8|You're too hard to forget

《Lie To Me》- 5 Seconds Of Summer

"Du bist ein Arschloch, Louis."

Zehn Minuten waren vergangen, seit die Worte Harrys Mund verlassen hatten. Knappe acht Minuten war es her, dass Louis mit einem lauten Türknallen aus der Wohnung gestürmt war und eine unangenehme, drückende Stille zurückgelassen hatte.

Es hatte einen Moment gedauert, bis Harry kapiert hatte, was gerade passiert war - und dann hätte er am liebsten seinen gesamten Frust laut herausgeschrien.

"Fuck", hatte er stattdessen gemurmelt, "Fuck, fuck, fuck."

Er war zur Wohnungstür gelaufen, dann zur Haustür, als er das Treppenhaus leer aufgefunden hatte. Aber Louis war weg und Harry blieb nichts anderes übrig, als wieder nach drinnen zu gehen.

Dort hatte er sich im Flur an die Wand gelehnt und sein Gesicht in den Händen vergraben, während er einen frustrierten Laut nicht mehr unterdrücken konnte.

Kurz war er versucht gewesen, Niall anzurufen und ihm zu erzählen, was vorgefallen war, aber sein bester Freund hätte ihm wahrscheinlich sowieso bloß Vorwürfe gemacht, oder ihn für seine Dummheit bemitleidet - und das konnte er beides auch gut alleine.

Er hatte Scheiße gebaut, das wusste er. Louis' Zweifel an seiner Treue (ganz egal, ob sie tatsächlich bestanden oder nur als Konter in der Hitze des Gefechts geäußert worden waren) taten weh, aber er konnte nicht leugnen, dass es gar nicht erst so weit gekommen wäre, wenn er selbst seine Finger von den giftigen Bemerkungen über Eleanor gelassen hätte. Am Schlimmsten allerdings war es, dass er nun selbst zu den Faktoren gehörte, die Louis bezüglich seines Outings unter Druck setzten - dabei war es ihm immer so wichtig gewesen, seinem Freund auf jede erdenkliche Weise beizustehen, wenn dieser wieder in seinem Gedankenkarussell aus Selbstzweifel und Schuldgefühlen verloren zu gehen drohte.

All das hatte er mit nur wenigen Worten zum Bröckeln gebracht und wenn er Glück hatte, würde Louis ihm die Zeit für eine Entschuldigung schenken. Wenn er Pech hatte... nun, diesen Gedanken wollte er möglichst nicht zu Ende führen.

Seufzend drückte er sich von der Wand weg und betrat die Küche, die noch immer chaotisch dalag und nur darauf zu warten schien, von ihm sauber gemacht zu werden. Einen Moment lang besah er sich die Unordnung, dann stieß er entschlossen einen Luftzug aus und krempelte die Ärmel seines Pullovers nach oben.

Eine Beschäftigung zu haben würde ihn sicher nicht davon abbringen, über Louis und ihre Beziehung nachzudenken, aber es schadete definitiv nicht, nebenbei etwas Sinnvolles zu tun, wenn er sich schon in Selbstmitleid suhlte.

Mit spitzen Fingern griff er nach dem Sandwich und warf es in den Restmüll, ehe er sich selbst schnell ein Toast machte und es im Stehen aß. Anschließend nahm er ein frisches Geschirrtuch aus einem der Schränke und breitete es auf der Arbeitsfläche aus, während er Wasser ins Waschbecken laufen ließ.

Er geb etwas Spülmittel dazu und prüfte die Wassertemperatur, dann nahm er die erste Pfanne in die Hand, um sie zu reinigen, während seine Gedanken unweigerlich zu Stan wanderten.

