"Das mit deinem Freund tut mir Leid und das, was du da gefunden hast, ist ganz schön krass. Aber es gibt sicherlich eine Erklärung dafür" , antwortet Dr. Schindler.

"Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Soll ich ihn darauf ansprechen?" fragt Cara ihren Doktor.

"Auf keinen Fall. Sag mal, sind dir in letzter Zeit seltsame Dinge an deinem Bruder aufgefallen?" fragt dieser nun.

"Da gibt es ein paar. Ich habe ihnen doch von unserer Kindheit erzählt und er hat mir erzählt, dass er dauernd solche Flashbacks hat. Ich habe die aber komischer Weise nicht. Ich weiß nicht, ob das normal ist. Dann hat er andauernd Kopfschmerzen und manchmal vergisst er die einfachsten Dinge. Wir hatten eine Situation im Supermarkt und er liebt Erdnüsse und im nächsten Moment hat er behauptet er mag sie nicht und hat sie völlig empört wieder ausgepackt. Ich dachte er verarscht mich. Und solche Gedächtnislücken hat er ständig. Es kommt immer häufiger vor, habe ich das Gefühl. Wieso fragen sie das?" fragt Cara ihren Therapeuten dann.

"Magst du deinen Bruder die nächste Stunde mitbringen?" fragt er dann und Cara nickt, auch wenn sie ihn momentan lieber aus dem Weg gehen würde. Doch wenn Dr. Schindler das will, muss er einen guten Grund dafür haben.

-

"Cara, schön das du gekommen bist. Und auch dass du da bist, Jean. Ich freue mich auf dich" , begrüßt dieser uns und gibt uns beiden die Hand.

"Wie geht es euch heute?" fragt Dr. Schindler dann und die gewohnte Therapie geht mit einigen Änderungen weiter.

Am Ende der Therapie möchte Dr. Schindler dann noch einmal alleine mit mir reden.

"Ich muss mit deinen Eltern sprechen" , sagt dieser dann und ich fange an, in Panik auszubrechen.

"Es geht um eure Geschichte" , sagt er dann und ich hacke nach, da ich nicht verstehe, was er damit sagen möchte.

-

"Cara, dein Bruder und du wurdet damals in eurer Kindheit stark gemobbt und das über Jahre hinweg. Ihr habt beide traumatische Erfahrungen gemacht und darüber muss ich mit euren Eltern reden. Ich glaube, dass ihr beide psychischen Erkrankungen durch eure Kindheit ausgesetzt seit. Ich möchte ein paar Sitzungen mit euch allen und mit euch beiden , jeweils alleine machen. Ich weiß noch nicht genau, was Jean hat. Aber ich kann es mir denken, deshalb möchte ich versuchen, euch beide zu behandeln" , erklärt Dr. Schinlder mir und  einige Wochen später sitzen wir alle gemeinsam in diesem Therapieraum. Meine Eltern hat es mehr getroffen, als gedacht, da sie nicht damit gerechnet haben, dass ihre Kinder so sehr leiden.

-

"Wie geht es dir heute, Jean?" fragt Dr. Schindler mich, bei meinem dritten Gesprächstermin. Doch es ist mein erster alleine.

"Mein Name ist Kyle und mir geht es gut" , sage ich.

Ich schaue den Mann an und sehe ihm in die Augen, ich mustere ihn und entdecke, dass er blonde Haare hat. Er muss ziemlich groß sein, wenn er steht, denn er ist jetzt schon riesig, wenn er sitzt. Dann blicke ich mich weiterhin im Zimmer um, meine Füße reibe ich die ganze Zeit an dem roten Teppich der unter meinen Füßen liegt, den ich sitze auf einem bequemen Sessel, den der Mann mir hier her gestellt hat. Ich mustere die vielen Bilder, die an den Wänden hängen. Es sind sehr viele Zeichnungen von Kindern in diesem Raum, was ich daran erkenne, dass sie alle keinen Bilderrahmen habe und alle auf einem Fleck hängen. Rechts an der Wand hängt eins in einem Bilderrahmen, aber es scheint ein richtiges Kuntswerk zu sein, da es anders aussieht, als die ohne Bilderrahmen. Wertvoll sieht es aus. Nach einer guten Stunde darf ich dann wieder gehen und der Mann verabschiedet sich mit einem festen Händedruck von mir.

