7|Til we can't breathe
《Monster In Me》- Little Mix
"Ich wusste gar nicht, dass Louis so romantisch sein kann", sagte Niall grinsend und lehnte sich in seinem Stuhl zurück, während Harry sich lächelnd auf die Lippe biss und die Kette wieder in seinen (heute ziemlich tiefen) Hemdausschnitt gleiten ließ.
Es war Montag und Niall hatte erst am frühen Nachmittag wieder eine Vorlesung (zumindest war es das, was er Harry gesagt hatte), weshalb sie relativ spontan beschlossen hatten, sich um die Mittagszeit in einem Café in der Nähe des Studios zu treffen. Selbstverständlich hatte Niall -als der gute beste Freund, der er war- direkt gefragt, warum Harry so "widerwärtig glücklich" aussah und so hatte dieser gar nicht anders gekonnt, als ihm Louis' Geschenk zu zeigen - nicht, dass er es nicht auch so getan hätte, aber trotzdem.
"Ich mein..." Niall schob sich nun ein viel zu großes Stück Käsekuchen in den Mund und kaute Ewigkeiten, ehe er es endlich runterschluckte. "Er hätte dir auch einfach einen Boomerang schenken können. Das wäre zwar weniger hübsch gewesen, aber wenigstens hätte die Symbolik gepasst."
"Du bist ein dummer Arsch!", lachte Harry und warf ihm seine zerknüllte Serviette an den Kopf, woraufhin ihn die zwei älteren Damen am Nachbartisch missbilligend anschauten.
Niall grinste sie bloß an und kopfschüttelnd wandten sie sich wieder ab.
"Spießer." Ein weiteres Kuchenstück fand seinen Weg in Nialls Magen, ehe er die Gabel beiseite legte und einen grüblerischen Blick aufsetzte. Hinter ihm versuchten drei Mädchen in Schuluniformen, durch den schmalen Gang zu einem der freien Tische zu gelangen, aber Niall ignorierte sie völlig. "Okay, das ist jetzt ziemlich zusammenhangslos, aber das wollte ich schon immer mal wissen", sagte er und tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen. "Ist es wirklich so weird, jemandem einen zu blasen, wie alle Frauen immer sagen?"
Harry, der gerade einen Schluck getrunken hatte, spuckte fast seinen Cappuccino zurück in die Tasse und starrte seinen besten Freund mit großen Augen an, während die Schulmädchen -sie konnten höchstens sechzehn sein- kichernd die Hände vor den Mund schlugen und anfingen, miteinander zu tuscheln, sobald sie an einem Tisch in der Nähe Platz genommen hatten.
"Niall! Oh mein Gott..." Harry fuhr sich mit der Hand durch die Haare, um sein errötendes Gesicht hinter seinem Unterarm zu verstecken. "Du kannst sowas doch nicht einfach raushauen!"
Er war ja eine sehr offene Person, die sich weder für ihre Sexualität, noch ihr (sehr gesundes, danke der Nachfrage) Sexleben schämte, aber alles musste die Öffentlichkeit ja nun auch nicht erfahren.
"Was denn?", fragte Niall unbeeindruckt, "Ist doch nichts dabei."
"Jaah, lass ruhig das ganze Café wissen, dass ich regelmäßig Blowjobs gebe..." Harry linste an seinem Arm vorbei zu den drei Mädchen, die -noch immer giggelnd- die Köpfe zusammensteckten und immer wieder zu ihnen sahen.
Niall folgte seinem Blick und verdrehte schnaubend die Augen. "Die schauen doch nur, weil sie dich heiß finden. Und hast du gerade wirklich gesagt, dass du Louis regelmäßig einen bläst?"
Harry klappte seinen Mund auf und wieder zu. "Die finden mich doch nicht- die sind viel zu jung, Niall! Und meine Fresse, nimmst du's heute genau. In deiner Vorstellung führen wir wahrscheinlich noch Kalender." Er verzog das Gesicht.
"Tut ihr?" Niall grinste.
"Vollidiot!" Lachend schüttelte Harry den Kopf.
Sein bester Freund zuckte bloß mit den Schultern und schmunzelte. "Also, meine Frage steht immer noch. Ist es weird, einen Blowjob zu geben?"
