III. Aufzug, 2. Szene

"Ein Theater? Sind Sie sicher?", hörten sie die Stimme des Architekten. Die Jugendlichen kamen gerade die Treppe herunter gelaufen, die bereits abgedeckt war. Auch der große Kronleuchter hing nicht mehr in der Eingangshalle, sondern lag, abgedeckt mit einer großen Plastikplane, in der Ecke. Die Stimme des Architekten übertönte den Lärm der Bohrmaschinen, die bereits damit beschäftigt waren, Teile der Wände aufzustemmen. Inmitten der Bauarbeiter standen der Architekt, ihm gegenüber Sarah und Matthias.

"Haben Sie denn etwas dagegen?", fragte Sarah. "In gewissen Maße schon", antwortete der Architekt. "Ich bin davon überhaupt nicht begeistert." "Sollen Sie denn davon begeistert sein?", entgegnete Sarah. Sie war gereizt. "Sie sollen die Pläne umsetzen, schließlich verdienen Sie damit Ihr Geld." "Ich werde doch trotzdem Bedenken anmelden dürfen", verteidigte sich der Architekt. Die vier blieben auf der Treppe stehen und sahen dem Treiben zu. Die anderen schienen sie nicht zu bemerken.

"Was wären das denn für Bedenken?", erkundigte sich Matthias. "Ich wage zu bezweifeln, dass es sich umsetzten lässt", antwortete der Architekt. "Selbst wenn, ist noch nicht gesagt, dass es sich lohnen wird." "Das lassen Sie bitte meine Sorge sein", widersprach Sarah. "Ich weiß sehr wohl, was sich lohnt und was nicht." "Oder liegt es daran, dass Sie nicht in der Lage sind, so etwas zu planen?", fragte Matthias provozierend. "Soweit ich weiß, liegen für diesen Flügel noch keine Pläne vor. Also können wir uns doch die Zeit nehmen, um die Pläne für ein Theater zu entwerfen", ergänzte Sarah. "Am Ende muss ich ja eh machen, was meine Kunden von mir verlangen", knirschte der Architekt.

"Warum gehen wir nicht einmal zum Rittersaal und sehen uns die Sache vor Ort an?", schlug Matthias vor. Er war sich mit seiner Mutter einig, fand Benno. Das war gut. Eigentlich hatte er damit gerechnet, dass die beiden kein Wort miteinander sprechen würden, aber sie verstanden sich blendend. Vielleicht sogar besser als früher. "Wenn Sie meinen, dass das nötig ist", stimmte er Architekt mit mürrischer Miene zu. Benno bedeutete den anderen, wieder nach oben zu gehen. Sarah und Matthias gingen die Treppe nach oben, zum Rittersaal. Der Architekt folgte ihnen, einen finsteren Blick aufgesetzt. "Ich glaube mal, hier gibt es vorerst nichts für uns zu tun", stellte Dorothea fest. "Wollen wir wieder zurückgehen?"

"Je eher wir weitermachen, desto eher kommen wir zu einem Ergebnis", stimmte Lasse zu. "Lassen wir die beiden mal mit dem Architekten diskutieren." "Ich kann mir gut vorstellen, dass die Gräfin ihren Willen durchsetzt", überlegte Quintessa. "Sie braucht nur bei ihrer Agentur anzurufen und sagen, was Sache ist. Dann ist hier ein Stab von Planern, die das Theater entwerfen und der Architekt ist seinen Job schnell los", überlegte Dorothea. "Ich denke nicht, dass sie sich von ihm beeindrucken lässt. Das unterstreicht aber einmal mehr meine These, dass mit dem Mann etwas nicht stimmt."

"Gehen wir zurück in mein Zimmer, ich glaube, ich habe da eine Idee", sagte Benno und lief vorneweg. "Was ist das denn für eine Idee, dass du so vorneweg stürmst?", fragte Lasse. "Eine ziemlich wichtige", antwortete Benno. Sie verteilten sich in seinem Zimmer, wo die beiden Drachen noch auf sie warteten. "Doch keine Handlanger?", fragte Avli, aber keiner ging darauf ein. "Ist die Tür zu?", fragte Benno. Dorothea vergewisserte sich noch einmal, aber dann bejahte sie. "Es muss ja keiner zuhören, der nicht unbedingt muss", erklärte der Junge. "Es scheint eine sehr spezielle Idee zu sein", überlegte Avli.

