Kapitel 1


Barfuß lief ich den dunklen, abscheulich riechenden Gang entlang. Ich konnte nicht viel sehen, zu dunkel war es hier dafür, doch eines war klar: Die blutrote Spur, welche sich hinter mir bildete, würde sie direkt zu mir führen. Ich nahm den Verlust dieser lebenswichtigen Flüssigkeit meines Körpers schon längst nicht mehr wahr. Auch meinen dröhnenden Schädel hatte ich inzwischen gekonnt ausgeblendet. Ich hatte nur ein einziges Ziel in meinem Leben und das war, so schnell wie meine Füße mich tragen konnten, aus dieser Hölle zu entfliehen. Jeder Moment, den ich hier verbrachte, war ein Moment zu viel. Der Gang, durch den ich nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit rannte, schien kein Ende zu nehmen. Doch ich gab nicht auf. Ich hatte gelernt, dass das Leben nicht fair ist und dass man manchmal einfach kämpfen muss, um zu überleben.

Die Erinnerungen an mein Leben drängten sich in meinen Kopf. Mein Onkel, der mich großgezogen hatte, war wirklich kein liebevoller Mensch gewesen. Er brachte mir bei, wie man andere Menschen verletzt, seelisch sowie körperlich. Zudem lehrte er mich die Kunst der Manipulation. In wenigen Tagen würde er einen Verräter herbringen lassen und er wollte, dass ich diesen in seinem Namen töte, um ein vollwertiges Mitglied zu werden. Noch nie zuvor verlangte er so etwas Grausames von mir. Genau deshalb beschloss ich auch, meine Flucht vorzuziehen und bereits diese Nacht zu verschwinden. Ich hoffte, dass die Welt außerhalb dieser Festung eine andere war und ich dort Zuflucht fand. Bisher hatte ich immer einen Ausweg gefunden, dank der Bücher von Teodora Salgado. Die fantasievollen Geschichten in ihren Büchern hatten mir die Kraft gegeben, weiterzumachen und nicht aufzugeben. Nun ging mein Onkel jedoch einen Schritt zu weit. Ich konnte keinen Menschen töten, es war mir egal, ob er ein Verräter war oder nicht. Ich wusste, dass ich nicht allein war in dieser Welt. Teodora Salgado hatte mir innerhalb ihrer Bücher gezeigt, dass es immer jemanden gibt, der einem helfen kann, auch wenn man glaubt, dass alles verloren ist. Ich spürte, wie sich mein Herzschlag beruhigte. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft und darauf, niemanden töten zu müssen, gab mir die Kraft, weiterzulaufen, auch wenn mein Körper schmerzte und ich kaum noch Luft bekam.

Mittlerweile schwankte ich durch den finsteren, alten Gang, meine Lunge brannte bei jedem Atemzug und meine Schritte waren kaum mehr als ein schlurfendes Geräusch auf dem schmutzigen Boden. Der Verlust meines Blutes machte mir zu schaffen, während ich mich langsam, aber stetig vorwärts kämpfte. Bereits zu Beginn meiner Flucht hatte ich schmerzhaft erfahren müssen, wie zerbrechlich der menschliche Körper war. Nur ein kleiner Stolperer über mehrere zersplitterte Glasflaschen hatte mir nicht bloß tiefe Schnitte an den Füßen zugefügt, sondern auch meine Arme und Hände mit Abschürfungen übersät. Nun fühlte ich mich wie ein gebrochener Schatten meiner selbst, ein Wrack auf der Flucht vor der Dunkelheit, die mich umgab. Leider war mir viel zu bewusst, dass ich schnell sein musste, denn mein Onkel würde mich suchen lassen, sobald er merkte, dass ich weg war.

Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir. Ich drehte mich um, doch ich konnte niemanden sehen. In diesem Geheimgang unter der Erde war es zu dunkel. War es mein Onkel, der mich verfolgte? Hatte er mich gefunden oder war es bloß eine Wahnvorstellung gewesen? Ich biss die Zähne zusammen und versuchte einen Schritt schneller zu gehen. Wieder hörte ich die Schritte hinter mir. Ich drehte mich schwungvoll um, das war keine Einbildung gewesen. Mit meiner schwachen Taschenlampe leuchtete ich diesmal in die Dunkelheit hinein. Am Ende des Lichtkegels schwankte eine Gestalt von links nach rechts. Ich war wie erstarrt. Es war tatsächlich jemand an diesem Ort und hatte mich gefunden. Es war einer von den Männern, die für meinen Onkel arbeiteten. Ich konnte genau verfolgen, wie er langsam seine Hand zu seinem Holster am Gürtel gleiten ließ. Er schnippte es auf, umfasste den Inhalt und zog seine schwere Beretta heraus. Als ich erkannte, dass er mit seiner Waffe auf mich zielen wollte, nahm ich meine Beine in die Hand und rannte in Richtung des Ausgangs. Erstaunlicherweise kam es zu keinem Schuss und er hatte auch nicht die Verfolgung aufgenommen, sonst hätte ich seine Schritte hinter mir wieder klar und deutlich vernommen. Kaum als ich das dachte, rief der Mann, »Du bist tot, wenn wir dich in die Finger bekommen!« Ein starkes Lallen unterstrich seine Aussage. Nun verstand ich auch, warum er mir nicht nachlief und warum er auch nicht auf mich geschossen hatte. Er war dazu durch seinen stark angetrunkenen Zustand gar nicht mehr in der Lage. 

Ich dachte wieder über die vergangenen Jahre nach. Das Einzige, was mir in meinem goldenen Käfig Gesellschaft leistete, war der zurückhaltende Privatlehrer und die charmante Josephine. Sie kümmerte sich um die Koordination der weiblichen Angestellten, welche mein Onkel vielmehr als Sklaven hielt und ihnen jegliche Würde nahm. Doch Josephine war bereits seit nunmehr vierzig Jahren im Dienst von meinem Onkel und ich fragte mich täglich, wie sie ihr Leben immer noch aus so fröhlichen Augen betrachten konnte. Sie hatte ein offenes Ohr für alle Probleme und wusste immer Rat, vorwiegend für die Frauen, die hier ihr Leben, wie ich, in Gefangenschaft verbrachten. Doch leider war sie auch die Einzige im Hause meines Onkels, die noch ihre Seele besaß. Mit dem Hauptberuf gefürchteter Geldeintreiber zu sein und dem Wunsch bei den ganz großen Mafiabossen mitmischen zu können, interessierte sich Onkel Vincent nur für Dinge, die ihn mehr oder weniger nützlich waren. Zuneigung, Freundlichkeit und eine Seele zählten nicht zu diesen Dingen. Sein Gefolge bestand aus Grobmotorikern ohne nennenswerte Intelligenz, die ihre Aufgaben durch pure Gewalt erledigten, aber auch aus einigen schlauen Köpfen, die allerdings durch ihre Verstrickungen in die Unterwelt moralisch längst verdorben waren. In ihrem Milieu kannte man die Bedeutung einer guten Grundeinstellung nicht. Sogar mir ließen sie keine Wahl und wollten mir mit verschiedenen Gräueltaten das letzte kleine Stück meiner Seele rauben. Ich war Teil dieser Welt, wurde hier hineingeboren und musste damit zurechtkommen. Doch trotzdem fühlte ich mich so einsam und fehl am Platz. Ich fand, eine junge Frau, wie ich es mit zwanzig Jahren war, sollte lernen, hohe Schuhe zu tragen und mit Freundinnen ins Kino gehen dürfen. Das alles kannte ich nicht. Ich war noch nie woanders als in dieser Festung gewesen. Ein Hochsicherheitsgebäude auf einem riesigen umzäunten Grundstück mitten im tiefsten Wald.

Ein wenig gedankenversunken rannte ich noch immer den alten Geheimgang entlang, leuchtete mit der Taschenlampe die Wände und die Decke ab. Ungefähr auf dieser Höhe musste der Ausgang sein. Eine mit Schmutz behaftete Luke an der Tunneldecke, welche man aufdrehen und nur über eine kleine Leiter erreichen konnte, bahnte sich in mein Sichtfeld. Ich hatte es geschafft. Also stieg ich die alte, verrostete Leiter hinauf und drehte so stark ich konnte an dem Rad der Luke. Tatsächlich bewegte es sich und ging leichter auf, als ich es mir vorgestellt hatte. Einige Male drehen und schon konnte ich die Luke mit aller Kraft aufdrücken. Zum Glück war sie nicht allzu schwer, sonst wäre mein Plan von hier zu verschwinden schon zum zweiten Mal innerhalb der ersten zwei Stunden gescheitert.