Harry seufzte leise. Er würde ja sowieso nicht drum rum kommen, zu antworten und die Damen am Nebentisch hatten ihn mittlerweile wahrscheinlich eh schon abgeschrieben.
"Ich finde es jetzt nicht komisch", sagte er, "Aber ich glaube auch, dass Mädchen da etwas anders drüber nachdenken als... naja, Typen, die auf andere Typen stehen, verstehst du?"
Niall hob eine Augenbraue. "So halb. Was genau heißt bei dir nicht komisch? Magst du es jetzt oder nicht?"
"Du willst eindeutig zu viele Details über mein Sexleben wissen", kommentierte Harry trocken. "Es ist jetzt nichts, was mich direkt anmacht, aber ich hab kein Problem damit und es befriedigt meinen Freund, also mach ich es gerne, okay?" Er ignorierte die Hitze in seinen Wangen und sprach weiter: "Naja, außerdem macht Louis das gleiche auch für mich und ich würde gar nicht wollen, dass das alles einseitig ist." Seine Gedanken wanderten unwillkürlich zum vergangenen Freitag und er biss sich auf die Zunge, um im hier und jetzt zu bleiben (er saß immer noch in einem Café, also echt!).
"Weißt du, manchmal fragen mich Leute, welche Superkraft ich gerne hätte und ich bin versucht, "Gedankenlesen" zu sagen." Niall sah ihn mit schief gelegtem Kopf an. "Aber dann sehe ich deinen Louis-Blick vor meinem inneren Auge und denke mir vielleicht lieber nicht. Genau den Blick hast du nämlich gerade drauf."
Schon wieder merkte Harry, wie er rot wurde. Sein Gedankengang war wohl doch offensichtlicher gewesen, als er gedacht hatte. "Leck mich doch", murmelte er und strich sich peinlich berührt eine Haarsträhne hinter das Ohr.
Niall sah ihn dreckig feixend an und war ohne Zweifel davor, etwas sehr unangebrachtes auszusprechen (fraglos in Richtung der Worte "das überlasse ich lieber Louis"), aber Harry schüttelte mahnend den Kopf - er hatte sich heute in diesem Café schon genug blamiert.
Sein bester Freund grinste bloß und zuckte mit den Schultern, ehe er sein Handy aus der Hosentasche zog, um einen Blick auf das Display zu werfen. Kurz tippte er abgelenkt darauf herum, dann hob er die Augenbrauen und machte "Oh".
"Was ist?", wollte Harry wissen.
Niall kratzte sich am Kopf. "Ähm... sag mal, stört es dich, wenn ich dich jetzt schon allein lasse? Marjani hat mir geschrieben, sie ist schon an der Uni und wir könnten uns vor den Vorlesungen noch treffen, alsooo..."
Ein amüsiertes Schnauben entwich Harry. "Du bist wirklich voll drin für sie, kann das sein? Na los, hau schon ab, Romeo. Und sag ihr liebe Grüße."
"Romeo hat sich am Ende umgebracht, du Psycho." Niall rollte mit den Augen, während er schon dabei war, in seine Jacke zu schlüpfen.
"Ach, sag bloß." Harry tat überrascht und Niall streckte ihm seinen Mittelfinger entgegen (von den Damen am Nachbartisch war ein pikiertes "Tsk" zu hören).
"Du bist ein Arsch. Ich werde jetzt gehen."
Nun war Harry derjenige, der unanständig grinste. "Hab Spaß und so", sagte er und lachte kurz auf, als sein bester Freund tatsächlich rote Wangen bekam. Das tat er selten, aber in letzter Zeit immer öfter, wenn es um Marjani ging - sie musste ihm also einiges bedeuten.
Niall war mittlerweile aufgestanden und versuchte, seine Kopfhörer zu entknoten. "Scheiß Dinger, ich hab sie legit einfach nur eingerollt... Naja, egal." Er gab auf und sah Harry an, dann hob er zum Abschied die Hand (der beschränkte Platz zwischen den Tischen ließ eine Umarmung kaum zu). "Wir schreiben uns, mach's gut."
