Ein Wunder

Nico

Als ich meine Augen wieder öffnete lag ich in einem ganz normalen Krankenhausbett. Ich war nicht mehr an zehn verschiedene Maschinen angeschlossen, lediglich noch an eine die meinen Herzschlag überwachte und an eine Infusion, die direkt in meine Hand führte.

Der Raum in dem ich lag war fast leer und komplett weiß. Nur die typischen Krankenhausmöbel befanden sich darin. Meine Eltern warteten wahrscheinlich abwechselnd draußen bis ich aufwachen würde. Sarah hatten sie hoffentlich nach Hause geschickt.

Ich drehte meinen Kopf vorsichtig nach rechts, in Richtung des Fensters. Sofort durchzuckte mich ein stechender Schmerz und ich stöhnte leise auf.

Nachdem der Schmerz nachgelassen hatte konnte ich mich wieder auf die Fensterfront konzentrieren.

Es war noch dunkel, folglich konnte ich nicht all zu lange geschlafen haben, oder aber ich hatte den ganzen Tag über geschlafen, das war natürlich auch eine Möglichkeit.

Auf dem Nachttisch neben meinem Bett sah ich ein Glas Wasser stehen.
Vorsichtig versuchte ich danach zu greifen.

Erneut schien mein gesamter Körper zu schmerzen aber letztendlich schaffte ich es mir das Glas zu nehmen und führte es langsam an meinen ziemlich ausgetrockneten Mund. Als die kühle Flüssigkeit meine Kehle hinunter lief fühlte ich mich sofort lebendiger.

Ich hatte das Glas noch zum Trinken angesetzt, als sich die Tür öffnete und meine Mutter hereintrat. Sie sah müde aus. Wahrscheinlich war sie seit gestern Abend hier und hatte zwischenzeitlich nicht besonders viel geschlafen

Sie lächelte mich müde und besorgt an.
"Hallo, Nico. Du hast ganz schön lange geschlafen. Wie geht es dir jetzt?", fragte sie mich liebevoll.

Ich musste also tatsächlich den ganzen Tag verschlafen haben.

"Mir geht es soweit gut, Mum.", sagte ich mit immernoch schwacher, aber nicht mehr so kratziger Stimme, "Ist Sarah weg?", fügte ich noch hinzu.

"Ja, aber ich kann sie anrufen, dann kom..."
"Nein! Nein...", schnitt ich ihr das Wort ab, " Bitte nicht."

Meine Mutter sah mich verwirrt an.
"Ich weiß, sie kann manchmal nerven und ziemlich anstrengend sein, aber sie ist schließlich deine Verlobte."

Ich schüttelte den Kopf, den Blick auf sie gerichtet um ihre Reaktion zu beobachten:
"Nein, nicht mehr."
Nun sah sie mich nur noch verwirrter an, also begann ich ihr alles zu erklären. Von Anfang an.
Was zwischen uns vorgefallen war, warum ich am vorhergehenden Abend unterwegs war und warum ich nicht wollte dass sie wiederkam.

Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit fertig mit meiner Erklärung war und ich das Gefühl hatte, dass mein Hals schon wieder ganz kratzig wurde vom vielen Reden, sah mich meine Mutter nur verständnisvoll an und sagte: "Okay, dann werden dein Vater und ich dafür sorgen, dass sie dich hier erstmal nicht mehr belästigen wird."

Ich lächelte sie geschwächt, aber dankbar an. Ich hatte wirklich die besten Eltern die man sich wünschen konnte.

Meine Mutter war schon immer fürsorglich und verständnisvoll gewesen. Mein Vater war die Ruhe selbst und unterstützte mich in allem war ich tat, auch, wenn es nicht immer seiner Meinung entsprach. Ich hatte wirklich Glück mit den Beiden.

"Ich gehe dann mal deinem Vater bescheid sagen, dass du wieder wach bist.", sagte meine Mum und wollte sich gerade in Richtung Tür drehen, als ich nach ihrer Hand griff.

"Warte,", flüsterte ich und verzog für einen Moment das Gesicht, da sich der Schmerz der ruckartigen Bewegung in meinem Brustkorb ausbreitete, "ich will zu ihr. Ich will sie sehen."

