Kapitel 57
Meggie saß Violante in ihrer Bibliothek gegenüber. Sie hatte um ein Gespräch bei ihr gebeten, auch wenn sie es inoffiziell hätte machen können. Besorgt sah die Gütige Meggie an: ,,Wie geht es dir und ich möchte die Wahrheit!" Meggie sah an Violante vorbei zu den Büchern: ,,Du weißt wie grausam deine Familie ist, ich denke du kannst dir diese Frage selbst beantworten." Aus dem Augenwinkel konnte sie sehen, das Violante sie beobachtete. Nach einem kurzen Moment des Schweigens richtete Meggie sich wieder Violante zu: ,,Ich habe ein wichtiges Anliegen, weshalb das Treffen auch offiziell sein sollte." Violante stand auf und sah aus dem kleinen Fenster: ,,Ich vermute ich kenne den Grund." Meggie beobachtete Violante ganz genau, während sie ihre nächsten Worte sprach: ,,Du weißt das ich nie Königin werden wollte. Ich bin dafür nicht gemacht, du aber schon. Du bist damit aufgewachsen und kennst dich mit allem aus. Ich möchte das du meinen Platz einnimmst." Violante drehte sich wieder zu Meggie um und sah ihr direkt in die Augen: ,,Ich verstehe dich, aber überlege es dir gut. Du bist entschlossen und überzeugend, jemand wie du könnte in so einer Position viel erreichen. Zudem kann ich nicht auf beiden Seiten gleichzeitig sein." Meggie stand auf und trat zu Violante an das kleine Fenster: ,,Daran habe ich bereits gedacht, wir vereinen beide Seiten, es wird nur noch ein Reich geben. Die Hauptstadt wird Ombra sein und die Nachtburg werden wir niederreißen." Die Gütige entfernte sich von Meggie, gedankenverloren strich Violante über die Buchrücken vor ihr: ,,Keiner wird uns freiwillig folgen, wir müssen mit Wiederstand rechnen!" Meggie sah sich die weit entfernten Grenzen des Waldes an: ,,Das weiß ich, aber ihr habt eure Soldaten und ich die Räuber und Spielleute. Fast alle Menschen auf der anderen Seite haben unter der Herrschaft der Nachtburg gelitten, sie werden uns unterstützen, da bin ich mir sicher." Angespannt nahm Violante eines der Bücher aus einem Regal: ,,Du denkst also das die Gepanzerten keine andere Wahl haben?" Meggie drehte sich um: ,,Davon bin ich überzeugt, uns beiden gehört dieser Thron rechtmäßig. Wenn ich dich in einer offiziellen Zeremonie kröne, haben sie keine anderen Optionen!" Ihre Gesprächspartnerin stellte das Buch zurück an seinen Platz: ,,Und ich kann dich wirklich nicht überzeugen diesen Titel zu behalten?" Meggie schüttelte den Kopf, was sie schmerzhaft an die letzte Zeit erinnerte: ,,Nein, mein Entschluss steht fest."