Er drehte sich um und schlängelte sich durch das Café in Richtung Ausgang, den Blick auf das Handy gerichtet und ein verknalltes Grinsen im Gesicht. Lächelnd den Kopf schüttelnd sah Harry ihm nach. Er freute sich, dass sein bester Freund endlich wieder aktiv in der Datingwelt unterwegs war - vor allem, da er sich sicher war, dass er in Marjani jemanden gefunden hatte, der seine Gefühle auch erwiderte.
Mit den Gedanken bei Niall und seinen vergangenen Beziehungen verbrachte Harry die letzte Viertelstunde seiner Mittagspause, ehe es langsam Zeit wurde, sich wieder auf den Weg zurück zum Studio zu machen. Er trank den letzten (mittlerweile kalten) Schluck Cappuccino aus seiner Tasse und zog sich seinen Wintermantel über, bevor er jedoch aufstehen konnte, wurde seine Aufmerksamkeit von den drei Schülerinnen erregt, die noch immer an dem Tisch in der Nähe saßen, nun allerdings ganz hibbelig wirkten und aufgeregt miteinander flüsterten, ehe sich das einzige dunkelhaarige Mädchen einen Ruck zu geben schien und aufstand.
"Kommt ihr jetzt mit oder nicht?", fragte sie ihre Freundinnen, die einen kurzen Blick auf Harry warfen und dann von ihren Stühlen rutschten.
Irritiert von dem Schauspiel blieb der Lockenkopf auf seinem Platz sitzen und beobachtete, wie alle drei ihre Taschen nahmen und auf ihn zukamen, bis sie vor seinem Tisch stehen blieben: das braunhaarige Mädchen vorne, die beiden blonden hinter ihr. Von Nahem wurde deutlich, dass sie tatsächlich erst um die fünfzehn sein mussten -die Brünette vielleicht etwas älter- und Harry fühlte sich irgendwie komisch, ihnen so nah zu sein.
"Kann ich euch helfen?", fragte er trotzdem und sah sie abwartend an.
Die zwei Blondinen schwiegen, aber das dritte Mädchen stellte sich ein Stück gerader hin und sagte: "Hi, ich heiße Jessica. Meine Freunde und ich wollten dir nur sagen, dass es echt süß ist, dass du einen Freund hast und so."
Sie sah sehr überzeugt von ihrem Auftreten aus und schien ein zufriedenes Lächeln kaum unterdrücken zu können, während Harry absolut nicht wusste, was er darauf sagen sollte. Ein "Danke" erschien ihm nicht richtig, er hatte ja nicht darauf angespielt, dass ihn drei Teenager anscheinend nur wegen seiner Beziehung toll fanden. Auch die spitze Anmerkung, dass man unter normalen Umständen nicht noch deutlich machte, dass man einem Gespräch gelauscht hatte, wenn man schon keinen Respekt vor Privatsphäre hatte, verkniff er sich (wenn auch nur mit Mühe).
Er vermutete, dass Jessica mit ihrer selbstbewussten Art sicherlich einige Leute in ihrem Alter beeindrucken konnte, aber auf ihn wirkte sie einfach nur forsch. Zudem bezweifelte er, dass sie zu ihm gekommen wäre, wenn er anstelle von Louis von einer Freundin gesprochen hätte, was nicht gerade dazu beitrug, dass er doch über ein "Danke" nachdachte.
"Okay, ähm... cool?", war deshalb, was er schlussendlich antwortete und für ein paar wunderbare Sekunden sah das junge Mädchen ziemlich verdattert aus. Schnell fing sie sich allerdings wieder, aber nur, um "Naja, äh, das war eigentlich schon alles. Tschüss." zu sagen, bevor sie sich umdrehte und ihren Freundinnen voran aus dem Café marschierte, wo sie natürlich direkt begannen, miteinander zu diskutieren.
Harry verdrehte die Augen. Er hoffte, dass seine Reaktion so etwas wie einen Lerneffekt zur Folge hatte. Natürlich glaubte er nicht, dass die Mädchen mit ihrer Aussage etwas Böses gewollt hatten, aber so etwas zu sagen, nur weil man überhört hatte, dass er mit einem Mann zusammen war...?
Sie wussten ja gar nichts über ihn und Louis. Auch gleichgeschlechtliche Beziehungen konnten toxisch sein, von Streit geprägt oder vielleicht einfach nicht dafür gedacht, zu funktionieren.
