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Vor Aufregung nahm Remus immer zwei Stufen auf einmal.
Er konnte es gar nicht abwarten, James und den anderen von dem mysteriösen Raum zu erzählen.
Die Möglichkeiten schienen unbegrenzt, er hatte einige Wünsche ausprobiert und es gab keinen, den ihm der Raum verwehrt hatte.
Ein wenig Bedenken hatte er ja, Sirius und James einzuweihen, doch wie sich herausstellte, konnte man aus dem Zimmer keine Gegenstände mitnehmen und so könnten sie dort allerhöchstens Streiche planen.

Die Bibliothek fand er leer auf, vermutlich war Lily bereits zurück in den Gemeinschaftsraum gegangen.
Ganz verübeln konnte er ihr es nicht, so lange Zeit war er weggewesen.
Ein wenig schuldbewusst machte er sich auf in Richtung des Gryffindorturmes.

Das Portrait der Fetten Dame schwang zur Seite, als er das Passwort nannte und gab den Weg zum Gemeinschaftsraum frei.
Er war verhältnismäßig leer, denn die meisten jüngeren Schüler waren draußen und veranstalteten Schneeballschlachten.

Wie erwartet war Lily tatsächlich hier, doch zu seiner Überraschung diskutierte sie gerade mit Sirius.
Sie standen direkt vor der Treppe des Jungenschlafsaals und Sirius trug eine große Tasche, in der seine Quidditchuniform verstaut war
Er wirkte eher abweisend und irgendwie bedrückt, aber dann schien die kleinere Hexe etwas zu sagen, was seine Aufmerksamkeit erregte.
Neugierig kam Remus näher und er konnte nun über die Gespräche der anderen, die Diskussion der beiden deutlich hören.

"Was soll im Zoo gewesen sein? Evans, ich muss jetzt wirklich zum Quidditchtraining!"
Sirius wollte sich grade abwenden, als Lily ihn am Ärmel packte.
"Black, hör mir doch wenigstens einmal zu. Es ist wichtig, okay?"

Er zögerte einen Augenblick und richtete dann mit einem Seufzen den Blick zurück auf Lily.
"Also, was ist so wichtig?"
Zögernd sah sie sich im Gemeinschaftsraum um und als sie schließlich Remus erblickte, stockte sie.

"Vielleicht sollten du und Remus alleine darüber reden."
Lily warf ihm einen vielsagenden Blick zu und Sirius, der ihn jetzt erst zu bemerken schien, blickte verunsichert zwischen den beiden hin und her.

Die Vorfreude auf die Bekanntgabe der Neuigkeiten war plötzlich weg und stattdessen spürte er Unbehagen.
Der Wolf schien wohl auch erkannt zu haben, dass Remus die Situation so ganz und gar nicht passte.

In letzter Zeit hatte er viel darüber nachgedacht, ob er tatsächlich im richtigen Haus war, denn er war schließlich ein Werwolf und war es nicht der natürliche Instinkt eines Tieres zu fliehen?
Wie also konnte er mutig sein, wenn es doch in seiner Natur lag, wegzulaufen.

Sirius runzelte immer noch die Stirn, aber er blickte ihn aufmerksam an.
Es war selbstsüchtig, ihn nicht zu konfrontieren, dachte Remus.
Er konnte das Gespräch nicht auf ewig verschieben, nur weil er Angst vor dem Resultat hatte.
Vielleicht lag Lily ja auch mit ihrer Theorie falsch und er war gar nicht schwul.
Aber was, wenn doch?
Es würde sicherlich Auswirkungen haben, aber Remus konnte sich nicht vorstellen, dass Sirius Black ihn trotz alledem lieben könnte und somit wäre er genauso weit, wie am Anfang.

"Remus?"

Er blickte in Sirius' graublaue Augen, die ihn immer noch erwartungsvoll anblickten, aber es lagen tiefe Schatten unter ihnen und sie glänzen nicht wie sonst.
Noch verunsicherter als zuvor, rang Remus mit den Worten, bis er schließlich die richtigen fand.

"Ich muss mit dir reden."
Lily warf den beiden einen schnellen Blick zu und verschwand dann mit einem wissenden Grinsen.
Sirius seufzte.

"Ich glaube, das mit Quidditch wird heute nichts. Also gut, was gibts?"

"Nicht hier. Lass uns in den Schlafsaal gehen."

