Korrekturlesen

„Gute Texte sind kein Zufall. Ähnlich wie Pralinen werden sie so lange verfeinert, bis aus ihnen erlesenes Wortkonfekt entsteht."

Die Korrektur ist einer der letzten Schritte zum fertigen Buch, den du auf keinen Fall unterschätzen solltest. Du musst auf die Jagd gehen und Grammatik-, Rechtschreib- und Zeichenfehlern den Kampf ansagen. Eine anspruchsvolle Aufgabe. Insbesondere, da es sich um deinen eigenen Text handelt.



Blindheit

Jeder Autor entwickelt eine gewisse Blindheit für die eigenen Fehler. Das ist ganz normal: Du hast bestimmt schon  jeden Satz so oft durchgelesen und kennst vermutlich jedes Kapitel auswendig. Das führt aber leider dazu, dass dein Gehirn dich austrickst: Buchstabendreher, Kommafehler, uneinheitliche Schreibweisen – darüber liest man einfach sehr schnell hinweg, ohne dass es dir auffällt.

Was dir entgeht, wird deinen Lesern jedoch auffallen. Rechtschreibfehler stören den Lesefluss und lassen den Text unprofessionell wirken. Grammatikfehler irritieren und reißen den Leser aus der Welt – im schlimmsten Fall wird er dein Buch entnervt aus der Hand legen.

Bei der Korrektur Ihres Textes sollten du also äußerste Sorgfalt walten lassen. Du musst dich von deinem Text distanzieren, ihn mit den Augen eines Lesers betrachten, für den er neu ist. Das ist gar nicht so einfach.


Konzentriere dich auf eine Sache

Beim Korrekturlesen solltest du dich pro Durchgang auf jeweils nur einen dieser Aspekte konzentrieren:

1..Rechtschreibung und Grammatik

2.Die Handlungskorrektur: Logikfehler ausmerzen, kürzen und/oder verlängern.

3.Stilkorrektur: An Formulierungen feilen

1.Rechtschreibung und Grammatik

Natürlich passieren Fehler. Selbst Verlagsbücher haben Rechtschreibfehler drin. Aber man sollte es doch möglichst auf ein Minimum begrenzen.

- Kommas setzt man nicht nach Bauchgefühl: Nur in wenigen Fällen ist die Entscheidung „Komma oder nicht?" optional. Meist gibt es Regeln, die festlegen, ob ein Komma gebraucht wird oder nicht. Diese solltest du dir aneignen, bevor sie mit dem Korrekturlesen beginnst. Duden hilft hier ebenfalls weiter.

- Schreibt man nach der neuen Rechtschreibung „Strasse" oder „Straße"?

Schreibt man „noch mal" zusammen oder getrennt?

Und was ist mit Wörtern, die aus dem Englischen übernommen werden?

Auch selbsternannte Rechtschreibprofis werden beim Korrekturlesen eines Buches immer wieder ins Grübeln kommen. Im Zweifelsfall solltest du immer einen Duden zur Hand nehmen und das Wort auf die richtige Schreibweise überprüfen. Das kann mühsam sein, aber es ist nötig, wenn du einen möglichst fehlerfreien Text haben willst.

- Bei der Korrektur wird nicht nur Grammatik- und Rechtschreibfehlern der Kampf angesagt. Schlagwort „Einheitlichkeit": Ein wichtiger Punkt hierbei sind Abkürzungen. Es ist störend, wenn du Maßangaben wie „Kilometer" manchmal ausschreiben, manchmal mit „km" abkürzen. Das Gleiche gilt für Phrasen wie „z.B." / „zum Beispiel", „unter anderem / u.a." etc.

- Es gibt auch einen anderen Bereich, bei denen du auf Einheitlichkeit achten solltest. Du solltest dir überlegen, wie mit Zahlen und Ziffern umgegangen wird. Die gängige Regel lautet: Zahlen von eins bis zwölf werden ausgeschrieben, danach stehen Ziffern.

Nutze Programme zur Überprüfung der Rechtschreibung

So simpel es klingen mag, wird es doch von vielen vergessen – die automatische Rechtschreib- und Grammatikprüfung. Sie hilft dir, die auffälligsten Fehler zu finden.

Einfach mal starten und durchgehen – aber auch bitte aufpassen! – denn nicht alles, was das Programm korrigieren will, ist so auch korrekt.

2.Die Handlungskorrektur: Logikfehler ausmerzen, kürzen und/oder verlängern

Früher war ich immer verunsichert, weil in sämtlichen Schreibratgebern stand, man solle beim Überarbeiten möglichst viel streichen. Ein Viertel des gesamten Textes solle man ins Nirwana schicken.