Nicht, dass ihre Beziehung dazu gehörte, aber Harry sah sich einfach nur als einen jungen Mann, der seinen Freund liebte. Sie waren ein Paar, wie jedes andere auf dieser Welt, und er wollte nur wegen ihrem Geschlecht nicht anders behandelt oder grundlos süß gefunden werden.
Kurz überlegte er, Louis zu schreiben, aber um diese Uhrzeit saß dieser meistens in seinem Arbeitszimmer am Klavier und schrieb Songs, weshalb es unwahrscheinlich war, dass er auf sein Handy schaute. Seufzend zog Harry trotzdem sein Telefon hervor, swipte abgelenkt durch seine Galerie und hing seinen Gedanken nach, bis ihm wieder einfiel, dass er ja eigentlich schon vor mehreren Minuten zurück ins Studio wollte und er unter den strafenden Blicken der Damen am Nachbartisch aufsprang und in Richtung Ausgang hastete.
***
Das Zufallen der Haustür ließ Harry erleichtert aufatmen und erschöpft lehnte er sich kurz dagegen, ehe er die drei Steinstufen zu ihrer Wohnungstür hoch stieg.
Natürlich war er nach seiner Pause mit einer guten Verspätung ins Fotostudio geschneit, was Sam (die wegen einem ihrer Kunden, der laut Mo unheimlich nach Knoblauch gestunken hatte, ohnehin schon nicht gut drauf war) so gar nicht gefallen hatte. Mehrmals hatte sie ihn im Vorbeigehen angezischt, dass er sich verdammt nochmal zusammenreißen sollte, wenn er geplant hatte, bis zum Feierabend zu überleben. Das schlimmste war, dass sie absolut im Recht war -auf ihre eigene Art und Weise-, denn Harry war den gesamten Nachmittag nicht ganz bei der Sache gewesen, hatte mehrmals die falschen Arbeitsmittel vorbereitet und eine junge Frau fast wieder vor die Tür geschickt, weil er ihren Termin vergeblich in der falschen Kalenderwoche gesucht hatte.
Die Standpauke in Sam-Style, die er sich am Ende des Tages noch hatte anhören dürfen, ehe er von seiner Kollegin aus dem Studio gescheucht worden war, hatte auch nicht dazu beigetragen, dass er sich in irgendeiner Weise weniger wie ein Loser fühlte und er war wirklich froh, nun endlich Zuhause zu sein.
Er hatte kaum die Wohnung betreten und die Tür mit einem leisen Klicken hinter sich geschlossen, da steckte Louis schon den Kopf aus seinem Arbeitszimmer, lächelte breit und kam durch den Flur auf ihn zu.
"Hey Baby", sagte er und stellte sich auf die Zehenspitzen, um Harry zu küssen.
"Hey." Der Lockenkopf lächelte müde, bevor er sich mit einer Hand an der Wand abstützte, um sich die Schuhe von den Füßen zu ziehen und ins Regal zu stellen.
"Rate mal, was ich heute gemacht hab!" Aufgeregt grinste Louis ihn an, während er auf seinen Fußballen immer wieder vor und zurück wippte.
Abwartend hob Harry eine Augenbraue. "Was hast du gemacht?"
"Nein, du sollst raten!"
Harry konnte sich ein leises Seufzen nicht verkneifen. Ihm war heute wirklich nicht nach Rätselspielchen. "Keine Ahnung, einen neuen Doodle Jump-Highscore erreicht?", versuchte er es trotzdem halbherzig.
"Haz!" Mit gekränktem Gesichtsausdruck sah Louis ihn an und augenblicklich fühlte Harry sich schlecht.
"Tut mir leid", nuschelte er, "Ich komm nicht drauf, sag du es mir bitte."
Sofort kehrte der Eifer in Louis' Augen zurück. "Ich hab einen ganzen Song geschrieben und aufgenommen. Naja, es ist natürlich nur eine Demo, aber ich hab schon mit dem anderen Produzenten aus London geschrieben -der, mit dem ich im Zimmer war, erinnerst du dich?- und er meinte, ich soll ihm die Aufnahme mal schicken und er schaut, ob er jemanden findet, der Interesse daran hat, ist das nicht cool?" Der junge Mann hatte sichtlich Probleme damit, still stehen zu bleiben, so hibbelig war er.
