III. Aufzug, 1. Szene

"Ihr könnt euch nicht vorstellen, was passiert ist!", rief eine aufgeregte Stimme. Einen Moment später flog die Bürotür auf und zwei atemlose Drachen kamen herein. "Alles in Ordnung?", fragte Quintessa alarmiert. "Nein! Nichts ist in Ordnung!", japste Avli und lehnte sich an den Türrahmen. "Beruhigt euch und dann erzählt ihr uns, was ihr so Aufregendes erlebt habt", sagte Benno. "Etwas ganz Schlimmes!", sagte Xenia, die sich schneller wieder erholte als Avli. "Wir sind noch einmal durch den Geheimgang gegangen", erklärte das Drachenmädchen.

"Was seid ihr? Habt ihr noch mehr entdeckt?", fragte Dorothea. "Nein, das nicht", antwortete Xenia. "Im Gegenteil: Die Rüstung ist weg, genauso wie alle Kisten. Der geheime Raum ist komplett leer."

"Nur das Tuch haben sie liegenlassen", schaltete sich Avli ein, der inzwischen nicht mehr um Luft rang. "Dann heißt das also, dass die Schwarzen Männer die Rüstung gefunden haben", schlussfolgerte Lasse. "Also dürfte doch bei dieser Geschichte alles gut sein, oder?" "Eigentlich schon", antwortete Xenia. "Genauso habe ich es nämlich aufgeschrieben."

"Das ist doch super!", freute sich Quintessa. "Warum seid ihr beiden dann so aufgeregt?" "Wir wollten sehen, wo der Geheimgang hinführt", antwortete der Drache. "Also sind wir ihn bis zum Ende gelaufen."

"Wo seid ihr rausgekommen?", fragte Benno. "Beim Freizeitpark", antwortete Xenia. "Dort ist etwas Schlimmes passiert. Es ist alles wieder beim Alten!" "Wie? Es ist alles wieder beim Alten?", stutzte Lasse. "Wir haben doch mit eigenen Augen gesehen, dass alles in bester Ordnung war."

"Das ist es aber nicht", erwiderte Avli. "Zumindest nicht mehr." "Es sieht wie vorher aus. Alles alt, verrostet, eingestürzt", ergänzte Xenia. "Das darf doch nicht wahr sein!", seufzte Dorothea und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. "Wie kann denn sowas sein?"

"Das ist aber noch nicht alles", sagte Xenia. "Als wir das gesehen haben, sind wir so schnell wie möglich zurück zum Schloss gerannt." "Kaum, dass wir in die Nähe des Rittersaals gekommen sind, stürzten Teile des Ganges ein", schilderte Avli. "Riesengroße Brocken fielen von der Decke." "Ist der ganze Geheimgang eingestürzt?", fragte Benno.

"Das wissen wir nicht", antwortete das Drachenmädchen. "Wir sind um unser Leben gelaufen. Wir haben nicht nach hinten gesehen." "Wie kann das sein?", fragte Lasse. "Da stimmt doch etwas nicht!" Für einen Moment sagte keiner etwas. Die beiden Drachen hatten sich wieder beruhigt, aber die Aufregung hatte sich noch nicht gelegt. "Es scheint, als würden die Veränderungen nicht lange anhalten", überlegte Benno. "Wir geben uns doch aber so viel Mühe!", protestierte Xenia.

"Da gibt es wahrscheinlich noch etwas Anderes, an das wir noch nicht gedacht haben", fand Quintessa. "Ich kann mich ja auch nicht mehr an das erinnern, was ihr aufgeschrieben habt. "Das kommt auch noch dazu", sagte Xenia kläglich. "Wir schreiben und schreiben, aber die Veränderungen halten nicht lange an."

"Das ist seltsam", murmelte Benno. "Vielleicht ist das doch nicht die Lösung aller Probleme, wie wir bisher gedacht haben", meinte Lasse. "Vielleicht hätte es nur funktioniert, wenn der Graf alles geschrieben hätte. Wir können uns zwar noch so viel Mühe geben, so wie der Graf werden wir nie schreiben."

