Erste Fehlentscheidung
Als die Sommerferien heranbrachen und ich wieder bei meinen Eltern zu Hause war, brachten ihre gemeinen Aussagen das Fass zum überlaufen. Ich begann nach jedem Essen, es wieder zu erbrechen. Zu Beginn war es widerlich und auch sehr schmerzhaft. Doch mit der Zeit gewöhnte ich mich daran nach dem Mittagessen wieder alles zu erbrechen. Mit Erfolg!
Ich nahm während der Ferien mindestens 8 Kilogramm ab und ließ über die Monate meine natürlich blonden Haare lang wachsen. Was meine grün-braunen Augen und mein markantes Gesicht noch mehr zur Geltung brachten.
Plötzlich war ich in der wieder beginnenden Schule der Hero. Auch meine Familie zu Hause war sehr angetan von mir. Mein Vater mit seiner spitzen Nase und seinen blonden Haaren nickte mir anerkennend zu. Meine Mutter meinte plötzlich: „Die gute Figur hat sie von mir und meiner Familie. Wir sind alle so schlank und können Essen was wir wollen. Ha! Ha! Ha!
Leider ging mein krankhaftes Ess- Brechverhalten weiter. Nicht mehr so zwanghaft nach jeder üppigeren Mahlzeit, aber doch mindestens einmal täglich. Die Angst noch einmal so dick zu sein, war einfach zu groß.
In der Schule musste ich sehr vorsichtig vorgehen. Nur wenige im Zimmer hegten einen Verdacht, der sich aber nie bestätigte. Denn nie kam mir wirklich jemand auf die Schliche oder erwischte mich gar bei frischer Tat.
Ich merkte leider nicht oder viel mehr zu spät, dass ich mit der Zeit mein Immunsystem so schwächte, dass ich immer mehr Allergien an Land zog. Gegen Gräser, Pollen und Nahrungsmittel und als Krönung war dann die Diagnose Asthma.
Das häufige Fehlen in der Schule als Resultat dessen was ich tat, war für mich kein Problem. Natürlich war ich eine Einser Schülerin oder auch anders genannt, eine unbeliebte Streberin.
ABER – ich war sehr zufrieden mit meinem Aussehen und hatte die vollste Anerkennung in meinem Umfeld, auch von dem männlichen Geschlecht.
Meine erste große Liebe blieb leider platonisch. Wir lernten uns im Tanzkurs kennen und hatten dort sehr viel Spass. Ein Treffen danach wurde mit ständigem Hausarrest oder Hausarbeiten verhindert. Kommentar meines Vaters: "Das gehört sich nicht. Du bist zu jung und bleibst zu Hause!" Wie entkommt man so einem Gefängnis?
Endlich! Der erste Ausgang, natürlich unter Aufsicht meiner Eltern, war auf den jährlichen Pfarrball. Mein selbstgeschneidertes Ballkleid - mein Traumberuf als Kind wäre Modedesignerin gewesen - war blitzblau, elegant und sehr figurbetont. So lernte ich zu meiner großen Freude mit 17 Jahren meinen ersten Freund kennen. Unsere beiden erzkatholischen Eltern waren überglücklich. Halleluja!
Nun, dieser gleichaltrige junge Mann namens Fred gab mir endlich das Gefühl (zumindest äußerlich), eine richtige Frau zu sein. Fred war wie ich 17 und vom Aussehen her ein südländischer Typ. Plötzlich war das Gewicht kein Thema mehr.
Und durch den ständigen Stress in der neuen Schule, nahm ich ohnehin weiter ab - OHNE erbrechen zu müssen!
Innerlich hatte ich mich aber bereits weit zurückgezogen, sodass ich mich selbst kaum noch spürte. Abgestumpft, manchmal sogar wie taub, begegnete ich dem Alltag wie eine Marionette – ein JA Sager. Nach außen hin lieb und brav, im innen voller Ängste und Verzweiflung.
So meine Lieben, das war ein erster Einblick in Annas Leben. Ich hoffe es hat euch gefallen, für ehrlich gemeintes Feedback bin ich immer dankbar! ;-)
Alles Liebe und bis Bald
Ella
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