Schulterzuckend folgte Sirius ihm die Treppe nach oben und ließ sich, im Zimmer angekommen, auf sein Bett plumpsen.

"Was ist los?"

Zögernd setzte Remus sich auf sein Bett und fummelte an seiner Krawatte.

"Lily hat da diese Theorie", er lachte nervös," dass du... puh okay. Erinnerst du dich an die Veela im Zoo?"

"Ja? Remus, bitte sag mir doch einfach, was los ist. Du machst mich ganz nervös."

"Oh, tut mir leid ich- okay gut. Lily sagt, weil du nicht so auf die Veela reagiert hast, wie die meisten Jungs es normalerweise tun, also sie meint, du bist vielleicht... schwul. Und das ist völlig okay und wir sind trotzdem deine Freunde."

Er konnte Sirius' Gesichtsausdruck nicht lesen, zuerst sah er entsetzt aus, doch langsam aber sicher stahl sich ein Lächeln auf sein Gesicht.
Doch es war kein normales Sirius-Lächeln, es wirkte irgendwie falsch.
"Ich bin nicht schwul", sagte er ungewöhnlich ruhig.
Remus' Kehle war plötzlich staubtrocken, denn Sirius blickte nun nicht mehr verwirrt oder belustigt drein, sondern wütend.

"Ich bin nicht schwul, okay?", zischte Sirius.

"O-okay, das ist auch okay", stotterte Remus, stand von seinem Bett auf und wollte einen Schritt auf ihn zugehen, die Hände beschwichtigend erhoben.

"Fass mich nicht an!"

Sirius stand nun ebenfalls und verzweifelt versuchte Remus nach seinem Arm zu greifen.

Die nächsten Sekunden passierten unglaublich schnell.
Mit einer Wucht, von der Remus nie wusste, dass sie in ihm steckte, schubste Sirius ihn nach hinten.
Er stieß sich die Rippen an der Bettkannte und er spürte, wie einige der Narben neu aufrissen, aber Sirius' Worte taten mehr weh.
Es lag so eine Abscheu in seinem Blick, dass Remus übel wurde.

"Nur weil du auf Jungs stehst, heißt es nicht, dass jeder andere das auch tun muss, verstanden? Ich bin keine Schwuchtel wie du, Remus, kapiert? KAPIERT?"

Und bevor er überhaupt wusste, was passierte, stand Remus wieder auf den Beinen und drückte Sirius gegen die Wand.
Der Wolf tobte und wütete und Sirius machte ein Geräusch, dass fast nach einem Winseln klang.

"Merlin, Remus es tut mir leid! Es tut mir so leid, ich hatte einen schlechten Tag und ich wollte nicht-"

Die Wut ließ ein wenig nach und erst jetzt bemerkte Remus, dass er seine Fingernägel in Sirius' Schlüsselbein gebohrt hatte.
Dieser schien es nicht einmal zu bemerken, sondern gab nur einen weiteren, winselnden Laut von sich.

Remus riss sich los und entfernte sich einige Schritte von Sirius.
Er hatte seinen besten Freund angegriffen, er hatte völlig die Kontrolle verloren.
Zittern starrte er auf seine Hände und dann auf die roten Abdrücke an Sirius' Schulter.

"Remus, es tut mir so leid! Bitte, bitte verzeih mir!"

Sirius machte einen Versuch, die Hand nach ihm auszustrecken, doch Remus wich sofort zurück.

"Geh weg von mir! Ich bin ein Monster!"

"Remus, bitte!"

"GEH!"

Er hatte seinen Zauberstab gezückt und richtete ihn zitternd auf seinen besten Freund.

"Hau ab, Sirius. Ich werde dich nur verletzten."

"Du könntest mich nie verletzten, okay?"

"Incendio."

Der Zauber verfehlte Sirius nur knapp und hinterließ einen hässlichen Brandfleck auf dem Teppich.

"Geh!"

Erst jetzt bemerkte Remus, dass er weinte und hastig wischte er sich über die Augen.

"Sirius, ich flehe dich an, bitte hau endlich ab!"

Und das tat er.
Sobald die Tür geschlossen war, ließ Remus klappernd den Zauberstab fallen und brach auf dem Boden zusammen.

Hey Spargelchen!
Tut mir leid, dass ihr so lange auf das Kapitel warten musstet, aber ich habe im Moment einfach kaum Zeit. Ich hoffe, ihr könnt mir auch eine weitere, längere Pause zum nächsten Kapitel verzeihen.
-Lea

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