Harry hatte ihn nie kennengelernt, aber er war Teil von Louis' Freundesgruppe in der Middleschool in Doncaster -dem Wohnort seiner Eltern- gewesen. Stan hatte Louis' Erzählungen nach zu der lauten Sorte Jugendlicher gezählt - die, die kein Blatt vor den Mund nahmen und denen irgendwie egal war, was sie mit ihren Worten anstellten. Ein Raufbold, immer auf der Suche nach Beachtung und ein schlechter Verlierer. Leider auch ein häufiger Verlierer, der in solchen Momenten gerne Slurs in den Mund nahm, einfach weil es ihm damals niemand verbot.

Ein Satz, den Stan ebenfalls häufig gesagt hatte, war "Ich hab ja nichts gegen Schwule, aber...".

"Müssen die das so öffentlich machen?" - "Wenn der mich anschaut, fühl ich mich komisch" - "Haben die keine Wohnung, wo die hingehen können? Ich will da nicht zuschauen müssen!"

Als Jonas, einer ihrer Freunde gesagt hatte, er wäre jetzt bi und mit einem Jungen aus der Parallelklasse zusammen, hatte Stan mit der öffentlichen Abneigung aufgehört. Das hatte es aber noch schlimmer gemacht, denn so hatte er begonnen, Louis Gemeinheiten über Jonas zugeflüstert, die ganz klar auf seine Sexualität bezogen waren - mit dem einzigen Unterschied, dass das alles hinter vorgehaltener Hand geschah.

Louis hatte damals schon gewusst, dass er nicht an Frauen interessiert war, aber Stans Verhalten hatte dazu geführt, dass er alles, was damit zu tun hatte, krampfhaft zu verstecken versuchte. Er wollte nicht "der Schwule" sein. Der nächste, über den Stan so redete, wie über Jonas.

Deshalb hatte er eine gefakte Beziehung mit Eleanor angefangen, die erste Person, die ihn wirklich so kannte, wie er war. Harry wusste, dass sie ihm lange Zeit eine gute Freundin gewesen war, vielleicht sogar die beste, die er je gehabt hatte. Keiner von Louis' Freunden ahnte, dass die beiden nie wirklich ein Paar gewesen waren, seine Familie ebenso.

Eigentlich war es also wirklich kein Wunder dass sein Freund solche Probleme damit hatte, sein wahres Ich zu zeigen, hatte er doch Jahre damit verbracht, jedem in seinem Umfeld etwas vorzuspielen. Dabei war es gar nicht so, dass Louis ein Problem damit hatte, schwul zu sein. Schon früh hatte er verstanden, dass er an seiner Sexualität nichts ändern konnte, dass er eben so war, wie er war, und dass seine Gefühle für das gleiche Geschlecht alles andere als falsch waren. Womit er ein Problem hatte, war, diese Gefühle auch zu zeigen.

Er hatte Angst davor, von dem Rest der Welt genauso verurteilt zu werden, wie er es von Stan kannte: hinterlistig, tiefsitzend und feige. Besonders präsent war die Panik, dass seine Familie -die Menschen, die ihm neben Harry am nächsten standen- ihn plötzlich mit anderen Augen betrachtete, wenn er ihnen diesen Teil seines Lebens zeigte.

Weder seine Eltern, noch seiner Schwestern hatte jemals auch nur den Anschein erweckt, dass sie ein Problem mit der LGBT-Community hatten, ganz im Gegenteil. Wenige Wochen nach ihrem Einzug waren beide ihre Familien das erste Mal vollzählig zu Besuch gewesen. Die Stimmung war locker gewesen, und als Harry im Gespräche beiläufig seine Bisexualität erwähnt hatte, hatte er durchweg positives Feedback bekommen. Jay hatte seiner Mutter gesagt, wie stolz sie auf Harry sein konnte und bis auf ein paar Fragen von den Mädchen wurde das Thema nicht mehr angesprochen.

Trotzdem schien der Gedanke, seine Familie könnte schlecht reagieren, in Louis' Kopf festzusitzen - wie eine hartnäckige Distel, die sich in seiner Kleidung verfangen hatte und die er, aus Angst, sich an den Stacheln zu verletzen, nicht zu entfernen versuchte.

