Special Nummer Zwei


Dezember 1983

Lizzy

Der Tag, an dem Niall sich von mir verabschiedete, war der 19. Dezember 1983, ein ganz gewöhnlicher Montag. Und doch war es der schlimmste Tag meines Lebens. Ich hatte Angst, dass wir uns nie wiedersehen würden, obwohl er es mir versprach.

Aber Versprechen konnten gebrochen werden und sollte dies der Fall sein, dann würde mein Herz in tausend Teile zerfallen.

Er hatte mir versprochen, dass wir uns wiedersehen würden. Ich glaubte daran. Sehr fest sogar.

Den Zettel mit seiner Telefonnummer, die laut seinen Angaben erst in dreißig Jahren funktionieren würde, sowie seiner Adresse und seinem Geburtsdatum, hatte ich in einer Schachtel in meinem Schrank versteckt. Die Papierbox enthielt außerdem die Zeichnung von uns beiden, die Zayn angefertigt hatte. Ich fand sie wunderschön, so real und haargenau getroffen.

Jeden Tag schaute ich dieses Bild an, denn ich nahm es mit zu meinen Eltern, bei denen ich die Weihnachtsfeiertage verbrachte. Zu sehen bekamen sie es allerdings nicht und ich erzählte auch nichts von Niall.

Mein Vater würde mich nur wieder zusammenstauchen, wie ich mich denn bitte in einen Iren, der Musik machte, verlieben könnte. Er wollte am liebsten einen Schwiegersohn, der studierte – dabei war es ziemlich egal, was. Hauptsache er konnte damit angeben, dass ich einen Freund mit Grips in der Birne hatte.

Ich jedoch betrachtete das Ganze aus einem unterschiedlichen Blickwinkel.

Für mich zählten andere Dinge und dass jemand studierte, machte ihn nicht automatisch zu einem besseren oder netteren Menschen. Mein Ex-Freund war das beste, abschreckende Beispiel, dass es auch anders herum ging. Er studierte seit drei Jahren, hatte mich jedoch betrogen. Menschlich gesehen war er eine Null.

Niall hingegen wirkte so anders auf mich. Er fraß sich buchstäblich in mein Herz, mit seinen lustigen Erzählungen und seinem Gesang, der mich stets zum Träumen brachte.

Dieser Traum wurde am Boxing Day, dem Tag nach Weihnachten, zum ersten Mal erschüttert.

Ich hatte mir vorgenommen, ihn von meinem Elternhaus aus anzurufen, da es sich um ein Ferngespräch nach Irland handelte. Meinen Eltern würde das bei ihrer nächsten Telefonrechnung kaum auffallen, unserer WG jedoch schon. Ich wollte nicht unbedingt von meinen Freunden eins auf den Deckel bekommen, da wir die Rechnung in vier Teile splitteten. Anders war es nicht möglich, da wir keine detaillierte Abrechnung von der Telefongesellschaft erhielten. Diese extra anzufordern war zwar möglich, kostete jedoch ebenfalls Geld und das wollte ich keinem zumuten. Also mussten meine Eltern, die sowieso genug Kohle hatten, bluten.

Wie jedes Jahr am Boxing Day kamen meine Großeltern mütterlicherseits, mein Onkel, seine Frau, sowie meine Cousine und meine beiden Cousins zu Besuch. Meine Cousine war im gleichen Alter wie ich, aber schrecklich eingebildet. Ich mochte sie überhaupt nicht und redete nur das Nötigste mit ihr. Oft fragte ich mich, worauf sie sich etwas einbildete, denn sie war nur Papas Liebling, der zu Hause keinen Finger rührte.

„Meine Prinzessin muss das nicht machen", hieß es immer.

Ich fand nichts dabei, meiner Mutter beim Tischdecken zu helfen oder auch mal das Geschirr zu spülen. Wahrscheinlich war ich durch die WG abgehärtet, was solche Dinge betraf.

Als alle im Esszimmer saßen, um die Torte zu verspeisen, die meine Mutter gebacken hatte, zog ich mich kurz zurück, da ich mein Stück bereits aufgegessen hatte. Ein Zweites schaffte ich sowie nicht.

Das Telefon befand sich zwar im Wohnzimmer, doch in meinem Zimmer existierte ein weiterer Anschluss, den ich nun nutzte. Hier war ich ungestörter, denn meine neugierigen, kleinen Cousins hatten überall ihre Ohren. Da das Esszimmer direkt an den Wohnraum angrenzte, wollte ich lieber nichts riskieren.