Nach ihrem Gespräch mit Violante war Meggie wieder bei ihnen. Erschöpft saß sie neben Resa auf der Bank und beobachtete wie Lazaro mit Eugenio spielte. Vorsichtig schielte Resa immer wieder zu ihrer Tochter und versuchte ihr ausdrucksloses Gesicht zu lesen. ,,Woran denkst du Resa?" Meggie drehte sich leicht zu ihr um, aber so das sie den Hals nicht drehen musste. Resa seufzte und unterdrückte den drang Meggie durchs Haar zu streichen: ,,Ich habe mich gefragt was du mit Violante besprechen musstest, das es ein offizielles aber geheimes treffen war." Ihre Tochter drehte sich wieder um und sah zu den beiden Jungs: ,,Wir haben über unsere Zukunft gesprochen, darüber was mit den beiden Seiten geschehen soll. Das erkläre ich aber ein andres Mal, nicht hier und nicht vor den Kindern." Lazaro kam zu ihnen gerannt: ,,Meggie, du bist ja jetzt wieder da, wohnst du dann mit Eugenio wieder bei uns?" Auf dem Gesicht ihrer Tochter erschien ein Lächeln: ,,Natürlich, solange bis es mir wieder gut geht." Lazaro lächelte traurig: ,,Sie haben dir sehr weh getan oder?" Meggie strich vorsichtig durch Lazaros Haare, Resa bemerkte dabei das Meggies Hand zitterte: ,,Ja, aber irgendwann werde ich damit leben können. Mach dir keine Sorgen, ich bin wieder Zuhause und in deiner Nähe kann mir sowieso nichts passieren." Mit einem Blick zu Resa nahm Lazaro vorsichtig Meggies Hand in seine: ,,Keine Angst, Mo und ich werden dich beschützen. Niemand wird dir je wieder weh tun!" ,,Da stimme ich dir zu." Mo tauchte hinter ihnen auf und kniete sich vor seine Tochter: ,,Mir ist egal wer es ist, aber niemand wird dich je wieder verletzten!" Meggie versuchte ein Lächeln und stand dann auf: ,,Ich weiß, danke. Eugenio hat Hunger, ich werde ihn füttern und zum Mittagsschlaf hinlegen, bis später." Meggie nahm ihren Sohn und verschwand wieder in der Burg. Lazaro setzte sich auf Resas Schoß und lehnte seinen Kopf gegen ihre Schulter: ,,Mo, Resa? Warum tut es Meggie immer so weh, wenn ich sie anfasse?" Resa seufzte und strich ihrem Sohn über die Haare: ,,Es liegt nicht an dir, auch bei uns schmerzt es Meggie. Ihr tut es nicht am Körper weh, sondern in ihrer Seele. Diese Menschen haben Meggie kaputt gemacht, aber wenn wir ihr zeigen das wir sie lieben und ihr helfen können, dann kann sie vielleicht wieder unsere Meggie sein." Lazaro drehte sich auf ihrem Schoß und sah ihr in die Augen: ,,Das hoffe ich, ich vermisse es, wie sie beim Singen lächelt"
Einige Tage später fand die offizielle Vereinigung der beiden Seiten statt. Violante und Meggie waren in wunderschöne ausladende Gewänder gekleidet. Violantes Kleid schmiegte sich eng an ihren Körper an, strahlte dennoch Erhabenheit und Autorität aus. Meggies Kleid hingehen ließ ihr viel Platz zum atmen und laufen, versteckte jedoch durch seinen Schnitt ihren Verband am Hals. Sie trug zudem noch Handschuhe, die ihr bis zu den Ellenbogen reichten und so auch ihre Verbände an ihren Handgelenken verdeckten. Meggie war immer noch oft kraftlos und schlief kaum. Was nicht nur an den Alpträumen lag, die sie plagten, sondern auch an Eugenio, der sie zuverlässig nach nur wenigen Stunden weckte. Viele ihrer Freunde und Familie hatten ihr bereits angeboten Eugen für einige Stunden zu übernehmen, damit sie ruhen konnte. Sie hatte jedoch das Gefühl alles alleine machen zu müssen und lehnte alle Angebote vehement ab. Lazaro spielte jedoch so oft er konnte ohne zu fragen mit Eugenio und verschaffte seiner Schwester somit ungewollte Ruhe. Die selbe Strategie hatten auch ihre Eltern, Farid und Doria schon probiert, waren jedoch gescheitert. Meggie bemühte sich nach Kräften ausgeruht und gesund zu wirken, was sich jedoch als gar nicht so einfach erwies. Angespannt trat sie zu Violante