Aber warum wurden meine Texte immer länger, wenn ich sie überarbeitete?

Habe ich da irgendetwas falsch gemacht?

Nope. Wer in seiner Rohfassung zum Schwafeln tendiert, seitenlang Dinge beschreibt, die unnötig sind oder Kapitel verfasst, die keinerlei Relevanz besitzen, dann mag der Faktor Kürzen durchaus angebracht sein.

Wenn meine Wenigkeit hingegen anfangen würde, die eigene Rohfassung zu kürzen, bliebe kaum mehr übrig als eine Inhaltsbeschreibung. Das liegt wohl an meiner Art, wie ich die Rohfassung schreibe. Denn ich verzichte weitestgehend auf blumige Umschreibungen, setze meine Dialoge meistens wie in einem Drehbuch, verzichte hin und wieder auf Umgebungsbeschreibungen und vergesse zumeist den Geruchs-/Geschmacks- oder Tastsinn. Meine Rohfassung besteht also aus purer Handlung.

Was soll ich da also wegkürzen?

Vielleicht setzt der Beginn der Geschichte zu früh ein. Vielleicht wurden ein paar Dialoge zu langatmig. Trotzdem ist das, was ich wegkürze im Vergleich zu dem, was ich dazuschreibe deutlich weniger.

Also was passiert nun in der Handlungskorrektur?

Grob gesagt, ich überarbeite die Handlung.

Klingt logisch, oder?

Wenn ich in der Mitte des Schreibprozesses etwas Neues hinzugefügt habe, was nicht in der Planung vorgesehen war, dann muss ich das womöglich vorne anfügen. Wenn ich merke, dass hier und da ein paar Beschreibungen des Umfeldes, der Personen oder deren Gefühle fehlen, dann schreibe ich sie dort hinein.  Überall, wo ich denke: „Hier fehlt was", fülle ich die Lücken und halte am Ende die erste vertretbare Fassung meines Buches in Händen. Noch nicht perfekt, aber immerhin stimmt die Handlung. Diese Art der Korrektur läuft bei mir eher sprunghaft ab. Ich lese zwar den kompletten Text einmal durch, springe aber immer wieder an andere Stellen vor und zurück, um Logikprobleme zu entdecken, wühle in meinen Notizen und recherchiere noch Dinge nach, die ich während des Schreibens zunächst ignoriert hatte, um im Fluss zu bleiben.

Wichtig: Das ist meine Art mein Buch bezogen der Handlung zu korrigieren. DU kannst natürlich eine ganz andere Vorgehensweise haben.

Mögliche Punkte würde ich dir empfehlen, dir bei der Handlungskorrektur anzuschauen:

Gesamtbild

Wird anfangs ein Mysterium erwähnt, das bis zum Schluss immer noch nicht aufgeklärt wurde? Sind alle Fragen geklärt?

Gibt es eine Nebenhandlung, die nichts zum Verlauf der Geschichte beiträgt?

Verleihe diesen Elementen eine Relevanz oder streiche sie heraus.

Konsistenz

Sind alle Namen von Personen und Orten immer gleich geschrieben? Verhalten sich alle Personen immer entsprechend ihres Charakters oder fallen sie aus der Rolle?

Abprüfen der Richtigkeit von Informationen

Wenn du ein historisches Ereignis, einen realen Ort oder etwas anderes Überprüfbares erwähnst, sichere deine Aussagen immer ab.

3.Stilkorrektur: An Formulierungen feilen

Meistens erledige ich die Stilkorrektur zum Großteil schon während der Handlungskorrektur. Denn neue Sätze entstehen dort bereits im Feinschliff, werden mehrfach überdacht, und wenn mir grobe Stilblüten auffallen, korrigiere ich diese sofort, bevor ich sie nachher übersehe. Oder ich notiere mir diese für später. Doch die Stilkorrektur ist teilweise fast schon mathematischer Natur. Der Text wird abgeklappert auf Wortwiederholungen, Satzanfänge, überflüssige Adjektive, die man durch starke Verben ersetzen könnte, Passivkonstruktionen, schwache Verben und so weiter.


Sätze langsam und laut lesen

Je langsamer du die Sätze liest, umso eher fallen dir Fehler auf. Am besten ist es, den Text laut zu lesen. Auf der einen Seite wird Ihre Lesegeschwindigkeit reduziert. Auf der anderen Seite werden du so auf unstimmige Formulierungen, fehlende Worte und falsche Wortendungen aufmerksam.

