Kapitel 15


Sean

Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht was mich dazu bewogen hat, Alexis diese Nachricht unter den Scheibenwischer zu klemmen. Verdammt, selbst als sie vor meiner Haustür stand, war ich mir nicht sicher, ob ich sie mit nach oben nehmen sollte. Naja gut, mein Schwanz war sich ziemlich sicher gewesen. Und mein Stolz hat nach ihrer Aktion im Irish Pub auch nichts anderes mehr zugelassen. Trotzdem war es wohl ziemlicher Irrsinn, denn wenn ich mir bei einem sicher bin, dann dass ich keine Zeit oder Lust auf Drama habe.

Ich will mich auf meine Genesung und das Eis Hockey konzentrieren. Das letzte was zu diesem Vorsatz passt, ist sich in das Leben einer Person wie Alexis ziehen zu lassen. Sie ist kompliziert. Launisch. Wirkt in einem Moment völlig am Boden zerstört, nur um im nächsten Moment mit einem Selbstbewusstsein einen Abgang zu machen, der im Gedächtnis bleibt. Sie ist das Drama in Person. Und ich werde absolut nicht schlau aus ihr oder der Anziehung, die sie auf mich ausübt. Aber irgendwann im Irish Pub hat mein Gehirn wohl einen Kurzschluss erlitten. Statt der angebrachten Verbindung zwischen „Alexis" und „Finger weg" ist wohl eine Synapse durchgebrannt, sodass ich jetzt an nichts anderes denken kann, als dass ich sie will. Natürlich nur rein körperlich.

Und ich habe verdammtes Glück, dass mich dieser Wunsch nicht direkt in die Hölle gebracht hat. Denn Alexis nimmt es wirklich lässig auf. Gestern ist sie ohne große Worte aus meinem Apartment verschwunden, nachdem wir einige Zeit eng aneinander gekuschelt dagelegen haben. Sie war einfach aufgestanden, auf Toilette gegangen und anstatt wie die meisten anderen Mädchen danach wieder Nähe zu suchen, hatte sie ihre Kleider gepackt und mich mit einem ironischen Lächeln angeschaut. „Man sieht sich, Eisratte."

Und dann war sie einfach gegangen. Ohne Aufsehen, ohne eine Anspielung oder auch nur ihre Nummer dazulassen. Und auch wenn es mich zum größten Arschloch macht, ich war noch nie so erleichtert. Mir war es wichtig von Anfang an klarzustellen, was das zwischen uns ist. Und noch wichtiger: was es nicht ist. Denn egal wie groß auch die körperliche Anziehung zwischen uns sein mag, ich werde nie der Typ sein, den Alexis braucht. Der Ritter auf dem weißen Ross, der sie vor all ihren Problemen rettet. Das kann ich nicht bieten und will es auch nicht. Aber wenn man eins als Kerl lernt, dann dass die meisten Mädchen versuchen lässiger zu erscheinen als sie sind. Alexis Worte, dass das alles nur Spaß ist, haben mich daher nicht so ganz überzeugt. Aber jetzt merke ich, wie mir ein großer Stein vom Herzen gefallen ist. Die Fronten sind geklärt und sie scheint das Ganze für das gleiche zu nehmen wie ich. Verdammt guten Sex. Also können wir beide es auch einfach genießen, ohne schlechtes Gewissen oder komplizierte Hintergedanken. Ich weiß zwar gar nicht, ob es dazu nochmal kommen wird, aber ich freue mich schon fast darauf sie wiederzusehen. Da ist diese Spannung zwischen uns, die mich um ehrlich zu sein schon beim Gedanken daran wieder scharf macht.

Das hatte ich schon lange nicht mehr und das Wissen darum, dass es trotzdem völlig entspannt zwischen Alexis und mir ist, macht das Ganze noch besser. Allerdings habe ich nicht ihre Nummer und auch im Fitnessstudio sehe ich sie am Donnerstag nicht, was wahrscheinlich gut so ist. Also streiche ich diese hübsche kleine Blondine aus meinem Kopf und nutze die Zeit am Abend, um mich bei der Frau zu melden, die immer ein Platz in meinem Herzen haben wird: meine Mom.