Der Mond schien hell und spendete genügend Licht. Meine Taschenlampe, dessen Batterien ohnehin fast leer waren, knipste ich aus. Ich stieg leise die letzten Stufen hinauf, bis ich ganz oben angekommen war. Angespannt lugte ich hinaus, konnte jedoch keine Gefahr ausmachen. Mit aller Kraft hievte ich mich hoch, landete auf dem feuchten Gras des Waldes, in welchem der Geheimgang, zwischen den etlichen Bäumen endete. Mit Bedacht darauf, nicht zu viel Lärm zu machen, zerrte ich die Luke wieder an seinen ursprünglichen Platz zurück und inspizierte meine Umgebung. Vincents Anwesen, von mir liebevoll auch Festung genannt, war nur noch ein kleiner Punkt am Horizont, bereitete mir dennoch Gänsehaut. Lange hatte ich es nicht von außen gesehen, bestimmt vier Jahre war es schon her. Vincent Leví meinte immer zu mir, dass es zu dieser Zeit noch nicht wichtig sei, was es in der Außenwelt alles gibt. Was zählt, sei nur, wie schnell ich lerne. Vereinzelt war es mir aber gestattet, hier im Wald mit einigen seiner Männer spazieren zu gehen. Auf einem solchen Spaziergang hatte ich auch die mit Moos bewachsene Luke im Boden entdeckt, durch welche ich eben ins Freie geklettert war. Nur dank eines Gärtners und Josephines Überzeugungskunst erzählte er ihr dann eines Tages von dem Geheimgang und sie sagte es wiederum mir. Bei meinem Onkel war dieser alte Gang in Vergessenheit geraten, denn er stammte noch aus der Zeit, als hier ein imposantes viktorianisches Anwesen vorzufinden war. Nur eine schmale Treppe führte von einem der Abstellräume in den Gang hinunter.

Erst jetzt bemerkte ich, dass ich die Luft angehalten hatte und atmete langsam wieder aus. Aufgeregt zog ich meine Jacke fester um mich und stapfte durch den dichten Wald, direkt durch das Unterholz. Das Laub der Bäume raschelte unter meinen Füßen, als ich mich vorsichtig durch das Dickicht kämpfte. Die Äste krachten gegen meine Schultern und ich musste aufpassen, dass ich nicht stolperte. Doch ich blieb ruhig und konzentriert. Aus meiner Jackentasche fischte ich einen zusammengefalteten Zettel. Ich brachte ihn in seine Ursprungsform zurück und betrachte die Skizze, welche Josephine mir angefertigt hatte. Sie zeigte das Gelände meines Onkels, die ungefähre Position der Luke im Wald und wo sich von da aus die Straße befand. Es wird ein weiter Fußweg werden, so viel stand fest. Bereits jetzt war es ein Gefühl der Freiheit, denn zum allerersten Mal war ich ganz ohne Sicherheitspersonal außerhalb der hohen Mauern. Der Wald war fast totenstill, nur ein Uhu rief in der Ferne. Ich lief immer tiefer in den Wald hinein, ohne einem bestimmten Pfad zu folgen. Der Mond war zum Glück noch hell genug, damit ich nicht auf die Taschenlampe angewiesen war. Ich vertraute auf meine Instinkte und hoffte, geradeaus zu gehen und somit auf dem kürzesten Weg die Straße zu erreichen. Auch wenn ich bei jedem Schritt auf dem Waldboden wieder meine schmerzenden Fußsohlen spürte, ließ ich mich nicht aufhalten. Schuhe trug ich keine mehr, diese waren zu Beginn meiner Flucht bei jedem Schritt zu laut auf dem Marmorboden gewesen, also zog ich sie kurzerhand einfach aus. Als dann aber unvermutet einige Männer um die Ecke bogen, lies ich meine Schuhe dummerweise einfach stehen und verschwand mit schnellen Schritten auf einem anderen Flur in Richtung des Einganges zu dem Geheimgang.

