Autor sein - Eine Sache des Talents?
Ich habe mich oft schon gefragt, ob ein guter Autor zu sein vom Talent abhängt. Es kann jedenfalls nicht schaden, denke ich dann immer. Wenn mir aber jemand tatsächlich diese Frage stellt, dann sage ich ganz laut: „Nö, eigentlich nicht." Und das meine ich dann auch so.
Natürlich ist es von Vorteil, wenn man ein (angeborenes?) Gefühl für Sprache besitzt. Wenn man intuitiv die richtigen Wörter findet, den Wechsel von kurzen und langen Sätzen beherrscht, die Melodie eines Satzes erkennt.
Aber wurde einem dieses Talent wirklich in die Wiege gelegt?
Oder hat man vielleicht schon als kleines Kind an den Lippen der Großeltern gehangen, die aus dem Märchenbuch vorgelesen haben?
Und hat man, sobald man selbst lesen konnte, ein Kinderbuch nach dem anderen verschlungen und so schon früh gelernt, wie gute Sätze klingen?
Ich persönlich denke, dass es eher die zweite Version ist, die einen Menschen dazu bringt, besser zu schreiben als andere. Die Übung macht's.
Das Geheimnis des Genies
Viele Menschen sind heute davon überzeugt, dass so genannte Genies wie Einstein, Picasso, Mozart, Michelangelo nicht deshalb so brillant waren, weil sie ein angeborenes Talent besaßen, sondern weil sie so von „ihrer" Sache überzeugt waren, dass sie an nichts anderes mehr dachten.
Sie hatten ihre Leidenschaft gefunden und verbrachten täglich viele Stunden, schließlich Wochen, Monate und Jahre damit, ihre Kunst immer mehr zu verfeinern. Für sie gab es nichts Wichtigeres auf der Welt, als ihre Musik, ihre Formeln, ihre Malerei. Wer sich so auf eine Sache konzentriert und absolut fokussiert daran arbeitet, in seinem Metier immer besser und besser zu werden, kann gar nicht scheitern. Sicher wird es hin und wieder Rückschläge geben. Aber letztendlich hast du es selbst in der Hand, ob du zum Meister wirst.
Gute Bücher analysieren
Welches ist dein Lieblingsbuch?
Welcher Autor hat es geschafft, dich so zu fesseln, dass du alles um dich herum vergessen hast und nicht aufhören konntest zu lesen, bis du die letzte Seite geschafft hattest?
Geh ans Regal, hole genau dieses Buch heraus und lies es nochmal. Lies es diesmal langsam. Denke darüber nach, wie der Autor es geschafft hat, eine solche Spannung zu erzeugen. Mach dir Notizen zu seinen Techniken. Und dann versuche, diese Techniken in deinen eigenen Texten anzuwenden.
Talent - angeboren?
Wer das kreative Schreiben zu einem Bestandteil seines Lebens machen möchte, stellt sich eine Frage beinahe zwangsläufig: Kann ich schreiben?
Habe ich Talent?
In Deutschland, im sogenannten Land der Dichter und Denker, gibt es eine lange Tradition des Geniekults. Dessen Anhänger sind der Ansicht, zum Schreiben gehöre Talent – und das habe man oder nicht. Ein Schriftsteller werde als solcher bereits geboren.
Ich bin der Meinung, dass sich wesentliche Elemente des kreativen Schreibens erlernen lassen. Charakterisierung, Struktur, Spannungsaufbau: Es gibt einige Techniken und Regeln, deren Beherrschung zumindest zu veröffentlichungsreifen Texten führt.
Warum sollte es mit dem Schreiben auch anders sein als mit der Musik oder mit der bildenden Kunst?
Sicherlich gibt es einen Konsens darüber, dass jeder, der ein Instrument meisterhaft beherrschen möchte oder der kunstvolle Gemälde erschaffen will, Übung braucht. Komponisten müssen Taktgefühl entwickeln, sie setzen sich mit Harmonielehre auseinander, sie lernen, Dissonanzen zu vermeiden – oder sie gewollt einzusetzen, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen.
Maler wiederum befassen sich mit der Farbenlehre, sie in üben in zahllosen Skizzen den richtigen Umgang mit der Perspektive und testen unentwegt verschiedene Materialien und Maltechniken.