Es klingelt keine zwei Mal, als ich ihre Telefonnummer gewählt habe, und schon zwitschert ihre Stimme los.

„Sean! Als könntest du Gedanken lesen, ich wollte mich auch gerade bei dir melden! Wie geht es dir? Verheilt das Knie gut? Und darfst du bald wieder aufs Eis?"

Ich unterdrücke ein Lachen, kann bei der für meine Mom so typischen stürmischen Art jedoch nicht anders als zu grinsen. Meine Mom ist ein kleiner Wirbelsturm und wenn man nicht aufpasst, redet sie einem die Haare vom Kopf. Früher als Kind habe ich immer zu hören bekommen, wie ich denn so ruhig sein könne. Aber ich glaube ich habe es mir einfach schnell zur Eigenschaft gemacht, der Gegenpol zu ihr zu sein. Die Ruhe im Sturm. Und um ehrlich zu sein ist stumm bleiben das Einzige, was meine Mom manchmal zum Innehalten bringt.

„Hi Mom, ist auch schön von dir zu hören."

„Ach Liebling, jetzt spann mich doch nicht auf die Folter!"

Dieses Mal doch leise lachend lasse ich mich auf die Couch fallen und lege mein verletztes Bein hoch.

„Mir geht es gut und meinem Knie auch jeden Tag besser."

Mehr sage ich nicht und das entlockt meiner Mom einen Seufzer, der irgendwann in unseren Gesprächen immer seinen Einsatz hat. „Sean, jetzt bekomm endlich Mal den Mund auf und erzähl ein bisschen! Eva muss man doch auch nicht alles so aus den Ohren ziehen."

Bei der Erwähnung meiner Schwester gluckse ich wieder leise, denn auch der Vergleich kommt normalerweise mindestens einmal auf und vielleicht habe ich sogar mit Absicht so knapp geantwortet, um meine Mom etwas zu ärgern. „Ich sag's ja immer wieder. Das ist das Wasser auf dem Hof. Da ist irgendwas drin, das euch Frauen so geschwätzig werden lässt..."

„Sean!"

Den Spruch habe ich als Kind immer gebracht, meistens um Eva zu ärgern, und Mom hat mich dann immer genau in demselben Tonfall wie gerade eben zurechtgewiesen. Meistens habe ich dann trotzig erwidert, dass die Zeit viel effizienter genutzt wäre, wenn die beiden sich mal auf das wichtigste beschränken würden. Und das ein oder andere Mal hat mich meine Schwester daraufhin mit einem Eimer des besagtem Wassers überschüttet und eine Verfolgungsjagd über den ganzen Hof ist ausgebrochen. Mit einem stillen Lächeln denke ich an die Zeit zurück, quäle dann meine Mom aber nicht länger.

„Das Knie verheilt gut. Die Reha ist anstrengend und ich denke es wird noch etwas dauern, bis ich die Kraft vollständig zurückhabe, aber vielleicht darf ich bald meine ersten Übungen auf dem Eis machen. Der Coach lässt mich so lange bisschen Assistenztrainer spielen, also nehme ich zumindest etwas aus der Zeit mit."

Auch wenn es mehr als nur frustrierend ist neben dem Eis zu stehen, anstatt mit darauf herumzuflitzen. Ich vermisse die Bewegung. Das Adrenalin. Das Team. Alles daran. Eishockey ist mein Leben und ich bete, dass ich es bald wieder zurückhabe.

„Mhm."

Meine Mom gibt ein nachdenkliches Grummeln von sich und ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie sie ihre Stirn runzelt und eine Haarsträhne zwischen ihren Fingern zwirbelt. Das macht sie immer, wenn sie sich über etwas Sorgen macht und da ich keinen größeren Fan als meine Mom habe, ist das Thema für sie kein leichtes Pflaster.

