Kapitel 65 - Unseen


„Cici!" Laute Rufe, vereint mit dem Geräusch hastiger Schritte fegten durch die Eingangshalle und hallten von den dicken Steingemäuern wider. Wie lange es wohl her sein mochte, seitdem ich diesen Spitznamen zuletzt gehört hatte? Ich hasste ihn noch immer.

„Was gibt's, Harry?"

Keuchend blieb er vor mir stehen. Ein breites Grinsen zierte seine Lippen und er sah aus, als wäre er mit guten Neuigkeiten gekommen. Nach dieser fatalen Quidditchniederlage und meiner Auseinandersetzung mit Malfoy war meine Stimmung nicht gerade die allerbeste gewesen. Adrian hatte aufgrund seiner Gehirnerschütterung einen Tag im Krankenflügel bleiben müssen und war erst heute Mittag entlassen worden. Ich hingegen hatte das Glück, dass meine Nase nicht gebrochen und ich daher mit einem ekligen Gesöff davongekommen war, das augenblicklich meine Schmerzen gelindert hatte.

„Hagrid! Er ist wieder da!" erzählte er aufgeregt, mit beidean Armen auf seinen Oberschenkeln abgestützt, als er sichtlich nach Atem rang.

Meine Augenbrauen wanderten nach oben, ehe ich ein angedeutetes Lächeln zeigte „Oh, das ist prima." Mein Versuch euphorisch zu klingen, war mit Sicherheit nicht der beste, denn Hagrids Abwesenheit war mir in letzter Zeit kaum mehr aufgefallen. Außerdem bedeutete das, dass der Unterricht mit Professor Raue-Pritsche in Pflege magischer Geschöpfe enden würde, den ich nicht nur sehr zu schätzen wusste, sondern vielmehr auch regelmäßig gute Bewertungen auf meine Arbeiten bekommen hatte. Doch bei Hagrid... nun, ich wusste nicht so Recht. Doch was mich eigentlich interessierte, war etwas ganz Anderes. „Und? Habt ihr schon mit ihm gesprochen?"

Harry sah sich kurz um, ob uns auch niemand belauschte und zog mich dann zur Seite, ehe er zu einer Antwort ansetzte. „Gestern nach dem Quidditchspiel haben wir ihn heimlich in seiner Hütte besucht. Umbridge hätte uns fast erwischt."

Bei dem Gedanken daran, was passiert wäre, hätte Umbridge sie entdeckt, musste ich schwer schlucken. „Weshalb hat Hagrid so lange gefehlt?"

„Er und Olympe Maxime haben einen Auftrag von Dumbledore ausgeführt. Die Riesen" Er sah sich abermals um. „Sie sollten sie für den Widerstand gegen Voldemort gewinnen."

„Haben sie ---?

„Nein. Sie sind ohne jegliche Zusagen zurückgekehrt und er sieht ziemlich übel zugerichtet aus."

„Denkst du, Voldemort hat bereits Riesen um sich geschart?"

„So wie es aussieht, scheinen sie sich mit ihm zu verbünden. Wir müssen vorsichtig sein."

„Gut." Meine Brust schwoll bei dem Gedanken womöglich gegen Riesen zu kämpfen, unaufhörlich an. Zu meinem Glück war ich noch nie einem begegnet, abgesehen von Hagrid, der als bloßer Halbriese schon eine beachtliche Größe besaß.

Nachdenklich kaute ich an meiner Unterlippe, schüttelte dann aber meinen Kopf. Es gab nichts, was ich in diesem Moment dagegen ausrichten konnte. Langsam hob ich meinen Blick an, um den von Harry einzufangen.

„Wegen gestern, Harry... Malfoy ist wirklich so ein aufgeblasener Idiot, ich kann's noch immer nicht fassen, was er gesagt hat. Das hätte er nicht tun dürfen, unabhängig davon, ob wir gewonnen oder verloren haben."

Augenblicklich verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck „Malfoy ist einfach eine miese Schlange und ein schlechter Verlierer."

Auf seine Worte hin nickte ich, fragte mich aber zugleich, ob er mit „Schlange" nun allgemein Slytherins meinte, ging jedoch nicht darauf ein.

„Fred, George und ich haben nun lebenslängliches Quidditchverbot durch Umbridge, weil wir auf Malfoy losgegangen sind." Ein Schatten huschte über seine Miene. „Tut mir übrigens leid, wegen deiner Nase."