Aber das hieß nicht, dass er ein Feigling war. Seit sie zusammen in ihrer Wohnung lebten, besonders aber seit dem Beginn ihrer Beziehung, hatte Louis gelernt, nicht jede Bewegung, jede Handlung bis ins kleinste Detail zu zerdenken. Noch immer arbeitete er daran, sich mit dem Gedanken nicht mehr unwohl zu fühlen, auf eine gewisse Weise in der Öffentlichkeit zu stehen, aber im Laufe der letzten zweieinhalb Jahre hatte er sich so viel mehr getraut, als er wohl selbst wusste.

Es stimmte, dass Louis auch jetzt noch häufig einen kleinen Anstoß brauchte; einen Stupser in die richtige Richtung, um seine Hemmungen hinter sich zu lassen. Aber es gab auch Zeiten, in denen er von ganz allein handelte.

Harry dachte zurück an ihren ersten Kuss, der in ein paar Monaten bereits drei Jahre her sein würde. Er dachte an den verregneten Tag im März, Louis' blasses Gesicht und die gestotterten Worte "ich kann das nicht", ehe er ihn dann doch geküsst hatte, mitten im Parkhaus eines Einkaufszentrums.

Er dachte an all die Spielereien mit Eleanor, und dass er Anfangs tatsächlich geglaubt hatte, sie wäre mit Louis zusammen, ehe dieser von sich aus das Gespräch gesucht und klargestellt hatte, dass er nicht auf Frauen stand.

Er dachte an den Spaziergang im nur spärlich beleuchteten Park, wie er Louis' Hand genommen und dieser sie nicht weggezogen hatte, sie nach einer Weile sogar fester gedrückt hatte, wie eine stumme Bitte, ihn ja nicht loszulassen.

Er dachte daran, wie Louis ihn das erste Mal vor Niall geküsst hatte, offensichtlich nervös, aber nicht gewillt, es sein zu lassen. Seine roten Wangen, als der Ire es nicht lassen konnte, einen dämlichen Kommentar abzugeben.

Er dachte an den Abend, an dem Gemma sie zusammen im Wohnzimmer erwischt hatte, als sie ihn besuchen wollte und früher als geplant in der Wohnung stand, während der Zweitschlüssel von ihrem Zeigefinger baumelte. Die anfängliche Panik in Louis' Blick, ihr Gespräch danach und wie sein Freund ihm am Ende versichert hatte, dass es okay war, wenn er seiner Familie von ihnen erzählen wollte.

An all das dachte Harry. Und er dachte an ihr Date vor wenigen Wochen, Louis' Hand in seiner und die Zweisamkeit hinter dem Stand.

Sein Freund war kein Feigling, er war das komplette Gegenteil. Er war mutig, stark und arbeitete Tag für Tag an seinem Selbstvertrauen, um sich irgendwann nicht mehr verstecken zu müssen.

Seufzend ließ Harry die Pfanne ins Spülbecken sinken. Wie hatte er all das so auf's Spiel setzen können?

Er hätte keinen Streit provozieren sollen, das wusste er. Durch nur ein paar Sätze hatte er vielleicht etwas zerstört, das gerade dabei war, sich zu entfalten. Louis hatte begonnen, seinen Ängsten und Sorgen die Stirn zu bieten, auch wenn es bei ihm vielleicht länger dauerte, als manch einer gewohnt war.

Harry hatte ihm immer gesagt, dass er ihm die Zeit gab, die er brauchte. Vielleicht war es nachvollziehbar, dass er nach drei Jahren langsam ungeduldig wurde, nicht immer so tun wollte, als wäre zwischen ihnen nichts - vor allem, wenn es wirklich keinen ersichtlichen Grund dafür gab. Vielleicht hätte Louis ein Bisschen mehr an diesem Teil des Problems arbeiten sollen, als sich darauf zu verlassen, dass Harrys Meinung dazu immer die gleiche sein und ihm verhelfen würde, in seiner Komfortzone zu bleiben.