Mom hat mich und meine Schwester eigentlich vollkommen allein aufgezogen. Mein Vater existiert zwar, hat sich aber zwei Staaten weiter verkrochen, um einmal im Jahr den coolen Dad zu geben, der mit einem spannenden Ausflug um die Ecke kommt, aber für die wichtigen Dinge eher schwer erreichbar ist. Das Einzige was ich ihm zu verdanken habe, ist die Liebe zu meinem Sport. Er hat mich aufs Eis gebracht und als kleiner Fünfjähriger, der unbedingt mehr Aufmerksamkeit von seinem Vater wollte, bekam man mich danach nicht mehr davon runter. Also habe ich Mom so lange angefleht, bis sie mir eine gebrauchte Schutzausrüstung gekauft und mich im Eishockeyteam angemeldet hat. Seitdem ist sie es, die mich bei allem unterstützt, was damit zu tun hat. Ob sie stundenlang zu meinen Spielen gefahren kommt oder mich hier nach der Verletzung eine Woche lang umpflegt hat.

„Das wird mein Liebling. Wenn sich einer zurück an die Spitze kämpft, dann du." Die Überzeugung ist meiner Mom anzuhören und ihr Glaube an mich bedeutet mir die Welt. „Und du bist dir sicher, dass ich nicht nochmal vorbeikommen soll, damit du dich wirklich nur auf dein Knie konzentrieren kannst?"

Und schon sind wir im überfürsorglichen Modus angekommen. Ich verdrehe die Augen. „Nein, ich komme allein bestens zurecht. Wahrscheinlich würde mir sogar die Decke auf den Kopf fallen, wenn ich nicht Mal mehr den Haushalt zu tun hätte."

Obwohl Alexis die Woche eine gute Ablenkung dargestellt hat, von der Langeweile, die mein Leben gerade fest im Griff hat.

„Okay, okay. Ich verstehe ja schon, du bist inzwischen ein großer Junge."

Bei der Bezeichnung hätte ich fast aufgestöhnt. Allein weil meine Mom es schafft mich immer in Verlegenheit zu bringen, werde ich mein Bestes geben sie davon abzuhalten, sich hier erneut einzunisten. Auch wenn es natürlich nur lieb gemeint ist.

„Ja, Mom. Man kann mich inzwischen auch Mal ein paar Stunden allein lassen."

Meine Mutter schnalzt mit der Zunge bei meinem sarkastischen Tonfall, aber geht nicht weiter darauf ein. Stattdessen wird es für einen Moment seltsam still für ihre Verhältnisse und meine Nackenhaare stellen sich bereits in böser Erwartung auf.

„Sean, Liebes, da ist noch was anderes, was ich mit dir besprechen wollte."

Ich weiß um was es geht, auch ohne dass sie es ausspricht. Ich versuche es zwar zu ignorieren, aber der Tag ist in meinem Kopf dick rot markiert. Wie könnte ich ihn vergessen.

„Du weißt ja, was bald ansteht. Eva hat schon angekündigt, dass sie für den Tag zurückkommen will, um sie besuchen zu gehen. Deswegen wollte ich fragen, wie es bei dir aussieht. Ich weiß, wie schwer dir das Ganze fällt..."

„Natürlich werde ich da sein." Es fällt mir schwer zu sprechen, weil mein Hals mit einem Mal fest zugeschnürt ist. Aber ich räuspere mich, um den rauen Unterton in meiner Stimme zu vertreiben, und versuche es dann noch einmal. „Das steht außer Frage, Mom. Ich werde da sein."

Auch wenn es jetzt bereits weh tut. Meine Mutter stößt ein langes trauriges Seufzen aus. Etwas was man bei ihr selten hört. Aber wenn es um dieses Thema geht, ist keiner aus meiner Familie unberührt.

„Okay, dann melde ich dich für einen Besuch mit an. Sie wird sich sicherlich freuen uns alle zu sehen."

Oder sich wie letztes Jahr die Arme blutig kratzen. Es ist schwer zu sagen und um ehrlich zu sein, macht mir der Gedanke eine Heidenangst. „Ja bestimmt."

Erneut klingt meine Stimme erstickt und ich weiß, ich kann dieses Gespräch nicht länger weiterführen. Über sie nachzudenken ist schon schwer genug, aber über sie zu reden ist mir fast unmöglich. Ich versuche es die meiste Zeit einfach zu verdrängen, normal weiterzumachen, weil es eh nichts ändert. Aber um diese Jahreszeit wird das immer schwer.