"Das ist... wow, echt toll!" Das Lächeln, das Harry aufsetzte, war nicht ganz so breit, wie Louis verdiente, aber zu seinem Glück achtete sein Freund nicht wirklich darauf.
"Ja, oder?", sagte er nur gut gelaunt, "Ich treff mich demnächst übrigens noch mit Zayn draußen, also ess ich kein Abendbrot mit. Ich schick nur noch den Song schnell an Julian und dann mach ich mich eigentlich auch schon fertig."
Er warf Harry, der noch immer seinem Mantel trug, einen Kussmund zu und verschwand summend wieder in seinem Arbeitszimmer. Ein Bisschen wie bestellt und nicht abgeholt blieb der Lockenkopf im Flur stehen und sah ihm überfordert hinterher.
"Toll", murmelte er. Dann würde er den Abend wohl allein verbringen. Mit einem Seufzen schlüpfte er aus seiner Jacke und hängte sie an die überfüllte Garderobe. Eigentlich hatte er Louis schon vor längerer Zeit gebeten, die Sommerjacken auf den Dachboden zu bringen, damit an den Haken etwas mehr Platz für die dicken Wintermäntel war - er selbst hatte dafür keine Zeit, er war ja meistens bis frühestens halb sieben außer Haus.
Heute war es sogar schon kurz nach 19 Uhr, da Sam ihn für ihre Standpauke ein paar Minuten länger dabehalten hatte und er dadurch seinen regulären Bus verpasst hatte, der um die Uhrzeit nur noch alle 20 Minuten fuhr. Mittlerweile meldete sich auch sein Magen wieder und schnell zog er sich im Schlafzimmer einen bequemen Pullover über, bevor er in die Küche ging, das Licht anmachte und-
"Oh mein Gott", entfuhr es ihm, "Ich glaub's ja nicht..."
Das Spülbecken, sowie die Ablage daneben waren mit schmutzigem Geschirr und mehreren Pfannen vollgestellt, der Herd glänzte von Ölspritzern und hatte einige neue Flecken aufzuweisen und auf dem Tisch lag ein halb-aufgegessenes, labbriges Sandwich, dessen Krümel sich über die gesamte Tischplatte verteilt hatten.
Um fair zu bleiben, die Aufzählung hörte sich um einiges schlimmer an, als es tatsächlich aussah, aber je öfter Harry zwischen den verschmutzten Stellen hin- und her sah, desto angepisster wurde er - heute war definitiv der falsche Tag für sowas. Er konnte vielleicht darüber hinwegsehen, dass Louis aus irgendeinem Grund dreimal so viel Geschirr verwendet hatte, wie sie normalerweise zusammen an einem Abend brauchten, aber wenn sein Freund wirklich dachte, er könnte sich mit Zayn treffen, ohne vorher sauber zu machen, dann hatte er sich gewaltig geschnitten.
Harry holte tief Luft, um sich etwas zu beruhigen, konnte den Ärger in seiner Stimme allerdings nicht ganz verbergen, als er laut "Louis!" in den Flur rief.
"Was ist?", erfolgte die genuschelte Antwort aus dem Arbeitszimmer und Harry schnaubte.
"Komm her, dann siehst du es", sagte er mit leicht bissigem Unterton.
Ein genervtes Geräusch ertönte, ehe Louis aus seinem Zimmer trat und durch den Flur auf ihn zukam, wo er im Rahmen der Küchentür stand.
"Ich muss mich gleich fertig machen, also mach es bitte kurz", sagte er und Harry musste sich zwingen, keinen sarkastischen Lacher aus sich herausbrechen zu lassen.
Stattdessen lüpfte er eine Augenbraue und deutete vage in Richtung der Unordnung. "Kann es sein, dass du irgendwie vergessen hast, hier aufzuräumen?", war alles, was er sagte.
Louis stöhnte laut auf. "Dein Ernst?", wollte er wissen. "Ich hab doch gesagt, dass ich den ganzen Tag an einem Song gearbeitet hab, ich hatte einfach keine Zeit zum Aufräumen, außerdem wäre ich sonst aus dem Schreib-Flow gefallen."