„Madam Pomfrey hat gestern beste Arbeit geleistet, keine Sorge. Aber ich kann einfach nicht glauben, dass Umbridge euch Spielverbot ---"

„Lebenslängliches Spielverbot..." brummte Harry.

„--- gegeben hat." Ich stieß die Luft langezogen durch die Nase aus. „Pass auf dich auf, Harry. Sie hat es speziell auf dich abgesehen. Der Vorfall gestern ist ihr bestimmt Recht gekommen, um dich zu bestrafen."

Er nickte griesgrämig, doch dann glätteten sich seine Züge. „Du hast gut gespielt."

Mein Magen fühlte sich plötzlich wieder ganz flau an, so wie gestern. „Nicht gut genug." zuckte ich mit den Schultern. „Danke für deine aufmunternden Worte, aber wir haben trotzdem verloren. Ich muss jetzt los. Bis später, Harry." verabschiedete ich mich etwas übereil und rannte förmlich davon, ehe er ein „Bis später." gemurmelt hatte.

Missmutig schlenderte ich zur Eulerei, während mir lachende Gesichter entgegenkamen, die meisten davon Gryffindors. Weshalb hatten wir gestern bloß diesen Sieg verpasst? Wir hatten ihn verdient, hatten so hart dafür trainiert. Ob ich es zugeben wollte oder nicht, nun ich verstand ich Snape, weshalb er den Gryffindors in seinem Unterricht des Öfteren Punkte abzog. Hermine, die immer alles besser wissen musste. Neville der seine Unfähigkeit als angeborene Tollpatschigkeit verkaufen wollte. Ron, der mit Vorurteilen jonglierte und sein eigenes Missbehagen auf andere übertrug. Und Harry, der unter anderem durch Dumbledore etwaige Privilegien genoss und dem Anschein nach alles besser konnte.

Nein. So durfte ich nicht denken. Das Einzige, was mich zu diesen Gedanken veranlasste, war meine Verbitterung über die Niederlage und ich wollte kein schlechter Verlierer sein... so wie Malfoy. Ich war nicht wie er.

Stroh knirschte unter meinen Füßen und lautes Vogelkreische drang an mein Ohr, als ich die Eulerei betrat. Das schwarze, glänzende Gefieder von Hallow stach mir sofort ins Auge, der hoch oben auf einer Stange saß und mich mit seinem Blick aufmerksam verfolgte, als wäre es Nacht und ich eine wehrlose Maus auf der Suche nach etwas Nahrung. Langsam lehnte ich mich gegen eine freie Wand, ließ mich hinuntergleiten und verharrte schließlich in einem Schneidersitz. Aus meiner Umhangtasche zog ich das Buch hervor, das mir der mysteriöse Unbekannte als Geburtstagsgeschenk zukommen ließ und ich von diesem Zeitpunkt an entweder versteckt im Mädchenschlafsaal oder direkt bei mir wusste. Der Einband fühlte sich sanft und weich unter meinen Fingerkuppen an. Das Schwarz schimmerte im hereinfallenden Licht. Als ich es aufschlug, überkam mich ein eigenartiges Gefühl, so wie jedes Mal. Die geschwungene Schrift vom letzten Mal war verschwunden, die erste Seite nunmehr leer. Je länger ich auf das leere Blatt starrte, umso stärker schien es mich in seinen Bann zu ziehen. Erst als ich ein wildes Flügelschlagen vernahm und Hallow einen Moment später neben mir landete und mich mit seinen großen Augen musterte, erwachte ich wieder zum Leben.

„Ich sollte etwas hineinschreiben, nicht wahr? Ist es das?" murmelte ich eher zu mir selbst als zu Hallow, der jedoch wie zur Bestätigung seine Flügel ausbreitete und seinen Kopf schräg legte. War es das, was der mysteriöse Unbekannte wollte? Ein anderes nunmehr sicheres Kommunikationsmittel?

Einen tiefen Atemzug nehmend, holte ich Feder und Tinte hervor, warf einen verstohlenen Blick in Richtung des Eingangs. Seitdem Umbridge jegliche Post kontrollierte, wurden wesentlich weniger Briefe verschickt, was zur Folge hatte, dass die Eulerei neulich zu einem ungestörten Ort geworden war. Ich setzte die Spitze meiner Feder auf das Papier. Ein dunkler Tintenfleck breitete sich darauf aus, ohne dass ich die Feder von der Stelle führte. Was sollte ich schreiben?

Ist da jemand? schrieb ich darauf nieder und kam mir im selben Augenblick dämlich vor. Doch wenn sich meine Vermutung bestätigen sollte, dann...

