III. Aufzug, 3. Szene

"Dann würde ja auch nichts dagegen sprechen, dass du weiter in der Geschichte mitspielst", schlug Benno vor. Die anderen sahen ihn entsetzt an, allen voran Dorothea. "Hast du dich gerade etwas unverständlich ausgedrückt oder meinst du es wirklich so, wie du es gesagt hast?", fragte das Mädchen.

"Wenn die Herzkönigin dir zusichert, dass du von ihr nichts zu befürchten hast und du ihr vertraust, dann sollte es doch keine Bedenken gäben", erklärte Benno. "Niemals! Ich bin froh, wenn ich endlich wieder durchschlafen kann und mich nicht mit einer bunten Traumwelt auseinandersetzen muss", entgegnete Dorothea. "Wenn du denkst, dass es so einfach ist, hast du dich geschnitten."

"Ihr braucht nicht gleich an die Decke gehen", beschwichtigte sie Benno. "Das Problem ist nämlich Folgendes." "Da bin ich jetzt aber mal gespannt", sagte Lasse und verschränkte abwartend die Arme. "Alle Geschichten hören doch an einer bestimmten Stelle auf, oder?" wiederholte Benno.

"Ja, das ist schon die ganze Zeit unser Problem", antwortete Lasse. "Wir setzen die Geschichten ab dieser Stelle fort", sprach Benno weiter und wieder bestätigten Dorothea und Lasse dies. "Also ist es doch offensichtlich", schaltete sich Quintessa ein. "Wenn die Herzkönigin mitsamt ihrem Gefolge zurück soll, müssen wir auch diese Geschichte an eben jener Stelle fortführen. Und so, wie ihr es mir erzählt habt, hat Dorothea an dieser Stelle eine entscheidende Rolle gespielt."

"Das wird schwierig", murmelte Dorothea und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Sei seufzte angespannt. "Wir wissen ja immer noch nicht, woher dieser Putsch kam", überlegte Lasse. "So wie Dorothea es beschrieben hat, geht es gerade unter dem Gefolge der Herzkönigin ziemlich friedlich zu."

"Von selbst wird sich da wahrscheinlich kein Putsch heraufbeschwören. Nicht unter den aktuellen Gegebenheiten", meinte Dorothea. "Das muss doch aber nicht heißen, dass man da nicht etwas nachhelfen könnte", meldete sich Xenia zu Wort. "Du?", fragte Dorothea erstaunt. "Von einem kleinen Drachen wie dir hätte ich nicht erwartet, dass du einen Putsch anzetteln willst."

"Wer hat denn gesagt, dass ich das machen werde?", erwiderte Xenia. "Wir müssen uns etwas umsehen, Forschungen anstellen unter dem Gefolge. Wer weiß, wie viele da rum laufen, die etwas wissen und so tun, als wüssten sie von nichts." "Wenn Dorothea dort aber spionieren geht, kann es sein, dass die Herzkönigin es mitbekommt. Dann wird es ziemlich schwierig, zu erklären, dass sie nichts mit dem Putsch zu tun hatte", überlegte Lasse. "Das können ja auch zwei weniger auffällige Spione übernehmen", schlug Avli vor. "Sherlock Avli, stets zur Verfügung."

"Der zweite weniger auffällige Spion bin dann wohl ich, oder?", vermutete Xenia. "Na gut, ich hatte die Idee. Also muss ich ja mitmachen." "Wenn wir genug Informationen gefunden haben, können wir weiterschreiben", sagte Benno. "Der Plan ist gut." "Findet ihr nicht, dass es auffällig ist, wenn plötzlich zwei sprechende Drachen auftauchen?", zweifelte Quintessa. "Ich würde mich nicht von einer kleinen Steinechse ausfragen lassen." "Vorsicht, Fräulein!", warnte sie Avli. "So redet man nicht mit Sherlock Avli."

"Die beiden Drachen dürften nicht auffallen", erklärte Dorothea. "Was es dort für Tiere gibt, sind zwei sprechende und kleingewachsene Drachen noch normal." "Worauf warten wir dann noch?", fragte Avli. "Gehen wir los!"

Er sprang auf und stürmte davon, für Avlis Verhältnisse schon ziemlich schnell. Xenia hatte Mühe, ihm zu folgen. "Hoffentlich übernehmen sich die beiden damit nicht", zweifelte Lasse. "Wenn was schiefgeht, ist ziemlich viel verloren." "Ich zweifele eh daran, dass wir das alles noch richten können", meinte Dorothea düster. "Hey, bisher hat es doch auch ganz gut geklappt. Das wird sicher funktionieren", sagte Lasse zuversichtlich. "Wenn wir jetzt aufhören, war alles umsonst."

"Wäre da nicht dieses Etwas, was nicht mit unseren Änderungen einverstanden ist, dann wären wir vielleicht wirklich schon weiter," erwiderte Dorothea. Darauf konnte auch Lasse nichts erwidern. Das stimmte leider. Plötzlich flog die Bürotür wieder auf und Matthias kam aufgeregt hereingestürmt.