Trotzdem wusste Harry auch, dass das Kommunikationsproblem bei ihm angefangen hatte. Eine so große Sache sollte man nicht mit etwas überspielen, wenn man eigentlich das Gegenteil meinte. Aber er war nicht gut darin, anderen Menschen wichtige Dinge zu sagen, die sie verstimmen würden, besonders wenn dieser andere Mensch Louis war. Also hatte er sein Bauchgefühl ignoriert, hatte lieber die Worte gesagt, von denen er wusste, dass sie seinen Freund beruhigen würden, auch wenn sie sich mit jedem Mal ein klitzekleines Bisschen mehr gezwungen angefühlt hatten.

Bei jedem "Egal, wie lange du brauchst" war irgendwann (wie ein nerviges Seitenfenster) die Frage aufgeploppt, wie lange das denn bitte noch sein sollte. Wie lange sollte er noch warten? Wie lange musste er noch so tun, als wären sie nicht so viel mehr als nur Mitbewohner?

Und es machte ihn wütend, denn er liebte Louis und hatte trotz allem nie vorgehabt, mit ihm Schluss zu machen oder ihm eine Deadline zu setzen - aber die ungewollten Zweifel wollten einfach nicht aus seinem Kopf verschwinden.

Natürlich hatte Louis vor, sich irgendwann vor seiner Familie zu outen, das wusste Harry auch. Wer wollte schon den Rest seines Lebens einen so großen Teil von sich verstecken? Harry hoffte nur, durch seine unbedachten Worte nicht dafür gesorgt zu haben, dass sich das alles nach hinten verschoben hatte.

Er nahm sich fest vor, Louis zu erklären, was sich in letzter Zeit in seinen Gedanken abgespielt hatte und sich dafür zu entschuldigen, wie unfair er ihn behandelt hatte - das hatte sein Freund verdient.

Es sei denn... der schreckliche Gedanke von vorher hatte wieder in seinem Kopf Platz genommen und diesmal konnte Harry nicht verhindern, ihn zuende zu denken: Was war, wenn Louis ihn nicht mehr wollte? Wenn er das, was Harry gesagt hatte, als Grund sah, Schluss zu machen?

Der Lockenkopf schluckte schwer und zwang sich, ruhig zu atmen. Wenn er jetzt hyperventilierte, würde das keinem etwas bringen. Er zog seine Hände aus dem Waschbecken und ließ das Wasser ab. Ein paar Teller und Messer waren noch übrig geblieben, aber das würde wohl die Spülmaschine erledigen müssen. Harry setzte sich auf einen der Stühle und trocknete seine Hände mit einem Küchentuch ab.

Louis würde sich nicht von ihm trennen, oder? Mehrmals blinzelte er und konzentrierte sich auf seine Atmung: drei Sekunden ein, drei Sekunden aus...

Fakt war, er würde es nicht wissen, ehe er mit Louis gesprochen hatte, also sollte er gar nicht erst anfangen, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Da er nicht glaubte, dass sein Freund (?) in nächster Zeit nach Hause kommen würde -Harry vermutete, dass er Zayn trotz allem nicht abgesagt hatte- räumte er das restliche Geschirr weg und wischte die Flächen ab, ehe er unter die Dusche sprang, die Pflanzen in Wohn- und Schlafzimmer goss und bereits kurz vor 9 Uhr in Jogginghose und Shirt im Bett saß. Kurz zögerte er, dann jedoch nahm er sein Handy und schrieb eine kurze Nachricht an Louis: Hey, bitte schreib mir, wenn du vor 12 noch nach Hause kommst. Und pass auf dich auf.

Er legte das Telefon mit dem Display nach oben auf den Nachttisch und nahm stattdessen sein aktuelles Buch in die Hand, um vor dem Schlafengehen noch etwas zu lesen. Anfangs sah er alle paar Minuten auf sein Handy, aber bald schon war er tief in Tolkiens Welt versunken und erst, als er immer öfter gähnen musste und ihm fast das Buch aus der Hand rutschte, warf er einen letzten Blick auf das Display (10:38 Uhr, keine neuen Nachrichten) und knipste das Nachtlicht aus. Nicht viel später fiel er in einen unruhigen Schlaf.

