9 Minuten

Als ich ein weiteres Mal auf die Uhr schaute, stelle ich fest, das eine weitere Minute vergangen war.

In neun Minuten würden sie kommen und mich abholen.

Es würde mein Ende bedeuten.
Das Ende dieses Lebensabschnittes,
das Ende meines letzten Lebensabschnittes.

Angefangen hatte dieser letzte Abschnitt meines Lebens vor neun Jahren.

Vor neun Jahren war der Tag des Prozesses.

Der Prozess, dessen Ende auch mein Ende bedeutete.

Ich dachte an den Tag des Prozesses zurück.

Es war ein regnerischer Tag im April gewesen, es war, als hätte der Himmel geweint.

Vielleicht hatte er geweint, weil ich, ein Unschuldiger, verurteilt wurde.
Vielleicht hatte er geweint, weil mein Sohn, ein Kind von vier Jahren, nun seinen Vater verlor.

Vielleicht hatte er auch geweint, weil die Beziehung von meiner Frau und mir nun auf eine Probe gestellt wurde.

Ich weiß nicht, warum genau der Himmel geweint hat, ich weiß nur, dass er geweint hat.

Geweint, weil die Ungerechtigkeit ihren Lauf nahm.

Ich erinnerte mich genau daran, wie meine Welt zerbrach, als das Urteil verkündet wurde.

In den ersten Monaten im Gefängnis hegte ich Selbstmordgedanken.
Nur dem Zuspruch meiner Frau ist es zu verdanken, dass ich mich nicht umbrachte.

Rückblickend war ich sehr froh darüber, dass meine Frau mich durch viele Gespräche vom Freitod abgehalten hatte.
Denn obgleich mir immer klarer wurde, dass ich wahrscheinlich nie wieder die Freiheit genießen dürfte, sah ich wieder einen Sinn in meinem Sein.

Ich wollte stark sein und die Hoffnung nicht aufgeben.

Die Hoffnung, die nur einen Unschuldigen am Leben erhalten kann.

Die Hoffnung, dass vielleicht doch noch die Gerechtigkeit siegt.

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