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Tw: antisemitische Beleidigungen
(Zur Erklärung: Antisemitismus heißt soviel wie Judenhass. Ist also das geschönte bzw. fachlichen Ausdruck)
Pov Seungmin
"Also Seungmin. Vielleicht treffen wir uns mal wieder."
Mit einem breiten Lächeln hüpft der Jüngling davon. Erschrocken und bleich seh ich ihm hinterher. D-Das konnte nicht wahr sein... Entgeistert lasse ich mich an der nächsten Wand herab. Von allen Zeiten.. warum musste ich genau während der wohl schlimmsten Zeit reisen.
Des zweiten Weltkriegs..
Den Blick starr in die Luft gerichtet versuche ich zu Atem zu kommen. Ich musste wieder heim. Weg von hier! Langsam richte ich mich wieder auf. Doch, wie soll ich heimkommen?
Ziellos irre ich durch die Straßen. Meine Sicht ist verschwommen und von unterdrückten Tränen geprägt. Die Menschen um mich herum lachen und ahnen nichts von der Gefahr.
Sie alle wissen nicht wie das zu Ende geht. Wieviele unschuldige Personen ihr Leben lassen werden in den folgenden Jahren. Jeder ist davon überzeugt das schon bald wieder Ruhe einkehrt. Doch das wird es nicht. Nie.
"Jung. Kann ich dir weiterhelfen?" Eine Frau mittleren Alters mit einem Kind auf dem Arm tritt an mich heran. "Herrjeh, du bist ja ganz blass." Schnell fasse ich mir an die Wangen. "A-Achso. A-Alles gut."
Sie nickt etwas besorgt. "Gut. Guten Tag." Damit lässt sie mich stehen. Mein Puls ist schnell, meine Atmung abgehakt. Ich stolper weiter. Renne. Die Menschen um mich herum sehen mir verwirrt hinterher, als ich wie ein Gestörter durch die Straße renne.
Tränen brennen sich in meine Augen ein. Ich höre Stimmen. Schreie. Lachen. Die Luft um mich herum ist stickig. Es fängt an zu regnen. Die Tropfen klatschen auf den Asphalt.
Und dann ist es still.
Schnaufend bleib ich stehen und sehe in den Himmel. Dieser ist dunkel. Dunkel wie die Nacht. Ich sehe mich um. Ich bin in einem Industriegebiet gelandet. Um mich herum sind Fabriken jeder Art. Durch die riesigen Schornsteine quellen weiße Wolken in die Luft.
Langsam laufe ich weiter. Als ich um zwei Hallen herum bin, höre ich Stimmen. Durch den Wind wird es zu mir getragen. Die leisen Schluchzer, Kinderschreie, laute Lacher und herrische Durchsagen.
Ich kletter über einen Zaun und erstarre. Vor mir erstreckt sich ein großer Bahnhof. Auf dem Bahnsteig drängen sich Männer und Frauen. Mütter halten ihre Kinder auf den Armen, Väter haben Koffer und Aktentaschen an sich gepresst.
Durch ein lautes Pfeifen kündigt sich ein Zug an. Keine zwei Sekunden später rollt eine Lokomotive, welche in meiner Zeit als veraltet und zu langsam gelten würde, in den dreckigen Bahnhof.
Leise und bemüht nicht aufzufallen, geh ich durch die Menge. Dabei fällt mir die Mimik auf. Die meisten haben einen traurigen, verwirrten Gesichtsausdruck. Beißen sich ängstlich auf die Lippen, drücken ihre Liebsten dichter an sich.
"ACHTUNG!"
Ein großer, grimmiger Mann mit einem Gewehr marschiert zu der ersten Zugtür. "Einsteigen, Gesindel! Frauen und Kinder zuerst. Los, Los, Los!" Ein hektisches Treiben entsteht.
Ich muss weg!
