Z W E I.V I E R

Dorothea wollte nicht einfach in Lasses Zimmer stürmen, deswegen klopfte sie an. Als sich nichts tat, klopfte sie noch einmal und lauter. Quintessa und sie sahen sich an, als immer noch nichts den Anschein machte, dass Lasse die Tür öffnen würde. Schließlich klopfte Dorothea noch einmal ziemlich laut und da begann es, hinter der Tür zu rascheln. Die Zimmertür wurde einen spaltbreit geöffnet und Lasse streckte seinen Kopf heraus. „Was ist?", fragte er verschlafen. „Ich muss mal mit dir reden", antwortete Dorothea.

„Moment", sagte Lasse gedehnt, schloss die Tür wieder. Die beiden Mädchen hörten, wie rein Reißverschluss geschlossen wurde und dann trat Lasse, in Jeans und T-Shirt, zu ihnen auf den Flur. Er war immer noch verschlafen, doch als er das zweite Mädchen erblickte, war deine Müdigkeit auf einmal verflogen. „Quintessa? Was machst du denn hier?", fragte er ungläubig. „Das wissen wir auch nicht", antwortete diese. „Und deswegen weckt ihr mich mitten in der Nacht auf? Ich weiß es doch auch nicht, vor allem wenn das alles so überfallartig passiert", erwiderte Lasse gereizt. „Wir haben immerhin freundlich angeklopft", widersprach Dorothea. „Hartnäckig", korrigierte Lasse sie. „Aber freundlich", ergänzte Dorothea.

„Was ist denn los?", fragte Benno, der von dem Gespräch wach geworden war. „Könnt ihr beiden euch nicht ein Zimmer suchen, was vielleicht etwas weiter weg liegt?" Lasse wurde rot und Dorothea blickte schnell woanders hin. „Wenn sie nur zu zweit wären, könnten sie es ja machen, aber ich bin ja auch noch da", erklärte Quintessa, die Benno noch gar nicht wahrgenommen hatte. „Quintessa? Was machst du denn hier?", fragte Benno und sofort stöhnten die anderen drei auf. „Ich habe die Frage jetzt schon drei Mal gestellt bekommen, aber eine Antwort habe ich immer noch nicht", erklärte sie. „Wollen wir uns vielleicht irgendwo hinsetzen und in Ruhe weiterreden, damit wir hier nicht mitten in der Nacht, mitten auf dem Flur rumstehen?", fragte Lasse.

„Und wo?", wollte Benno wissen. „Gehen wir ins Büro, da halten wir unsere Krisensitzungen ab", schlug Dorothea vor. „Möchte sich vorher noch jemand umziehen? Lasse, du hast dein T-Shirt zum Beispiel verkehrt herum an." „Lustig", brummte dieser zurück. „Ich lass' das jetzt so. Ist eh nicht so wichtig." Die vier gingen ins nahegelegene Büro, wo sie schon oft in den letzten fünf Tagen gesessen hatten.

Hier erzählte Quintessa noch einmal, was sie auch Dorothea vorhin schon erzählt hatte. Jedoch konnten sich auch die beiden Jungen darauf keinen Reim bilden. „Den blauen Schimmer haben also alle Figuren an sich oder um sich, die zwischen den Welten hin und her wechseln", schlussfolgerte Benno schließlich. „Die Wechsel passieren jedoch immer nur in eine Richtung, sie kommen alle in unsere Welt. Die Welt, die quasi den Ausgangspunkt von allem darstellt." „Warum ist dein Gehirn mitten in der Nacht fähig, solche Denkleistungen zu vollbringen?", fragte Lasse ungläubig, der sich immer wieder die Augen rieb, um den Schlaf irgendwie loszuwerden. „Es gibt also auch noch andere Figuren, die in eure Welt gekommen sind?", fragte Quintessa.

Dorothea nickte. „Wir haben schon einen Freizeitpark, eine gemeine Königin und ihre Wachen und ein paar kleine Drachen kennengelernt." „Ein paar kleine Drachen? Wo kann man die sehen?" Quintessa sah sich aufgeregt um als würde sie erwarten, dass ein solch kleiner Drache aus dem Schrank gesprungen kam. „Avli ist vorhin mit Xenia verschwunden", erklärte Benno. „Allen Anschein nach sind sie immer noch unterwegs."

„Noch zwei Turteltäubchen also?", fragte Quintessa entzückt. „Eure Welt gefällt mir immer besser!" Lasse räusperte sich und Dorothea lenkte die Unterhaltung schnell auf das eigentliche Thema zurück: „Seit einigen Wochen tauchen diese Figuren und Orte immer wieder in unserer Welt auf, obwohl sie hier eigentlich nicht hingehören."

„Es scheint vielen Figuren so zu gehen wie dir", erklärte Benno. „Auch sie wissen nicht wirklich, wer sie sind oder warum sie hier sind oder was sie machen sollen." „Es geht also nicht nur mir alleine so?", schlussfolgerte Quintessa. „Das ist... irgendwie beruhigend." „Auf der anderen Seite aber auch nicht", erwiderte Benno. „Die Menschen fangen schon an, sich untereinander fertig zu machen oder sie bringen unsere Welt durcheinander. Um es so auszudrücken, du, zum Beispiel, würdest in der großen Stadt nicht auffallen, weil du so aussiehst wie die anderen Menschen in unserer Welt. Dann gibt es aber auch die Wachen der Herzkönigin, die sehr seltsame Rüstungen tragen und damit eben auffallen. Das bringt nicht nur sie selbst durcheinander, sondern auch uns. Nicht jeder reagiert so gelassen wie wir."

„Wir würden vielleicht anders reagieren, wenn diese Konfrontationen nicht immer zu unmenschlichen Zeiten stattfinden würden", warf Lasse ein. „Das muss doch aber alles einen Grund haben", sagte Quintessa. „Ich meinte, es passiert doch nichts ohne Grund. Warum ist das denn so? Warum bleiben wir denn nicht alle in unserer eigenen Welt?"

„Das versuchen wir auch herauszufinden", antwortete Dorothea. „Ich habe dir ja versprochen, dass wir dir helfen, aber leider sind wir noch nicht so weit. Genau genommen, haben wir nur ein paar Ansätze, aber noch nichts Konkretes." „Ansätze sind doch schon einmal besser als gar nichts", freute sich Quintessa. „Habt ihr da bereits was herausgefunden, was mir weiterhelfen könnte und somit vielleicht auch anderen?" Benno und Dorothea wechselten einen Blick, denn beide wussten, dass es für Quintessa nicht sehr angenehm sei, zu erfahren, wo sie wirklich herkommt. „Wir sind schon so weit, dass wir wissen, alles hat einen gemeinsamen Ursprung", erklärte Lasse. „Das betrifft auch dich." Quintessa sog hörbar die Luft ein und sie schien sich schon auf etwas gefasst zu machen. „Es ist schwierig, das zu erklären", meinte Benno.

Dorothea musste plötzlich lachen. „Ich fühle mich hier gerade wie bei der Mordkommission, die den Verbliebenen die Botschaft überbringen müssen." Benno stellte erleichtert fest, dass Quintessa auf Dorotheas Worte nicht viel gab, wahrscheinlich wusste sie noch nicht einmal, was eine Mordkommission überhaupt war. „Wie dem auch sei", Dorothea hatte sich inzwischen eingekriegt, „wir müssen es dir sagen. Sonst kommen wir hier nicht weiter." Quintessa sah Dorothea und die beiden Jungen aufgeregt an.

„Es ist so", Benno räusperte sich noch einmal, „du bist erfunden!"

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