"Du meinst also, wenn es nicht der Graf schreibt, ist es nicht von langer Wirkung?", fragte Dorothea. "Wäre doch zumindest eine Möglichkeit", fand Lasse. "Das, was er geschrieben hat, ist nach wie vor da. Nur das von uns, beziehungsweise das von Xenia, ist nicht mehr da." "Mist", seufzte Dorothea. "Was können wir da jetzt machen?", fragte Qunitessa. Im Büro breitete sich eine niedergeschlagene Stimmung aus. Keiner konnte wirklich glauben, dass ihre Versuche umsonst sein sollten.

"Wir können es nur weiter probieren", vermutete Benno. "Vielleicht wird es besser, je öfter wir es versuchen. Die Schwarzen Männer konnten ihre Geschichte anscheinend beenden. Es war also doch nicht alles umsonst." "Du willst also weitermachen?", fragte Dorothea. "Was denn sonst?", erwiderte Benno. "Wir können jetzt hiersitzen, Däumchen drehen und hoffen, dass uns noch eine andere Idee kommt oder wir machen weiter. Es kann ja nur besser werden." "Dafür bin ich auch", stimmte Quintessa zu. "Vielleicht kriegen wir dabei auch noch raus, was wir falsch machen."

"Dem stimme ich auch zu", schloss sich Xenia an. "Oder hat jemand eine andere Idee, wie es weitergehen könnte?" Die anderen mussten verneinen. Eine andere Idee, wie den Buchfiguren geholfen werden konnte, wollte keinem so schnell kommen. "Dann machen wir weiter und beobachten es", sagte Lasse. "Auch wenn ich irgendwie nicht daran glaube, dass es etwas bringt, wenn sich nach ein paar Stunden eh alles ruckgängig macht."

"Glauben kannst du, was du willst, aber wir machen weiter", bestimmte Avli. "Du kannst ja gerne aussteigen und mir fortan meine Erdnüsse bringen!" "Ich degradiere mich wohl selbst zum Erdnuss-bringenden Drachendiener", lachte Lasse. "So weit kommt es noch! Lieber schlage ich mich nächtelang mit Buchfiguren herum, die anscheinend ihren eigenen Willen haben." Das Kreischen einer Bohrmaschine drang zum Büro herauf. Kurz darauf gesellte sich noch eine weitere Maschine dazu. Am Büro klopfte es. Zwei Handwerker kamen herein. "Dürfen wir kurz stören?", fragte er eine. Benno und Quintessa sammelten schnell die Manuskripte ein, die herumlagen und stapelten sie.

"Wir müssen euch leider ausquartieren. Wir arbeiten uns in den nächsten Tagen mit der Elektrik durch alle Zimmer und da dieses aktuell nicht bewohnt wird, fangen wir hiermit an", erklärte der andere. "Wir wollten euch nur Bescheid geben und die Pläne hier ablegen." "Alles klar", sagte Dorothea. Sie nahm dem einen Bauarbeiter die Pläne ab, die zeigten, wo die Kabel in den Wänden verliefen. "Dann müssen wir uns wohl ein anderes Büro suchen", meinte Benno. "Gehen wir erst mal in mein Zimmer und bringen die Manuskripte dahin."

Sie brachten die Stapel Papier in das Zimmer des Jungen und legten sie dort auf den Tischen ab. "Das wird schwierig, produktiv zu arbeiten, wenn die hier die Wände aufreißen", stellte Dorothea fest. "Wenn es nicht gerade wieder gewittert, können wir uns ja im Park eine ruhige Ecke suchen", schlug Lasse vor. "Da finden sich Wege und Möglichkeiten." "Wollen wir mal gucken, wo die anderen sind?", fragte Benno. "Vielleicht gibt es ja schon was zu sehen."

"Oder was zu helfen", ergänzte Dorothea. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir gleich zu Handlangern abgeordnet werden." "Da wäre der Erdnuss-bringende Diener doch eine gute Option, oder?", fragte Avli. Lasse grinste. "Wie man's nimmt", entgegnete er. "Ich überlege es mir noch!"

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