Singst du für mich? (Oneshot 12.5)
Ich habe gerade zufällig mehr Lebensmittel als nur Tiefkühlkost da, also wenn du willst, könntest du vorbei kommen und kochen gemeinsam etwas.
Mehrfach muss ich die Nachricht lesen, um ihren Inhalt wirklich wahrzunehmen. Wie unwirklich, dass er mich einfach so spontan zum Essen einlädt. Nach 2 Jahren ohne Kontakt. Mit umbesprochenen Dingen, die noch zwischen uns stehen. Seinen Liedern, die vieles erklären, aber auch noch so vieles offen lassen. Und es lädt mich einfach ein.
Okay, ganz ruhig, spreche ich mir selbst zu. Wir waren mal beste Freunde und haben uns jeden Tag gesehen, da wird so ein Abend doch kein zu großes Problem werden. Wir lernen uns einfach wieder näher kennen, haben Spaß und... ich sollte aufhören Tagträumen hinter herumhängen in denen wir aneinander gekuschelt einen uninteressanten Film schauen. Das wird nicht passieren, weil ich, wie ein normaler Gast nach dem Essen wieder nach Hause gehen werde. Wir sind ja in gewisser Weise auch Fremde.
Wenn du damit leben kannst, dass danach sicherlich irgendwelche Flecken an der Küchenwand sind, sehr gerne! Gisela liebt es zurzeit, wenn Lebensmittel die Bekanntschaft mit weißen Tapeten machen.
Damit kann ich leben 😂
Okay unser Date steht. Nein nicht Date! Abendessen!
Wann soll ich dann bei dir vorbei kommen? Und wohnst du noch dort, wo du früher gewohnt hast?
Stelle ich noch schnell die notwendigen Fragen, bevor ich mich wieder dem Computer-Bildschirm vor mir widme. Die Stunden bis zum mehr oder weniger verdienten Feierabend ziehen sich. Um Punkt 17 Uhr verlasse ich das Büro und mache mich auf den Heimweg. In meinem Kopf plane ich schon mal, was ich in welcher Reihenfolge machen werde. Tim meinte, dass ich gerne so um 19 Uhr bei ihm sein aufkreuzen kann. Und ich würde gerne davor noch Duschen und mir etwas anderes anziehen. Vielleicht ist es etwas übertrieben, weil wir ja nur gemeinsam kochen uns zu Abend essen, aber egal. Muss ja keiner wissen.
Fast zwei Stunden später laufe ich nervös seine Straße entlang. Schon von weitem erkenne ich das Mehrfamilienhaus, in dem seine Wohnung ist. Wie wird es wenn wir uns sehen? Umarmen wir uns? Geben wir uns die Hand? Okay, nein das wäre irgendwie seltsam. Das letzte mal als wir uns gesehen haben, lagen wir küssend bei mir im Wohnzimmer bevor er panisch abgehauen ist. Wie zur Hölle begrüßt man sich danach? Bei dem Gedanken an unseren Kuss, muss ich lächeln. Auch wenn alles danach beschissen war, war der Moment eigentlich wunderschön.
Vorsichtig öffne ich das Gartentor zum Haus und betrete das Grundstück. Vorfreude gesellt sich zur Angst, als ich seinen Namen auf dem Klingelschild entdecke. Bevor mein Tourette auf dumme Gedanken kommt, drücke ich die Klingel.
„Hallo?", ertönt es aus dem Lautsprechen und ich erstarre bei dem Klang seiner Stimme. Jetzt erst merke, wie krass ich diese vermisst habe. Klar habe ich die Songs, aber das ist etwas anderes. „Hallo??", kommt es erneut aus der Anlage und reißt mich aus meinen Gedanken. „Ähm, ja... ich bin's...", gebe ich sinnlose Satzfragmente von mir, aber er scheint es verstanden zu haben, denn kurz darauf höre ich das altbekannte Summen und ich öffne die Türe.