Ein, zwei Minuten wartete ich, ohne dass etwas passierte. Die Worte waren nicht verblasst, dunkle Tinte prangerte nach wie vor von der ersten Seite und auch keine Worte, die aus dem Nichts auftauchten.

Einen Moment noch ließ ich verstreichen, bevor ich das Buch etwas zu kräftig zusammenklappte, sodass ein dumpfes Geräusch von den Wänden widerhallte. Einige Eulen kreischten auf. Hallow hingegen rührte sich nicht. Auch dann nicht, als ich mich erhob.

„So ein Unsinn... Wie kann mir dieses Buch helfen, wenn ich mich einsam fühle? Soll ich etwa Tagebuch schreiben? Nein, danke..." brummte ich griesgrämig als ich es in meiner Umhangtasche verschwinden ließ und die langen Treppen hinunterstürmte.

Hatte ich mich geirrt?

*****


Wider Erwartungen stellte sich meine erste Unterrichtsstunde in Pflege magischer Geschöpfe mit Hagrid am darauffolgenden Tag als weniger katastrophal als angenommen heraus. Da Professor Raue-Pritsche letztes, als auch dieses Jahr für Hagrid eingesprungen war, war dies hier meine erste offizielle Unterrichtsstunde mit dem Halbriesen. Zu Beginn der Stunde verkündete er, dass wir in den Verbotenen Wald gehen und er uns einige Wesen zeigen würde. Im Gegensatz zum Rest der Klasse, die zur Häufe skeptische Blicke austauschten, machte sich bei mir Freude breit. Lange schon zog es mich an diesen Ort, wollte mehr sehen von der magischen Welt außerhalb der Mauern Hogwarts', obgleich mir bekannt war, welche Gefahren sich dort verbargen.

Da Daphne andere Wahlfächer als ich gewählt hatte und Adrian eine Stufe über mir war, schloss ich mich Harry, Ron und Hermine an.

„Was ich euch heute zeig', ist lieber im Dunklen." sagte Hagrid und führte uns einen schmalen Weg entlang, den wir im Gänsemarsch passierten. Harry hatte nicht übertrieben, Hagrid sah tatsächlich ziemlich übel zugerichtet aus. Sein Gesicht war von Schnittwunden und gelben Blutergüssen übersät. Als wäre dem nicht genug, hatte er etwas Blutiges über seiner Schulter hängen, das wie ein Korpus einer Kuh aussah, was ihm einen biederen Look verlieh.

„Was ist lieber im Dunkeln? Habt ihr das gehört?" hörte ich Malfoy ein Stück weiter hinten etwas nervös Crabbe und Goyle zumurmeln und musste unwillkürlich die Augen verdrehen. Fast schon instinktiv griff ich an meine Nase, die inzwischen wieder vollständig verheilt war, ließ dann aber eilig meine Hand sinken.

„Dachte, wir könnten uns diese Geschöpfe in ihrem natürlichen Lebensraum ansehen. Die sind ziemlich selten, schätz mal, ich bin so ziemlich der Einzige in ganz Britannien, der's geschafft hat, die zu dressieren."

„Und Sie sind sicher, dass sie dressiert sind, ja?" fragte Malfoy mit einem Anflug von Unbehagen. „Wär ja jedenfalls nicht das erste Mal, dass sie wilde Viecher in den Unterricht bringen, oder?"

Einige murmelten zustimmend und ich fragte mich, welche schlechte Erfahrungen die anderen mit Hagrids magischen Geschöpfen gemacht hatten.

„'türlich sind die dressiert." Der blutige Kadaver der Kuh, den er bei sich trug, unterstrich seine Worte zugegebenermaßen nicht sonderlich.

„Etwa Angst, Malfoy?" höhnte ich und ließ ihm über die Schulter ein hämisches Lächeln zukommen.

„Als ob." erwiderte er etwas trotzig, aber zögerlich. Sichtlich überrascht, dass ich nach diesem einen Vorfall beim Quidditchspiel wieder ein Wort mit ihm wechselte, war ich ihm seitdem doch vehement aus dem Weg gegangen. Seine Miene verfinsterte sich.

„Große Worte, Hastings, für jemanden, der nur brave Hauskätzchen gewohnt ist." Pansy grinste bösartig. „Kein Wunder, dass du vor zwei Tagen noch so herumgeheult hast." Pansy kratzte sich übertrieben auffällig an der Nase

Mein Mundwinkel zuckte kurzzeitig, ehe mein Blick für den Bruchteil einer Sekunde zwischen Draco und Pansy wechselte. Dann drehte ich mich um.

