Prolog

Ich sterbe!

Ava lag in einer Lache ihres eigenen Blutes und spürte die Kälte, die langsam ihren Körper hinaufkroch. Sie empfand die Kälte als unangenehm, obwohl die Hitze, die den ganzen Tag geherrscht hatte, sie beinahe umgebracht hätte.

Leise lachte sie.

Die Hitze hätte mich umgebracht! Was für eine Ironie!

Nein, es war nicht die Hitze gewesen.

Es war dieses verdammte Arschloch, das gedacht hatte, es müsse Ava überfallen und ihr ein Messer in den Bauch rammen, als sie ihn angeschrien hatte. Dann hatte er ungläubig zu ihr, dann zu seinem blutigen Messer gesehen, bevor er abgehauen war. Er hatte ihre Handtasche geschnappt und hatte sie einfach hier liegen lassen.

Verdammt! Es hatte sich nicht einmal gelohnt. Ich hatte keinen müden Cent in der Tasche!

Warum musste sie auch unbedingt diese Abkürzung durch den Park nehmen? Es war ja nicht so, dass sie niemand gewarnt hatte.

„Tu es nicht, Ava! Du weißt, was sich da für Gesindel herumtreibt!"

Gerade jetzt hörte sie die Stimme ihres Kollegen Lech, der immer am meisten besorgt war, wenn sie in den Park eingebogen war. Wie immer, hatte sie ihn angelacht und ihm zum Abschied einen Kuss auf die Wange gedrückt. Ihr würde schon nichts passieren. Außerdem wäre sie dann früher zu Hause.

Verflucht. Es hat mir immer nur eine viertel Stunde eingebracht!

Und nun hatte sie den Salat!

Stures Miststück!

Der Vollmond schien auf sie hinab und hüllte sie in ein tröstendes Licht, während sie langsam ihr Leben aushauchte. Wenigstens war es nicht komplett dunkel. Sie hatte den Mond schon immer gemocht und das Licht, dass er auf sie hinabsendete, war nicht kalt, wie einige behaupteten. Es war, als ob er ihren Körper, der nun schon sehr kalt war, wärmen würde.

Ava wusste genau, dass der Stich tödlich war. Es floss fast schwarzes Blut aus der Stichwunde, also hatte der Idiot ihre Leber getroffen. Soviel medizinisches Wissen hatte Ava, das sie wusste, dass schwarzes Blut nur aus dem Körper fließt, wenn die Leber getroffen wurde. Diese Stichwunden waren immer tödlich! Verzweifelt hielt sie eine Hand darauf, um das Blut zu stoppen, aber es würde nichts nutzen. Sobald sie die Hand wegziehen würde, würde ein weiterer Schwall Blut hervorquellen und sie schnell verbluten. Eigentlich sollte sie es gleich tun, aber sie hing an ihrem Leben. Und wenn es nur noch einige Sekunden länger dauern würde.

Sie hörte Schritte, die sich ihr näherten. Ein Funken Hoffnung glomm in ihr auf. Vielleicht konnte sie doch gerettet werden? Gleich darauf schalt sie sich wegen des Gedanken. Sie wusste genau, dass der Stich tödlich war. Warum sich also falsche Hoffnung machen?

„Hilfe!"

Ihre Stimme war leise, fast ein Flüstern. Ihre Hoffnung gewann nun doch die Oberhand.

Sie sah sich mühsam um. Vielleicht hatte man sie trotz dem Flüstern gehört.

Die Schritte stoppten, dann kamen sie näher und Ava konnte ein paar Schuhe vor sich sehen. Es waren sehr teure italienische Schuhe. Das Leder war bestimmt handgearbeitet und sie glänzten richtig. Entweder waren sie sehr neu oder sehr gepflegt. Ava tippte auf das Erstere.

Wer, verdammt, konnte sich solche Schuhe leisten? Und wer war so dumm hier her zu kommen? Die Reichen kommen nicht in diesen Park!

Sie hörte jemand mit der Zunge schnalzen.

„Das sieht aber mal verdammt übel aus!"

Ach ja? Idiot!

Der Mann, der sie angesprochen hatte, hockte sich nun vor sie hin. Ava sah ihn nun zum ersten Mal und vergaß einen Augenblick, dass sie im Sterben lag. Dieser Mann war schön. Unheimlich schön! Besser konnte sie ihn nicht beschreiben. Er war schlank, hatte dunkle Haare, dunkle Augen und einen Bartschatten, was bei ihm sexy wirkte. Er lächelte leicht, was ihm ein arrogantes Aussehen verlieh. Aber einen Augenblick später war so etwas wie Güte in seinen Augen zu erkennen. Seine Kleidung war, genau wie seine Schuhe, das Teuerste vom Teuren. Ava kannte solche Anzüge, wie er sie trug, nur vom Fernsehen. Sie musste sich zusammenreißen um ihren Blick von ihm zu lösen.

„Helfen sie mir!", bat sie leise.

Er lächelte sie nun traurig, fast bedauernd an.

„Ich denke, du weißt selbst, dass kein Mensch mehr etwas für dich tun kann, meine Kleine!"