„Okay Mom, ich muss jetzt noch was für meine Kurse machen. Wir hören uns bald wieder und mach dir nicht zu viele Sorgen, mein Knie wird schon wieder."

Ich warte kaum ihre Grußworte ab, da habe ich schon aufgelegt. Die Augen fest zusammengepresst liege ich einige Sekunden einfach da. Konzentriere mich aufs Atmen, um an nichts anderes denken zu müssen. Aber ihr Bild steht trotzdem mit einem Mal vor meinen Augen.

Mia. Ein Geist aus der Vergangenheit mit ihrem unschuldigen Lächeln und den Sommersprossen auf den Wangen. So behalte ich sie in Erinnerung. Mit 14, als sie noch gelächelt und täglich mit meiner Schwester auf unserem Hof gespielt hat. Mia, die Pferde liebte und mich ständig dazu verdonnert hat, sie Huckepack zu tragen. So will ich mich an sie erinnern. An die Zeit als sie noch glücklich war und ich fest davon überzeugt, dass sie die eine für mich ist. Dass ich ihr die Welt zu Füßen legen werde und wir irgendwann das gleiche von Lachen erfüllte Leben mit unseren Kindern führen würden, das wir selbst hatten.

Aber dann hat Mia irgendwann aufgehört zu lächeln. Mein Essen von vorhin macht sich unschön bemerkbar, aber ich behalte die Kontrolle und bleibe einfach ruhig liegen, während sich ein anderes Bild vor meine Augen schiebt. Mia, wie sie auf einmal mit schwarzen Haaren auftaucht, anstatt ihren naturblonden. Mia, wie sie in sich gekehrt dasitzt, anstatt mit meiner Schwester zu spielen. Mia, wie sie jeden von sich wegstößt, anfängt zu rauchen und was weiß ich was zu nehmen. Mia, wie sie weinend am Boden sitzt, als ich sie das erste Mal dabei erwische, wie sie sich ritzt.

Obwohl ich in der Zeit viel intensiver Kontakt mit ihr hatte, täglich mit ihr telefoniert habe, sie im Arm gehalten habe, wie ich mir das immer gewünscht habe, ist dieses Bild von ihr viel unschärfer. Vielleicht weil ich immer noch nicht wahrhaben möchte, dass ich sie verloren habe. Dass, obwohl ich sie versucht habe, eng bei mir zu halten, sie mir mehr und mehr entglitten ist. Bis zu dem Punkt, wo ich einsehen musste, dass ich nicht derjenige bin, der sie retten kann.

Ich öffne die Augen und zwinge mich dazu wieder im Hier und Jetzt anzukommen. Alles was auf diese Erinnerungen folgt gehört zu der schwersten Zeit in meinem Leben und ich habe mich schon mehr als genug damit auseinandergesetzt. Darüber weiter nachzudenken bringt nichts. Ändert nichts. Ich habe akzeptiert was passiert ist und beschlossen, dass das Beste was ich machen kann, ist, mein Leben zu leben. Vor seinen Dämonen wegzurennen bringt nichts.

Es hat Mia nichts gebracht... und Alexis wird es auch nichts bringen. Ich weiß nicht, weshalb ich jetzt an sie denke. Vielleicht weil es Ablenkung darstellt. Oder weil mir erneut bewusst wird, dass ich ihr nicht zu nahe kommen sollte. Ich habe schon mal versucht einem Mädchen am Abgrund zu helfen. Aber am Ende ist alles nur noch schlimmer geworden. Ich bin nicht der Richtige dafür und um ehrlich zu sein, will ich sowas auch nicht nochmal mitmachen. Es hat mich mehr als ein Jahr gekostet, um überhaupt wieder zurecht zu kommen. Und ich habe nicht vor diese Kontrolle wieder abzugeben oder mich erneut so verletzlich zu machen. Mia hat mich damals fast mit in ihren Abgrund gerissen. Und der Teil von mir, der nicht noch immer Liebe für sie empfindet, hasst sie dafür.