„Wir sind da. Der Fleischgeruch wird sie anlocken. Kommt näher ran." Die Gruppe war zum Stillstand gekommen und Hagrid hatte den Kuhkorpus abgelegt und stieß schrille Rufe aus, um die Geschöpfe anzulocken. Niemand lachte, obwohl es sich wirklich lächerlich anhörte.

Stille hatte sich über die Fünftklässler gelegt, als plötzlich das Rascheln eines Busches zu hören war. Mein Atem stockte. War das möglich? Ich starrte geradewegs auf jene Kreatur, die ich bereits am Beginn des Schuljahres gesehen hatte, die Schulkutschen ziehend. Sie existierten tatsächlich! Es besaß das Skelett eines Pferdes, dunkle Flügel und einen drachenartigen Kopf. Eine Abbildung davon hätte bei Muggeln mit Sicherheit als Reitpferd des Todes durchgehen können.

Das unheimliche Geschöpf ging zu dem Kuhkadaver und riss einige, große Fleischstücke heraus. Erschrockenes Raunen ging durch die Gruppe.

„Wer macht das?" fragte eine Gryffindor und blanker Schock stand ihr ins Gesicht geschrieben. Verwirrt runzelte ich die Stirn. Diese Tiere waren doch wohl kaum zu übersehen, nicht? Schon gar nicht, als noch mehr von ihnen durch die Büsche traten und nur wenige Meter vor einigen Schülern entfernt standen.

„Thestrale." sagte Hagrid. Seine Stimme war getränkt von unverkennbarem Stolz.

Hermine stöhnte neben mir auf, als wäre ihr gerade ein Licht aufgegangen.

„Kannst du sie sehen, Harry?" fragte sie.

Er nickte. Ein Thestral kam immer näher und blieb nur gut einen halben Meter vor mir stehen, ich streckte bereits die Hand nach dem Skelettwesen aus, wollte wissen, wie es sich anfühlt einen zu berühren.

„Nur wer den Tod gesehen hat, kann Thestrale sehen." murmelte Hermine und ich hielt augenblicklich Inne und zog meine Hand wieder zurück.

Ich hatte ihn gesehen. Cedric's Tod. Wie er einfach vor meinen Augen gestorben war. Deshalb konnte ich diese Geschöpfe sehen und Harry ebenso, weil er Cedric sterben sah, nicht wahr? Erneut sah ich den zischenden grünen Blitz vor mir, Cedrics geweitete Augen, das Licht darin, das von der einen Sekunde auf die andere ausgelöscht worden war.

„Wer von euch kann sie sehen?" fragte Hagrid und ich kehrte wieder zurück in den Verbotenen Wald, und blickte in verdutzt dreinsehende Gesichter.

Drei Hände gingen hoch. Harry, Neville und... die eines Slytherins.

Mein Atem ging flach. Würde es verdächtig wirken, wenn ich nun meine Hand heben würde? Würde man Fragen stellen? Ich konnte dieses Risiko nicht eingehen. Niemand durfte wissen, dass ich Cedrics Tod mitangesehen hatte. Dass ich auch dort gewesen war, direkt in Voldemorts tiefroten Augen geblickt hatte. Und noch weniger durfte man wissen, was der falsche Moody in jener Nacht zu mir gesagt hatte. Über meinen Vater. Nichts von alldem durfte jemals bekannt werden. So war mein Geheimnis sicher.

Ein seltsames Gefühl überkam mich und als ich mich nach rechts drehte, blickten Dracos graue Augen in die meinen. Einen Moment lang hielt ich seinem Blick stand, fragte mich, ob er wohl ahnte, was ich in diesem Moment dachte, ob er gesehen hatte, wie ich meine Hand angehoben hatte, als hinter uns plötzlich eine schrille Stimme ertönte.

„Chrm. Chrm." Umbridge. Das konnte doch nicht wahr sein... Was machte SIE denn hier?

„Oh, hallo." entgegnete Hagrid und lächelte, ganz im Gegenteil zu mir. Meine Mundwinkel hatten wohl gerade einen Bogen nach unten gemacht.

„Sie haben die Mittelung erhalten, dass ich heute ihren Unterricht inspizieren werde?" Und genau an diesem Augenblick, sollte meine gut begonnene erste Stunde mit Hagrid eine andere Richtung einschlagen und nervenzehrende Minuten für den Halbriesen beginnen.

