Singst du für mich? (Oneshot 12.2)
Ich bin völlig überwältigt von dem Erfolg meines neuen Songs. Übernacht bin ich in den Charts gelandet überall läuft mein Lied. Vielleicht hatte ich einen Nerv getroffen. Vielleicht geht es noch mehr Leuten da draußen so wie mir, dass sie anderen immer helfen, optimistisch sein wollen, aber sie die Vergangenheit wie einen schweren Klotz hinter sich her ziehen, weil sie nicht abschließen können. Weil es sie jedesmal aufs neue emotional aufwühlt und sie sich wünschen, so viele Entscheidungen anders getroffen zu haben. Sich wünschen die roten Neonpfeile, die auf den richtigen Weg gezeigt haben, nicht misstraut zu haben.
Ich antworte auf einige Kommentare von ehemaligen YouTube-Kollegen unter dem Musikvideo. Unser früheres Management hat auch schon mehrfach versucht mich zu erreichen, weil sie wahrscheinlich all die Anfragen, die mit dem Erfolg den Songs zusammenhängen abbekommen.
Eigentlich möchte ich nur kurz die neuen Aktivitäten auf Instagram weg klicken, als mir ein Name ins Auge fällt: Jan. Er hat sämtliche Beiträge seit unserer Trennung geliked. In dem Moment sehe ich von oben die Benachrichtigung, dass er auch auf meine Story geantwortet hat. Mein Herz schlägt augenblicklich dreimal so schnell, wie es sollte.
Als ich den Song geschrieben habe, dachte ich oft an ihn und stellte mir vor, dass er ihn sieht. Ob er die Nachricht versteht, dass er versteht, dass ich von uns singe. Was er dann vielleicht machen würde. Natürlich war da immer dieses kleine Licht der Hoffnung, dass er sich vielleicht meldet, aber genau an diesem Feuer verbrannte ich mir regelmäßig die Finger, denn er schrieb nie.
Bis jetzt.
Ich habe gleichzeitig unglaublich Angst vor seinen Worten und bin extrem neugierig, was er schreibt. Vielleicht hat er mir ja auch nur zum Erfolg meines Songs gratuliert. Mit zitterndem Finger öffne ich den Chatverlauf.
Ist der Song über uns?
Diese direkte Frage bringt mich endgültig aus dem Konzept. Überfordert lege ich mein Handy beiseite und spüre die Tränen aufsteigen. Schnell wische ich mir mit dem Ärmel meines Hässlich-Hoodies über die Augen. Er hat das Lied gehört und er hat es verstanden.
Aus Reflex, weil ich sonst immer alles abstreite, möchte ich mit „Nein" antworten. Aber warum sollte ich vor IHM behaupten, dass es nicht von ihm handelt, wenn er es doch sowieso schon weiß.
Damals als ich realisiert hatte, dass er sich nicht melden würde, hatte ich mir geschworen, dass im unwahrscheinlichen Fall, dass wir nochmal Kontakt haben, ich komplett ehrlich zu ihm bin. Nicht noch einmal möchte ich, dass wir die Chance verpassen, dass wir nur eine flüchtige Begegnung bleiben. In meinem Kopf ist er auch nach 2 Jahren die Person, die mir als erstes in den Kopf schießt, wenn ich gefragt werde, wer mir am nächsten steht.
Seine Antwort ist die Chance auf die ich insgeheim gewartet habe. Warum sollte ich ihn anlügen, wenn die größte Gefahr ist, dass er wieder den Kontakt abbricht? Warum sollte ich die Wahrheit verleugnen, wenn er nach all der Zeit den Mut aufgebracht hat, mir zu schreiben? Auf der Welle des Muts reitend, tippe ich schnell ein kurzes „Ja".
Automatisiert öffne ich sein Profil. Seit unserer Trennung hat er nur vereinzelt Beiträge gepostet, unter welchen sich die Fragen häufen. Verständlicherweise, weil wir nie etwas gesagt haben. Wir hatten eine Pause angekündigt und seitdem haben unsere Fans nicht nochmal ein offizielles Statement von uns gehört. Ich hatte mal in einem Livestream gemeint, dass wir uns aktuell einfach auf eigene Sachen konzentrieren und, dass es Jan gut gehen würde. In Wahrheit habe ich seit 2 Jahren keine Ahnung mehr, wie es ihm geht. Durch meine Mutter hatte ich mitbekommen, dass er sich einen Bürojob gesucht hatte. Etwas was er früher gehasst hätte, aber wahrscheinlich blieb ihm keine andere Wahl nach unserem Bruch. Es tut mir noch heute unendlich leid, dass er wegen mir nicht mehr seinem Traum-Beruf nachgehen kann.