"Ihr müsst sofort mitkommen", sagte er, während er nach jedem Wort nach Luft schnappte. "Das müsst ihr sehen." "Was ist den passiert?", fragte Benno aufgeregt. Der Junge vermutete Schlimmes. "Im Rittersaal... ein Geheimgang, keuchte Matthias. "Geht vorneweg. Komme gleich... hinterher." Das ließen sie sich nicht zwei Mal sagen. Benno, Lasse, Dorothea und Quintessa liefen den Flur entlang zur Treppe, gingen sie aber nicht hinunter, sondern folgten der Galerie in den nächsten Flügel des Schlosses.

Dorothea lief voran, sie kannte sich am besten im Schloss aus und wusste daher den kürzesten Weg. Sie führte sie durch ein kleines Durchgangszimmer, dann standen sie auf dem Flur des Flügels, wo der Rittersaal lag. Die aufgeregten Stimmen hörten sie schon von weitem. "Was ist denn passiert?", fragte Benno, als sie den Saal betraten. "Das dort", antwortete Sarah und deute auf ein Loch in der Wand. Die Holztafel war zur Seite geräumt worden und lehnte an der Seite. Benno wurde schlagartig bewusst, dass sie so tun mussten, als würden sie den Geheimgang jetzt auch zum ersten Mal sehen.

Dabei wussten sie genau, was sich dahinter verbarg und vor allem, wo der Gang herkam. "Wow!", staunte Lasse. "Was ist das?" "Ein Portal zu einer anderen Welt", erwiderte der Architekt schlecht gelaunt. Zusammen mit drei weiteren Bauarbeitern untersuchte er den Geheimgang. "Sieht man das nicht?"

"Ich dachte bisher immer, dass es Geheimgänge nur in Märchen gäbe", sagte Quintessa. Sie trat näher, um mehr zu sehen. "Geh da weg, Mädchen", fauchte der Architekt. "Warum seid ihr eigentlich hier? Gibt es nichts Besseres zum Spielen?" "Das ist kein Grund, die Kinder anzufauchen", mahnte Sarah mit wütendem Unterton. "Ich bin nicht gerade zufrieden mit ihrer Arbeit. Was ist nun mit dem Geheimgang?" "Ja, was ist mit dem Geheimgang?", äffte der Architekt sie nach."Das weiß ich nicht."

"Wer ist denn hier vom Fach?", fragte Benno, woraufhin der Architekt ihm einen grimmigen Blick zuwarf. "Da unten geht es nicht wirklich weiter", antwortete ein vierte Bauarbeiter, als er die Treppe hinaufgeklettert kam. "Unten kann man vielleicht zwei oder drei Meter gehen, dann kommt man wegen des Schutts schon nicht mehr weiter."

"Der Geheimgang ist eingestürzt?", fragte Dorothea aufgeregt. Sie hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. "Heißt das jetzt, das ganze Schloss könnte einstürzen? Das wäre ja schrecklich!" Für Bennos Geschmack trug Dorothea etwas zu dick auf, denn auch Sarah musterte die Jugendlichen eindringlich. Der Junge hoffte, dass sie nichts wusste und wenn doch, dass sie nichts davon verriet. Dass der Geheimgang eingestürzt war, überraschte ihn aber auch. Vor nicht allzu langer Zeit war er schließlich noch intakt gewesen. Ob es sich damit genauso verhielt wie mit dem Freizeitpark? Dass alles nach einiger Zeit einstürzte oder sich die Änderungen rückgängig machten? "Das würde ich aber auch gerne wissen", ergänzte sie. "Wie steht es um das Schloss?"

"Das kann ich jetzt noch nicht sagen", antwortete der Architekt. Sarah verschränkte die Arme und warf dem Architekten einen grimmigen Blick zu. "Nur mit der Ruhe", meinte der Architekt beschwichtigend. "Wir machen unsere Arbeit, so gut wie wir können." "Gibt es da unten Licht oder sowas?", wandte sich Lasse an den Bauarbeiter, der unten gewesen war. Dieser schüttelte den Kopf. "Nur Dunkelheit und viel, viel Schutt und Staub", antwortete er. "Ist wohl etwas länger her, dass der genutzt wurde. Stammt vermutlich aus Zeiten, wo man noch nicht alles mit Strom ausstattete. Vor allem keine Geheimgänge. Wobei ich schon gerne gewusst hätte, wohin er führt und ob es da noch mehr zu entdecken gibt."

"Wenn du spielen willst, kannst du ja gerne mit den Kindern runter gehen", keifte der Architekt. "Dann kannst du dir aber auch gleich einen anderen Job suchen." "Sie können sich auch gleich einen anderen Job suchen", meinte Sarah. "Ich bin ihre launigen Ausbrüche langsam satt. Entweder Sie arbeiten jetzt ordentlich oder das war es hier für Sie. Ich bin mir sicher, in Belfast gibt es ein Dutzend Architekten, die den Job gerne übernehmen würden." Benno bemerkte, wie der Architekt augenblicklich Haltung annahm und eine freundlichere Miene aufsetzte.

"Es tut mir leid, aber angesichts der aktuellen Situation bin auch ich etwas überfordert", meinte er versöhnlich. Sarah verzog jedoch keine Miene, sie traute dem Architekten wahrscheinlich genauso wenig wie Benno und die anderen. "Wie sieht es nun aus?", fragte Matthias, der inzwischen auch am Rittersaal angekommen war. "Wird es eine große Bauverzögerung geben?"

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