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„Ich werde euch echt vermissen, Leute."

„Oh komm schon Pete, keine Tränen. Moony und ich halten es schon ohne euch aus."

„Da bin ich mir nicht so sicher", grinste James.

„Haha, sehr lustig. Und jetzt verschwindet, bevor ihr noch euren Zug verpasst!"

James und Peter winkten noch ein letztes Mal aus der Kutsche, die sich schließlich, wie von unsichtbaren Pferden gezogen, in Bewegung setzte.

Sirius und Remus blieben alleine zurück und blickten den vielen Kutschen nach, die nacheinander am Horizont verschwanden.
Schweigend liefen sie den Weg zum Schloss zurück, das einzige Geräusch was man hörte, war ihr gleichmäßiges Atmen.

Remus zog seinen schwarzen Mantel enger um sich, als eine starke Windböe Schnee in sein Gesicht blies.
Das Schloss, das noch einige Minuten vor ihnen lag, war fast nicht zu erkennen durch den vielen Schnee, der jetzt immer heftiger trieb.

„Remus?"

„Mhh?"

„Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe."

„Oh. Schon gut, Sirius. Ich weiß, du hast es nicht so gemeint."

„Es tut mir trotzdem leid."

Sirius warf Remus einen zögerlichen Blick zu.
Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber in diesem Augenblick räusperte sich jemand vor ihnen.
Beide Jungen hoben ihre Köpfe und durch den vielen Schnee erkannten sie Professor Mcgonagall, die mit verschränkten Armen vor ihnen stand.
Sie hatten beide gar nicht bemerkt, dass sie vor den großen Toren des Schlosses angekommen waren.

Die Professorin geleitete sie bis in die große Halle.
Die Haustische waren beiseite gestellt worden, nur noch ein kleiner, runder Tisch stand in der Mitte auf dem bereits zwei goldene Teller lagen.
Anscheinend waren sie die einzigen, die ihre Weihnachtsferien in Hogwarts verbrachten.

Sirius würde die ganzen Ferien alleine mit Remus verbringen.
Auf einmal wurde ihm ein wenig schlecht und er rieb sich kurz den Bauch, um das Gefühl zu vertreiben, aber es blieb.

„Alles in Ordnung?", erkundigte sich Remus bei ihm, während er sich an den Tisch setzte.

„Jaaa", antwortete Sirius gedehnt, doch als er Remus besorgten Blick sah, wurde der unangenehme Knoten in seinem Bauch nur größer.
„Ich hab nur so Hunger, mein Bauch tut ein wenig weh."

„Na dann, guten Appetit!"

Kaum hatte Remus diese Worte gesprochen erschien in der Mitte des Tisches eine goldene Platte mit einigen ihrer Lieblingsspeisen darauf.

Dumbledore zwinkerte ihnen von seinem Platz aus zu und begeistert machten sich die beiden daran, sich haufenweise Essen auf den Teller zu schaufeln.

Gerade als Sirius auf einem köstlichen Braten herumkaute, gab Remus ein zischendes Geräusch von sich.
Er hatte die Gabel, die er gehalten hatte plötzlich fallen lassen, fast so als hätte er sich verbrannt.
Remus war auf einmal sehr blass im Gesicht und starrte mit vor Schreck geweiteten Augen auf die kleine Gabel vor ihm.

Sirius verstand nun endlich, warum Remus die Gabel hatte fallen lassen.
Im goldenen Kerzenschein, der die Halle erfüllte, war es ihm zuerst nicht aufgefallen, aber bei genauerem Hinsehen erkannte er es ganz genau.
Die Gabel war aus massivem Silber.
Panisch sah sich Remus in der Halle um, aber außer ihnen und den Lehrern gab es niemanden dort.

Sirius versuchte, die Panik die sich in ihm breit machte, herunterzuschlucken.
Irgendjemand musste herausgefunden haben, dass sein bester Freund ein Werwolf war.

Eine silberne Kugel war eines der wenigen Dinge, die einen Werwolf töten konnte.
In menschlichem Zustand verbrannten sich Werwölfe an allem, das aus Silber bestand.

Und irgendwie war eine silberne Gabel genau an Remus' Platz gelangt.
Es gab nur zwei Möglichkeiten, entweder hatte einer seiner Freunde Remus einen Streich spielen wollen oder aber jemand hatte es herausgefunden und wollte eine ganz klare Nachricht übermitteln.
Und da die Rumtreiber sich solche Scherze niemals erlauben würden war letzteres wohl der Fall.

Sirius nahm die Gabel in die Hand und betrachtete sie, eigentlich nur um sich ein wenig von der immer größer werdenden Panik abzulenken.
Auf der Rückseite waren drei Vögel eingraviert, darunter stand in verschlungenen Buchstaben T.P.

„Remus!"

Er hielt ihm die Gabel hin und deutete auf die Gravur.
Obwohl Sirius es für unmöglich gehalten hatte, wurde Remus noch bleicher, als er gerade eben schon gewesen  war.

„Das ist eine Drohung", murmelte Remus ausdruckslos.

„Rem, ich lasse nicht zu, dass dir irgendetwas passiert, okay? Wer auch immer dieser T.P. ist, wir finden es heraus und bringen ihn dazu dass er gefälligst die Klappe hält!"

Remus bekam zwar wieder ein wenig Farbe ins Gesicht, aber besonders erleichtert sah er nicht aus.
Stattdessen stand er auf und murmelte ein leises: „Gute Nacht."
Dann verschwand er aus der großen Halle.

Sirius bemerkte die verwunderten Blicke der Lehrer, als ihn sein bester Freund am Tisch zurückließ.
Der Appetit war ihm gründlich vergangen, aber er zwang sich, noch ein paar Bissen zu nehmen, um nicht vor den Lehrern aufzufallen.

Remus würde jetzt sowieso seine Ruhe haben wollen, da war er sich sehr sicher, aber er beschloss auf dem Weg zum Schlafsaal einen Abstecher in der Küche zu machen und einige Leckereien für ihn mitgehen zu lassen.

Während er die vielen Treppenstufen zum Gryffindorturm erklomm, ließ die Panik ein bisschen nach, doch jedes Mal wenn er die Gabel spürte, die er sich in den Umhang geschoben hatte, spürte er einen Kloß im Hals.
Sirius hoffte inständig, dass Peter und James ihren Plan in den Ferien ausführten.
Dann konnten sie Remus wenigstens eine kleine Hilfe sein.

Morgen war Weihnachten und er hoffte, dass die Beklommenheit, die er spürte bis dahin ein bisschen verschwunden war.
Doch er wurde das Gefühl nicht los, dass diese Sache größer war als sie dachten.
Und irgendwie kamen ihm die drei Vögel merkwürdig bekannt vor.

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