***

Die Tür, die versehentlich viel zu laut ins Schloss fiel, weckte Harry nicht, er war bereits durch das Klimpern des Schlüsselbundes und die Schritte im Flur aufgewacht. Laut seinem Handy war es kurz nach halb 3 in der Nacht und mit einem müden Seufzen richtete er sich auf.

Scheinbar war mit Louis auch Zayn in ihre Wohnung gekommen, denn durch die nur angelehnte Schlafzimmertür konnte Harry die Stimmen beider Männer ausmachen.

Einen Moment lang überlegte er, ob er einfach im Bett abwarten sollte, was sein Freund machen würde -ob er tatsächlich zu ihm kam, oder wo anders schlief-, aber dann ertönte ein Poltern, gefolgt von einem leisen "Fuck, du Idiot!" von Zayn und Harry konnte nicht mehr nur dasitzen. Er schlug die Decke zurück und stand auf, um nachzusehen, was im Flur vor sich ging.

Louis stand wackelig und schwankend auf einem Bein vor der Garderobe und hielt sich mit der rechten Hand daran fest, während er mit der linken Hand versuchte, seine Schnürsenkel zu entknoten. Zayn stand kopfschüttelnd hinter ihm und streckte den Arm aus, um Louis festzuhalten, doch dieser schlug unkoordiniert seine Hand weg.

"Lass mich, ich kann das!", nuschelte er undeutlich und fummelte weiter an der Schleife herum, während er fast das Gleichgewicht verlor.

"Meine Fresse, setz dich doch einfach hin!", zischte Zayn genervt. Dann sah er Harry, der im Türrahmen zum Schlafzimmer stand.

"Scheiße", sagte er, "Hi. Tut mir leid, haben wir dich geweckt?"

Der Lockenkopf winkte ab. "Alles gut. Seid ihr, uhm... seid ihr okay?"

"Soweit ja." Zayn beobachte Louis, der endlich seinen einen Schuh auszog, ihn auf den Boden fallen ließ und sich am zweiten zu schaffen machte. "Lou ist dicht", verkündete er das Offensichtliche. "Also... richtig dicht."

Harry nickte. "Danke, dass du ihn nach Hause gebracht hast."

"Kein Ding, ich war mir nicht mehr sicher, ob er den Weg noch finden würde." Zayn fuhr sich durch die schwarzen Haare. "Sag mal, kann ich mir kurz ein Glas Wasser nehmen? Sonst verreck ich, wenn ich nachher noch eine rauche."

"Klar", meinte Harry und machte eine Handbewegung gen Küche. "Gläser sind im zweiten Schrank."

Der junge Mann bedankte sich bei ihm und keine Sekunde später stand er mit Louis alleine im Flur. Der zweite Schuh fiel zu Boden und wackelig richtete sich der Wuschelkopf auf, um auch seine Jacke loszuwerden. Das war der Moment, in dem sich ihre Blicke trafen. Louis erstarrte in seiner Bewegung und sah ihn eine ganze Weile einfach nur an, ehe er den Kopf senkte und wortlos aus seiner Jacke schlüpfte. Umständlich versuchte er, sie an einen der überfüllten Haken zu hängen, bis Harry die Hand ausstreckte und sich räusperte.

"Gib her, ich mach das schon."

Louis machte einen Schritt zurück und ließ ihn die Jacke aufhängen, während er noch immer zu Boden schaute. "Ich schlafe heute auf meinem Sofa", sagte er mit leiser Stimme und Harry sank das Herz in die Hose.

"Oh", machte er. Er hatte in Erwägung gezogen, dass das passieren könnte, aber es tat doch mehr weh, als er vermutet hatte. "Brauchst du noch eine Decke, oder...?"