Als ich mir bereits gute zwei Stunden einen Weg durch den beinahe undurchdringbaren Wald erkämpft hatte, hatte ich schon öfter gegähnt, als ein Huhn Eier im Leben legt. Immer wieder vielen mir die Augen zu und ich stolperte dadurch ein paar Mal über Baumwurzeln. Zeit für eine Pause. Ich entdeckte einen Baum mit mächtigem Stamm, um welchen herum sich nicht zu viel Gestrüpp befand. Ich ließ mich auf den Waldboden sinken, streckte meine Beine aus und lehnte mich mit dem Rücken gegen den hohen Baum. Mir war gar nicht bewusst, wie tief das Grundstück tatsächlich im Wald lag. Mein Körper fing an sich zu entspannen und ich nahm das starke Knurren meines Magens wahr. Sobald ich eine Stadt erreicht habe, muss ich etwas zu essen finden. Zu meinem Glück drückte mir Josephine einige Geldscheine in die Hand, bevor ich meine Flucht in die Tat umsetzte. Sie erklärte mir, dass man Geld benötigte, um außerhalb des Anwesens leben zu können. Man müsse für das Essen bezahlen, sich ein Dach über dem Kopf suchen und um mehr Geld zu bekommen, benötigte man einen Job. Niemand hatte mich auf das wahre Leben in der Welt da draußen vorbereitet. Ein Wassertropfen fiel auf meine Stirn und anschließend gleich noch ein paar weitere. Ich schloss die Augen und lauschte dem einsetzenden Regen, wie er sanft auf die Blätter prasselte. Ich atmete wieder einmal tief ein und genoss den Geruch von frischem Regen, der sich langsam in der Luft ausbreitete. Die Feuchtigkeit durchdrang meine Kleidung, lies mich leicht zittern und ich begann daraufhin, mich aufzurichten. Die Bäume boten mir zum Glück etwas Schutz vor dem Regen, sodass meine Kleidung und mein Haar zwar feucht, aber nicht völlig durchnässt wurden, während ich weiter durch den Wald marschierte.

