Kapitel 12-Plan

Tenshi hatte glücklicherweise nicht mitbekommen, dass ich sie angestarrt hatte. Sie verschloß die Tür hinter sich und kramte dann in ihrer Tasche herum. Schnell wandte ich den Blick ab und versuchte mich zu konzentrieren. Gott, es war so verdammt schwer mein Pokerface zu erhalten. Am liebsten hätte vor Freude losgejubelt. Ich hatte endlich eine Chance von hier zu fliehen und ich musste sie nutzen. Das war der erste Tag, an dem Tenshi ein Skallpell dabei hatte und wahrscheinlich würde es viel zu lange dauern, bis ich wieder so eine Gelegenheit hätte. Auch wenn ich die schlimmsten Dinge wahrscheinlich noch gar nicht erlebt hatte, fühlte ich mich hier absolut erbärmlich. Jeden Tag diese dämmlichen Tests und dann noch dieser eintönige Raum, aus dem sie mich wahrscheinlich nie rauslassen würden. Außer natürlich ich musste wieder zum Quirk-Absorber oder einem anderen Test.

Das war doch kein Leben! Zumindest nicht für mich. Immerhin hatte ich noch eine Aufgabe zu erfüllen. Ich glaubte zwar eigentlich nicht sonderlich an Gott und sowas, aber ich war mir sicher, dass jeder von uns vor seinem Tod noch eine Bestimmung zu erfüllen hatte. Anderenfalls wäre ich mit hoher Wahrscheinlichkeit wirklich bei meinem Selbstmordversuch gestorben. Ich konnte einfach nicht hier bleiben und darauf warten, an einem ihrer Tests zu verrecken. Das Schicksal hatte noch etwas mit mir vor. Ich fühlte es einfach. Womöglich war es meine Bestimmung mich an meinem Vater zu rächen oder doch etwas völlig anderes. Naja, das würde ich dann wohl erst in der Zukunft erfahren. Jetzt sollte ich mich lieber wieder auf die Gegenwart konzentrieren.

Ich beendete meinen Gedankengang und schaute wieder zu Tenshi. Sie hatte gerade eine Spritze mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt und kam langsam auf mich zu. Da ich schon auf einem der Stühle im Raum saß, musste ich mich nicht extra bewegen und blickte die Ärztin nur abwartend an. Mein Herz klopfte dabei so laut und schnell, dass ich schon Angst hatte, sie würde es hören. Allerdings wusste ich genau, dass das Schwachsinn war, weshalb ich mich sogar ein wenig beruhigte. Geduldig zog ich also meinen Hoodie Ärmel hoch und spürte, wie Tenshi meinen Arm erst desinfizierte und dann die Nadel darauf platzierte. Es war ziemlich unangenehm und ich zuckte kurz. Früher hatte ich nie Probleme mit Impfungen gehabt. Allerdings hatte ich da auch noch nicht diese grässlichen Narben und wusste was sich in den Spritzen befand. Tenshi hatte mir zwar versichert, dass es nicht schlimm wäre, mich in mein Narbengewebe zu impfen, aber schön fühlte es sich trotzdem nicht an. Nach ein paar Sekunden zog sie die Nadel wieder herraus und wischte mir die Wunde ab. Gut, jetzt wäre ich an der Reihe.

Ich war zum Glück schon immer ein guter Schauspieler gewesen, also sollte ich jetzt auch keine großen Probleme haben. Außerdem hatte ich diese Nummer ein paar Male in meinem Badezimmer geübt, da sich dort keine Kameras befanden. Ich wartete ein bisschen, damit es realistischer wirkte. Gerade als Tenshi ihre Sachen zusammen gepackt hatte, legte ich los. Gekonnt lies ich mich vom Stuhl fallen, verschnellerte meine Atmung und begann zu zucken. Ich täuschte einen Allergischen Anfall auf, was auch immer in dieser Spritze war, vor. Sofort war die junge Ärztin wieder bei mir und redete wild auf mich ein. Sie kaufte es mir tatsächlich ab! Ich war so sehr auf meine Rolle konzentriert, dass ich gar nicht richtig hörte, was genau Tenshi mir da sagte. Tja, vielleicht hätte mich mein Vater lieber zum Schauspieler ausbilden sollen. "Ich krieg...keine...Luft.", presste ich zwischen einigen hektischen Atemzügen hervor. Tasächlich beugte Tenshi sich vor, um mir eine Mund-zu-Mund-Beatmung, zu geben. Alles verlief genau nach Plan. Während Tenshi mich beatmete, klammerte ich mich an ihr fest. Sie lies es geschehen, schließlich wusste sie nicht, dass ich ihr nebenbei das Skallpell klaute. Als ich es hatte, lies ich es schnell in meinem Hoodie Ärmel verschwinden und war dankbar, dass sich eine Kappe auf der Spitze befand. Ich beendete währenddessen meine kleine Show und tat so, als hätte mir die Beatmung wirklich geholfen. Noch ein paar tiefe Atemzüge, um es realistischer zu machen und dann setze ich mich wieder aufrecht hin. Dabei achtete ich natürlich darauf, dass das Skallpell nicht aus meinem Ärmel rutschte.

Bevor sie schlussendlich ging, musste ich Tenshi noch 1000 mal versichern, dass alles in Ordnung war und konnte sie davon überzeugen, dass das nur eine Allergische Reaktion war. Sie hatte mir extra noch ein Gerät gegeben, mit dem ich einen Alarmruf auslösen konnte, wenn ich wieder keine Luft bekam. Allerdings war ich mit meinen Gedanken schon ganz woanders. Ich lief zielstrebig ins Badezimmer und holte dann das Skallpell aus meinem Ärmel. Natürlich würde es Tenshi bemerken, aber bis das geschah, wäre es schon längst zu spät. Ich teilte Mitty mit, dass ich es geschafft hatte und machte mich dann daran, das Implantat aus meinem Nacken zu bekommen.

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