"Nein, ich-" Louis taumelte kurz. "Ich brauch nichts, muss nur mal pissen." Er drehte sich um und ging -sich mit einer Hand an der Wand abstützend- den Flur entlang, an dessen Ende das Bad lag.

Er schloss die Tür hinter sich und Harry fuhr sich mit dem Händen über das Gesicht.

"Hey." Zayn stand plötzlich wieder neben ihm. "Hör zu-" Er legte Harry eine Hand auf die Schulter. "Ich bin nicht der Typ, der dich fragt, was passiert ist, aber ich vertrau darauf, dass ihr das klärt, ja?"

Der Lockenkopf warf ihm einen überraschten Blick zu. "Louis hat nichts erzählt?"

"Nope. Ich hab ihn gefragt, ob alles okay ist, aber er wollte nicht darüber reden, also haben wir uns in eine Bar gesetzt und Bier getrunken. Ich vermute, dass er zwischendurch noch irgendwas geshottet hat, als ich pinkeln war, weil er irgendwann plötzlich wie aus dem Nichts ziemlich betrunken war... naja, und dann kamen anscheinend die Emotionen hoch." Der Schwarzhaarige machte ein schnalzendes Geräusch mit seiner Zunge.

"Erst war er wahnsinnig sauer, dann wollte er dir plötzlich super dringend schreiben, hat dann aber sein Handy fallen lassen und es erst gefunden, als sein Bildschirm wieder gesperrt war. Dann hat er so oft den falschen Code eingegeben, dass er es vermutlich erst morgen früh wieder versuchen kann. Als er das gecheckt hat, wurde er von jetzt auf gleich extrem emotional, hat angefangen zu flennen und wollte heim, hat sich dann aber nochmal was zu Trinken geholt. Dann hat er mir mein Handy geklaut und wollte dich anrufen, hat aber ständig die Zahlen vertauscht und wurde wieder sauer. Irgendwann war dann sein blöder letzter Drink leer und wir sind endlich gegangen. Draußen hätte er dann fast gekotzt, aber dann doch nicht - also stell dich drauf ein, dass er das dafür in der Früh macht."

"Scheiße, es tut mir wirklich Leid, Zayn." Zerknirscht sah Harry ihn an. "Das ist meine Schuld, ich weiß, ihr wolltet euch eigentlich einen netten Abend machen... Wenn du willst, kannst du auch hier schlafen, dann musst du jetzt nicht noch nach Hause fahren. Ich kann dir im Wohnzimmer die Couch fertig machen und du kannst auch Klamotten von mir haben-"

"Komm mal runter." Ein leichtes Grinsen umspielte Zayns Mundwinkel. "Erstens brauch ich nur eine halbe Stunde zu mir und zweitens bin ich froh, betrunkenen-Louis bei dir abgeladen zu haben, da brauch ich nicht auch noch verkaterten-Louis morgen Früh. Den kannst du gern für dich allein haben."

Nun musste auch Harry lächeln. "Danke, Zee. Du weißt, dass du immer gerne hier vorbeikommen kannst, wenn du Zeit hast, ja?"

"Ich werd drauf zurückkommen." Er machte einen Schritt in Richtung Wohnungstür. "Mein Bus fährt demnächst, aber sag der Schnapsdrossel, er soll mir schreiben, wenn er nüchtern ist. Macht's gut." Er hob die Hand zum Abschied, dann verschwand er auch schon im Treppenhaus und zog die Tür leise hinter sich zu.

Wenige Sekunden später ging im Bad die Toilettenspülung und Louis kam heraus. Auf seinem Shirt waren Wasser- und Zahnpastaflecken und nach einem kurzen Blick zu Harry betrat er sein Arbeitszimmer, ließ die Tür aber einen Spalt weit offen stehen.