Nach einiger Zeit wurde der Wald etwas lichter und tauchte meine Umgebung dank der gerade aufgehenden Sonne in ein helles, orangefarbiges Licht. Erste Sonnenstrahlen trauten sich über den Horizont hinaus und brachten die Wassertropfen auf den Blättern zum Glitzern. Der Regen hatte mittlerweile nachgelassen, doch hier, wo die Bäume weniger Schutz boten, war der Waldboden etwas matschig. Schlamm spritzte bei jedem Schritt an meinen Knöcheln hoch und beschmutzten meine Jeanshose. Das Gehen wurde zunehmend unangenehmer, da der Dreck sich in die Schnitte der Glasscherben in meinen Fußsohlen bahnte. Nicht weit von meiner derzeitigen Position konnte ich ein Auto hören. Erleichtert fing ich an, schneller zu werden. Bald erreichte ich das Ende des Waldes. Vor mir lag eine asphaltierte Straße und auf der anderen Straßenseite erstreckten sich mehrere große Felder. Gerade fuhr ein Geländewagen rechts um eine Kurve und fuhr die Straße entlang. Als das Auto näherkam, war am Ende der Straße bereits der nächste Wagen zu sehen. Ich fing an zu winken und rief, »He! Hallo! Halten Sie bitte an, ich bin verletzt!«, dass der Fahrer mich bei geschlossenen Fenstern nicht hören konnte, war mir gerade egal. Doch dieser fuhr mit seinem Wagen einfach an mir vorbei. Er hielt nicht an, wie ich es gehofft hatte, aber hinter ihm war doch noch ein zweiter Wagen aufgetaucht. Bestimmt hatten die Insassen des Fahrzeugs mehr Verständnis für meine Situation. Nur einige Sekunden später bremste der erste Geländewagen ab, welcher eben noch an mir vorbeigefahren war. Er hatte am Ende der Straße, kurz vor der nächsten Kurve, gehalten. Es öffneten sich alle vier Autotüren und mehrere Männer schlenderten langsam auf mich zu. Ihren Gesichtern waren keinerlei Informationen abzulesen. Auch der zweite Wagen, welcher kurz nach dem Geländewagen auf der Straße zu sehen war, hatte inzwischen angehalten. Die Insassen dieses Autos stiegen ebenfalls aus. Es waren allesamt Vincents Männer und ich war so etwas von geliefert. Nun kamen sie von links und von rechts auf mich zu. Ich hätte noch über die Felder fliehen können, doch ich war zu müde und sie hätten mich im Handumdrehen wieder eingefangen. Blieb noch der Weg zurück durch den Wald, doch auch hier hätten sie mich spätestens an den dichter bewachsenen Stellen abgefangen. Diese Situation gefiel mir gar nicht, denn einen der Insassen und seine Brutalität aus dem zweiten Auto kannte ich nur zu gut. »Da bist du ja. Wir haben uns Sorgen gemacht. Wie siehst du aus, dreckig und völlig übermüdet!«, sprach Rafael. Er gehörte zu den blitzgescheiten Männern meines Onkels, aber war dennoch ein kaltblütiger Killer. Es war klar, dass Vincent gerade ihn auf mich ansetzte, denn Rafael würde nicht mal mit der Wimper zucken, mich mit Gewalt wieder nach Hause zu bringen. »Lass mich in Ruhe, Rafael und pfeife deine Kumpanen zurück. Ich will doch nur nicht zurück nach Hause, bitte verstehe das doch. Ich will frei sein!«, flehte ich ihn an. Mittlerweile hatten die Männer mich eingekesselt und Rafael setzte zu seiner Antwort an, »Du weißt doch, dass das nicht geht. Du kannst nicht einfach weggehen. Du bist ein wichtiger Teil seines Plans und er braucht dich noch.« Ein undefinierbarer Gesichtsausdruck prägte seine Züge. Sein Plan. Etwas, in das er mich bis heute nicht eingeweiht hatte, also nutzte ich meine Chance, »Du kennst den Plan meines Onkels, oder? Worum geht es da? Aus welchem Grund erzählt mir keiner, wieso ich nicht wie eine normale junge Frau leben darf, bestenfalls in einer eigenen Wohnung irgendwo in einer Stadt?« Rafael hatte seine Aggression nur selten unter Kontrolle und so war es auch in diesem Moment. Plötzlich stand er unmittelbar vor mir, ich hatte nicht gemerkt, wie er sich mir langsam immer weiter genähert hatte. Ein großer Fehler von mir. Er hatte mich mit seiner großen Hand am Kinn gepackt und zog mich zu sich rauf, sodass ich nur noch mit Zehnspitzen den Boden berührte. Wütend brüllte er, »Du bist nicht normal! Sieh endlich ein, dass du an die Seite vom Boss gehörst! Eines Tages wirst du nach Vincents Ableben auch an der Seite des neuen Anführers stehen und auch ihm deine Dienste anbieten. Nur durch dich sind wir so gut geschützt wie schon lange nicht mehr. Nur dank dir laufen unsere Geschäfte besser denn je! Sei besser froh, dass du zu keiner Hure gemacht wurdest.«

Kontinuierliches, lautes Hupen eines Autos sorgte dafür, dass Rafael sich nicht weiter aufregen konnte. Abrupt ließ er mich los und schaute in die Richtung, aus welcher das Geräusch kam. Ein heruntergekommener, brauner Pick-up-Truck fuhr direkt auf uns zu und die Männer meines Onkels sahen unmittelbar einen Grund ihre Waffen zu ziehen und diese scharfzumachen. Das Auto hielt vor uns an, der Fahrer des Pick-Ups stieg aus und in Bruchstücken einer Sekunde zielten mehrere Beretta-Handfeuerwaffen auf ihn. Der Mann mittleren Alters, dessen Gesicht von harter Arbeit gezeichnet zu sein schien, war kurz überrascht, sah mir dann aber direkt in die Augen und sprach mit fester Stimme, »Geht es Ihnen gut, junge Dame? Kann man Ihnen helfen? Scheint, als seien Sie nicht in bester Begleitung unterwegs.« Er fuhr sich mit seinen Fingern über seinen Drei-Tage-Bart und sah mich durchdringend an. Konnte ich wirklich sein Leben riskieren, nur weil ich ihn um Hilfe bat?

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