D R E I.F Ü N F
D R E I.F Ü N F
"Bitte was?", fragte Dorothea verwirrt. "Das kann doch gar nicht sein!" "Für einen Zufall ist es viel zu wenig zufällig, dass die Schwarzen Männer jetzt hier im Schloss suchen, wo der Graf das doch für sie vorgesehen hatte", überlegte Avli. "Ich meine, das ist ja alles schön und gut", stimmte Dorothea zu, "aber wie sind sie ins Schloss gekommen?"
"Gibt es hier nicht viele Hinterausgänge?", fragte Quintessa. Dorothea schüttelte den Kopf. "Nein, die sind alle dichtgemacht, eben, um solche ungebetenen Gäste auszuschließen", erklärte sie. "Und durch das Gewölbe?", fragte Avli. "Dort ist das Betreten doch verboten", erinnerte ihn Quintessa. "Denkst du, daran halten sich Buchfiguren? Der Graf hat vor zwanzig Jahren garantiert noch nicht daran gedacht, dass der Zugang zum Gewölbe einmal verboten sein würde", meinte der kleine Drache. "Wobei mich ein Verbot nicht unbedingt aufhalten würde." "Wer weiß denn, ob es nicht irgendwo, mitten im Wald, einen Zugang zum Gewölbe gibt", schlug Benno vor. "Das Gewölbe ist doch ziemlich groß."
"Das kann auch sein", stimmte Dorothea zu und schüttelte sich. "Das beunruhigt mich gerade." "Was aber immer noch nicht erklärt, warum sie das Fenster im Rittersaal offengelassen haben", erwiderte Lasse. "Das überfordert mich am frühen Morgen", stellte Dorothea klar. "Wann wollen wir in die Stadt fahren?" "Sobald wir wollen. Ich würde nicht allzu spät fahren", antwortete Lasse. "Wobei wir uns heute mehr Zeit lassen können. Es ist nicht mehr so heiß."
"Zum Glück", stimmte Avli zu. "Sonst könnte es wirklich noch dazu kommen, dass mein Statuen-Ich schmilzt." "Schokolade tut es doch auch", sagte Dorothea. "Der Vergleich mit der Schokolade gefällt mir. Süß bin ich ja schließlich auch", freute sich Avli. "Wenn nicht sogar noch süßer."
"Soll ich mitkommen?", fragte Quintessa. Die anderen sahen sie fragend an. "Natürlich kommst du mit", stelle Benno klar. "Aber ich weiß doch gar nicht, wie ich mich in einer großen Stadt zu verhalten habe", erwiderte Quintessa. "Es war schon komisch für mich, dass ihr nur auf einen Schalter drücken müsst und schon habt ihr Licht!" "Halt' dich einfach an uns", erklärte Dorothea. "Du wirst sehen, so schlimm ist es gar nicht. Und wenn wir einmal in der großen Stadt sind, dann können wir dir auch gleich noch ein paar neue Klamotten kaufen."
"Und wie wollt ihr die bezahlen?", fragte Quintessa. "Ich möchte nämlich nicht, dass ihr mir das alles kauft, aber Geld habe ich auch keines." "Das ist kein Problem", erwiderte Dorothea. "Das kriegen wir schon hin. Auf Dauer könnten dir meine Sachen nämlich wirklich zu unbequem sein."
"Man hätte mich ja auch ein paar Zentimeter kleiner schreiben können", lachte Quintessa, die einen halben Kopf größer war als Dorothea. "Dann hätten wir jetzt keine Probleme." "Das konnte er damals bestimmt nicht voraussehen", meinte Dorothea. "Es fühlt sich total ungewöhnlich an, kein Kleid zu tragen", stelle Quintessa fest. "Ich habe mein ganzes Leben, zumindest den Teil, an den ich mich erinnern kann, nur Kleider getragen." "Dann wird es doch schleunigst Zeit, dass wir das mal ändern", versprach Dorothea. Sie warf Lasse und Benno einen vielsagenden Blick zu. "Ich denke, es kann heute etwas länger dauern. Ihr tragt uns dann die Tüten, ja?", fragte sie und musste lachen.
"Ihr wollt shoppen gehen?", schaltete sich Ludmilla ein, die gerade aus einem der Vorratsräume kam. "In der Post waren neulich solche Rabatt-Coupons, die könntet ihr mal umsetzen. Sie liegen draußen auf der Kommode." Damit verschwand sie in der Küche. "Du bist die Beste!", rief ihr Dorothea hinterher und grinste die anderen triumphierend an. "Problem gelöst, würde ich mal sagen. Wir können los!"
Eine Stunde später waren sie wieder in der Fußgängerzone unterwegs. "Hoffen wir mal nicht, dass wir heute wieder auf die Frau treffen, die selbst im Hochsommer Handschuhe trägt", meinte Benno. "Ich habe keine Lust, der zu begegnen, wenn es sich nicht vermeiden lässt", stimmte Dorothea zu. "Um die Herzkönigin und ihre Wachen ist es aber wirklich still geworden", stellte Lasse fest. "In den letzten zwei Tagen gab es keine neuen Nachrichten darüber."
"Vielleicht sind sie wirklich umgezogen", überlegte Dorothea. "Das kann durchaus sein", meinte Lasse. "In Luft aufgelöst werden sie sich leider nicht haben." Sie hatten das Auto wieder im Parkhaus abgestellt und waren jetzt zu einem Kaufhaus unterwegs. Einen anderen Laden hatten sie bereits besucht und Lasse trug bereits zwei Tüten. Benno hatte schon befürchtet, dass es Stunden dauern würde, aber es war vergleichsweise zügig gegangen.
Dorothea hatte Quintessa die richtige Größe gesucht und ihr ein Kleidungsstück nach dem anderen gezeigt. Quintessa hatte kaum ein Wort gesagt, der Trubel in der Stadt hatte sie sprichwörtlich erschlagen. So nahm die jedes Kleidungsstück, das Dorothea ihr reichte, wortlos. Am Ende musste sogar Dorothea entscheiden, was sie kauften, weil Quintessa sich nicht entscheiden konnte. Die vielen Farben, Stoffe und Schnitte überforderten sie und bei jedem Stück sagte sie, dass es ihr gefiel. Nun wollte Dorothea noch ein anderes Geschäft ansteuern. "Wie funktioniert das denn nur bei euch?", fragte Quintessa. "Wie könnt ihr euch denn da entscheiden, was ihr kauft?"
"Wir sind halt daran gewöhnt, viel Auswahl zu haben", antwortete Dorothea. "Schwierig zu erklären, wenn man es von klein auf gewohnt ist. Wir waren dafür genauso überfordert, als Sibille uns vor dem Ball die Kleider vor die Nase gehalten hat." "Das kann ich verstehen", meinte Quintessa. "Sibille ist bei sowas immer über eifrig. Sie hat mir auch immer meine Kleider bereitgelegt. Es war jeden Abend ein anderes und ich frage mich, wo sie die herhatte." "Aus dem Laden bestimmt nicht", sagte Lasse. Er schaute auf sein Handy. "In einer Stunde müssen wir beim Verlag sein."
"Das schaffen wir locker", bestimmte Dorothea und lief gleich einen Schritt schneller. "Bin ich froh, dass ich nicht laufen muss", kommentierte Avli das Geschehen aus Dorotheas Handtasche heraus.
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