9//Talk unter Freunden
Ich verlasse die Mädchentoilette, da Cara jetzt alleine sein will.
"Zweite Tür, links " , sage ich und gehe weiter ohne sie eines weiteren Blickes zu würdigen. Ich schäme mich zu sehr. Keiner meiner Freunde glaubt mir. Ich werde sie alle mit ins verderben ziehen und ich kann nichts dagegen machen. Ich hasse mich und der Grund, vor dem sie alle Angst haben müssten, sitzt an ihrem Tisch. Der Grund, vor dem sie Angst haben, bin ich. Ich werde mir das nie verzeihen.
Ich will gerade in den Bus einsteigen, als ich Angel von weitem sehe. Sie hat mir den Rücken zugedreht und ich sehe zum ersten mal, dass sie ein Tattoo hat. Ich trete näher an sie heran ,um das Tattoo genauer zu betrachten, denn es ist sehr klein. Es ist am Rücken, auf der linken Seite, sodass man es sieht, wenn sie ein Top trägt. Es ist wunderschön. Ich werde sie mal nach der Bedeutung fragen. Sie dreht sich augenblicklich um und ich schäme mich ein wenig, weil ich ihren Rücken so angestarrt habe und schaue sofort verlegen weg.
"Es ist schön, nicht wahr?" fragt sie mich und schaut mir dabei in die Augen. Es ist, als würde sie meine Gedanken lesen können. Woher sollte sie wissen, dass ich mir ihr Tattoo angesehen habe?
Nun schaue ich ihr ebenfalls in ihre Augen. Dass ist das erste Mal, dass sie strahlen und voller Lebensfreude scheinen. Es ist ein Funkeln in dem Grün vorhanden und es ist dass erste mal, dass ich sie so erlebe. Irgendwie glücklich.
"Ja, es ist wirklich wunderschön. Darf ich fragen, wieso du dir dieses Motiv ausgesucht hast?" frage ich sie und lächel sie unsicher an.
"Es war die Lieblingsblume meines Vaters", ist die knappe Antwort und nun schaut sie in den Himmel.
"Ich vermisse ihn" , sagt sie und lächelt ein wenig. Doch es ist ein trauriges Lächeln, was mich gleichzeitig auch traurig macht.
"Wo ist er jetzt?" frage ich sie vorsichtig und traue mich nicht ihr dabei in ihre Augen zu schauen. Ich schaue ihr dennoch ins Gesicht und kurz nachdem ich die Frage gestellt habe wird ihr Gesicht wieder ernst und es ist,als wäre nie ein Lächeln vorhanden gewesen. Ich betrachte die Mütze,die sie aufhat,obwohl Sommer ist. Genauso, wie ich es tue.
"Du trägst auch eine Mütze" , lächel ich sie an. Sie nickt bloß und schaut dann auf den Boden. Ich ziehe meine Mütze vom Kopf und fahre mir nervös durch meine wuscheligen braunen Haare. Dannach gehe ich einfach nur neben ihr her.
"Er ist gestorben", nimmt sie unser Gespräch wieder auf,welches ich längst als beendet gesehen habe.
"Das tut mir Leid" , sage ich und schaue auf den Boden,weil ich nicht weiß was ich sagen soll. Sie zupft an meiner Collegejacke, sodass ich sie nun wieder anschaue.
"Das muss es nicht. Es ist nicht deine Schuld, dass ich keine Eltern mehr habe" , sagt sie und ich bedenke, dass sie in der Mehrzahl spricht. Beide ihre Eltern scheinen tot zu sein. Aber wo wächst sie dann auf ? Ich mag sie jedoch nicht fragen. Dazu bin ich zu schüchtern, ich traue mich nicht. Außerdem wäre es auch unhöflich.
"Bis morgen" , sagt sie auf einmal und biegt ab. So schnell, dass ich es nicht mehr schaffe mich ebenfalls zu verabschieden. Ich gehe den Schotterweg entlang und trete ein paar Steinchen weg.
"Bis morgen, Angel" , murmel ich in mich selbst hinein. Ich sehe auf den Boden,als ich nach Hause gehe. Erde, dann wieder Gras und wieder Schotterweg. Straße. Bis ich Zuhause bin nehme ich meinen Blick nicht ein mal vom Boden auf, denn ich kenne den Weg in und auswendig. Ich brauche nicht mehr auf meine Umgebung achten.
Als ich Zuhause ankomme steht mein Vater in der Küche und macht Essen.
"Das riecht aber gut" , sage ich und grinse ihn an, denn er hat mein Lieblingsessen gemacht. Pfannkuchen.
"Ist Clara schon da?" frage ich. Kopfschütteln.
"Mama?" frage ich. Ein erneutes Kopfschütteln. Ich verziehe mich in mein Zimmer und hole mein Handy. Ich schreibe Clara.
"Bitte komme nach Hause. Papa hat Pfannkuchen gemacht" schreibe ich, lege mein Handy wieder weg und gehe zurück zu meinem Vater. Wir essen gemeinsam und Clara kommt nach einer Weile auch nach Hause und setzt sich dazu. Sie sieht nicht gut aus. Es tut mir alles so unglaublich Leid. Jedoch scheint sie mir immer noch nicht zu glauben. Ich hasse mich dafür. Wie konnte ich das alles nur zu lassen und wie ist Clark an dieses Video gekommen? Ich werde den Kerl umbringen. Das schwör ich.
"Hey, meine Süße", begrüßt mein Papa Clara,als die herein kommt und drückt ihr einen Kuss auf die Stirn. Wir essen schweigend, irgendwie sind wir alle nicht gesprächig, wenn es essen gibt.
Nachdem wir fertig gegessen haben gehe ich in mein Zimmer, um Hausaufgaben zu machen, als mein Vater hereinkommt. Er klopft dreimal an,so wie er es schon immer getan hat. Ich bitte ihn herein und er beginnt ein ernstes Gespräch mit mir.
"Jean, du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst. Bedrückt dich irgendwas?" fragt er mich und ich ringe einen Moment mit meinem Inneren, ob ich ihn nicht alles erzählen soll. Jedoch entscheide ich mich dagegen und sage ihm, dass alles okay ist. Er kann mir schließlich auch nicht helfen.
Nach einer Weile geht er wieder aus meinem Zimmer und ich beschließe noch mal versuchen mit Clara zu reden. Ich möchte nicht, dass sie traurig ist. Ich hasse Clark dafür.
Ich klopfe drei mal an ihre Zimmertür und als nach dem vierten mal immer noch keiner aufmacht, gehe ich hinein. Clara ist aber nicht dort. Ich simse ihr. Sie ist bei Marylin.
Ich möchte diesen Typen windelweich prügeln.
Er kann nicht Videos von meinen Freunden veröffentlichen, sie zerstören, weil er es mir heimzahlen will. Ich werde morgen abwarten. Und wenn er morgen etwas weiteres veröffentlicht, mache ich ihn fertig.
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