8 // Wie gewinne ich?
"Die Mädchentoilette, ernsthaft?" frage ich sie entgeistert, als sie stehen bleibt.
"Ja, das ist der einzige Ort, wo nie jemand ist" erklärt sie mir und ich gehe hinter ihr her in die Toilette rein. Ich hoffe, dass hat keiner gesehen. Clark kann immerhin keine Gerüchte darüber verbreiten, denn er sitzt ja bei meinen Freunden.
"Was ist der Plan?" frage ich und fühle mich dabei wie ein Geheimagent, weil wir dies so geheim machen und es anscheinend keiner mitbekommen soll.
"Wir machen dass gleiche, was er tut. Wir beschatten ihn und kramen seine geheimsten Geheimnisse raus, die niemals jemand erfahren sollte, und wir erfinden Sachen. Wir machen ihn richtig fertig" , sagt sie und hat irgendwie ein seltsames Grinsen im Gesicht, was mir ein bisschen Angst bereitet.
"Ich will ihn doch nicht mobben" erkläre ich ihr, aber dies scheint sie nicht zu hören.
"Und wenn das nicht funktioniert, ergreife ich meine Maßnahmen" sagt sie bestimmend und geht. Nun stehe ich alleine in der Mädchentoilette und denke darüber nach, was Angel mit Maßnahmen ergreifen gemeint haben könnte. Anschließend gehe ich auch und mache mir keine weiteren Gedanken darüber. Ich werde sie einfach nochmal darauf ansprechen.
Doch den ganzen Tag sehe ich sie nicht mehr, und so muss ich auf den nächsten Tag warten. Als ich in die Schule komme schauen mich schon wieder alle so seltsam an und ich frage mich, was nun schon wieder los ist, denn Clark hat mich doch schon aus meinem Freundeskreis rausgeschmissen, was will er also noch anrichten? Als ich durch die Flure gehe, sehe ich keine weiteren Zettel irgendwo hängen und auch an der Pinnwand in der Cafeteria scheint nichts zu sein. Die Schüler stehen in einzelnen kleinen Gruppen und scheinen sich über etwas lustig zu machen. Sie haben alle ein Handy in der Hand und ich nehme jemanden seins aus der Hand und sehe es.
Auf dem Video bin ich zu sehen. Es ist aus der Zeit, als meine Familie und Ich noch in England gelebt haben. Es ist zu den Zeiten, als Cara und ich das schlimmste durchmachen mussten. Ich lösche das Video auf dem Handy und suche dann Clark. Dieses Arschloch.
Nach zehn Minuten finde ich ihn endlich, denn er sitzt am Tisch meiner Freunde. Ich gehe gerade aus auf ihn zu und mache ihm eine Ansage.
"Wenn du mich fertig machst ist das okay. Aber lass meine Freunde aus dem Spiel! " brülle ich ihm mit wutverzehrtem Gesicht an. Dabei trifft in meine Spucke, aber das ist mir in dem Moment herzlich egal. Alle, die am Tisch sitzen, schauen mich entgeistert an.
"Wovon redest du, Whisk?" fragt er mich grinsend.
"Du weißt genau wovon ich rede, Sterling", sage ich voller Hass in meiner Stimme. Schön, dass wir uns jetzt nicht mal mehr beim Vornamen nennen. Ich fixiere ein weiteres mal seine kleine Narbe über der Lippe und muss mich stark zusammen reißen, damit ich ihm nicht ein weiteres mal eine reinhaue.
In dem Moment, als ich kurz davor bin ihm ins Gesicht zu schlagen, vibrieren die Handys meiner Freunde. Ich schaue in Caras Gesicht und es löst sich augenblicklich in Tränen auf. Sie steht auf und läuft weg. Ich weiß genau, was in ihr vorgeht und renne ihr hinterher. Ich schaue noch einmal zurück und sehe, wie Clark sich wieder an den Tisch meiner Freunde setzt und mich ein letztes mal angrinst, bevor er sich wegdreht. Meine Freunde bekommen dies jedoch nicht mit.
Cara ist auf die Mädchentoilette gerannt. Ich hocke vor der Kabine, in der sie sitzt und versuche mit ihr zu reden. Das zweite Mal an diesem Tag, wie wundervoll.
"Cara, bitte hör mir doch zu", versuche ich sie dazu zu bekommen mit mir zu reden.
Ein anderes Mädchen kommt herein und starrt mich an, als würde ich ein Spanner sein. Dabei bin ich doch nur hier, um mit meiner Schwester zu reden. Was kann ich denn dafür, dass ich so ein Arschloch auf meiner Schule habe, dass meine Schwester und mich überhaupt erst dazu bringt hier zu sein. Ich warte, bis das Mädchen wieder weg ist, und ich mir sicher bin, dass wir alleine sind, bis ich wieder anfange zu reden.
"Jean, du bist der einzige, der davon weiß. Wieso tust du mir das an?" fragt sie mich.
"Ich war es nicht, ich würde dir so etwas niemals antun, das weißt du doch, Cara" versuche ich die Situation zu retten. Ich war es nicht, aber das wird sie mir nicht glauben. Denn ich bin der einzige, der wüsste, wie man auf diese Aufnahmen rankommt, und ich bin der einzige, der weiß, wie sehr man sie damit verletzen kann.
"Du musst mir glauben, wieso sollte ich dies tun? Wieso? " frage ich sie, doch ich bekomme keine Antwort mehr. Ich muss sie irgendwie davon überzeugen, dass all das Clark war. Clark, der gerade am Tisch mit meinen Freunden sitzt, sie mir wegnimmt und sie wohlmöglich noch versucht, davon zu überzeugen, dass ich es war.
Niemand ist uns hinterhergelaufen, nicht einmal Marylin. Es macht mich traurig, weil ich weiß, wie verletzt Cara ist, weil Marylin nicht hier ist.
"Soll ich sie holen? " frage ich leise, aber dieses mal bekomme ich keine Antwort mehr.
"Soll ich gehen?" frage ich, doch ich höre nur die Stille, die zwischen uns herrscht. Ich stecke meine Hand unter der Tür hindurch und nach einem kleinen zögern drückt sie diese. Wie in alten Zeiten.
"Es tut mir so unglaublich Leid" , sage ich und drücke fest ihre Hand, bevor ich sie loslasse und Cara alleine lasse.
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