"Eigentlich ist es ja nur eine Vermutung", korrigierte ihn Benno. "Was wäre denn, wenn es nicht an uns liegt, dass die Geschichten nicht so weitergehen, wie wir uns das gedacht haben?" "Woran soll es dann liegen?", fragte Dorothea. "Es könnte doch auch durchaus sein, dass da noch jemand anderes seine Finger im Spiel hat, der verhindern möchte, dass die Geschichten beendet werden!" "Wer soll das denn sein?", wunderte sich Avli. "Du glaubst wohl kaum daran, dass sich ein Gegner erst mit Namen und Adresse vorstellt, bevor er all das niedermacht, was du versuchst", antwortete Lasse.

"Ich frage mich allerdings auch, wen man da in Betracht ziehen könnte. Immerhin sind wir die einzigen, die davon wissen, was wirklich mit den unfertigen Geschichten passiert ist. Für alle anderen liegen die Manuskripte ja nur in einem Schrank." "Das ist eine gute Frage", meinte Xenia. "Leider ist sie dadurch nur sehr schwer zu beantworten." "Es könnte jemand wie der Architekt sein", schlug Benno vor. "Der will ja schließlich auch nicht, dass Sarah aus dem Rittersaal ein Theater macht."

"Wobei ich das überhaupt nicht verstehen kann", meinte Quintessa. "So, wie ich euch eure Welt schon kennengelernt habe, ist doch der Kunde immer König, oder?" "Das sagt man zwar, aber manchmal ist es nicht so", antwortete Dorothea. "Ich habe doch schon immer gesagt, dass mit dem Architekten etwas nicht stimmt. Und zwar nicht nur dahingehend, dass er diesem Professor aus der Zeitung zum Verwechseln ähnlich sieht."

"Mir kommt es auch so vor, als hätte ich diesen Mann schon einmal gesehen", sagte Quintessa. "Er kam mir bekannt vor." "Wahrscheinlich bist du ihm in der Stadt begegnet. Da sieht man ja viele Gesichter", vermutete Lasse. "Nein, ich kenne auch seine Stimme. Seine Art, zu sprechen, seine Haltung, wie er sich gibt", zählte Quintessa auf. "Das merkt man sich nicht nur einmal im Vorbeigehen auf der Straße."

"Jetzt wird es gruselig", meinte Avli und rückte ein Stück näher an Xenia heran. "Ich glaube, ich weiß, woher wir diesen Mann kennen", sagte Dorothea plötzlich. "Ich muss euch was erzählen!" "Was meinst du?", fragte Lasse beunruhigt. "Ich habe euch noch nicht davon erzählt", antwortete Dorothea. "Ich denke jetzt, dass es besser wäre, ihr wüsstet davon. Also, es ist so, dass... ich träume wieder." "Warum hast du uns das nicht vorher gesagt?", fragte Lasse besorgt. "Ich hatte Angst", antwortete Dorothea. "Das war auch der Grund, warum ich so komisch war. Ich habe die ganze Zeit an diesen Traum gedacht." "Was ist denn in deinem Traum passiert?", wollte Quintessa wissen.

"Ich bin in einem Raum aufgewacht, in dem es ziemlich dunkel war", erzählte Dorothea. "Es gab keine Fenster, nur zwei gegenüberliegende Türen. Dann trat da ein Mann aus dem Dunkeln. Ich habe sein Gesicht nicht sehen können, aber seine Stimme klang genau wie die des Architekten." "Er hat dir doch nichts getan, oder?", fragte Xenia aufgeregt. "Nein, er hat nur mit mir gesprochen. Wobei das auch nicht weniger schlimm ist", antwortete das Mädchen. "Was hat er denn gesagt?", fragte Benno.

"Er hat komische Fragen gestellt. Von der Traumwelt, der Herzkönigin, der Traumwelt, meiner Welt", erinnerte sich Dorothea. "Ich weiß nicht... er wollte, dass ich mich an der Herzkönigin räche. Ich soll zurückgehen und Rache nehmen für das, was sie mir angetan hat." "Willst du das denn?", fragte Quintessa. "Irgendwie schon, aber nur, weil dieser Mann es sagt? Außerdem habe ich in einem anderen Traum die Herzkönigin wiedergetroffen", erklärte Dorothea. "Sie wollte noch einmal mit mir reden. Ich habe ihr zugesichert, dass ich ihr helfe, wieder in ihre Welt zurückzukommen, unter der Bedingung, dass ich von ihr nichts zu befürchten habe. Sie hat mir mehrmals versichert, dass sie falsch gehandelt hat. Ich bin nicht für den Anschlag verantwortlich. Sie möchte mich nicht mehr bestrafen, weil mich keine Schuld trifft."

"Was denkst du darüber?", fragte Lasse. "Was ich darüber denke?", wiederholte Dorothea. "Ich glaube ihr."

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