solches zu erkennen. Verblüfft bemerkte sie, dass sie außer mentalen keine weiteren Schäden von dem Vorfall davon getragen hatte. Sie war völlig unverletzt. Müde stieg sie endlich in die Dusche. Das Wasser war heiß und schenkte dem Mädchen das Gefühl von Geborgenheit. Entspannt schloss sie kurz die Augen. Der Tag war der schlimmste in ihrem Leben gewesen - so viel ist sicher, doch merkwürdiger weise spürte sie keinerlei Emotionen mehr. Aria war weder wütend noch traurig. Sie war lediglich müde. Nach dem Duschen ließ sie sich in ihr großes Himmelbett fallen. Eigentlich hätte sie sich freuen sollen, dass ihr Bruder gemeint hatte, sie würde bald die Wahrheit erfahren, doch stattdessen starrte sie leer ihre Zimmerdecke an. Beinhaltete die Wahrheit auch das, was Samael Abendstern vor rund 1000 Jahren damals gemacht hatte? Aria hatte davon gelesen, jedoch hatte damals ihr Vater verhindert, dass sie dieses Geheimnis lüftete. Schlussendlich schlief Aria recht schnell ein. Ihre Träume handelten immer wieder davon, dass sie jemanden tötet und ihre Familie sie als Monster bezeichnet. Nach ein paar Stunden wachte sie wieder auf. Zu schrecklich waren ihre Träume. Ihre Haut war ganz feucht und ihr Atem ging unregelmäßig. Aria beschloss sich ein Glas Wasser zu holen und am Fenster etwas frische Luft zu schnappen. Barfuß holte sie sich etwas Wasser aus dem Bad. Mit ihrem Getränk stellte sie sich in den Fensterrahmen. Die Nachtluft war kühl, sodass sie in ihrem Nachthemd leicht frierte, doch das störte sie nicht. Sie atmete ein paar mal tief durch und nahm einen großen Schluck. Nachdenklich sah sie in die Ferne. Von ihrem Zimmer aus konnte sie bis zur Stadt, deren Lichter die Nacht erhellten, blicken. "Wie wird es nun wohl weiter gehen?", seufzte Aria. In diesem Moment kam ein starker Wind auf. Das Mädchen blieb jedoch stehen und strich sich ihre Haare aus dem Gesicht. Als die Stille wieder einkehrte, bemerkte Aria etwas merkwürdiges. In ihrem Rücken spürte sie eine sanfte Wärme, wie von einem Körper. Sie wagte es nicht sich umzudrehen und sich zu vergewissern, dass da niemand stand. Wer denn auch? In dieses Zimmer kam kein Fremder oder Bediensteter mitten in der Nacht und wenn, nicht ohne vorher an zu klopfen. Ihre Familie hätte ebenfalls keinen Grund sie in der Nacht zu besuchen. Sie musste sich das also nur einbilden. Doch sie spürte die Wärme ganz deutlich. Außerdem strich ihr nun ganz leicht ein Atem über ihren Nacken. Egal wie sehr Aria hoffte, dass es nicht stimmte, doch hinter ihr stand jemand, dass konnte sie nicht leugnen.
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