6

Überarbeitet am 2.2.17

Die nächsten Tage schleppte sich Remus nur so durch den Schulalltag.
Die neuen Narben schmerzten ihn bei jedem Schritt und eine winzige Bewegung ließ ihn oftmals schmerzverzerrt das Gesicht verziehen.
Sirius und Peter warfen ihm besorgte Blicke zu, aber James schien irgendwie abwesend.

Es war ein Donnerstag, als er seinen Freunden endlich berichtete, was ihn plagte und wie zu erwarten war es Lily Evans, die einfach nicht aus seinen Gedanken verschwinden wollte.
Beim Mittagessen verkündete James, dass er sie nun endlich um Date bitten würde.
Der einzige Haken an der Sache war nur, dass er fünfzehn Jahre alt war und bisher keinerlei Erfahrung darin hatte, charmant oder gar romantisch zu sein.

"Zum tausendsten Mal, James, sie wird nicht mit dir auf ein Date gehen, wenn du sie eifersüchtig machst!", stöhnte Remus und rieb sich die Schläfe.
James machte ein gekränktes Gesicht, aber gab schließlich nach.

"Wie wäre es", sagte Sirius zwischen einigen Schmatzern,"mit Pralinen? Mädchen und Remus scheinen beide eine außerordentliche Schwäche für Schokolade zu haben."

"Sirius, während des Essens spricht man nicht", verwarnte ihn Remus, doch Sirius warf ihm nur einen unbeeindruckten Blick zu und schob sich eine weitere Ladung gebackene Bohnen in den Mund.

"Schokolade ist doch langweilig", meinte nun Peter, "wie wäre es stattdessen mit einem Brief?"

Etwas überrascht blickte Remus den rundlichen, blonden Jungen an.
Normalerweise war Peter eher zurückhaltend und kannte sich schon gar nicht mit Mädchen aus, aber ein Brief würde vielleicht tatsächlich etwas bringen.
"Nein", winkte James ab,"das ist doof und kitschig. Mögen Mädchen Stinkbomben? Ich wette, Lily mag sie."

Der Werwolf konnte nicht anders, als sich geräuschvoll mit der Hand gegen die Stirn zu schlagen.

"James, viele Mädchen mögen Essen und romantische Gesten, aber ich bin bis jetzt noch keiner begegnet, die Stinkbomben mochte. Bei Merlin, ich kenne nicht einmal Jungs außer dir und Sirius die Fans davon sind!"

"Seit wann bist du denn eigentlich Frauenexperte, Moony?", mischte sich nun Sirius ein.

"Weil ich im Gegensatz zu euch auch mal mit Mädchen rede, anstatt nur über sie zu reden."

Sirius rollte mit den Augen, wirkte aber ein wenig überzeugt.

"Gut, Casanova, dann sag mir, wie ich Lily dazu bringe mit mir auszugehen."

"Du beachtest meinen Ratschlag am Ende doch sowieso nicht", seufzte Remus, aber der enttäuschte Blick von James ließ ihn nicht kalt.

"Also gut. Zuerst musst du sie davon überzeugen, dass du nur halb so idiotisch bist, wie du dich gibst. Dann freunde dich mit ihr an und irgendwann wird sich schon etwas entwickeln."

Etwas skeptisch schob James seine Brille nach oben.

"Bist du sicher, dass das funktioniert?"

"Ziemlich sicher und wenn die Gentlemen nun entschuldigen, ich habe noch einen Schokoladenkuchen zu essen."

Wie erwartet hielt sich James nicht an seinen Plan.
Stattdessen folgte er Lily den ganzen Nachmittag über und als sie schließlich in Zauberkunst saßen, artete die Sache aus.
Remus ahnte bereits unheilvolles, als James mit einem Grinsen einen Brief auf Lilys Tisch fallen ließ.
Diese war nicht besonders beeindruckt von der Situation und öffnete den Umschlag mit spitzen Fingern.
Das nächste was Remus' empfindliche Werwolfnase mitbekam, war ein unglaublicher Gestank.
Professor Rose, der Zauberkunst unterrichtete, evakuierte die gesamte Klasse erst einmal aus dem bestialisch stinkenden Zimmer und stand dann keuchend und hustend vor den Gryffindors und Ravenclaws.

"Potter, Nachsitzen! Ich erwarte Sie freitags um 18 Uhr in meinem Büro. Der Unterricht ist beendet", verkündete er unter dem lauten Gejubel der Schüler.

Remus war sich nicht ganz sicher, was in den nächsten paar Sekunden passierte, aber er hörte James noch sagen: "Hey, Evans! Gehst du mit mir aus?"
Dann stand plötzlich eine wutentbrannte Lily vor ihnen, die den völlig verdatterten James nach hinten schubste.
Sie war puderrot im Gesicht und ihre Stimme tat ihm in den Ohren weh.

"Du vollkommener Idiot! James Fleamont Potter, du verblendeter, selbstsüchtiger, mieser Bastard! Musst du vor der gesamten Klasse so eine Szene machen, nur um mich bloßzustellen? Was habe ich dir jemals getan, Potter?"

Immer noch völlig verdutzt stand James da, was Lily noch wütender zu machen schien.
Er tat Remus fast Leid, so betreten sah er aus.
Aber auch nur fast.
Lily machte den Mund auf, so als wolle sie noch etwas sagen, überlegte sich es dann aber anders und sauste mit wehenden Haaren davon.

"Los, Moony. Du bist der Weiberheld, geh ihr nach", lachte Sirius und seufzend machte er sich auf.

Er fand sie schließlich in einem leeren Korridor auf dem Boden hockend.
Als sie ihn sah, wischte sie sich verärgert Tränen aus den Augenwinkeln.

"Ich kann nicht glauben, dass du mit
solchen Idioten befreundet bist", murmelte sie, als Remus sich neben sie auf den kalten Steinboden setzte.

"Weißt du, James ist eigentlich ein echt guter Kerl", Lily schnaubte, "gib ihm eine Chance! Er hat einfach nur keine Ahnung, wie er mit Mädchen umgehen soll. In ein paar Jahren wird sich das ändern und du wirst sehen, dass er gar nicht so ein Idiot ist, wie du denkst."

"Niemals lasse ich mich auf so einen arroganten Schnösel ein! Lieber würde ich noch 50 dieser Stinkbomben abbekommen!", meinte sie überzeugt.

"50 Stück? Das lässt sich einrichten, ich muss James einfach nur erzählen, dir hätte die Aktion total gefallen."

Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht und sie schubste ihn spielerisch gegen die Schulter.

"Das wagst du nicht, Remus Lupin", sagte sie und klang auf einmal sehr müde.
Schließlich schloss sie die Augen und lehnte sich gegen Remus' Schulter.

"Weißt du was?"

"Hmm?" brummte er.

"Ich glaube ,Sirius kann sich glücklich schätzen, dass so jemand wie du ihn magst."

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top