Hastig geh ich rückwärts und stoße sofort gegen jemanden. Die Mappe, die das junge Mädchen in ihren Armen hält, geht auf und die Blätter verteilen sich auf den Boden. "Verzeihen sie!" Synchron knien wir uns hin.
"Es tut mir so leid." Ich lächel schwach. Irgendwoher kenne ich ihr Gesicht. "Sag, wie heißt du?" Verwirrt sieht sie mir ins Gesicht. "Eva." Ich schlucke und sehe auf die Notenblätter. "Eva? Die Pianistin aus Theresienstadt?"
Ihr Blick hellt sich auf. "Ja! Genau die. Kennst du unseren Chor?" Hektisch seh ich mich um. Ich könnte sie retten... "Nein.... es ist noch zu früh für dich." Meine ich, mit blick auf den Zug.
"Für was ist es zu früh?" Ich atme durch und helfe Eva auf. "Lauf, Eva. Lauf weg. Es ist noch nicht deine Zeit." Mehr zu mir selbst. "Du hast noch ein ganzes Leben."
Unschlüssig sieht sie zum Waggon. "Aber...." "Eva!" Meine Stimme ist nun etwas lauter. "Wenn du jetz in diesen Viehwagon steigst, wirst du sterben. Und du bist jung dafür!"
Schnell drücke ich ihre Noten in die Hand. "Jetz lauf Eva. Bitte! Lauf!" Sie hört auf mich. Dreht sich um und verschwindet aus dem Bahnhof. Laut atme ich aus. Wenigstens konnte ich sie jetz retten....
"Hey! Was hast du gemacht.!"
Der Mann von eben taucht vor mir auf. "Ähm.. Ich Also.." Er knurrt laut. "Hast du diesem Judengesindel etwa zur Flucht verholfen?! WACHEN!" Harsch werde ich von zwei Wachleuten gepackt und über den dreckigen Betonboden geschleift.
Etwas abseits bleiben wir stehen. "Also du Grünschnabel. Warum hast du diesen Weib zur Flucht verholfen? Wer hat dir gesagt das sie sterben wird? Das ist eine unnoble Lüge!" Ich schlucke und ringe nach Antwort.
Ich konnte ja schlecht sagen das ich aus der Zukunft stamme...
"Also... Ich... es war so... ein.." Und wieder gerate ich ins Stottern. Sauer schlägt der Mann mir ins Gesicht. "I-Ich wollte doch nur nicht... das..." Er beugt sich zu mir herab.
"Hör mir mal zu, Jung. Misch dich nicht in die Angelegenheit ein, die dich nichts angehen. Und egal... was du zu wissen glaubst, hüte deine Zunge. Oder deine Familie wird leiden..."
Ha, welche Familie denn?
Aber ich bleibe stumm wie ein Fisch. "Aber gut. Was macht man mit Verräter?" Ich weite meine Augen. Da gab es tatsächlich zwei Möglichkeiten. Wir hatten bereits 1942. Oh nein....
"Bitte... stecken sie mich nicht ins Gefängnis." Der Mann lacht nur und deutet auf den, inzwischen leeren, Bahnsteig. "Du wirst diesem eckelhaften Judengesindel Gesellschaft leisten."
Damit schleifen sie mich weiter. Tränen laufen langsam wieder über meine Wange als ich mich versuche zu wehren. "Also, Schänder des Vaterlands. Freu dich auf dein neues Zuhause." Damit packt er meine Handgelenke um mich in den Waggon zu zerren.
"STOP!"
~~~~~~~~
Kleine Geschichtsexkusion: Ja, diese Eva gab es wirklich. Es war eine Pianistin aus Theresienstadt, welche das KZ Auschwitz überlebte. Sie kamm 1944 nach Auschwitz, mit gerade mal 16 Jahren. Nur die Musik ermöglichte es ihr, zu überleben. Statt schwerer und unmenschlicher Arbeit, machte sie mit anderen zusammen Musik für die Aufseher und restlichen Häftlinge.
~Luna~
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