Es gab eine Zeit, da war ich mir sicher, ich würde nie wieder eine Frau wollen. Sie lieben und mit ihr eine Zukunft aufbauen. Inzwischen glaube ich, dass ich das wieder kann. Aber ich will eine Frau an meiner Seite, die selbst fest im Leben steht und weiß, was sie will. Die Ziele hat und sich nicht vor der Dunkelheit fürchtet. Ich will jemanden der stabil ist und den ich nachts nicht anrufen muss, weil ich Angst habe, sie könne sich etwas getan haben. Wahrscheinlich sind das egoistische Ansprüche. Wahrscheinlich macht mich das zu einem Arschloch, jemanden ohne Probleme zu wollen. Aber alles andere kann ich nicht. Kann ich nicht nochmal.

Und was Alexis angeht heißt das: mehr als Ablenkung ist sie nicht. Ich weiß zwar nicht, weshalb ausgerechnet sie trotzdem so eine Anziehung auf mich ausübt. Aber ich weiß, dass ich es selbst unter Kontrolle habe mich nicht so weit auf sie einzulassen, dass es gefährlich werden kann. Ich habe dazugelernt. Wie ein Kind das sich die Finger verbrannt hat. Und ich werde definitiv nicht erneut die ganze Hand auf den Herd legen.

Am nächsten Tag lächle ich Alexis daher nur kurz zu, als ich mit Trix an ihr vorbei Richtung Reha-Raum laufe. Sie müht sich Mal wieder auf dem Laufband ab und ich merke, wie ich die Kiefer aufeinanderbeiße, bis ich mich zwinge locker zu lassen. Danach versuche ich mich einfach auf mein Training zu konzentrieren. So wie ich das sollte, wenn ich wieder aufs Eis will. Trix erhöht meine Gewichte bei den Übungen und scheint, dem kleinen Lächeln auf ihren Lippen nach, ganz zufrieden zu sein, mit dem was sie sieht.

„Na so langsam wird das ja was, Großer. Jetzt siehst du nicht mehr nur wie ein Bär aus, sondern kannst auch wieder entsprechend Gewicht drücken."

Sie zwinkert und deutet mir dann mit einem Kopfnicken an von der Beinpresse zu kommen. Dem folge ich nur zu gerne, denn auch wenn ich selbst ebenfalls ganz zufrieden mit dem Fortschritt bin, läuft mir der Schweiß in Strömen von der Anstrengung. Ich schüttle unauffällig das Bein aus und schnappe mir dann das Handtuch, welches auf der Rückenlehne der Beinpresse liegt, um mir über das Gesicht zu fahren.

„Tja, ich habe ja auch einen kleinen Teufel, der mir in den Arsch tritt, damit es besser wird."

Trix weiß nur zu gut, dass sie damit gemeint ist, und schenkt mir für den Spruch ein verschmitztes Lächeln, das erahnen lässt, wie Faust dick sie es hinter den Ohren hat.

„Ich will dich ja auch so schnell wie möglich wieder loswerden. Auf dem Eis bist du nützlicher als eingepfercht in diesen Glaskasten." Trix fängt an ihre Sachen zusammenzupacken, was das Zeichen für mich ist, dass die Reha vorbei ist. Allerdings erinnert mich ihre Aussage auch an eine Frage, von der ich nicht weiß, ob mir die Antwort gefallen wird.

„Apropos Eis, wie schätzt du es ein, wann kann ich wieder auf die Kufen?"

Trix spitzt nachdenklich den Mund und lässt den Blick über mich gleiten, als könne sie von außen sehen, wie es um mein Knie steht. Ich bin Manns genug, um zuzugeben, dass mein Herz ziemlich flattert, in den Sekunden, die sie sich Zeit lässt. Mir ist Eishockey zu wichtig, als dass mich der Gedanke, vielleicht bald wieder über das Eis zu sausen, kalt lassen würde. Also schicke ich ein kurzes Gebet Richtung Himmel, als Trix mir schließlich in die Augen schaut.