Umbridge sprach den Rest der Stunde übertrieben laut mit Hagrid, unterstrich ihre Worte durch völlig überflüssige Gestikulation und tat so, als wäre er ein dummer Troll, der nicht in der Lage war, sich zu verständigen. Es war offensichtlich, dass sie erneut daran arbeitete gewisse Lehrer von der Schule zu haben und Hagrid stand wohl ziemlich hoch oben auf ihrer Liste. Beinahe ununterbrochen machte sie sich unverschämte Notizen auf ihrem Klemmbrett, murmelte diese so laut vor sich hin, dass sie alle hören konnte – wie etwa:

„Muss...auf...primitive...Zeichensprache...zurückgreifen..." oder „Zeigt...unverkennbare...Anzeichen...von...Vergnügen...bei...Gewaltvorstellungen..."

Ein Kichern und Grölen ging durch die Slytherinreihen, aber auch so manche Gryffindors schienen kurz davor sein laut loszuprusten. Ich hingegen gab keinen Mucks von mir.

Am Ende der Stunde stand jedoch eines fest: Es sah für Hagrid alles andere als gut aus.

Noch am selben Tag lag ich spät nachts mit weit geöffneten Augen im Bett und starrte an die Decke. Die Thestrale und die hochgekommene Erinnerung an Cedrics Tod ließen mir keine Ruhe. Unruhig wälzte ich mich nach links, dann nach rechts und dann wieder nach links. Jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, sah ich es wieder vor mir. Den Friedhof und all die schrecklichen Bilder. Doch genauso den falschen Moody, dessen Worte in meinen Ohren summten.

Es stimmt, was man sagt. Du kommst ganz nach deinem Vater.

Mit einem Ruck setzte ich mich im Bett kerzengerade auf, öffnete meine Nachttischlade so leise wie nur möglich und nahm das schwarzschimmernde Buch heraus. Im Schlafsaal selbst war es dunkel, nur fahles Mondlicht, das im Wasser des Schwarzen Sees brach, schien durch die Fenster. Heute war das Licht verhältnismäßig hell, ich vermutete, dass Vollmond kurz bevorstand. Das Buch fühlte sich unter meinen Fingerkuppen merkwürdig warm an, so als wäre es in der Sonne gelegen oder jemand hätte es über einen längeren Zeitraum in Händen gehalten. Langsam klappte ich es auf. Ein Zucken überkam meinen Körper, ließ das Buch beinahe fallen, als ich mit zusammengekniffenen Augen die fremden feinen Schriftzüge erkennen konnten, die auf dem Weiß des Papieres erschienen waren. Der Satz, den ich zuletzt geschrieben hatte, war verblasst. Eine Gänsehaut überzog meine Arme und Beine, als ich im fahlen Licht die Schrift entzifferte.

Ich bin immer für dich da.

Mit zittrigen Händen legte ich das Buch auf meinem Schoß ab, starrte auf den Schriftzug, der nunmehr in meinem eigenen Schatten lag und kaum zu sehen, gar zu lesen war. Hatte ich recht gehabt? Hatte der mysteriöse Unbekannte nunmehr einen Weg gefunden mit mir auf einen Weg zu kommunizieren, der weitaus weniger gefährlich war als über Briefeulen, seitdem Umbridge jegliche Post kontrollieren ließ? Und Dumbledore... hatte er meine Briefe gelesen?

Sein durchdringender Blick, der auf mir gelegen war, als Hallow mit dem Brief über mir in der großen Halle geschwebt war, ohne ihn jedoch fallen zu lassen. Wusste er, dass ich etwas im Schilde führte? Und ahnte er, dass sich etwas geändert hatte? Meinen letzten Brief an den Unbekannten hatte ich vor einigen Wochen abgeschickt, seitdem war es ruhig geworden. Abseits der Norm.

Vorsichtig wandte ich meinen Kopf nach links und rechts. Die anderen schienen tief und fest zu schlafen. Niemand gab einen Mucks für sich. Meiner Meinung nach war es gar etwas zu still. Ich wusste, dass es mir nicht möglich war jetzt zu antworten ohne Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, indem ich womöglich jemanden weckte.

Aus diesem Grund ließ ich mich langsam zurück ins Bett sinken, nahm das Buch wieder an mich, presste es fest gegen meinen Oberkörper. In dieser Position schlief ich wenig später ein, das Buch fest mit meinen Armen umschlungen. 

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