Mit einem tiefen Seufzen holte ich den kleinen Zettel mit Nialls Telefonnummer aus meiner Geldbörse und begann tapfer die Zahlen zu wählen. Doch anstatt seiner Stimme meldete sich nur eine automatische Ansage „Kein Anschluss unter dieser Nummer."

Ich versuchte es ein weiteres Mal, in der Annahme, ich könnte mich vielleicht verwählt haben, doch jedes Mal erfolgte das gleiche Spiel. Insgesamt beliefen sich meine Versuche auf zehn, immer mit dem gleichen, niederschmetternden Ergebnis.

Traurig setzte ich mich auf mein Bett und blickte auf den Zettel. Er besaß eine unglaublich schöne Handschrift für einen Typen. So schön geschwungen, so originell und fantasievoll wie er selbst.

Und dann fiel mir sein Satz wieder ein.

„Die Nummer wird nicht funktionieren aber wenn du mich in dreißig Jahren mal anrufen willst, könnte es klappen."

„Was für ein Blödsinn", sagte ich laut zu mir selbst.

Vermutlich hatte er mir einfach eine falsche Telefonnummer gegeben, doch ich wollte nicht daran glauben, dass er so fies sein konnte.

Viel zu schön war unsere gemeinsame Zeit gewesen, selbst, dass es sich dabei nur um sieben, naja eher sogar nur sechs Tage handelte, konnte meine Euphorie nicht trüben.

Ich hatte mich in Niall verliebt und daran gab es einfach nichts zu rütteln.

Unmotiviert ließ ich mich auf das Bett fallen und richtete meinen Blick gegen die Decke. Eigentlich war sie weiß, doch sein Gesicht tauchte plötzlich vor mir auf und ohne zu zögern gab ich mich der wunderschönen Illusion hin.

Diese unglaublich blauen Augen, sein süßes Lächeln und die blonden Haare, die immer etwas wuschelig wirkten.

„Warum kannst du nicht hier wohnen?", seufzte ich, während ich in meinen Tagträumen regelrecht versank.

Am liebsten hätte ich mich in das nächste Flugzeug gesetzt und wäre nach Irland geflogen. Doch das hätten meine Eltern angesichts der dortigen Lage niemals zugelassen. Es war ihnen zu unsicher, da die IRA nach wie vor ihr Unwesen trieb. Und jetzt, nach dem Bombenattentat in London, hatten sie erst Recht etwas zu meckern, wenn es ums Verreisen ging.

Ich war zwar volljährig, doch das Geld, das sie mir zusteckten, diente ausschließlich für mein Studium und die dazugehörigen Unterhaltskosten. Reisen fielen nicht in dieses Budget. Zwar hätte ich mich ihnen anschließen können, wann immer sie einen Urlaubstrip unternahmen, doch darauf verspürte ich keine Lust. Viel lieber würde ich zu Niall nach Irland fliegen, mich in seine Arme kuscheln und ihm zuhören, wenn er Gitarre spielte und dazu sang.

Es war alles so unkompliziert zwischen uns gewesen, das hatte ich in dieser Form noch nie erlebt.

Seufzend schaute ich auf, als es an meine Zimmertür klopfte.

„Liz? Bist du da drin?"

Die hohe, schrille Stimme meiner ungeliebten Cousine bewirkte, dass ich das Gesicht verzog.

„Ja, ich komme gleich", erwiderte ich und schwang die Beine aus dem Bett, um ihr anschließend ins untere Stockwerk zu folgen.

Vermutlich langweilte sie sich bei den Gesprächsthemen unserer Eltern, was ich gut verstehen konnte. Das Einzige, über was wir beide uns gut unterhalten konnten, war Musik. Sie hörte so ziemlich das gleiche Genre wie ich und lauschte begeistert meinen Ausführungen zu dem U2 Konzert, welches ich erst vor einigen Tagen besucht hatte.

Da sie jedoch keine Karten mehr bekommen hatte, war es ihr nicht möglich, das Spektakel zu erleben.

„Wen hast du eigentlich mitgenommen, Liz?", erkundigte sich meine Mutter plötzlich.

„Ähm, einen Freund, aber den kennt ihr nicht", entgegnete ich hastig.

„Oh, etwa dein neuer Schwarm?", zog meine Cousine mich auf, der ich am liebsten den Mund zugehalten hätte.

Musste sie immer ihre unqualifizierten Bemerkungen von sich geben?

„Nein, kein neuer Schwarm." (Ich war hoffnungslos in ihn verliebt).