Und all das gilt auch für das Schreiben: Wahre Meisterschaft erlangt man nur durch Übung.
Völlig normal
Es ist völlig okay, wenn die ersten Texte nicht gut sind. Es ist sogar völlig okay, wenn sie richtig schlecht sind. Das ist normal.
Die gute Nachricht: Die Qualität wird besser. Es kursieren Angaben, dass ein Autor alle hunderttausend geschriebenen Wörter einen Qualitätssprung nach oben macht. Nach einer Million Wörter beherrsche man dann sein Handwerk, so die Anhänger der Theorie. Eine andere Auffassung besagt, dass es zehntausend Stunden koste, um wahre Meisterschaft zu erlangen – seien es Trainingsstunden in einer Sportart, seien es Übungsstunden am Instrument oder eben beim Schreiben.
Das klingt nach viel?
Nun, niemand hat gesagt, dass es leicht sein wird ...
Schreiben - Eine Sache der des Leidenschaft
Talent kann sicher eine Abkürzung bedeuten, indem man vieles intuitiv richtig macht, was andere erst durch viel Übung herausfinden müssen. Und es kann den Unterschied zwischen einem guten Text und einem herausragenden Text bedeuten. Aber ich bin überzeugt davon, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Talent und dem, was man gern tut.
Die Frage ist ein bisschen wie die nach der Henne und dem Ei: Tut man etwas gern, weil man gut darin ist? Oder wird man richtig gut in einer Tätigkeit, weil man sie gern macht und viel Zeit dafür aufwendet?
Beides bedingt sich meiner Auffassung nach gegenseitig. Wer etwas hasst, sollte seine Zeit nicht damit vergeuden. Wer etwas gern tut, wirklich gern tut, wer sich reinhängt und sich ein Leben ohne diese Tätigkeit nicht vorstellen kann, der wird auch gut darin werden, weil er sich permanent damit beschäftigt. Dabei lernt er zumindest die Grundlagen. Und wer über Jahre am Ball bleibt, wird gut werden.
Kreativität
Selbstverständlich müssen Autoren Fantasie haben, sie müssen Ideen entwickeln können (und sie als solche erkennen), und sie müssen ein gewisses Maß an Kreativität mitbringen. Das alles ist schwierig bis unmöglich zu lernen. Aber für einen fantasievollen Menschen ist es möglich, die Kreativität anzuregen und Ideen auf die Sprünge zu helfen. Ideen sind Herdentiere. Wo eine auftaucht, folgen schnell weitere nach.
Kein kreativer Mensch braucht Angst vor einer Ideenleere zu haben. Wer eine Idee verbraucht, weil er sie umsetzt, wird schon fast zwangsläufig weitere Ideen entwickeln.
Schweiß, Blut und Tränen
Manche unserer Geschichten bringen uns zum Schwitzen. Hin und wieder schneidet man sich den Finger am Papier und Tränen vergießen wir Autoren ohnehin literweise. Versteh mich nicht falsch. Schreiben macht Spaß, aber manchmal fühlt es sich an, als würde man über glühende Kohlen laufen. Und doch geben wir niemals auf und machen weiter, weil wir wissen, dass es sich lohnen wird, weiterzumachen. Wir geben nicht so schnell auf, weil wir besser werden wollen und sehen möchten, wohin uns die Reise führen wird.
Talent allein schreibt kein Buch.
Das Schreiben ist ein Handwerk, an dem stetig gefeilt werden muss. Besonders die ersten Schreibversuche sind nicht perfekt, egal wie talentiert du bist. Du wirst dennoch mehrmals dein Buch überarbeiten müssen, denn: „Die erste Fassung ist immer scheiße." Das sagte der gute Hemingway.
Und er hat Recht. Es reicht nicht, die Rohfassung aufzuschreiben. Danach fängt die Arbeit erst richtig an: Die Geschichte muss geschliffen werden wie ein Rohdiamant.
Aber mit jedem Text, mit jedem Buch, lernst du dazu und entwickelst deine Fertigkeiten weiter.
In diesem Sinne: Jede von uns kann ein großartiger Autor werden <3
Liebe Grüße
Natalia
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