"Wen?" fragte meine Mutter.
Ich antwortete ihr: " Das...das Mädchen, das mit mir eingeliefert wurde, sie liegt im Koma. Ich will zu ihr. Ich muss zu ihr!"

"Welches Mädchen?", fragte meine Mutter erneut. Ich sah sie verdutzt an.
Wurde sie nicht darüber informiert, dass ich nicht die einzige Person bei dem Unfall war?

"Ich hatte ein Mädchen mitgenommen. Sie stand an der Straße und es hat geschüttet, da hab ich sie einfach mitgenommen. Ich weiß auch nicht viel...ich...ich glaube sie sagte etwas von einer Autopanne oder so." , erklärte ich tonlos.

"Oh, Schatz, das tut mir ja so leid.
Ich werde mit dem Arzt reden, dass du sie sobald du aus dem Bett kannst besuchen möchtest. Aber versprich mir, dass du dir keine Vorwürfe machst. Du bist nicht Schuld an diesem Unfall. Das war der Blitz. Ihr habt Glück dass ihr noch lebt...auch wenn das Mädchen im Koma liegt...so etwas endet normalerweise viel schlimmer!"
Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer um meinen Vater zu holen und die Ärzte zu informieren.

Blitz? Welcher Blitz?
Ich strengte mich an und rief die letzten Sekunden bevor ich ohnmächtig geworden war erneut in mein Gedächtnis. Ja, da war tatsächlich ein Blitz gewesen...aber dass er uns getroffen hatte, daran konnte ich mich nicht erinnern. Außerdem war mein Auto doch ein Blitzableiter...

Die Tür zu meinem Zimmer ging erneut auf, diesmal war es mein Vater der mit dem behandelnden Arzt den Raum betrat.

"Ich habe deine Mutter nach Hause geschickt, sie ist völlig übermüdet. Ich bleibe heute Nacht hier und morgen kommt sie dann wieder.", richtete sich mein Vater an mich.

Der Arzt begann damit weitere Untersuchungen durchzuführen.
Als er alles abgeschlossen hatte und gerade wieder gehen wollte, fragte ich ihn: "Wissen sie was genau passiert ist? Warum sich der Wagen überschlagen hat?"

Der Arzt sah mich ernst an : " Was ganz genau passiert ist wissen wir nicht, aber die Polizisten, die den Unfallort untersucht haben gehen davon aus, dass der Blitz in einen Strommast eingeschlagen ist, der etwas zu weit an der Straße gebaut war, genau als Sie mit ihrem Auto daran vorbei gefahren sind.
Der Strommast hat den Blitz auf die nasse Straße gelenkt, und von dort aus hat er wahrscheinlich ihr Auto lahmgelegt und zudem mit Elektrizität geflutet, sodass es eine Erschütterung gab und sich der Wagen überschlagen hat.
Das ist jedenfalls die Theorie.
Ich als Arzt kann das größtenteils bestätigen, aber dass Sie und ihre Mitfahrerin das soweit überlebt haben, und Sie sogar bereits wieder bei Bewusstsein sind, grenzt wirklich an an Wunder."
erklärte er mir während mein Vater und ich ihm gespannt zuhörten.

"Und das Mädchen, wann darf ich zu ihr? Ich möchte gerne wissen wie es ihr geht...ich würde sie gerne sehen.",
fragte ich weiter.

"Ich denke in ein paar Tagen können Sie sie besuchen, allerdings im Rollstuhl. Allgemein verordne ich ihnen strenge Betruhe. Ich möchte nicht dass sie alleine aufstehen. Wenn sie etwas brauchen rufen sie eine Schwester.", gab mir der Arzt zu verstehen und verließ den der Raum.

Mein Vater setzte sich auf den Stuhl neben meinem Bett.
"So, du hast also die Verlobung mit Sarah gelöst..." stellte mein Vater fest.

"Ja. Hat Mum dir alles erzählt?"

"Ja, das hat sie. Das ist wirklich keine schöne Sache...ich habe dem Mädchen von Anfang an misstraut...sie war einfach nicht die richtige für dich."
versuchte er mich zu trösten, auch wenn ich die Sache mittlerweile hingenommen hatte.

Das einzige was mir noch zu schaffen machte, war dass ich es nicht schon viel früher bemerkt hatte...

"Ja, es hatte wohl einfach nicht sein sollen.", murmelte ich gedankenverloren.

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