„Wer war es denn dann?" Mein Vater mischte sich jetzt auch noch ein.

„Ich sagte doch, niemanden, den ihr kennt und ihr werdet ihn auch nicht kennenlernen, denn er lebt ihn Irland."

„Echt?" Meine Cousine schaute mich erstaunt an. „Aber da herrscht doch Krieg!"

Genervt rollte ich meine Augen. Wie doof war sie eigentlich? Das kam davon, wenn man sich nur für Modezeitschriften interessierte.

„Nein, Hannah, da herrscht kein Krieg, nur Unruhen bezüglich der IRA und die sind auch nur oben in Nordirland. Er wohnt viel weiter südlich davon."

„Auch noch ein Ire? Liz, ich hoffe, du kommst eines Tages mit einem anständigen Mann hierher", sagte mein Vater, dem ich daraufhin am liebsten an die Grugel gehen wollte.

Niall war anständig und zudem sehr liebenswert. Die Sache mit der Telefonnummer nagte zwar immer noch an mir, doch vielleicht handelte es sich dabei um ein Versehen. Einen Zahlendreher, oder so etwas in der Art.

Insgeheim nahm ich mir mal wieder vor, meine Kinder (sollte ich irgendwann welche haben), anders zu behandeln. Von mir aus sollen sie zusammen sein, mit wem sie wollten, so lange sie nur glücklich dabei sein würden.

„Und was macht dieser Ire beruflich?", drang die Stimme meines Vaters erneut in meine Ohren.

„Musik. Deswegen habe ich ihn mitgenommen. Schließlich ist U2 eine irische Band, die er kennt und sehr mag", erwiderte ich fast schon pampig.

Die Rüge erfolgte prompt, und zwar durch meine Mutter.

„Bitte gewöhne dir einen anderen Ton an, Liz. So redet man nicht mit seinem Vater."

Ich blieb stumm und kochte innerlich, aber sie schien noch nicht fertig zu sein.

„Du willst uns also erzählen, dass du die Karte von Tante Aurelia einem jungen Mann geschenkt hast, den du gar nicht lange kanntest und der wieder zurück nach Irland gegangen ist?"

„Ja, Mum, genau das habe ich gesagt und nein, es tut mir nicht leid, weil es meine Karte war und ich damit machen kann, was ich möchte."

„Aber du hättest Hannah fragen können, ob sie mit dir gehen will!", empörte sich meine Mutter. „Sie hätte sich sicher gefreut."

Als ich das triumphierende Gesicht meiner Cousine erblickte, wäre ich am liebsten die Decke hochgegangen.

„Es fand letzten Sonntag statt und es ist sehr spät geworden. Wir hätte sie denn nach Hause kommen sollen? Außerdem war Montag Uni", erklärte ich selbstsicher.

„Da hat sie allerdings recht", pflichtete mein Onkel mir bei, der Einzige aus diesem Familienzweig, den ich leiden konnte.

„Nun ja, wenn das so ist", lenkte meine Mutter ein, „dann will ich nichts gesagt haben."

Innerlich zählte ich die Minuten, bis unsere Gäste endlich das Weite suchten und letztendlich zählte ich die Stunden, die ich noch im Hause meiner Eltern verbringen würde. Noch eine Nacht und ich hatte es geschafft.

Es dauerte ewig, bis ich einschlief, denn immer wieder sah ich mir die Zeichnung von Niall und mir an. Je öfter ich darauf blickte, desto tiefer versank ich in seinen Augen. War das wirklich real gewesen?

Manchmal kam es mir so vor, als hätte ich all das nur geträumt. Er war zu perfekt für diese Welt.

Schließlich war es weit nach zwei Uhr, bis ich endlich in den Schlaf versank und umso müder war ich, als der Wecker mich um neun aus meinen Träumen riss. Doch es gab einen Lichtblick. Heute würde ich wieder zurück in die WG marschieren und das schöne, entspannte Leben mit Crissy, Paul und Benny genießen.

Es erheiterte meine Laune immens, als ich nach dem Frühstück erklärte, dass ich sofort losfahren wollte. Da meine Eltern nichts dagegen einzuwenden hatten (und wenn, dann hätte es mich sowieso nicht interessiert), packte ich meine Sachen zusammen, um mich auf den Weg ins Westend zu machen.

„Wann sehen wir dich denn wieder?", fragte meine Mutter.

„Zum neuen Jahr, wie üblich", erwiderte ich lächelnd.