"Und du denkst, das soll jetzt so stehen bleiben?", fragte Harry, "Oder wie hast du dir das vorgestellt, wenn du dich gleich mit Zayn triffst - danke übrigens, dass ich das so früh erfahren hab." Er verschränkte die Arme vor der Brust.
"Es war eine spontane Entscheidung!" Langsam sah auch Louis ziemlich angepisst aus. "Und ich kann das doch noch machen, wenn ich wieder komme. Oder meinetwegen auch morgen, falls es bei uns später wird."
"Ich komme von der Arbeit, Louis", sagte Harry mit Nachdruck, "Ich will mir etwas zu Essen machen und ich brauche Platz."
Der Kleinere blies die Backen auf. "Muss das jetzt wirklich sein? Wir haben außerdem eh nur Käse und Salami da, damit kannst du dir sowieso nichts kochen."
"Dann ess ich halt Toast oder so. Aber ich muss ja trotzdem irgendwo hin!"
"Du kannst doch einfach vor das Fenster gehen!" Frustriert warf Louis seine Hände in die Luft. "Und essen kannst du auch im Wohnzimmer, das wäre nicht das erste mal."
"Und das Geschirr fängt dann über Nacht an, zu stinken und lockt Insekten an. Ganz toll!", schnaubte Harry.
"Es sind nur ein paar Stunden, Harold!" Louis verdrehte die Augen. "Unsere Wohnung wird nicht morgen von Kakerlaken wimmeln! Und wenn dich der Geruch so stört, stellen wir das Fenster eben auf Kipp und machen die Küchentür zu. Das ist doch alles kein Problem, ich versteh nicht, warum du so gereizt bist!"
Harry holte tief Luft. "Ich hatte einen scheiß Tag, okay? Sam hat mich voll angemotzt und dann fanden es drei Teenager noch nötig, mir zu sagen, wie unglaublich süß ich bin, weil ich einen Freund habe. Ich hab einfach echt kein Bock mehr!"
Louis runzelte die Stirn. "Das mit Sam tut mir leid, aber... inwiefern ist es schlecht, wenn drei Teenager unsere Beziehung süß finden?"
"Ist es nicht, wenn man Bestätigung braucht", murrte Harry, bevor er über seine Worte nachdenken konnte.
Argwöhnisch zog sein Freund eine Augenbraue nach oben. "Wenn man Bestätigung braucht? Was genau soll das denn jetzt heißen?"
"Nichts", sagte Harry schnell, "Vergiss das einfach wieder."
"Nein, offensichtlich willst du mir damit etwas sagen, also sprich es einfach aus." Louis verschränkte die Arme vor der Brust und hob herausfordernd das Kinn.
"Ich will dir gar nichts-"
"Geht es um mein Outing? Hast du plötzlich doch etwas daran auszusetzen, dass ich damit nicht so locker umgehe, wie du?"
"Was soll denn der Scheiß jetzt?", wollte Harry aufgebracht wissen, "Nur, weil ich einmal was sage, bin ich plötzlich der Böse? Kann man dir nicht einen kurzen Wink geben, ohne dass du dich gleich auf den Schlips getreten fühlst?"
Louis schnaubte abfällig. "Einen kurzen Wink, ja? Wenn es das braucht, solltest du mir vielleicht nicht ständig erzählen, dass du hinter mir stehst, nur um dann auf einmal zu sagen, es passt dir nicht mehr, wie ich mein Leben lebe!"
"Wann hab ich das denn bitte gesagt? Und man kann ja wohl alleine drauf kommen, dass ich dem Ganzen nach fast drei Jahren auch irgendwann mit gemischten Gefühlen entgegensehe!", fuhr Harry ihn an.
"Jaah, ich kann Gedanken lesen und so. Dass du mit mir einfach mal Klartext redest, wenn dich was stört, wäre ja auch zu viel verlangt", schnappte Louis zurück.
"Erzähl mir doch nicht, dass das was gebracht hätte! Am Liebsten würdest du das ganze Thema doch totschweigen, sobald es auch nur annähernd in eine Richtung geht, die dir nicht passt!"
"Du solltest doch ganz genau wissen, warum mir das alles so verdammt schwer fällt!" Wütend funkelte Louis ihn an. "Vielleicht erinnerst du dich ja daran, dass du die erste Person warst, der ich die Sache mit Stan anvertraut habe. Aber hey, ja, ich schüttel mal so locker ein Outing aus dem Ärmel!"
