Dialoge

,,Die Verwirklichung des Menschen geschieht im Dialog: in der doppelten Fähigkeit, zu reden und zuzuhören, zu antworten, aber auch darin, sich vom Wort treffen zu lassen. Anders gesagt: Dialog, das meint die Bereitschaft zur Kooperation.''

Dialoge sind ideal, um eine Geschichte voranzutreiben, Spannung aufzubauen und um Lügen zu entlarven. Oder um deren böses Werk anrichten zu lassen. Die Gesprächspartner können auch um Verzeihung bitten, etwas gestehen, vielleicht sogar jemanden verraten. Oder einfach nur Informationen vermitteln, die der andere Gesprächspartner (und der Leser) bisher nicht kennen kann. Dialoge sind perfekt als Mittel der Figurenführung im Text – und deshalb entscheidend für die Dramaturgie. Auch bringen sie durchaus Dynamik und Abwechslung in den Text.


Dialoge in Büchern sind nicht zufällig 

Wir sprechen im Leben miteinander, ohne groß darüber nachzudenken. Ein Wort ergibt das andere – und wenn wir nicht wissen, worüber wir sprechen sollen, machen wir eben Small talk.

Darüber hinaus benutzen wir im Leben unglaublich viele Füllwörter: Äh, also, ja ... Solche Füllsel rutschen im normalen Gespräch – auch beim Telefonieren – einfach so aus unseren Mündern. Und gehen danach im Geräusch des Lebens einfach unter.

Aber in der Literatur ist das anders. Literarische Dialoge sind niemals zufällig. AutorInnen setzen sie zu bestimmten Zwecken ein: Sie charakterisieren damit die Sprecher, sie geben Informationen über Vergangenes oder sie machen Andeutungen, sie vermitteln Botschaften über Abwesende oder sie bestimmen das Verhältnis der Sprechenden zueinander. Dialoge in der Literatur sind in wichtigen Situationen und Szenen einer Geschichtesinnvoll.

Faktoren beim Dialog 

Um einen Dialog wirklichkeitsnah zu schreiben, solltest Du vorher überlegen, in welcher Situation sich die Gesprächspartner befinden. 

Sitzen sie entspannt auf dem Schulhof und unterhalten sich? 

Befinden sie sich in einer brenzligen Situation?

Die Situation, in der sich die Sprecher befinden, wirkt sich nämlich auch auf die Gefühle aus. Die Gefühle und Wahrnehmungen der Gesprächsteilnehmer*innen sollten in einem Dialog zur Situation passen und zum Ausdruck kommen. Welche Faktoren sich auf das Gespräch auswirken können, siehst Du hier:

Situation: brenzlig, entspannt, alltäglich

Thema des Gespräches: Sommerferien, Klassenarbeiten, Hobbys etc.

Gefühle oder Stimmung der Teilnehmenden: fröhlich, unglücklich, gestresst, euphorisch, ängstlich etc.

Dialoge ist Alltagssprache und doch keine Alltagssprache 

Dialoge sollen Alltagssprache wiedergeben und sind doch Kunstsprache. 

Was heißt das konkret? 

Der Leser soll das Gefühl haben, dass sich die Figuren wie im Alltag miteinander unterhalten und authentisch sprechen. 

Aber: In deinem Buch sollst du nicht echte Alltagsgespräche wiedergeben, dies würde deine Leser irritieren und die Dialoge unlesbar machen. In täglichen Gesprächen werden Sätze häufig unterbrochen, sind voller Füllwörter, Wiederholung und Pausenlauten wie ähm oder äh. Romandialoge imitieren die Alltagssprache, sind viel straffer als ob ein Lektor die alltäglichen Gespräche bearbeitet hätte. Die Figuren kommen ohne Umschweife schneller zum Punkt und verlieren keine Zeit.

Konflikt

Dialoge brauchen wie dein ganzes Buch einen Konflikt. Gerade Gespräche zwischen Figuren sind ideal, um den Lesern unterschiedliche Interessen, Zielsetzungen oder Wertevorstellungen vor Augen zu führen. Nicht in jedem Dialog in deinem Buch muss es krachen. Dialoge in Büchern sollten immer die Handlung vorantreiben. 

Charakterisieren deiner Figuren durch Dialog 

Dialoge bieten vielfältige Möglichkeiten, um deine Figuren zu charakterisieren. So kannst du einen Charakter durch einen bestimmten Ausdruck einzigartig machen Die Möglichkeiten zur Charakterisierung von Figuren durch einen Dialog sind ohne Zweifel vielfältig. Übertreibe es nicht, sonst werden deine Charaktere zu Stereotypen oder Parodien. 

Figuren sollten unverwechselbar sein. Das gilt für ihre Charaktereigenschaften, für ihr Äußeres, für ihre Rolle in der Geschichte und ihre Entwicklung. Ihre kleinen Macken machen sie liebenswert – sowohl die strahlende Heldin, die dadurch ein bisschen realistischer wirkt, als auch den durchtriebenen Schurken, bei dem es so auch ein wenig menschelt.

Zur Individualität tragen auch charakteristische Sprachmerkmale bei. Das können typische Ausdrücke oder sprachliche Marotten sein. 

Wichtig: nicht übertreiben! Ganze Szenen im Dialekt oder mit falscher Grammatik ermüden beim Lesen. Individualität wirklich nur als Marker nutzen.