die bereits auf sie wartete, ihre Mutter hatte sich bereit erklärt, sich für die Dauer der Zeremonie um Eugenio zu kümmern. ,,Du siehst bezaubernd aus Meggie." Diese lächelte ihre Freundin an: ,,Danke, das Kompliment kann ich nur zurück geben." Violante sah sie besorgt an: ,,Wie geht es dir?" Meggie strich ihr Kleid glatt: ,,Besser, etwas besser zumindest. Wollen wir anfangen?" Ohne eine Antwort abzuwarten trat Meggie aus der Tür, Violante blieb nichts anderes übrig als ihr schnell zu folgen. Die beiden bahnten sich einen Weg über den bereits gefüllten Burghof und stiegen in die für sie bereitstehende Kutsche. Diese brachte die beiden Frauen vor die Grenzen Ombras. In der Nähe der Mauern war ein Podest aufgebaut wurden, das Violante und Meggie nun würdevoll betraten. Vor der Bühne hatten sich hunderte von Menschen versammelt, unter ihnen konnte Meggie auch Bedienstete der Nachtburg finden. Violante hatte dafür gesorgt das die Information bezüglich dieser Zeremonie auch auf der anderen Seite des Waldes verbreitet wurde. Sobald die beiden Frauen ihre Position eingenommen hatten und wartend in die Menge sahen, verstummten nach und nach die Gespräche. Erst als es ganz still war, hallte Violantes Stimme über die weite Fläche: ,,Wir freuen uns, das so viele von euch hören wollen wie es in Zukunft mit unseren Ländern weiter gehen wird." Violante schwieg, was Meggie dazu veranlasste das Wort zu ergreifen. Sie atmete tief durch und sprach so laut es ihr Hals erlaubte: ,,Wie ihr alle wisst bin ich seit den jüngsten Entwicklungen die Herrscherin der Nachtburg. Violante und ich haben lange darüber nachgedacht wie wir unseren Ländern die best mögliche Zukunft sichern." Meggie ließ eine Pause entstehen, die Violante schnell wieder stoppte: ,,Wir haben uns gemeinsam dazu entschlossen, das es das beste für alle ist, wenn wir beide Seiten zu einer vereinen. Die Nachtburg, wird als Symbol für die Verdorbenheit und Gier meines Vaters und seiner letzten Frau, niedergerissen. Jeder der dort gearbeitet hat wird von mir Hilfe bekommen um eine neue Arbeitsstelle zu finden." Die Gütige sah zu Meggie, welche wieder das Wort ergriff: ,,Es gibt jedoch einen noch wichtigeren Grund, weswegen ihr hier seid. Ich habe diese Bürde und diese Verantwortung nicht freiwillig gewählt. Außerdem denke ich, das es Menschen gibt, die diese Entscheidungen besser treffen können als ich. Desshalb habe ich mich dazu entschlossen, meinen Titel an Violante weiter zu geben. In Zukunft wird es demnach nur noch ein Reich und eine Königin geben." Getuschel wurde unter den Zuschauern laut, doch Violante brachte alle schnell zum schweigen. Ihre Stimme hallte erneut, wie ein Donner, über den Hügel: ,,Wer bedenken hat, soll vor treten. " Die Menge schien zu Rätseln, aber schließlich traute sich ein Mann mittleren Alters seine Stimme zu erheben: ,,Was ist mit jenen die euch nicht folgen und uns Ausrauben?" Meggie sah den Mann in die Augen: ,,Daran haben wir bereits gedacht, im ganzen Land werden Quartiere für Violantes Soldaten aufgebaut. Auch ich und die Räuber werden ein Auge darauf haben, euch wird es nicht schlecht gehen." Das schien den meisten zu reichen, deshalb nahm Meggie die Krone die bereits in ihrer Nähe stand und hob sie in die Luft. So bekam sie von jeden ihre Aufmerksamkeit, anschließend trat sie sicher auf Violante zu und setzte ihr die Krone auf: ,,Ab heute hast du die Gewalt über die Nachtburg und die Bewohner jenes Reiches. Nutzte sie weise und zum Wohle der Bewohner." Als die Krone Violantes Kopf berührte brachen die Menschen in Jubel aus und ließen die Gütige, aber auch die Nachtigall hoch leben.
Das ist Violantes Kleid.
Und dieses ist von Meggie.
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