Buch der Gefühle (Oneshot 11.3)

Die gleichmäßigen Geräusche aus dem Zimmer neben an verstummen und ich wische ein letztes Mal meine Tränen weg, bevor ich nach meinem Handy greife. Leise betritt Jan das Zimmer, als er entdeckt, dass ich noch wach bin wechselt sein Gesicht von überrascht zu besorgt. Ich kann mir das nicht länger anschauen und stehe auf. „Tim?", flüstert Jan in die Stille. Ich möchte an ihm vorbei ins Wohnzimmer, Hauptsache weg von hier. Doch er hält mich auf und nimmt mich einfach in den Arm. Zögerlich lege ich auch meine Arme um ihn, bedacht rein freundschaftlich zu bleiben.

Lange stehen wir so da, meine Mauer fängt schon wieder an zu bröckeln. Ich könnte einfach loslassen, denn er würde mich jetzt auf jeden Fall auffangen. Doch bevor ich den Faden wirklich durchschneide, löst sich Jan von mir und lässt mich in den Flur gehen. Ich sollte meinen Mund aufmachen und endlich reden, aber ich gehe einfach ins Wohnzimmer und verkrieche mich in der hintersten Ecke.

Ich sehe wahrscheinlich aus, wie ein Häufchen Elend, so verheult und fertig mit der Welt. Ich habe keine Ahnung wie viel Uhr es mittlerweile ist und ich hoffe einfach, dass Jan schon schläft, als ich mein Notizblock holen gehe. Das Licht ist aus und die gleichmäßigen Atemgeräuschen deuten auf mein Glück.

In der Küche hole ich noch schnell die kleine Tischlampe, bevor ich mich wieder auf das Sofa setze. Der Tag war so ein Chaos, obwohl ich kaum etwas gemacht habe. Ich muss einfach diese ganzen Gedanken loswerden, ordnen. Ich schlage eine neue Seite auf und schreibe in Großbuchstaben das Wort HEUTE. Weiter komme ich nicht. Ich weiß nicht, womit ich anfangen soll oder kann. Was ich schreiben soll. Obwohl in meinem Kopf so viel redet, kann ich die Worte nicht fassen und aufschreiben.

Wahllos blättere ich ein paar Seiten vor. Ich kann mich an jeden einzelnen Buchstaben erinnern, jedes Gekritzel hat seine eigene Bedeutung. Auf einer der letzten Seiten fällt mir auf das ein Satz durchgestrichen ist und ich kann mich nicht erinnern, das getan zu haben. Ursprünglich stand da der Satz: Ich habe es nicht verdient glücklich zu sein. Wann hatte ich das weggestrichen? Ich suche auf anderen Seiten ebenfalls nach solchen Sätzen und tatsächlich ab und zu ist ein Satz durchgestrichen.

Schlussendlich lande ich auf der neuesten Seite von letzter Nacht. Ein paar Stellen sind verwischt, als ob jemand geweint hätte, als er sie geschrieben hat. Aber war ich nicht glücklich letzte Nacht? Ich fahre mit dem Finger die Zeilen nach, während ich die Worte lese. Es liest sich, wie eine ziemlich dramatische Liebeserklärung an Jan. Erst am Ende fällt mir zwischen meinem Gekrakel die fremde Schrift auf.

Ich liebe dich - und ich dich

Ich weiß, dass es Jan war, der das geschrieben hat. Aber mehr weiß ich nicht. Die Gedanken sind mit einem Schlag weg und mein Kopf ist leer gefegt. Eine Mischung von Überforderung, Verwirrung und Erleichterung macht sich in mir breit. Immer wieder lese ich diese Worte und verstehe sie einfach nicht. Auf meine angefangene Seite schreibe ich groß die Fragen: WARUM? Dann lege ich den Blog auf die Seite und schließe die Augen, in der Hoffnung klarer sehen zu können.

Es ist schon lange hell draußen, als ich wieder aufwache. Es ist still. Jan scheint entweder nicht mehr da zu sein oder noch zu schlafen. Als ich den Block neben mir erblicke, fällt mir wieder ein, was letzte Nacht passiert ist. Ich öffne die Seite mit meiner Liebeserklärung und tatsächlich steht immer noch seine kleine Ergänzungen daneben. Wie meint er das? Wann hat er das überhaupt geschrieben und wie hat er dieses Buch gefunden?

Ich schlage die letzte Seite auf. Unter meiner Frage steht jetzt eine Antwort.

WARUM?

Wenn man das WARUM in Worte fassen könnte, hätte ich es schon längst getan

Die Worte klingen traurig schön und ich verstehe sie sofort, gleichzeitig heb ich keine Ahnung, was er mir sagen möchte.

Eine Tür öffnet sich und kurz darauf steht Jan im Türrahmen zum Wohnzimmer. Als er den Block in meiner Hand entdeckt, weicht das Lächeln aus seinem Gesicht. Ich stehe auf und gehe ein paar Schritte auf ihn zu. Er betrachtet mich weiter stumm. Ich fühle mich nackt, er weiß alles über mich, was mich die letzten 4 Wochen beschäftigt hat. Langsam kommt er ebenfalls auf mich zu und bleibt erst kurz bevor wir uns berühren stehen. Er schaut auf einen Punkt auf meine Oberteil. „Ich habe lange über die Frage nachgedacht, das war die beste Antwort, die ich finden konnte."

Ich zögere einen Moment bevor ich meine Arme um ihn lege und ihn an mich ziehe. Sofort schlingt er ebenfalls seine Arme um mich. Diesmal überlege ich nicht und lasse mich sofort fallen, aber nur vereinzelte Tränen finden ihren Weg über mein Gesicht. Er hält mich einfach nur fest.

Am Nachmittag gehen wir mit Henry raus. Meine Traurigkeit ist verflogen und ich würde mich mehr als erleichtert beschreiben. Wir stehen an einer Wiese, wo Henry sich frei austoben kann. „Und was ist jetzt mit uns?", stelle ich die unausgesprochene Frage. „Du wirst mich nicht mehr los", antwortet Jan grinsend, während er seine Hand mit meiner verschränkt. Ich beginne zu lächeln „Damit lässt es sich leben" „Alles andere hätte ich jetzt auch nicht mehr gelten lassen" „Ach ja? Wann habe ich dir denn das Recht gegeben?", frage ich ihn grinsend.

Er löst seine Hand aus meiner um sie anschließenden mit seiner zweiten in meinem Nacken zu platzieren. Wie selbstverständlich lege ich meine Hände an seine Hüfte. Gespannt, was er will, blicke ich in seine glitzernden Augen.

„Als du mir dein Herz geschenkt hast"

Auch jetzt nach fast 2 Jahren schreiben wir uns in diesem Buch kleine Texte. Erinnerungen daran, wie es mal war und was wir daraus gemacht haben.

Ich liebe dich, Tim!

Ich liebe dich, Jan!


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Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung was ich von dieser Kurzgeschichte halten soll, weil sie einfach so passiert ist, ohne Plan, ohne überhaupt einer Idee. Ich habe einfach angefangen zu schreiben und das kam bei raus. Ich hoffe jedenfalls, dass es euch gefallen hat!

Ich werde versuchen, wieder häufiger etwas zu schreiben, aber ich kann echt nichts versprechen, weil es durch Twitch viel zu viele Streams gibt, die mir die Zeit zum schreiben rauben. Also ich bin eigentlich gerne in Livestream aktiv, aber die gehen ja immer gleich mindestens 3 Stunden 😂

Wie auch immer, ich wünsche euch allen einen schönen Start in die Woche!

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