Drucke den Text aus

Korrekturlesen am Monitor ist wesentlich anstrengender und fehleranfälliger als im ausgedruckten Manuskript. Der Ausdruck – vor allem wenn dieser in einer anderen Schriftart vorliegt – gibt dir eine neue Perspektive und macht dich aufmerksamer für Fehler.

Pausen

Kein Mensch kann sich ununterbrochen konzentrieren. Du solltest maximal 45 Minuten am Stück Korrektur lesen und dann 15 Minuten pausieren. So können sich deine Augen entspannen und dein Gehirn wird wieder aufnahmefähig.

Genügend Abstand

Du solltest deinen Text nicht sofort am Tag der Fertigstellung Korrektur lesen. Deine Gedanken brauchen mindestens einen Tag, um sich von Ihrem Werk zu lösen. Nach einer schreibfreien Zeit fallen dir Fehler eher auf, als wenn du dich sofort wieder an deinen Text setzt und ihn korrigierst.

Mehrmals Korrekturlesen

Beginne noch einmal von vorn. Einmal Korrekturlesen ist niemals genug!

Zweites Augenpaar

Du solltest dir in jedem Fall ein weiteres Augenpaar/Korrekturleser dazuholen, um die Zahl der übersehenen Fehler zu verringern. Lasse dein von einer anderen Person lesen, vielleicht einem Bekannten, einer guten Freundin, deiner Tante – wenn du ihnen die Korrektur zutraust. Eventuell kannst du dieser Person sagen, worauf sie bei der Korrektur besonders Wert legen soll.

Achtung: Wer behauptet, er könne Kommas nach Gefühl setzen und Grammatikregeln bloß weitestgehend beherrscht, ist vielleicht nicht so geeignet.

Einbauen von Verbesserungen

Manch ein Korrekturleser achtet mehr auf Rechtschreibung, ein anderer auf Logik und Anschlussfehler, wieder ein anderer achtet mehr auf Stil oder auf Spannung und Schwächen in der Handlung. Und alle haben sie unterschiedliche Geschmäcker. Welche Korrekturen man von seinem Korrekturleser schlussendlich einbaut, bleibt jedem selbst überlassen. Nicht jeder Korrekturvorschlag eures Testlesers ist sinnvoll oder passt zu eurem Stil. Hier heißt es also abwägen.

Aber wichtig: Bei Rechtschreibfehlern oder Flüchtigkeitsfehlern ist die Sache jedoch klar.

Fertiger Text

Du allein entscheidest, wenn du Korrektur abgeschlossen ist. Ich weiß selbst, wie schwer es ist, diesen spezifischen Moment zu finden, man entdeckt hinterher immer etwas, was man noch verbessern könnte. Der Mensch entwickelt sich weiter, er wir zum Beispiel besser im Schreiben oder hat mit der Zeit andere Präferenzen. Wenn du aber ein fertiges Buch haben willst, muss irgendwann der Korrektur einen Schluss setzen und sagen: ich habe mein bestes gegeben und bin stolz mit dem Ergebnis!


Ich muss zugeben, dass mir selbst der Punkt Rechtschreibung bei der Korrektur etwas schwerfällt. Gerade falsche oder nicht vorhandene Kommasetzung und Leichtsinnsfehler gehören zu meiner häufigsten Fehlerquelle, ich nenne so etwas mittlerweile auf humorvolle Weise ,,typischer Natalia-Fehler''. Ich denke, dass jeder Autor so seine Dinge hat, die ihm etwas schwer fallen und an denen er dringend arbeiten sollte. Ich versuche es zumindest, mich diesbezüglich zu verbessern. Gerade weil ich die ganze Korrektur bei meinen Büchern komplett selbst übernehme, ist das Ganze nicht so einfach. Deshalb bin ich umso froher, dass ich durch Buchclubs Feedback zu meinen Büchern bekomme und mir auch sehr lieb bei der Korrektur von Rechtschreibfehlern geholfen wird. Mir ist ebenso aufgefallen, dass ich am Punkt Konsistenz und Einheitlichkeit Verbesserungsbedarf habe. Dialoge schreibe ich zum Beispiel wirklich sehr gerne, was nicht immer gut ist. Diese werden dadurch nämlich etwas zu lang, was dann zur Folge hat, dass Orts und Gefühlsbeschreibungen bei mir etwas unter gehen. Früher hätte ich wahrscheinlich all diese Dinge als Schwachstellen an mir bezeichnet, doch heutzutage nicht mehr. Heutzutage nenne ich diese Dinge Herausforderungen, bei denen es sich für mich lohnt, dass ich sie angehe. Ich finde es gut, dass ich diese Sachen von mir selbst weiß, weil ich so meine nachfolgende Korrektur darauf aufbauen kann.

Liebe Grüße

Natalia

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