-

"Wie geht es dir heute, Kyle?" fragt Dr. Schindler mich bei meinem zweiten Gespräch alleine.

"Mein Name ist Gale" , schreie ich den Mann, der vor mir sitzt an, da ich sehr wütend bin. Ich schaue dem Mann nicht in die Augen, da seine Augenfarbe seltsam ist. Er hat eine Mischung aus allen Farben, deshalb starre ich auf seinen braunen Block, den er in den Händen hält. Er kritzelt ständig darin herum und das macht mich wieder wütend, deshalb schaue ich mich weiter im Zimmer um, bis ich diese Stunde endlich abgessesen habe und der Mann mir mit seinen bescheurten Fragen nicht mehr auf die Nerven geht.

-

"Wie geht es dir heute, Gale?" fragt Dr. Schinlder mich bei meiner dritten Sitzung und ich bin völlig verwirrt.

"Wieso nennen sie mich Gale? Ich heiße Jean" , sage ich und schaue den Therapeuten verwirrt an. Dabei fixiere ich den braunen Block, den der große Mann in den Händen umklammert hält. Der ist mir damals schon aufgefallen, als Cara und ich zusammen hier waren.

"Jean, ich muss dir etwas sagen" , erklärt der Mann der hinter dem großen Schreibtisch sitzt und zeigt mir seinen braunen Block. Ich lese, was auf diesem Block steht. Ich sehe die Daten von den letzten Wochen und kann lesen, dass oben auf dem Zettel Jean Whisk steht. Doch bei seinen Notitzen stehen immer andere Namen. Ich kann Kyle lesen und Gale. Bei Kyle steht, dass er keine Erdnüsse mag und ein ziemlich böser Mensch ist. Die anderen Sachen kann ich nicht entziffern, da ich die Schrift des Therapeuten nicht lesen kann. Darum gehe ich zu Gale über und dort steht, dass er eine Nussallergie hat und ziemlich aggresiv zu sein scheint. Dann sehe ich noch meinen Namen und lese, dass ich eine Erdbeerallergie habe und weitere Informationen über mich, die ich nicht weiter lese, da ich diese kenne.

"Was ist das?" frage ich den Mann ängstlich, denn langsam macht mir dieser Mann Angst.

"Das bist du" , sagt er und ich verstehe nicht, was er meint.

"Aber ich heiße Jean und nicht Kyle oder Gale" , sage ich verwirrt und schaue den Mann mit großen Augen an.

"Das alles bist du. Du bist Jean, und Kyle und auch Gale. Ich erkläre es dir. Du hast in deiner Kindheit Mobbing erlebt. Und dadurch hast du dir eine multiple Persönlichkeit angeschafft. Du bist aus deinem Körper geflohen und somit musstest du den Schmerz nicht mehr ertragen. Dann hat sich Kyle gebildet, deshalb wollte er deinen Freunden auch böses antun. Als auch er es nicht mehr ausgehalten hat, bildete sich Gale und der musste das Mobbing am längsten ertragen, weshalb er alle, die versuchen dir wehzutun, zuerst wehtut. Deshalb ist er so aggresiv, verstehst du?" fragt Dr. Schinlder und ich schüttel den Kopf.

"Was muss ich machen, um die beiden abzuschalten?" frage ich voller Panik.

"Jeden Donnerstag herkommen. Es dauert meist sechs bis sieben Jahre, bis es überhaupt zur Diagnose kommt. Manchmal ist es im Erwachsenenalter noch nicht entdeckt worden. Es ist eine langwidrige Behandlung, aber ich verspreche dir, dass wir das hinbekommen. Zusammen" , versucht der Doktor mich zu ermutigen.

"Aber ich verstehe nicht ganz" , sage ich immer noch verwirrt. Der große Mann vor mir zeigt mir eine Broschüre, in der psychische Krankheiten erklärt sind und ich lese etwas zu meiner durch.

"Jean, du hast eine multiple Persönlichkeit. Du hast diese Tiefe Narbe aus der Vergangenheit, die bei dir nie verheilt ist. " , sagt der Mann und ich verstehe in diesem Moment, dass ich alles war, was ich meinen Freunden angetan habe.

ENDE