Ein leises Knarren war zu hören, als Louis sich auf das kleine Ikea-Sofa setzte, das er ein Jahr nach ihrem Einzug gekauft hatte, weil Harry es "süß" genannt hatte, und ehe er er so richtig begriff, was er tat, hatte der Lockenkopf aus der Küche eine Wasserflasche geholt und betrat mit einem leisen Klopfen Louis' Arbeitszimmer.

Sein Freund hatte sich in zwei Wolldecken eingekuschelt und schien mit sich zu hadern, ob er es in seinem betrunkenen Zustand wagen konnte, sich in eine liegende Position zu begeben.

"Hey." Schon wieder musste Harry sich räuspern, dann streckte er Louis die Wasserflasche entgegen. "Ich dachte, es wäre vielleicht gut, wenn du was zu trinken da hast."

Louis gab ihm keine Antwort -zeigte nichtmal, dass er ihn wahrgenommen hatte- und Harry begann gerade zu bereuen, diesen Raum betreten zu haben, da hob sein Freund den Kopf und sah ihn mit verdächtig schimmernden Augen an.

"Willst du mit mir Schluss machen?"

Die Frage traf Harry vollkommen unvorbereitet. "W-was?", stotterte er. Wie kam Louis denn darauf? Wollte Harry mit ihm Schluss machen? Himmel, nein! Er hatte doch vor wenigen Stunden erst selbst Panik geschoben, dass Louis sich von ihm trennen würde. Hatte vor ein paar Minuten gedacht, es könnte bald vorbei sein, als sein Freund verkündet hatte, er würde nicht im Bett schlafen.

Ein Schniefen ertönte und Harrys gesamte Aufmerksamkeit galt wieder dem jungen Mann auf dem Sofa, der sich ein paar stumme Tränen von den Wangen wischte und plötzlich schrecklich klein aussah.

"Harry, bitte verlass mich nicht", flehte er mit zitternder Stimme. "Ich kann nicht ohne dich leben und ich verspreche dir, dass ich an allem arbeiten werde, aber bitte verlass mich nicht!"

Mit offenem Mund starrte Harry ihn an. "Lou...", war alles, was er rausbrachte, ehe er auf die Sofakante sank und seinen Freund in seine Arme zog. "Ich mach nicht Schluss", sagte er, "Ich mach nicht mit dir Schluss, versprochen. Ich bin hier, ich geh nicht weg."

Louis' Hände krallten sich in den Stoff seines T-Shirts, während er sein Gesicht an Harrys Schulter drückte.

"Ich mach nicht Schluss", murmelte der Lockenkopf immer und immer wieder, "Versprochen."

Er wusste nicht, wie lange er noch auf dem Sofa saß und Louis festhielt, aber irgendwann merkte er, dass der Kleinere eingeschlafen war. Vorsichtig, um ihn nicht wieder aufzuwecken, legte Harry ihn richtig hin und deckte ihn zu, dann holte er einen Eimer aus dem Bad und stellte ihn neben dem Sofa auf ein Handtuch, falls Louis sich in der Nacht noch übergeben musste.

Leise öffnete er das Fenster, gab seinem Freund einen Kuss auf die Stirn und ging endlich selbst wieder ins Bett, ließ die Schlafzimmertür diesmal aber ganz auf.

Morgen war ein neuer Tag, morgen würden sie in Ruhe reden können.

Hiermit verwerfe ich offiziell das Konzept von "Kapitel mit maximal 3500 Wörtern", da ich es offenbar einfach nicht schaffe, das auch einzuhalten.

Anyways, ich hoffe, ich konnte mit diesem Kapitel ein paar ungeklärte Fragen von euch beantworten :) lasst mir doch gerne eure Meinung dazu da!

Und ein Funfact: ich hab dieses Kapitel ungelogen 10 Minuten vor dem Update beendet und war mir wirklich nicht sicher, ob ich es noch schaffe, es hochzuladen ^^'

(Wenn mein Schreibfluss so weiter läuft wie die letzten zwei Tage, gibt es nächste Woche auf jeden Fall ein neues Update)

Love, Irishkween

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