Spätestens jetzt schlägt mein Herz so schnell, dass man meinen könnte, ich habe einen Hundert-Meter-Sprint hinter mir. Meine feuchten Handflächen streiche ich an meiner Karo-Hose ab. Zögerlich gehe ich die Treppen hoch. Er steht an der offenen Tür. „Hi", begrüßt er mich. Ich wende meinen Blick schnell wieder auf die Stufen, um zu Vermeiden, dass ich ihn anstarre. Also nicht weil er so heiß aussieht, nein, also, er sieht schon gut aus, aber ich würde ihn jetzt gerade wahrscheinlich eher anstarren, weil er sich schon etwas verändert hat und weil ich einfach nicht fassen kann jetzt vor ihm zu stehen. Als ich dann vor ihm stehe, traue ich mich ihn anzuschauen und erwidere sein „Hi". Er hat abgenommen, dass sieht man, aber er ist auch irgendwie erwachsener geworden. Man sieht, dass etwas Zeit vergangen ist, aber wenn ich ehrlich bin, ist das nicht umbedingt zum Nachteil gewesen.
Eine unangenehme Stille bereitet sich zwischen uns aus, wie wir unschlüssig zwischen Treppenhaus und Wohnung stehen und uns gegenseitig betrachten, um es mal nett auszudrücken. Es dauert noch kurz, bis er mich mit einer einladenden Bewegung in die Wohnung lässt. Schweigend hänge ich meine Jacke auf und folge ihm in die Küche. Hier herrscht das gleiche Chaos wie noch vor 2 Jahren.
„Also ich habe, wie du hier siehst reichlich Obst und Gemüse da", erklärt er und zeigt auf die gefüllte Schale auf der Theke. „Hast du dich im Supermarkt vergriffen oder wie kommt es dazu?", frage ich scherzhaft. „Hey! So ungesu... okay vielleicht doch. Zugegebenermaßen hat Tina das vorbei gebracht, weil sie der Meinung ist, dass Pizza und Burger nicht abwechslungsreich genug sind." Wir müssen beide lachen. Dass er lacht, macht mich noch ein bisschen glücklicher.
„Hast du dir eigentlich schon überlegt, was wir kochen sollen?", frage ich ihn anschließend. „Ich hatte gehofft, dass du eine Idee hast, zumal du doch hier der Vegetarier bist, also kennst du dich doch mit Gemüse aus", antwortet und ich muss grinsen. „Nur um das klarzustellen, kein Fleisch bedeutet nicht, dass man nur noch Gemüse ist, es gibt da noch mehr. Wie wäre es mit Ratatouille?", schlage ich vor, mit dem Verdacht, dass er nicht weiß, was das ist. „Rata... was?" „Ratatouille. So wie der Film. Das ist einfach verschiedenes Gemüse kleingeschnitten und in einen Topf geworfen." „Und das soll schmecken? Nur Gemüse?" „Von mir aus kannst du ja am Ende noch Ketchup drüber machen, dann schmeckt es dir doch immer, oder?", erinnere ich ihn an die ganzen Situationen, für die er extra eine Ketchupflasche bei mir deponiert hatte, die wahrscheinlich bis heute im hintersten Eck meines Kühlschranks gammelt. „Warum habe ich das Gefühl, dass du mich nur frontest?" Gespielt geschockt lege ich meine Hand auf mein Herz: „Was? Ich doch nicht! Ich erörtere doch nur die Fakten!"
Ich schaue ihn direkt an und sofort trifft sein Blick meinen. Einen Moment zu lange starren wir uns an, bevor Tim beschließt, dass wir anfangen sollten. Da wir kein Rezept haben, fängt er an zu nach einem zu googeln. Da ich nicht weiß, was ich machen soll gehe ich zu ihm rüber, um ihm eventuell bei der Suche zu helfen. Erst als ich ihn fast berühre fällt mir auf, wie nahe wir uns gerade sind und ich muss versuchen ruhig zu bleiben. Seine Körperwärme zu spüren löst eine Art Frühling in mir aus, sodass die ganzen Schmetterling in meinem Bauch plötzlich ausschwärmen und mich mehr als nur etwas von der eigentlich Rezeptsuche ablenken.
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Wenn man einmal wieder drin ist, geht es gleich viel schneller. Ich hoffe das bleibt so, denn dieser OneShot geht wahrscheinlich noch ein bisschen. Man merkt es wahrscheinlich schon, dass die zwei Idioten ihre Zeit brauchen. Wobei ein bisschen verliebt scheinen sie ja schon zu sein...
Bis demnächst!
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