„Ich würde sagen, das ist davon abhängig was du auf dem Eis vorhast. Dich von einem 100 Kilo Mann umrempeln lassen? Schätzchen, das solltest du am besten ganz lassen. Ein paar Runden für dich allein drehen, ohne einen Puck hinterherzujagen?" sie zieht ein ernstes Gesicht und ich bin mir schon fast sicher, erst in ein paar Wochen die Erlaubnis fürs Eis zu bekommen. Was heißt, dass ich mir das Training wahrscheinlich noch eine ganze Weile abschreiben kann und die Saison damit für mich gelaufen ist. Meine Stimmung will schon in den Keller gehen, doch dann strahlt Trix mit einem Mal von einem bis zum anderen Ohr und mir rutscht wortwörtlich das Herz in die Hose.

„Ich denke darüber lässt sich reden, je nach dem wie es im nächsten Training aussieht. Aber", sie hebt mahnend den Finger, „das heißt wirklich vorsichtig sein, auf deinen Körper hören und ja nicht den dummen Eishockeyspieler raushängen lassen."

Ich gebe mein bestes das dumme Grinsen auf meinen Lippen zu unterdrücken, habe damit aber wohl nur mäßig Erfolg. Aber zumindest halte ich mich davon ab, die Überbringerin der frohen Botschaft einmal durch die Luft zu wirbeln. Stattdessen hebe ich die Hand wie zum Schwur und sage so aufrichtig ich kann: „Auf meinen Hockeyschläger, es werden keine Dummheiten gemacht."

Dafür ist mir die Genesung viel zu wichtig. Aber der Gedanke vielleicht in einer Woche wieder meine Runden auf dem Eis drehen zu können... ich habe mich schon lange nicht mehr so auf etwas gefreut. Trix lacht über meine Parodie eines Pfadfinderversprechens und scheucht mich dann aus dem Reha-Raum. Sie muss danach direkt zu ihrem nächsten Klienten und ich bin dankbar unter die Dusche zu kommen, auch wenn sich die Anstrengung heute eindeutig gelohnt hat.

Das Lächeln verlässt die ganze Zeit nicht mein Gesicht. Der Winter hat sich durch die Verletzung gefühlte Ewigkeiten gezogen. Doch trotz des kühlend Winds draußen, als ich vollgepackt mit all meinen Sache zum Auto stapfe, habe ich heute das erste Mal ein Gefühl von Frühling. Neuanfang. Sogar die Sonne kommt mal kurz hinter den Wolken vor und lässt mich einen Moment am Auto verharren. Endlich geht es Mal wieder voran, anstatt dass ich mich immer wieder zu Geduld ermahnen muss. Am liebsten wäre ich jetzt sofort zum Eisstadion gefahren. Aber ich nehme Trix und ihre Empfehlungen ernst. Wenn sie sich erst nochmal eine Trainingseinheit anschauen möchte, werde ich nicht so leichtsinnig sein und den hart erarbeiteten Fortschritt aufs Spiel setzen. Also zwinge ich mich mit einem tiefen Atemzug dazu die Vorfreude im Schach zu halten und will gerade einsteigen, als mich etwas aus dem Augenwinkel innehalten lässt.

Verwirrt wende ich mich meiner Windschutzscheibe zu und kann nicht verhindern, dass sich meine gerunzelte Stirn glättet und einem Grinsen Platz macht. Ganz unscheinbar flattert dort ein kleiner Zettel unter meinem Scheibenwischer im Wind. Es ist kein Werbeflyer, das erkenne ich auf einen Blick. Und es gibt nur eine Person, die Anlass hätte mir einen Zettel auf diese Art und Weise zukommen zu lassen.

Dafür, dass ich mir vor zwei Stunden noch gesagt habe, sie nicht zu sehr zu beachten, habe ich den Zettel etwas zu schnell in der Hand. Aber um ehrlich zu sein interessiert es mich, was Alexis' nächster Zug ist. Mir diese dämliche Aktion nachzumachen hat etwas. Gibt dem Ganzen noch mehr den Flair eines Spieles, bei dem jeder von uns abwechselnd den nächsten Schritt setzen muss. Und Alexis Nachricht ist der Pass zu mir. Jetzt bin ich wieder an der Reihe.

Revenge. 0145 2357732.

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