Mein gestriger Groll war bereits wieder verschwunden. Ich konnte ihr nicht lange böse sein, denn Hannah war nicht nur ihre Nichte, sondern auch ihr Patenkind. Und für das wollte man schließlich nur das Beste.

In der WG angekommen, pflanzte ich mich auf meine heißgeliebte Matratze, nahm die Gitarre in die Hand und versuchte darauf zu spielen. Dies scheiterte jedoch kläglich, da ich denkbar unmusikalisch war.

Wie schaffte es Niall nur, diesem Instrument solch wundervolle Töne zu entlocken? Vielleicht hätte er es mir beibringen können, wenn ich danach gefragt hätte. Zu dumm, dass ich nicht daran gedacht hatte, denn nun würde ich dieses Lied, unseren Song, In these Arms, niemals mehr hören.

Das Klopfen an meiner Tür ließ mich aufschauen. „Komm rein", rief ich um kurz darauf von Crissy in die Arme genommen zu werden.

„Hey, Lizzy, na, wie war Weihnachten?"

Sichtlich relaxed ließ sie sich neben mir nieder und kaute auf irgendwelchen Bonbons herum. Der Geruch von Pfefferminz setzte sich sofort in meiner Nase fest.

„Weihnachten war wie immer, und bei dir?"

„Auch. Sag mal, was machen wir denn an Silvester? Wollen wir hier ne Fete schmeißen? Paul hat sowas anklingen lassen."

Ich zuckte mit den Schultern. „Warum eigentlich nicht? Wir könnten Tara und Lucy einladen und die Jungs haben bestimmt auch noch ein paar Freunde, die dabei sein möchten."

„So machen wir es. Ich sag Lucy Bescheid. Rufst du nachher bei Tara an?"

„Kann ich machen."

Als ich an das Telefon dachte, das im Flur stand, kreisten meine Gedanken automatisch um Niall. Verdammt, was stimmte mit dieser Nummer nicht?

„Ist irgendwas, Liz? Du wirkst so bedrückt?"

Crissy legte ihren Arm um meine Schultern und ließ es zu, dass ich mich an sie kuschelte.

„Es ist wegen Niall."

„Hast du versucht ihn anzurufen?"

„Ja, leider ohne Erfolg."

Traurig erzählte ich von der Telefonaktion, die rein gar nichts brachte, da die Nummer nicht vergeben war.

„So ein Mist! Glaubst du, er hat das mit Absicht gemacht?", wollte Crissy wissen.

„Keine Ahnung, ich weiß nur, dass ich total in ihn verknallt bin", seufzte ich laut. „Und weißt du, er hat immer so lustige Geschichten erzählt. Dass sie alle aus der Zukunft kommen und die Nummer erst in dreißig Jahren funktionieren würde."

„Ja, ich weiß."

Hin und wieder hatte ich Crissy etwas von Nialls Erzählungen offeriert. Sie hatte gelacht, weil sie es genauso wenig ernst nahm wie ich.

„Was soll ich denn jetzt machen?", fragte ich kläglich.

Mir war echt zum Heulen zumute.

„Hat er dir nicht seine Adresse gegeben?"

„Doch."

„Dann schreibe ihm einen Brief und beschwere dich auch, dass die Nummer falsch ist", riet Crissy.

„Hm, vielleicht sollte ich das wirklich tun."

Als ich in Richtung meines Schreibtisches schielte, begriff Crissy, dass es wohl besser war, das Zimmer zu verlassen. Nachdem sie die Tür hinter sich zugezogen hatten, holte ich einen Block sowie einen Kugelschreiber, setzte mich wieder auf die Matratze, und begann die Zeilen an Niall zu verfassen.

Anfangs fiel es mir schwer, die richtigen Worte zu finden, doch als ich den ersten Satz begonnen hatte, flutschte es wie von alleine. Er sollte wissen, wie es in mir aussah, doch ich wollte ihn nicht mit meinen Gefühlen überrennen.

Der Brief endete so, wie ich es für angemessen hielt. Im Prinzip überließ ich ihm die Entscheidung, denn ich hatte keine andere Wahl. Aber er würde nun wissen, wie viel er mir bedeutete.

Umsichtig faltete ich den Zettel, verstaute diesen in einem Briefumschlag und lief dann zur Post, um eine Marke zu kaufen. Ich hatte keine Ahnung, wie hoch das Porto für einen Brief nach Irland war und in letzter Sekunde entschloss ich mich dazu, den Express-Versand zu wählen. Das kostete zwar fünf Pfund mehr, aber das war es mir wert. Ich wollte so schnell wie möglich in Kontakt mit Niall treten, denn ich hielt es wirklich nicht mehr länger aus.

