Singst du für mich? (Oneshot 12.3)
Ich hasse mich selbst dafür, dass ich es nicht nochmal geschafft habe Tim zu schreiben. Wie soll ich bitte ein Gespräch anfangen? Auch nach all der Zeit habe ich das Gefühl ihn in und auswendig zu kennen. Wenn ich wissen wollen würde, wie es ihm geht, brauche ich bloß seine Instagram-Story schauen. Ein Blick in seine Augen reicht. Er kann vielleicht seine Fans täuschen, aber ich sehe, dass es ihm nicht jeden Tag perfekt geht. Genauso wenig kann ich ihn fragen, was er den Tag so gemacht hat, schließlich habe ich es schon in seiner Story gesehen, wo er mittlerweile wesentlich aktiver ist, als noch zu unseren YouTube-Zeiten.
Auf einer tieferen Ebene, emotionalen Ebene sind wir noch auf einer Wellenlänge, aber schon lange weiß ich nicht mehr, was ihn oberflächlich in seinem Leben beschäftigt. Fußball interessiert ihn sicherlich immer noch, aber damit kann ich absolut nichts anfangen. Ich weiß ja nicht mal, ob er seine Ausbildung fertig gemacht hat und jetzt als Rettungssanitäter arbeitet. Oder ob er von der Musik lebt.
Zwei lange Wochen sind vergangen in denen ich stundenlang in unserem Chat hing, Sätze angefangen hatte, aber sofort wieder gelöscht habe, bevor ich sie abgeschickten konnte. Zwei Wochen, in denen ich gerne mit ihm geschrieben hätte egal über was, bloß stand ich mir selbst irgendwie im Weg.
„Hast du schon Tims Erfolg mit dem Song mitbekommen?", fragt mich Marion, als ich bei zu Besuch bin. Ich nicke stumm. „Hast du dir das Lied auch schon angehört? Es ist wirklich gut. Ich habe es mir selbst schon bestimmt tausendmal angehört." „Ja, habe ich", antworte ich kurz angebunden, weil ich nicht mit meiner Mutter über den Liedtext philosophieren möchte. Sie will schon seit einiger Zeit, dass ich mich mal wieder bei Tim melde. Dass wir einfach mal wieder was gemeinsam machen. Sie meint es würde uns beiden gut tun. „Das wäre doch die perfekte Gelegenheit..." „Ich weiß, Mama!", unterbreche ich sie, da ich schon weiß was ihre Aufforderung ist. Natürlich könnte ich ihr erzählen, dass wir geschrieben haben, aber ich weiß doch selbst nicht, ob es bei einer einmaligen Sache bleibt oder ob ich es doch noch schaffe über meinen Schatten zu springen.
Am Abend liege ich wach in meinem Bett. Ich warte auf Mitternacht, da soll der nächste Song von Tims Album released werden. Immer wieder versinke ich in kleinen Traumvorstellungen, in denen Tim und ich als Paar seinen Release feiern. Er würde vielleicht seine Hände an meine Hüfte legen und mich sanft zu sich ziehen, bevor mich in eine gefühlvollen Kuss verwickeln würde. Okay, stop! Wo kommt das denn auf einmal her?! Das ist ja schlimmer als das Herzkino vom ZDF.
Bist du nervös, wegen gleich?
Schreibe ich ihm, um auf andere Gedanken zu kommen. Er liest es sofort.
Ja, aber vor allem wegen deiner Reaktion.
Augenblicklich überfährt mich eine Gänsehaut und ein seltsames Kribbeln macht sich in meinem Bauch breit. Warum hat meine Meinung bezüglich seiner Musik für ihn so einen hohen Stellenwert? Musik war schon damals mehr sein Ding gewesen und ich habe ihn einfach nur unterstützt. Natürlich wollte er damals schon immer meiner Meinung wissen, aber ich wusste nie, dass es ihm so viel bedeutete, ob ich es gut finde.
Ich finde es doch sowieso gut...
Seit ich vor zwei Wochen seine Lieder entdeckt habe, laufen sie bei mir auf Dauerschleife. Es ist eigentlich überhaupt nicht mein Musikstil, aber es ist Tim und wenn ich die Augen schließe sehe ich ihn jedesmal überdeutlich vor mir, wie er die Worte direkt zu mir sagt, als ob sie für mich bestimmt wären. Einzig und alleine geschrieben wurden, damit ich sie höre.
Punkt Mitternacht starte ich den Song, lasse mich auf mein Bett fallen und lausche den Tönen, die durch das Zimmer hallen. Es klingt traurig und noch bevor seine Stimme einsetzt, habe ich das Bedürfnis ihn fest in den Arm zu nehmen und zu sagen, dass alles gut wird.
Drei Minuten lang liege ich regungslos da und höre Tim zu, wie er von verpassten Gelegenheiten, falschem Timing, hoffnungslosem Aufgeben und Unsicherheiten singt. In jeder Zeile finde ich mich wieder. Und ich verstehen, dass es ihm all die Monate genauso ging wie mir. Als die letzten Töne verklingen, starte ich den Song ohne zu zögern neu.
Es macht mich traurig zu hören, dass wir so lange quasi aneinander vorbei gelebt habe, obwohl wir beide nur auf einen Schritt des anderen gewartet haben. Andererseits sind da diese verdammten Schmetterlinge in meinem Bauch, die sich darüber freuen, dass auch ich die ganze Zeit in Tims Gedanken war. Dass es ihn beschäftigt hat, was damals zwischen uns passiert ist und dass er mich nicht einfach vergessen hat.
Der laute Nachrichtenton über meine Bluetooth-Box unterbricht die Musik.
Und?
So kurz die Frage ist, so schwer ist sie zu beantworten.
Er ist wunderschön!
Meine Worte beschrieben nicht ansatzweise, welchen Stellenwert dieser Song für mich hat. Ich könnte so viel sagen, schreiben, aber es würde nie so perfekt klingen, wie die Zeilen, die Tim formuliert hat. Schnell schiebe ich noch hinter her:
Ich glaube, ich habe ein neues Lieblingslied.
Sofort liest er meine Nachricht und fängt an zu tippen.
🥰🥰
Was machst du heute eigentlich so schönes?
Fragte er mich etwas zusammenhangslos für halb eins in der Nacht.
Also jetzt erstmal schlafen, weil ich morgen arbeiten muss und gerne wach sein würde. Und du so?
Ich verfolge jetzt noch eine Weile die Reaktionen auf den Song und dann werde ich mich auch mal schlafen legen. Dann will ich dich mal nicht weiter vom schlafen abhalten und wünsche dir eine gute Nacht!
Dir auch! Vielleicht können wir ja morgen noch mal schreiben...?
Traue ich mich zu fragen, da ich gerne den Kontakt halten würde, um wieder ein bisschen mehr über ihn zu erfahren.
Gerne! Dann bis morgen!
Bis Morgen!
Mit einem breiten Lächeln im Gesicht, lege ich mein Handy beiseite und kuschle mich in meine Decke. Ich freue mich sehr auf morgen... wahrscheinlich, weil es ein Freitag ist. Mit deutlich spürbarem Herzschlag drifte ich in eine rosa Traumwelt ab.
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Ich entschuldige mich jetzt schonmal ich voraus, bis der nächste Teil kommt wird es wahrscheinlich noch ein Weilchen dauern. Dieser Teil ging schon echt schwer von der Hand und wenn jetzt noch fehlende Zeit dazu kommt, wird es nicht leichter.
Falls ihr Ideen habt, wie es weiter gehen könnte, dann schreibt mir das gerne!
Liebe Grüße und einen guten Start in die nächste Woche!
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