Passende Sprechermerkmale finden sich durch Alter, Bildung, regionale und soziale Herkunft, Berufswahl usw. Viele Menschen benutzen bestimmte Sätze immer wieder – solche prägnanten Wiederholungen lassen sich gut im Alltag ablauschen. Manche verdrehen zum Beispiel immer Sprichwörter, der Typ in der Midlife-Crisis biedert sich vielleicht durch Jugendsprache an, wer viel liest, hat vermutlich einen großen Wortschatz, eine Handwerkerin nutzt andere Begriffe als eine Tierärztin, mit welchen Fernsehserien man aufgewachsen ist, bestimmt, welche Sprüche man zitiert, ...

Schöner Nebeneffekt: Wenn Figuren individuell sprechen, braucht es keine ausufernden Redeeinleitungen, um klarzustellen, wer gerade spricht.

Der Subtext

Ein Mittel um spannende Dialoge zu schreiben, können Subtexte sein. Eine Figur spricht etwas aus, meint aber etwas anders oder deutet etwas an. Es geht um ein Schreiben zwischen den Zeilen, was eine Kunst für sich ist. In Subtexten steht alles, was Figuren nicht sagen und sich der Leser selbst erschließen muss.

Keine ''talking heads''

Talking heads – so nannte Hitchcock einen reinen Schlagabtausch zwischen Figuren, denen man bei der Unterhaltung ähnlich wie einem Tennisspiel folgen muss. Stattdessen sollten die Figuren wie im realen Leben beim Reden auch etwas tun: ihre Mimik und Körpersprache spielen lassen, sich (im Raum) bewegen, Dinge erledigen usw. Das gilt insbesondere, wenn eine Figur einen höheren Redeanteil hat als die andere(n) beteiligte(n). Denn Monologe sind nicht nur im wahren Leben schwer auszuhalten ...

Wie bei allem gilt es auch hier, ein sinnvolles Maß zu finden. Figuren, die nach jedem Satz etwas trinken, das Fenster öffnen und schließen, die Kerze auf dem Tisch verrücken und die Augenbrauen oder die Schultern hochziehen, gehen einem ebenso auf die Nerven wie seitenlange Monologe oder Ping-pong-Dialoge.

Eindeutige Markierung des Sprecherwechsels

Dialoganzeiger können in vielen Fällen auch komplett weglassen werden: „Wir müssen reden, Schatz."

Das genügt völlig, setzt jedoch voraus, dass aus der Situation eindeutig hervorgeht, wer etwas sagt. Das funktioniert, wenn du bei jedem Sprecherwechsel einen Zeilenumbruch machst. So entsteht mehr weißer Raum auf der Seite, und das erleichtert die Orientierung, sodass man Redeverben und lange Erklärungen oft weglassen kann. 

Dialoge sind zielführend

Nehmt euch ein Buch und betrachtet die Dialoge genau. 

Unsinnige Gespräche? 

Fehlanzeige. Alles, was die Charaktere miteinander besprechen, hat Sinn. Lasst euch nicht täuschen. Wenn zu Beginn einer Geschichte der Mann mit seinem Kind auf einer Wiese spielt und das Kind von seiner Schulzeit berichtet, dann erfüllt auch das einen Zweck (der Beginn einer Geschichte: Der Held in seiner alten Welt).

Wenn die Banditen zusammen in einem Keller sind und sich über ihren neuen Raubzug unterhalten, werden sie nicht abschweifen. Im realen Leben kann das passieren. Im realen Leben geht mal jemand auf Toilette und der Rest redet kurze Zeit über etwas anderes. 

Aber in einem Buch? 

Wenn dort jemand auf Toilette muss, dann nur, weil er später dort eine Bombe finden wird. Wenn nicht, kann der Besuch des stillen Örtchens auch weggelassen und das Gespräch schnell und zügig geschrieben werden. Innerhalb dieses Gesprächs macht die Bande Banditen nichts anderes, als ihren Raubzug zu planen. 

Oder würdet ihr zu viele abschweifende Dialogparts lesen wollen, wenn sie nicht relevant für die Geschichte wären?

Das soll nicht heißen, dass man sofort und immer direkt auf den Punkt kommen soll. Wenn Charakter A sehr unsicher ist, dann redet er viel schwachsinniges Zeug anstelle von dem, was er eigentlich sagen sollte.

Sich kurz fassen

Einen guten Dialog schreiben heißt auch, sich kurz zu fassen und auf das zu konzentrieren, was die Geschichte weiterbringt oder die Beziehung der sprechenden Personen zueinander darstellt. Füllwörter, langwierige Ausführungen und Wiederholungen sind genauso zu vermeiden wie irrelevantes Geplauder und ein trockenes Aufzählen von Fakten.


Gib es zu: Wenn du wie ich ein Gilmore Girls-Fan bist, dann hauptsächlich wegen der Dialoge, oder? 

Klar, die Geschichten sind auch spannend, aber es ist nichts, was man nicht in anderen Serien auch sehen würde – die Dialoge aber unterscheiden Gilmore Girls von anderen Sendungen, zusammen mit den schrulligen und sehr liebevoll gestalteten Figuren. Gute Dialoge können deinem Buch also den nötigen Pfiff verleihen. Sie erhöhen das Lesetempo und machen den Text fließender. Außerdem lassen sich die Persönlichkeiten deiner Figuren sehr gut mittels Ausdrucksweise und Wortwahl wiedergeben.

Liebe Grüße

Natalia

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