Okay
Jan hat geantwortet. Auch wenn es mich unglaublich aufwühlt zu wissen, dass er weiß was ich über uns denke, macht es mich irgendwie glücklich, die paar Worte mit ihm gewechselt zu haben. Er hat immer noch die gleiche Wirkung auf mich wie damals. All die schwarzen Wolken verziehen sich und machen einer strahlenden Sonne Platz.
Ich möchte dieses Gefühl behalten. Immer haben. Ich frage ihn:
So offensichtlich? 😂
Bin ich zu direkt? Zu offensiv? Bevor ich die Nachricht wieder löschen kann, taucht das übliche gesehen darunter auf. Als er tippt, nimmt die Angst vor seiner Antwort zu. Vielleicht findet er es nicht okay, dass ich über unsere Vergangenheit singe. Vielleicht hat er schon längst abgeschlossen und findet mein auftreten lächerlich.
Für mich schon... Glückwunsch zum Erfolg des Songs! Er lief gerade bei mir im Radio
Ich hoffe einfach, dass er die Worte ernst meint und sich wirklich für mich freut. So wie er es schon damals getan hat, als ich meinen ersten Song ohne ihn rausgebracht habe.
Dankeschön! Ich bin noch völlig überwältigt davon.
Schon jetzt hat sich die Arbeit und die Tränen, die ich während der Produktion vergossen habe, gelohnt. Für diese fünf Minuten zwischen uns. Vielleicht schaffe ich es ja, dass wir wieder regelmäßiger schreiben.
Das kann ich mir vorstellen. Ich freue mich für dich! Deine Musik hat es mehr als verdient jetzt auch mal ein bisschen mehr Aufmerksamkeit zu bekommen.
Man, warum muss er nach all der Zeit noch so... warum unterstützt er mich immer noch? Warum gibt er mir sofort das Gefühl, dass alles, was ich mache, richtig ist, solange ich es vom Herzen aus mache?
Danke, es freut mich, das von DIR zu hören!
Ich weiß, dass ich ein Risiko eingehe, wenn ich mich schnell öffne und verletzlich mache, aber irgendwas sagt mir, dass ich Jan immer noch vertrauen kann. Dass er mich niemals verletzten würde. In der Vergangenheit war es schon nicht mit Absicht gewesen, die Umstände waren einfach nicht die richtigen. Wir waren beide überfordert und feige gewesen.
Wenn das so ist, hättest du mir auch früher sagen können, dass du meine Meinung haben möchtest 😂 Ich gebe jederzeit gerne Feedback!
Ich weiß, dass er es scherzhaft meint und doch versetzt es mir einen Stich. Vielleicht hätte ich es wirklich tun sollen. Ihn einfach fragen. Anschreiben. Vielleicht wäre es schon früher zu diesem befreienden Gespräch gekommen.
Ich muss jetzt los, die Arbeit ruft. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag!
Trifft eine weitere Nachricht von ihm ein. Ich weiß, dass dieser Tag nur schön werden kann. Ich bin jetzt schon so gut gelaunt wie schon lange nicht mehr um diese Uhrzeit.
Ich dir auch!
Antworte ich schnell noch, bevor ich aufspringe und mich auf den Weg zu meinen Eltern begebe. Sie wollen mit mir auf den Erfolg des Songs anstoßen.
„Tim? Du schon hier? Es ist vor 11 Uhr, das ist dir bewusst, oder?", begrüßt mich meine Mutter überrascht. „Ja klar, was dagegen?", begrüße ich sie überschwänglich. „Wer bist du und was hast du mit meinem Sohn gemacht?", fragt sie lachend. „Ist es wirklich so ungewöhnlich, dass ich jetzt schon wach bin?" „Nicht nur das, sondern auch deine gute Laune als Morgenmuffel, lässt mich daran zweifeln, dass in deinem Frühstück nur Müsli drin war."
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Teil 3? (Das mit dem ONEshot sollte ich echt nochmal üben...)
Ich habe versucht ein bisschen Tims Perspektive darzustellen. Ich hoffe, ich habe mich jetztnicht zu oft wiederholt, weil ich ständig unterbrochen wurde und mir immer nur ungern direkt nach dem Schreiben, das Geschriebene durchlese, weil ich dann alles wieder löschen/ändern würde.
Liebe Grüße
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