"Und dein Plan ist, dich die nächsten zehn Jahre zu verstecken und jeden aus deiner Familie anzulügen, oder was?" Harry schüttelte verständnislos den Kopf. "Ich verstehe doch, dass du Zeit brauchst, aber ich kapier einfach nicht, was dich gegenüber deinen Eltern so blockiert! Glaubst du wirklich, dass sie dich nicht akzeptieren werden? Oder denkst du, dass sie immer noch Hoffnungen haben, dass das mit dir und Eleanor wieder was wird?"
"Lass Ellie aus dem Spiel, sie hat mit all dem nichts zu tun!", fauchte Louis ihn an. Zu dem Rest sagte er nichts, weshalb Harry ein spöttisches Lächeln aufsetzte.
"Wieso denn?", wollte er sarkastisch wissen, "Sie wäre doch die perfekte Vorzeige-Beziehung. Ich bin ja nur dein Freund, warum sollten deine Eltern das jemals erfahren?"
"Weißt du was, vielleicht hast du ja Recht", stieg Louis mit ein, "Vielleicht spiel ich meiner Familie einfach wieder eine Beziehung mit El vor - es war ja sowieso nie mein Plan, mich zu outen. Und wenn wir schon hierbei sind: Meine Eltern konnten dich ja eigentlich eh noch nie ausstehen!"
Louis provozierte, das wusste Harry. Er sollte nicht darauf eingehen, auch das wusste er. Und trotzdem konnte er seine nächsten Worte nicht verhindern.
"Und deswegen stiften sie Lottie dazu an, mich zu fragen, ob ich mit ihr auf ein Date gehen will, sicher!"
Auf einen Schlag war es still.
"Lottie hat was?", fragte Louis mit gefährlich leiser Stimme.
"Mich um ein Date gebeten", sagte Harry und verdrehte schnaubend die Augen. "Das hätte ich dir nicht sagen sollen, aber es spielt eh keine Rolle, also vergiss es einfach wieder."
"Ach, so ist das?" Louis' Miene war wie versteinert. "Und wie lange ist das schon her, willst du mir wenigstens das sagen?"
"Es war vor ein paar Wochen, als sie eben da waren", meinte Harry genervt. "Wie gesagt, es ist unwichtig."
Prüfend musterte Louis sein Gesicht. "Was hast du gesagt?"
"Was?"
"Was du darauf gesagt hast", fauchte der Kleinere.
"Was ich...? Du spinnst doch", sagte Harry wütend, als ihm aufging, was in Louis' Kopf vor sich ging. "Was denkst du denn?"
"Ich weiß nicht, du bist doch derjenige, der mir das Ganze vorbehalten hat. Wenn es also etwas gibt, das ich nicht wissen sollte-"
"Ich habe ihr gesagt, dass ich in einer Beziehung bin", blaffte Harry ihn an. "Aber schön zu wissen, dass du mir zutraust, dich zu betrügen! Eine tolle Art von Beziehung, die wir zueinander haben!"
"Wenn du so unglücklich mit mir bist, dann mach doch Schluss!", schrie Louis mit vor Wut verzerrtem Gesicht. "Das scheint ja für uns beide am besten zu sein!"
Für ein paar Sekunden, die sich wie ein halbes Leben anfühlten, war Harry von den Worten wie betäubt. Dann schnappte er zurück in die Realität, in der gerade all seine Hoffnungen am Boden zerschellt waren und in der sein Herz drohte, auseinander zu brechen.
Er schluckte schwer, ehe er den einzigen Satz aussprach, den er rausbrachte, ohne in Tränen auszubrechen: "Du bist ein Arschloch, Louis."
Ich sag dann mal sorry...
Aber hey, wir sind bei der Halbzeit! Und wieder ist es ein Kapitel, das deutlich länger geworden ist, als geplant ^^'
(Weil das nächste Kapitel noch nicht ganz fertig ist und ich nicht weiß, ob ich die Woche groß zum Schreiben komme, bin ich mit der Ankündigung mal vorsichtig, aber ich geb mir Mühe, es zuende zu bekommen)
Love, Irishkween
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