Kapitel 23-die Wahrheit

Perplex sahen wir unser Gegenüber an. Diese Situation war einfach nur merkwürdig und ich wartete regelrecht auf irgendeine Falle. Tenshi hatte die ganze Zeit für diese Organisation gearbeitet, also wieso sollte sie uns jetzt helfen?

Die Braunhaarige hatte unseren Blick natürlich bemerkt und lief vorsichtig auf uns zu. Als ich ihr jedoch meine entflammte Hand entgegenstreckte, stoppte sie abrupt und schaute uns nur tief in die Augen. Ihr Gesichtsausdruck war so ehrlich, dass Zweifel in mir aufkamen. Das alles hier konnte doch nur ein Trick sein, oder? Sie würde uns doch niemals freiwillig helfen, aber dieser Blick...Gott, ich konnte sie gerade einfach nicht töten. "Mitty, glaubst du ihr?", fragte ich und schielte zu meiner Freundin herüber, die sich ausschließlich auf Tenshi fokussierte. "Ob ich ihr glaube? Tja, lass mich mal überlegen...Nein! Diese Bitch hat uns beide angelogen, verraten und einfach nur für ihre Zwecke benutzt." Die Blondhaarige lief während sie redete immer weiter nach vorne, bis sie schließlich direkt vor der Angesprochenen stand. "Also, nenn mir einen guten Grund, warum wir dich nicht sofort zu deiner geliebten Chefin schicken sollten." Tenshis Miene verfinsterte sich und ihre Worte klangen Todernst. "Ganz einfach, weil sie nicht meine geliebte Chefin war." Verwirrt trat Mitty wieder ein paar Schritte zurück und starrte genauso perplex, wie ich. Was sollte das denn jetzt heißen? Die Antwort ließ auch nicht lange auf sich warten, als Tenshi, weiterhin todernst, anfing zu erzählen. "Es gibt keine Entschuldigung für das, was ich getan habe und ich bitte auch nicht um Vergebung. Ich möchte bloß, dass ihr mir zuhört." Es herrschte eine kurze Stille, bevor sie weitersprach.

"Also, mein Leben war noch nie perfekt. Meine Eltern waren Alkoholiker und Drogensüchtig. Sie liebten sich nicht und benutzen sich nur gegenseitig. Ich enstand damals durch einen Unfall und wurde auch dementsprechend behandelt. Sie schlugen mich, ließen mich hungern und erfreuten sich an meinem Leid. Ich hasste sie so sehr und überlegte mir schon verschiedene Pläne, wie ich von dort wegkommen konnte. Tja, allerdings geschah das nicht, denn als ich 7 Jahre alt war bekamen sie meine kleine Schwester. Sie hieß Lizzy und ich liebte sie von ganzem Herzen und schwor, dass ich sie immer beschützen würde. Ich konnte einfach nicht anders, sie war so nett und unschuldig. Ich blieb also dort, ließ alles über mich ergehen und kümmerte mich Tag für Tag um meine Schwester. Mit der Zeit gewöhnte ich mich an alles und versuchte gar nicht mehr zu fliehen. Tja, damals wusste ich noch nicht, dass es Leute wie Helden gibt, die einem aus solchen Situationen retten. Ich sah sie nur manchmal im Fernsehen und hielt sie nicht für echt. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass mir jemand helfen würde. Zumindest nicht bis zu diesem einen Tag. Ich war 14 oder 15 und alles verlief ganz normal, bis auf einmal unsere Tür aufgebrochen wurde und ein paar Leute hereinstürmten. Sie bedrohten meine Eltern, fesselten sie und brachten sie weg. Wahrscheinlich ins Gefängnis. So genau weiß ich das bis heute nicht. Jedenfalls hatte ich Angst, große Angst, weshalb ich mich mit Lizzy versteckte. Zuerst klappte das ganz gut, aber anscheinend wussten diese Menschen über uns Bescheid und gingen nicht einfach weg, sondern suchten nach uns. Als sie uns schließlich fanden, erklärten sie, dass sie uns nichts tun würden und hier wären, um uns zu helfen. Es verlangte sie zwar einiges an Überredungskunst, doch am Ende gingen wir mit ihnen mit. So sind wir dann in dieser Organisation gelandet."

Vollkommen überrascht starrte ich Tenshi an. Ich wusste zwar ganz genau, dass ich nicht das einzige Kind, mit einer beschissenen Vergangenheit war, aber ich hätte nicht gedacht, dass Tenshi aus solchen Verhältnissen stammte. Es konnte auch sein, dass sie sich diese ganze Geschichte nur ausgedacht hatte, aber die Art, wie sie es erzählt hatte, ließ mich mich bezweifeln, dass das eine Lüge war. Allerdings waren noch nicht alle Fragen geklärt. "Was ist danach passiert?"

"Naja, erstmal haben wir glücklich dort gelebt. Mrs. Suzuki war wie eine Mutter für uns und kümmerte sich um uns zwei. Es war schön. Zumindest so lange, bis sie anfing von diesem Projekt zu sprechen. Sie war vollkommen fasziniert von dieser Idee und merkte nicht, wie krank das alles war. Lizzy und ich wollten nicht bei sowas mitmachen, also beschlossen wir von dort zu verschwinden. Tja, wäre es doch bloß sie einfach gewesen. Natürlich wurden wir entdeckt und man schleppte uns zu Mrs. Suzuki zurück. Gott, ich hatte sie noch nie so wütend erlebt. Sie schrie uns an, wie undankbar wir wären und drehte völlig durch." Tenshis Blick senkte sich und eine Träne floss ihr über die Wange, bevor sie mit zittriger Stimme weitersprach. "Sie hat Lizzy umgebracht und hat gedroht, auch mich zu töten, wenn ich ihr nicht gehorche. Ich weiß, dass das keine Entschuldigung ist und vielleicht wäre der Tod ja noch besser gewesen, aber ich wollte damals noch nicht sterben. Ich wollte leben und tat alles, was sie von mir verlangt hat. Es tut mir leid."

Ich war noch immer völlig geschockt von dieser Erzählung und sah der Ärztin einfach nur stumm dabei zu, wie sie in ihrer Tasche kramte und eine kleine Glasampulle herausholte.

"Ich möchte euch helfen."

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