Verwirrungen (Oneshot 9.1)
Gespannt darauf, was Tim möchte, tiger ich durch meine Wohnung. Gestern hatte er mich angeschrieben, dass er mit mir reden möchte. Es kommt eher selten vor, dass er so explizit um eine Gespräch bittet, meistens kommt man irgendwie von alleine auf das Thema welches man besprechen möchte. Mir ist aufgefallen, dass irgendwas in den letzten Wochen war, aber ich konnte einfach nicht einordnen, was es was es war. Ich hoffe, dass ich vielleicht jetzt gleich mehr weiß.
Es klingelt. Er klingelt sonst nie, sondern kommt einfach rein. Als ich ihm die Tür öffne, erkenne ich, dass er überhaupt nicht gut aussieht. Eher so als ob er die letzten Tage wenig geschlafen und viel geweint hat. Ein müdes „Hey" kommt über seine Lippen, bevor wir gemeinsam die Wohnung betreten. „Lass uns auf das Sofa setzen und dann erzählst du mir, was los ist. Heulsuse! Willst du irgendwas zu trinken?", schlage ich vor. Er setzt sich auf die Couch. Aber nicht wie normal so, dass es gemütlich ist, sondern ganz vorne, als ob er auf dem Sprung wäre und nicht gerade erst angekommen. Irgendwie macht mir sein Verhalten Sorgen, weil ich wirklich keine Ahnung habe, was los sein könnte. Ich setze mich ebenfalls und warte ab, ob er etwas sagt.
Ich beobachte, dass er sich immer wieder nervös durch die Haare fährt und wie er die Hand an den Kopf hält, als ob er Schmerzen hätte. Ist er irgendwie krank? Aber das wäre ja nicht so ein großes Thema. Dann scheint er sich plötzlich gefangen zu haben und hebt seinen Blick. „Jan, ich... ich... es tut mir leid, wenn ich jetzt etwas zwischen uns zerstöre, aber ich muss es jetzt einfach sagen." Was will er mir sagen? Nichts könnte unsere Freundschaft zerstören. Wir haben schon so viel zusammen durch gemacht. „Ich habe mich verliebt.", sagt er plötzlich. „Und was ist daran so schlimm? Ich freue mich für dich!", antworte ich ihm ehrlich und verstehe sein Problem überhaupt nicht. „Wenn du mehr Freizeit brauchst oder eine Kanalpause machen möchtest, ist das völlig okay", versuche ich der Lösung etwas näher zu kommen. „Nein, das will ich nicht, dass Problem ist mehr... in wen ich mich verliebt habe." „Tim sag doch einfach, was dich bedrückt. Ich meine, die einzige Person bei der ich sauer wäre, wenn du wieder mit ihr zusammen kommst, wäre deine eine Ex-Freundin, die dich damals so verletzt hat. Aber bei jeden anderen Person ist es doch völlig okay." „Du verstehst es nicht! Es ist ein Problem, weil ich mich in dich verliebt habe!", gesteht er mir dann völlig unerwartet. „Oh.", erwidere ich völlig überfordert von der Situation.
Tim vergräbt sein Gesicht in seinen Händen und ich glaube, er kämpft mit den Tränen. Ich will nicht, dass er weint. Vorsichtig lege ich meine Hand auf seinen Rücken und streichle ihn beruhigend. Ich habe keine Ahnung, ob ich ihm damit helfe. Ich kann sowas einfach nicht. Er lehnt sich an mich und aus dem Augenwinkel erkenne ich seine nassen Wangen.
Ich dachte immer, wenn sich einer von uns in den anderen verliebt, dann bin ich das, schließlich bin ich homosexuell. Sein Geständnis hat mich komplett überrascht und ich fühle mich schlecht, weil ich weiß, das ich ihn verletze indem ich seine Gefühle nicht erwidere. Ich habe Angst, dass das das Aus für unsere Freundschaft bedeuten könnte. Ich will ihn nicht verlieren.
Zwischen einigen Schniefern sagt Tim: „Ich wollte das wirklich nicht. Es tut mir leid." Auch wenn ich selbst gerade nicht in der besten Verfassung bin, versuche ich ihn zu trösten: „Es muss dir nicht leid tun, du kannst nichts dafür, was dein Herz macht. Wir schaffen das gemeinsam!" Es wirft mir einen seltsamen Blick zu. „Als beste Freunde.", schiebe ich schnell hinterher, damit ich ihm nicht noch unnötige Hoffnungen mache. „Aber wenn es jetzt seltsam zwischen uns wird?", bezweifelt er meine Aussage. Es darf einfach nicht seltsam werden, ich kann ihn doch nicht verlieren. „Es wird nicht seltsam, das verspreche ich dir! Es bleibt einfach alles so, wie es ist. Und du versuchst über deine Gefühle hinweg zu kommen." Gequält lacht er kurz auf und antwortet mehr zu sich selbst: „Wenn das so einfach wäre..."
Auch wenn ich gesagt habe, dass wir einfach so tun, als sein nicht, weiß ich schon jetzt nicht mehr, wie ich mich verhalten soll. Mein Kopf ist wie leer gefegt und mir fällt nichts mehr ein, was wir sonst immer gemacht habe. Nachdem wir uns einige Minuten angeschwiegen haben, steht Tim auf. „Ich würde jetzt wieder heim gehen. Morgen wieder Videodreh?", fragt er. Ich nicke und begleite ihn zu Tür. Ohne eine kurze Umarmung verschwindet er in das Treppenhaus.
Wieder alleine, weiß ich einfach nicht was ich fühlen soll. Einerseits bin ich froh, dass wir so offen gesprochen haben und ich weiß, was mit ihm los ist. Und andererseits... ich bin wütend auf ihn, weil es unsere Freundschaft gefährdet. Ich will unter keinen Umständen verlieren, aber ich weiß auch nicht, ob unsere Freundschaft sowas aushält. Hätte er einfach nichts gesagt, es wäre mir nicht aufgefallen. Wir könnten einfach ganz normal weiter Freunde sein.
Mir schießen verschiedene Erinnerungen der letzten Wochen durch den Kopf. Umarmungen, Gespräche, kleine Aufmerksamkeiten zwischen Freunden. Was hat er dabei gedacht? War er schon davor in mich verliebt? Habe ich ihm unbewusst Hoffnungen gemacht und damit alles nur noch verschlimmert? Hatte er heute gehofft, dass ich sage, dass ich ihn auch liebe oder war ihm klar, dass es nicht auf Gegenseitigkeit beruht?
Ich weiß einfach gar nichts mehr.
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Ich hatte eine spontane Idee und das war das Ergebnis. Keine Sorge es wird noch weiter gehen.
Wenn ihr Ideen habt, gerne her, ich bin zurzeit etwas unkreativ...
Schönen Start in die Adventszeit
Liebe Grüße
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