Laut dem Postbeamten würde der Brief binnen zwei Tagen ankommen, was mich schon wieder hibbelig werden ließ. Wie würde er wohl reagieren?

Einstweilen musste ich mich jedoch gedulden, denn selbst wenn er gleich antwortete, würde es bestimmt einige Tage dauern, ehe die Post bei mir eintraf. Schließlich war nicht jeder so verrückt wie ich und nutzte den Express-Versand.

So gesehen war es ein Segen, dass wir uns um die Vorbereitungen für unsere Silvester Party kümmern mussten. Insgesamt waren es zwanzig Leute, die hier aufkreuzten. Jeder hatte etwas anderes dabei, entweder Getränke oder Chips, Popcorn und jemand hatte sogar Hot Dogs mitgebracht.

Es wurde ziemlich lustig, wir tanzten ausgelassen zu lauter Musik und Paul gab eine besondere Einlage, als er im Flur auf dem verschütteten Bier ausrutschte und auf die Fresse flog.

Auch das Feuerwerk war nicht zu verachten. Wir zündeten Raketen an und ließen Kracher umherfliegen. Manchmal hielt ich mir die Ohren zu, weil es so laut wurde, dass ich Angst hatte, mein Trommelfell könnte platzen.

Paul drückte mich besonders heftig, als er mir ein gutes neues Jahr wünschte.

„Alle deine Wünsche sollen sich erfüllen Lizzy. Das hast du verdient", sagte er, bevor er mir einen Kuss auf die Wange drückte.

Alle meine Wünsche sollten sich erfüllen.

Das Zerplatzen des ersten Wunsches geschah am neunten Januar 1984, als ich von der Uni nach Hause kam.

„Da ist Post für dich gekommen", rief Benny mir zu, als ich gemeinsam mit Crissy den Flur betrat.

Wie üblich bunkerte derjenige, der den Briefkasten leerte, die Post auf dem Küchentisch. Dort hechtete ich hin, durchforstete den Stapel und zog schließlich einen Umschlag hervor. Dieser kam aus Irland.

Der Stempel darauf ließ meine Knie zittern und ich brach sofort in Tränen aus.

„Empfänger unbekannt."

Niall hatte mir nicht nur eine falsche Telefonnummer, sondern auch eine verkehrte Adresse aufgeschrieben. Das verletzte mich zutiefst, denn so hätte ich ihn niemals eingeschätzt.

Ohne einen Ton zu sagen, stürmte ich in mein Zimmer und verschloss die Tür hinter mir. Ich wollte nur noch alleine sein, in meinem Selbstmitleid versinken und mir tausendmal vorbeten, was für eine dumme Kuh ich doch war, als ich annahm, dass er Gefühle für mich entwickelt hatte.

Sie waren alle gleich. Sie wollten nur das Eine. Und ich war auf ihn hereingefallen. Auf seine wunderschönen Augen, sein Lächeln und auf seinen Gesang.

In diesem Moment hasste ich ihn aus tiefstem Herzen und wünschte mir, ihm noch einmal begegnen zu können, um ihm an den Kopf zu schmeißen, was für ein Idiot er doch war.

Ich war versucht, den Brief und die Zeichnung zu zerfetzen, doch etwas in meinem Innersten hielt mich davon ab. Es fühlte sich an wie ein Zwang, beides in der Schachtel verstauen zu müssen. Vielleicht würde ich sie niemals wieder öffnen, doch die Erinnerungen waren im Moment zu wertvoll, um von ihnen ablassen zu können.

„Dreißig Jahre", murmelte ich vor mich hin und wischte mir die Tränen aus den Augen. „Deine dreißig Jahre, die ich warten soll, bis deine Nummer angeblich funktioniert, kannst du dir an den Hut stecken. Falls ich dich nach dreißig Jahren irgendwo treffen sollte, dann renne um dein Leben."

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Ich wollte euch nochmals einen kleinen Rückblick in die Vergangenheit gewähren. Lizzy ist demnach sehr wütend auf Niall, doch wer kann ihr das verdenken?

Ich hoffe, es hat euch gefallen und ihr hattet Spaß beim Lesen.

Die Grafik im oberen Bereich ist übrigens von horansuniverse - ich finde sie einfach umwerfend.

Danke für die vielen, tollen Kommentare! Es freut mich total, dass ihr diese Geschichte so sehr mögt.

LG, Ambi xxx


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