Natürlich wusste sie es. Und gerade das machte sie noch wütender. Warum war er dann bei ihr? Er war ein Fremder. Und Menschen waren in der Regel gefühlskalt. Sie blieben meist nicht bei jemand, der im Sterben lag, weil sie dann an ihr eigenes Lebensende erinnert wurden. Doch er blieb bei ihr sitzen. Dennoch störte es Ava gewaltig, dass er einfach nur so dasaß und nichts unternahm. Zumindest sollte etwas Panik in seinen Augen zu erkennen sein, aber da war nichts. Nur Bedauern und eine gewisse Ironie. Das wollte sie nun wirklich nicht in ihren letzten Sekunden ertragen!

„Warum stehst du dann hier? Geilt es dich auf, wenn du jemanden bei Sterben zusehen kannst? Lass mich alleine, wenn du mir nicht helfen kannst!"

Er lachte leise und presste seine Hand auf ihre. Das Blut lief nun noch langsamer, was aber nicht hieß, dass es besser wurde. Erstaunt stellte sie fest, dass er, obwohl er so schlank war, erstaunliche Kraft hatte. Das war für Ava absolut surreal. Der Druck, den seine Hand ausübte, schmerzte sie sogar und die Kiesel, die auf dem Boden lagen, bohrten sich schmerzhaft durch das Shirt in ihre Haut.

Er grinste sie nun an.

„Na, sieh mal an. Kratzbürstig und widerborstig. Das mag ich ja an Frauen! Bist wohl eine kleine Hexe, mh?"

Sie hustete und ein Schwall Blut kam aus ihren Mund.

„Schhh...wenn du noch mehr Blut verlierst, kann nicht einmal ich dir helfen!"

Ich muss mich verhört haben! Was denkt er, was er ist? Ein Wunderheiler? Himmel, meine letzten Stunden und ich muss mich mit so etwas herumärgern! Er hat doch selbst gesagt, dass kein Mensch ihr helfen konnte.

„Kein Mensch kann mir helfen. Das hast du selbst gesagt!"

Er lachte wieder.

„Nun ja, ich bin auch kein Mensch!"

Bitte????

Er betrachtete sie prüfend.

„Du bist sehr klein!"

Na und?

„Nicht gerade das, was ich erwartet habe! Ich weiß nicht, warum sie gerade dich ausgesucht hat, um Dich mir zu geben!"

Hä?

„Aber sie muss wohl etwas an dir sehen, was mir im Moment noch verborgen bleibt! Du hast überhaupt keine Ähnlichkeit mit Lucy!"

Ach fick dich doch! Warum lässt du mich nicht in Ruhe sterben?

Er schnalzte missbilligend mit der Zunge.

„Kannst du nicht einen Moment deine Klappe halten? Und wenn du fluchst, wird es auch nicht besser! Die Götter mögen so was nicht!"

„Ich habe nichts gesagt!"

Wieder hustete sie und Blut rann ihr Kinn hinunter.

„Du denkst aber ziemlich viel! Gut, du hast nicht mehr viel Zeit! Deswegen gebe ich dir die Kurzfassung. Luna, unser aller Mondgöttin und Mutter hat dich auserwählt. Sie will dich zu ihrer Tochter wandeln! Es gibt nur wenige von uns. Wir haben Nachts hier auf der Erde für Ordnung zu sorgen und die Menschen zu beschützen! Luna hat mich heute Nacht zu dir geführt, damit ich dich wandle. Aber ich lasse jedem die Wahl. Entweder schließt du dich uns an oder du stirbst hier und jetzt."

Muss der Kerl in verdammten Rätseln sprechen? Und warum tue ich mir das an und höre ihm auch noch zu?

Ava merkte, wie ihre Kräfte sie nun endgültig in Stich ließen. Ihre Arme sanken vom Körper, owohl er sie festhielt.

Er fluchte nun selbst leise.

„Ach scheiß drauf! Sie erwartet es von mir und du hast definitiv keine Zeit mehr zum Wählen! Wenn sie ihren Willen nicht bekommt, dann kann sie ungehalten werden."

Ava verstand kein Wort von dem, was er sagte. Interessierte sie auch nicht. Entsetzt schaute sie in sein Gesicht, das sich langsam verwandelte.

Seine dunklen Augen änderten ihre Farbe. Sie wurden blau und leuchteten in der Dunkelheit als ob er Kontaktlinsen trug, die von Schwarzlicht beleuchtet wurden. Wie konnte das sein?

Scheiße! Warum verwandeln sich seine Augen? Ist er ein verdammter Vampir oder so?

Nein, mein kleines Küken. Das bin ich nicht!

Er öffnete seinen Mund und sie konnte seine sehr spitze Eckzähne sehen. Langsam näherte er sich ihren Hals.

Ava versuchte, ihm auszuweichen, aber er hielt eine Hand fest um ihren Nacken, so dass sie sich kaum bewegen konnte. Entsetzt beobachtete sie, wie er sich langsam ihren Gesicht näherte. Kurz bevor er ihren Hals erreichte, schaute er ihr noch einmal lächelnd in die Augen.

„Das wird jetzt eine Weile verdammt weh tun!", flüsterte er.

Dann biss er zu.

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